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nahm als Einziger den Hut ab.

      »Bringt ihn ins Haus!«, forderte er die Männer auf.

      Der Büffeljäger drehte ihm das bartumwucherte, derbe Gesicht zu.

      »Hören Sie, Rutland, ich bin nicht Ihr Nigger, der sich auch noch die Beine ausreißt, wenn Sie's befehlen! Hier draußen ist jeder sein eigener Boss. Das sollten Sie möglichst schnell kapieren, Mister, wenn Sie außer den Cheyennes nicht noch mehr Ärger an den Hals bekommen wollen.«

      Rutland ballte die Fäuste, aber das ließ Mclntosh kalt. Er stand da wie ein Fels, ohne mit der Wimper zu zucken. Genauso war er vorhin hinter den Pfählen gestanden und hatte auf die anstürmenden Indianer gefeuert. Slaughter dagegen schwitzte. Er sah aus, als hätte er sein Gesicht in einen vollen Wassereimer getaucht. Fahrig zerrte er eine Flasche aus der ausgebeulten Jacke und trank.

      »Es ist aus!«, keuchte er. »Wir sind zu wenig, sie aufzuhalten, wenn sie’s nochmals versuchen! Wir schaffen es nicht!«

      »Bestimmt nicht, wenn Sie nicht endlich aufhören, sich mit Whisky volllaufen zu lassen!«, fuhr Rutland ihn an.

      Mclntosh Kommentar bestand darin, dass er halb den Kopf drehte und mit Nachdruck ausspuckte. Die Frau warf Rutland einen zornigen Blick zu. Dann ging sie zu Slaughter und ergriff seinen Arm.

      »Du solltest wirklich damit aufhören, Dave«, sagte sie sanft. »Es macht alles doch nur schlimmer.«

      Slaugther starrte sie wie eine Fremde an. Er war blind für den halb bittenden, halb beschwörenden Ausdruck in ihren Augen. Jäh riss er sich los. Wut flammte über sein Gesicht.

      »Du wirfst mir vor, dass ich trinke? Ausgerechnet du?« Plötzlich warf er den Kopf zurück und lachte. Er schien nicht mehr damit aufhören zu können. Die Frau stand da, als hätte sie sich am liebsten die Ohren zugehalten. In ihrem kreidebleichen Gesicht wirkten die meergrünen Augen jetzt unnatürlich groß.

      »Reißen Sie sich zusammen, Slaughter!«, schrie Rutland wütend. »Verflucht, ich werde dafür sorgen, dass die Bosse der Wells Fargo Company Sie zum Teufel jagen!«

      »Tun Sie das, Rutland, tun Sie das!«, japste der Stationer. »Vergessen Sie nur nicht, sich zuvor die verfluchten Rothäute da draußen vom Halse zu schaffen! Die kommen Ihnen sonst womöglich noch zuvor!« Gierig setzte er wieder die Flasche an den Mund.

      Rutlands Gesicht lief dunkel an. Mclntosh grinste.

      »Nur Narren streiten sich mit Betrunkenen.«

      Als Rutland sich mit zusammengepressten Lippen abwenden wollte, vertrat der Büffeljäger ihm rasch den Weg.

      »Nun seien Sie nicht so verdammt empfindlich, Mann! Es bringt nichts, wenn wir uns gegenseitig auf den Zehen 'rumtrampeln. Ich habe so wenig Lust wie jeder hier, meinen Skalp an die Roten abzuliefern. Aber ich kann’s Slaughter nicht verdenken, wenn er keine Chance mehr für uns sieht.«

      »Dann holen Sie sich doch auch eine von seinen verdammten Flaschen! Sicher hat er genug Vorrat hier.«

      »Möglich!«, grinste Mclntosh achselzuckend. »Nur denk’ ich jetzt nicht an Whisky, sondern daran, dass einer von uns Hilfe herholen sollte, ehe es dafür zu spät ist!«

      Slaughter verschluckte sich und hustete heftig. Seine Augen waren blutunterlaufen.

      »Sie sind ja verrückt!«, schnappte Rutland dann. »Strecken Sie nur Ihre Nase hinter den Palisaden hervor, dann werden Sie schon merken, dass die Cheyennes keine Tomaten auf den Augen haben!«

      Mclntosh ließ sich nicht aus der Ruhe bringen.

      »Ich behaupte nicht, dass es unbedingt klappt. Ich meine nur, dass einer, der nichts mehr zu verlieren hat, ruhig alles riskieren kann.« Er biss ein Stück Kautabak ab und schaute zu den tiefhängenden, sich immer dunkler färbenden Wolken. »Ich fress’ als Nächstes ’nen ungesalzenen Besenstiel, wenn es in einer Stunde nicht aus allen Kübeln gießt! Klar, dass es dann auch die Redmen wieder versuchen. Warum nicht auch wir?«

      »Nachdem nun auch Meritt tot ist, können wir hier auf kein Gewehr mehr verzichten.«

      »Schade, dass wir hier nicht alle in Uniformen 'rumlaufen, was?«, grinste der Hüne spöttisch. »Dann bräuchten Sie nur mit dem Säbel zu rasseln, damit alles richtig funktioniert.« Er spuckte einen braunen Strahl Tabaksaft aus. »Die Rothäute hätten sicher ’nen Mordsspaß dran! Im wahrsten Sinne des Wortes!«

      »Ich werde Sie nicht halten, wenn Sie unbedingt da draußen krepieren wollen«, erwiderte Rutland steif.

      Mclntosh grinste wieder.

      »Davon hab ich kein Wort gesagt. Ich tauge nicht zum Helden. Die Rolle würde auch viel besser zu ’nem Gentlemen wie Sie einer sind passen. Ach, zur Hölle, nun fangen Sie nicht wieder an, sich künstlich aufzuregen, Mann! Ich bin ja nicht blind. Mit Ihrem steifen Bein hätten Sie weder zu Fuß, noch zu Pferd 'ne Chance, den Hundekriegern der Cheyennes davonzugaloppieren. Aber was ist mit ihm?« Mit dem bärtigen Kinn wies er auf den Schwarzen, der außer Hörweite die düstere Prärie beobachtete. Mclntosh kniff ein Auge zu. »Der Goldjunge scheint allerhand auf dem Kasten zu haben, soviel ich mitgekriegt hab.« Er streifte Slaughter mit einem verächtlichen Blick. »Das ist keiner, der gleich die Nerven verliert, wenn die blauen Bohnen pfeifen. Ich wette, der hat schon mehr als einmal Pulverdampf geschnuppert. Und wie der mit den Pferden zurande kommt! Der Teufel soll mich braten, wenn der sich nicht auch im Sattel auskennt! Vor allem aber, das muss Ihnen der Neid lassen, Rutland, haben Sie ihn so gut dressiert, dass er Ihnen aufs Wort gehorcht. Ganz so, als hätte der alte Abe Lincoln nie die Sklaverei abgeschafft!« Er grinste erwartungsvoll. Rutland furchte die Brauen.

      Da rief Joana Dwain: »Das ist nicht fair! Wenn ihr wirklich wollt, dass einer nach Julesburg reitet, dann werden wir es auslosen.«

      Mclntosh kaute genüsslich seinen Priem.

      »Aber klar, Ma’am! Macht ja auch nichts, wenn das Los dann doch Rutland mit seinem steifen Bein trifft! Oder Slaughter, der in einer Stunde voll wie 'ne Strandhaubitze sein wird! Vielleicht sogar auch Sie!« Er lachte grollend.

      »Sam, komm her!«, rief Rutland, bevor die Frau noch etwas sagen konnte. Der Schwarze verließ seinen Beobachtungsposten. Er war jung, noch keine dreißig. Seine Bewegungen verrieten kraftgeballte Geschmeidigkeit.

      »Sir?« Gespannte Erwartung lag auf seinem kaffeebraunen, gutgeschnittenen Gesicht.

      Rutlands Miene war ausdruckslos.

      »Hör zu, Sam, wir haben beschlossen, Hilfe aus Julesburg herbeizuholen. Das heißt, einer von uns muss hinaus.«

      »Das wird nicht leicht sein, Sir.«

      »Nicht leicht?«, prustete Dave Slaughter. »Mein Junge, es ist glatter Selbstmord, wenn du so verrückt sein solltest, es zu versuchen.«

      Rutland warf ihm einen wütenden Blick zu. Sam Talbots Haltung versteifte sich ein wenig. Doch seine Stimme verriet keine besondere Regung.

      »Sie haben also an mich gedacht, Sir.«

      »Ich habe dran gedacht, wie du damals durch die Front der Yankees geschlichen bist und mich mit meinem zerschossenen Knie zurückgeholt hast, Sam. Ich habe daran gedacht, dass du mit Abstand der beste Reiter und Kämpfer meiner Schwadron warst. Wenn es einer schafft, Sam, dann bist du’s!«

      »Er hat kein Recht, Sie hinauszuschicken, Talbot, das wissen Sie doch hoffentlich!«, rief die Frau erregt. »Die Tage der Sklaverei sind längst vorbei!«

      Rutlands Kopf ruckte halb herum, seine Augen blitzten.

      »Ich hab Sam nie als meinen Sklaven betrachtet, immer nur als meinen Diener, Begleiter, Freund. Das war schon so, bevor die Blauröcke meine Plantage in Georgia verwüsteten. Vor allem werde ich nie vergessen, dass mir Sam mitten im Krieg das Leben gerettet hat.«

      »Dafür schmeißen Sie ihn nun den Cheyennes in den Rachen!«, lallte Slaughter, nachdem er wieder getrunken hatte. Die Flasche war fast

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