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auf Wilburns Farm mit dem Kutschbock zu vertauschen!«

      »Brad ist tot, und auch Slim hat’s erwischt! Du wirst diesen verdammten Rumpelkasten schon selber kutschieren müssen, Rhett!«

      Clinton ließ die Trense los und spuckte die angerauchte Zigarette aus.

      »Die Cheyennes?«

      »Lorman!«

      Clintons Hände schossen hoch und gruben sich in die Aufschläge von Jeffs Jacke.

      »Mach keine Witze!«

      »Verdammt, Rhett!«, krächzte der Mann. »Wer sonst hätte Grund gehabt, Brad und Slim da draußen auf der Wilburn-Farm auf die Nase zu legen. Jetzt ist er mit Scobey auf dem Weg hierher. Sieht genauso aus wie du ihn beschrieben hast. Groß, hager, und sein Eisen schleppt er mindestens so tief herum wie du deins.«

      »Du hast ihn also gesehen.«

      »Aber er mich nicht!«, sagte der Kerl mit verkniffenem Grinsen. »Ich war ’ne Meile vor der Farm, als ich die Schüsse hörte. Auch ich dachte zuerst an die verdammten Rothäute. Deshalb hab’ ich mich im nächsten Gebüsch versteckt. Bald darauf ritten sie vorbei. Danach hab’ ich ‘nen Bogen geschlagen und bin wie der Teufel geritten, um vor ihnen hier zu sein. Länger als 'ne Viertelstunde wird’s wohl kaum mehr dauern. Wenn du mich fragst, Rhett ...«

      »Ich frage dich, wieso du nicht auf die Idee gekommen bist, dein Gewehr zu nehmen!« Clinton stieß den Mann, der erschrocken die Augen aufriss, heftig zurück. Als er sich umdrehte, hatte er Bancroft vor sich. Das fahle Gesicht des Bankiers wirkte noch zerknitterter und sorgenvoller. Krampfhaft hielt er seinen Holzkoffer fest.

      »Was will dieser Lorman von Ihnen?«

      »Meinen Skalp oder ein Stück Blei zwischen die Rippen, je nachdem, wer der Schnellere von uns beiden sein wird. In einer Viertelstunde werden wir’s ja wissen.«

      »In einer Viertelstunde sind wir auf dem Weg nach Cheyenne«, erwiderte Bancroft leise, aber entschlossen.

      »Ohne mich!« Clintons Blick schien durch den Bankbesitzer hindurchzugehen. »Ich hab’ mich lange genug versteckt. Jetzt weiß ich, dass es zwecklos ist, vor ihm davonzulaufen. Wozu auch? Irgendwann würde er mich doch erwischen. Vielleicht gerade dann, wenn ich am wenigstens darauf gefasst bin. Nein, zum Teufel, da ist es besser, selber Ort und Zeit zu bestimmen und ihm zuvorzukommen.«

      Ein paar Häuser weiter rollte die Concord-Kutsche mit den rasch vorgespannten Pferden hinter der Wells Fargo Station hervor. Neugierige Gesichter zeigten sich hinter Fensterscheiben. Ein paar Männer traten schweigend auf die Veranda des Bullhorn Saloons. Clinton wusste nur zu gut, dass ihm hier niemand eine Träne nachweinen würde. Im Gegenteil, die Stadt war froh, ihn und seine Freunde loszuwerden.

      »Wo bleibt denn Brad?«, rief der Mann, der das Gespann führte.

      Bancroft trat dichter an Clinton heran.

      »Tragen Sie Ihre Rechnung mit Lorman aus, wann und wo sie wollen, aber erst nachdem wir in Cheyenne sind!«, zischte er. »Da der Mann, der die Kutsche fahren sollte, ausfällt, kann ich erst recht nicht auf Sie verzichten. Es geht nicht um die Viertelstunde, sondern darum, was geschieht, wenn Lorman der Schnellere ist.«

      »Zum Teufel, ich ...«

      Bancroft zog zwar den Kopf ein, aber seine Stimme klang nun messerscharf: »Wenn Sie Ihrer Sache so sicher sind, warum haben Sie dann nicht selber auf ihn gewartet, sondern Ihre Freunde hinausgeschickt?« Er winkte ab, als der Spieler und Revolvermann die Rechte auf die Waffe senkte. »Drehen Sie jetzt nicht durch, Clinton! Für Sie und mich geht es um eine Menge Geld. Ich hab’ Ihnen fünfhundert Dollar für die Fahrt nach Cheyenne geboten. All right, Sie sollen nicht hinter diesem geldgierigen Fettwanst Harrison zurückstehen. Ich verdoppele mein Angebot. Aber kein Wort davon zu den anderen!«

      Clinton starrte ihn an.

      »Ihnen steht das Wasser tatsächlich bis zum Hals!«, murmelte er gedehnt.

      »Tausend Dollar, Clinton, aber nur, wenn wir sofort losfahren!«, drängte Bancroft.

      In Clintons Miene arbeitete es heftig. Die Männer bei der Stagecoach blickten gespannt herüber.

      »Was ist denn nun, Rhett?«, rief wieder der bei den Pferden. »Kommt Brad oder wer sonst soll die Karre fahren?«

      »Ich!«, antwortete Clinton und stiefelte entschlossen los. Bancroft, den Koffer unterm Arm, hatte Mühe, ihm zu folgen.

      Etwa zur gleichen Zeit peitschte hinter den Palisaden der Liberty Station fünfunddreißig Meilen westlich von Julesburg der letzte Schuss. Dann war der Ansturm der schreienden, federgeschmückten, bronzehäutigen Reiter abgeschlagen. Jäh waren sie aus dem Dämmergrau des diesigen Tages hervorgeschossen. Ebenso schnell hatten sie sich nun wieder hinter die der Station vorgelagerten Bodenwellen und hinter die Buschgürtel am Ufer des Lodgepole Creek zurückgezogen.

      Die dichtgereihten Pfähle waren mit Pfeilen gespickt und von Kugellöchern übersät. Unwirkliche Stille senkte sich herab. Nur in den Ohren der Verteidiger gellte noch das Kriegsgeschrei und donnerten die pausenlosen Schüsse. Sie verharrten wie betäubt. Ihre Hände umkrampften die Waffen. Pulverschwärze bedeckten ihre Gesichter.

      Auf der Ebene lagen nur mehr ein paar tote Mustangs. Ihre Gefallenen und Verwundeten hatten die Indianer mit in Deckung geschleppt. Scheinbar friedlich strömte der Fluss hinter der Station vorbei. Er hatte verhindert, dass die Cheyennes auch von Norden gekommen waren. Aus dem Blechschornstein der Wohnhütte stieg Rauch. Die Kutsche aus Cheyenne stand noch vom Vorabend neben der Remise.

      Seit im Morgengrauen die ersten Späher in der Nähe der Pferdewechselstation aufgetaucht waren, hatte niemand mehr von einer Weiterfahrt nach Julesburg gesprochen. Auch Rutland nicht. Dabei hatte es der ehemalige Südstaatenmajor gestern noch ziemlich eilig gehabt. Der stämmige, schnurrbärtige Mann ließ nun als Erster sein Gewehr sinken. In einem Anflug von Müdigkeit wischte er sich übers Gesicht. Dann trat wieder der alte herrische Glanz in seine Augen. Seine Gestalt im feldgrauen Umhang und den hochschäftigen Kavalleriestiefeln straffte sich.

      »Sieh nach, ob jemand verletzt ist, Sam!«, rief er dem Schwarzen zu, der zehn Schritte entfernt hinter den schulterhohen Palisaden stand.

      Ein zitternder Aufschrei kam Sam zuvor: »Meritt ist getroffen, schnell!« Es war die Stimme der Frau. Sie kam vom Schuppen. Rutland fuhr herum.

      »Bleib, Sam!«, berichtigte er sich. »Pass auf, dass sie nicht wieder so verdammt nahe herankommen, bevor wir sie mit unserem heißen Blei begrüßen!«

      Hastig folgte er den beiden anderen Männern, die schon zum Schuppen liefen. Deutlich zog er dabei sein linkes Bein nach. Slaughter, der untersetzte Stationier, und Mclntosh, ein bärtiger Hüne, der von der Büffeljagd lebte, drehten sich nicht nach ihm um.

      Sie starrten auf den an der Rückwand des Schuppens Zusammengesunkenen. Es war der Begleitmann der Kutsche, mit der Rutland und sein farbiger Diener nach Julesburg unterwegs gewesen waren. Den Fahrer hatte es gleich im ersten Pfeil und Kugelhagel der Cheyennes erwischt. Niemand hatte ihm mehr helfen können. Nun schien auch Bill Meritt an der Reihe zu sein. Ein abgebrochener Cheyennepfeil steckte in seiner Brust. Blut lief über sein Hemd.

      Die Frau kniete bei ihm. Mit dem einfachen Kattunkleid und dem im Nacken verknoteten dunkelblonden Haar glich sie hundert anderen jungen Pionierfrauen, denen Rutland begegnet war. Aber weder die Anmut ihrer Bewegungen, noch die Art, wie sie einen Mann ansah - wissend und distanziert zugleich - passten dazu. Rutland hätte den kargen Rest seines aus dem Bürgerkrieg geretteten Vermögens darauf gewettet, dass sie noch nie mit einem Pflug oder Ochsengespann in Berührung gekommen war.

      Slaughter hatte sie kurz als Joana Dwain vorgestellt, das war alles. Rutland konnte sich nicht vorstellen, dass sie und der Stationer zusammengehörten. Trotzdem schien sie seit längerem hier zu leben. Erst als sie sich nun bleich und ein wenig schwankend erhob, blickte auch der Exmajor auf den Getroffenen. Meritt atmete nicht mehr. Mclntosh begann leise zu fluchen. Eine langläufige 52er Sharps lag

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