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ich werde dich zu nichts zwingen. Aber wenn du reitest, Sam, wenn du durchkommst und uns Hilfe bringst, werd’ ich dir alle Schulden erlassen, die du bei mir noch hast, seit ich deine Schwester damals vom alten Hancock freigekauft habe.«

      »Zum Teufel, Rutland, in welcher Zeit leben Sie denn?«, empörte Joana sich. »Sie rechnen Geld, Menschenleben und Ihre angebliche Freundschaft in einem auf als ob ...«

      »Es ist schon in Ordnung so, Ma’am«, sagte Sam Talbot ruhig. Er blickte nur Rutland an. Sein Gesicht glich einer Mahagonimaske. »Der Major hat wirklich viel für mich getan. Ich schulde ihm mehr als die restlichen zweihundertachtzig Dollar für den Freibrief meiner Schwester. Es ist sein gutes Recht, mich daran zu erinnern. Ich werde gehen, Sir.«

      »Ich habe keinen Augenblick daran gezweifelt, Sam. Selbstverständlich bekommst du das beste Pferd aus Slaughters Stall. Mclntosh meint, dass es bald regnen wird. Dann reitest du los. Wenn du willst, Sam, kannst du dich zuvor noch etwas hinlegen und dich ausruhen.«

      »Danke, Sir!«, sagte Talbot in einem Ton, der Rutland zu einem Stirnrunzeln veranlasste. Die Blicke der beiden Männer prallten aufeinander. Zum ersten Mal senkte Talbot nicht den Kopf.

      »Sam, was zum Teufel ...«

      »Sagen Sie mir Bescheid, Sir, wenn es losgehen soll!«, schnitt der Schwarze ihm den Satz ab. Mit erhobenem Kopf ging er an Rutland vorbei auf das lehmziegelgemauerte Stationshaus zu.

      »Wirklich ein Goldjunge!« Mclntosh blickte ihm nach. Er lachte glucksend, »'s wär’ schade, wenn die Cheyennes ihn schnappten!«

      »Amen!«, bekräftigte Slaughter mit schwerer Zunge. Dann jagte er sich den letzten Whiskyrest aus seiner Flasche durch die Kehle.

      3

      Plötzlich, wie aus dem Boden gewachsen, waren die Cheyennes da. Zwei Meilen südlich von Julesburg versperrten sie Clay Lorman und Pat Scobey unvermittelt den Weg. Sie waren zu fünft. Drohende Gestalten unter den tiefhängenden Regenwolken. Jeder nur mit Lendenschurz und Mokassins bekleidet. Messer und Tomahawks hingen an ihren Gürteln. Federgeschmückte Kriegslanzen ragten empor. Zwei Krieger hielten Repetiergewehre vor sich auf den fellbezogenen Holzsätteln. Ihre Gesichter und Oberkörper waren farbbeschmiert.

      Kein Lufthauch bewegte die Mähnen und Schweife ihrer Pferde. Als Clay und Scobey stoppten, breitete sich gespenstische Stille aus. Die wie dunkle Kästen in die Ebene gestreuten Häuser von Julesburg schienen plötzlich viel weiter entfernt. In der Stadt war es ebenfalls still. So still, als hätte eine Seuche alles Leben dort hinweggerafft. Es war warm. Die ausgetrocknete Erde speicherte noch die Hitze der vorangegangenen Tage. Trotzdem zog Scobey fröstelnd die Schultern hoch.

      »Sieht fast so aus, als wollten die was von uns, Lorman.«

      »Nicht nur fast!« Mit einer flüssigen Bewegung zog Clay die Winchester 66 aus dem Scabbard.

      Es war wie ein Signal, auf das die Cheyennes gewartet hatten. Gleichzeitig trieben sie ihre Pferde an. Das dumpfe Hämmern der unbeschlagenen Hufe füllte die Luft. Scobey packte die Zügel fester, bereit, im nächsten Moment seinen Schecken herumzuwerfen und in panischer Flucht davonzujagen. Clay machte keine Anstalten dazu.

      »Bleiben Sie immer noch dabei, nie im Leben eine Waffe anzufassen?«, meinte er beiläufig. »Dann kann dieses Leben aber plötzlich zu Ende sein.«

      Scobey keuchte: »Auch wenn ich wollte, ich wüsste nicht, wie ich mit so einem Ding umgehen sollte.«

      »Pech für Sie!«

      Der Zeitungsmann erstarrte, als die Mündung der Winchester plötzlich dicht vor seinem Gesicht war. Er öffnete den Mund, brachte aber keinen Ton heraus. In Clays Augen war eine Kälte, die ihn für Sekunden die Cheyennes vergessen ließ.

      »Absteigen! Ein bisschen fix!« Clays Stimme klirrte.

      Scobey würgte. Er sah auf einmal bleich und krank aus.

      »Lorman, um Himmels willen, Sie ...«

      »Runter!«, zischte Clay so heftig, dass Scobey tatsächlich ächzend aus dem Sattel glitt. Schaudernd blickte er auf die stetig näherkommenden Indianer.

      Deren bemalte Gesichter, die nickenden Pferdeköpfe, das matte Gefunkel der Waffen - das alles begann vor seinen Augen durcheinanderzuwirbeln. Die Beine drohten ihm wegzusacken. Bevor Scobey begriff, was Clay vorhatte, trommelten die Hufe los.

      »Lorman!«, schrie Scobey entsetzt.

      Clay hatte die Zügel von Scobeys Schecken gepackt. Tief auf den Hals seines Braunen geduckt, preschte er nach Nordosten. So wollte er im spitzen Winkel an den Indianern vorbei. Einer der Cheyennes stieß einen durchdringenden Schrei aus. Im nächsten Moment flogen ihre Waffen hoch.

      Bevor sie schießen konnten, ließ Clay sich seitlich aus dem Sattel fallen. Sein linker Fuß blieb im Bügel, mit einer Hand klammerte er sich am Sattelhorn fest. Wie hingeklebt hing er zwischen den nebeneinander rennenden Pferden.

      »Lorman, Sie verräterischer Bastard!« Scobeys Stimme war ein zerrissenes Schluchzen. In seiner Panik wusste er nicht, was er tun sollte. Alles, was er begriff, war, dass ihm ein grausames Schicksal bevorstand, während der einstmals berühmte Captain sich auf seine Kosten in Sicherheit brachte.

      Die Gruppe der Cheyennes teilte sich. Drei Krieger spornten ihre Mustangs nach Osten, um Clay den Weg abzuschneiden. Die beiden anderen sprengten schreiend, die Lanzen über den Kopf erhoben, auf Scobey zu. Der stand wie versteinert, unfähig, sich zu bewegen. Der Tod raste da heran. Kein Mann zu Fuß hatte auch nur die Spur einer Chance, ihm zu entrinnen. Noch hundert Yards, achtzig, sechzig.

      Da kam Clay zurück. Jetzt saß er hochaufgerichtet im Sattel, die Zügel ums linke Handgelenk geschlungen, die Winchester in beiden Fäusten. Der Kinnriemen seines Stetsons war gestrafft, der Reitwind bog die Krempe vorne hoch. Die Hufe schienen über den Prärieboden dahinzufliegen.

      Scobey bemerkte ihn erst, als die Indianer zu schreien aufhörten und die Köpfe herumrissen. Plötzlich begriff er alles. Clay hatte nichts anderes im Sinn gehabt, als die Cheyennes in zwei Gruppen zu spalten. Die waren nun weit genug auseinander. Die List hatte nur durch Scobeys echtes und deshalb glaubwürdiges Entsetzen geklappt.

      Der Knall von Clays Winchester brach in Scobeys wirbelnde Gedanken. Der eine Krieger wurde wie von einem Keulenhieb vom Pferd gefegt. Der andere schien einen Moment unschlüssig, ob er sich nicht doch zuerst Scobeys Skalp holen sollte. Dann stürmte er Clay entgegen. Er bog die Faust mit der Lanze weit zum Wurf zurück.

      Da blitzte und qualmte Clays Gewehr abermals. Der Mustang schien jäh gegen eine unsichtbare Wand zu prallen. Zusammengerollt sauste der Cheyenne über den Kopf des vorn einbrechenden Pferdes. Die Lanze zersplitterte. Staub wallte. Einen Augenblick später war der Rote wie eine Katze wieder auf den Füßen. Der lederumwickelte Stiel seines Tomahawks lag in seiner Faust. Hass verzerrte sein bemaltes Gesicht. Das Hämmern der Hufe ließ die Erde unter ihm zittern. Er fuhr herum. Der Reiter war nicht viel mehr als ein vorbeiwischender Schatten. Blitzschnell schwang der Winchesterlauf herum und schleuderte den Cheyenne ins verdorrte Büffelgras. Clay war schon ein halbes Dutzend Yards weiter. Hinter ihm die Krieger, die ihm den Weg hatten verlegen wollen. Ihre Gewehre flammten.

      Clay warf Scobey die Zügel des Schecken zu. Er preschte im Kreis um den noch verdatterten Zeitungsmann herum.

      »Na los! Haben Sie vor, hier draußen Wurzeln zu schlagen?«

      Die Winchester spuckte den Herangaloppierenden Feuerlanzen entgegen. Die Schüsse der Cheyennes fetzten Erdbrocken hoch. Scobey erwischte gerade noch den Sattelknauf des erschreckt kreiselnden Schecken. Der Ruck hob ihm die Füße vom Boden. Geschmeidig landete Scobey im Sattel. Reiten konnte er. Im nächsten Moment war er neben Clay, der nochmals auf die Indianer feuerte und dann nach Westen preschte. Dreihundert Yards weiter und noch immer in Reichweite der Verfolgergewehre bogen sie nordwärts nach Julesburg ab. Scobeys Kehle war trocken. Das Dröhnen der Hufe zog seine Kopfhaut zusammen.

      »Tut mir leid,

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