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Präsidenten verübt! Ich habe gesagt: Auf den Wagen mit ihm! Oder nein, wartet noch, es ist besser, ich fessle ihn zuvor! Weiß der Kuckuck, auf welche Ideen er sonst kommt, wenn er aufwacht und feststellt, dass wir immer noch auf dem Trail nach Salida sind.«

      »Tate, um Himmels willen, wir wollen nichts damit zu tun haben!«, krächzte Randlett.

      »Von wollen ist keine Rede, mein Junge!«, grinste Slocum faltig. »Müssen heißt die Losung! Das bedeutet erstens, dass ich alles auf meine Kappe nehme und zweitens, dass ich euch keine andere Wahl lasse, als zur Abwechslung mal hübsch nach meiner Pfeife zu tanzen!«

      Damit sie es auch glaubten, hob er grimmig das Gewehr.

      8

      Der Reiter schoss aus dem Ufergebüsch des Bluebird Creek, als hätte er ein Dutzend skalphungriger Rothäute dicht auf den Fersen. Jäh riss das Trommeln der Hufe die Männer in Morristers Camp aus ihrem schläfrigen Dösen. Auch Larry Langtry beendete seine Siesta. Als er sich unter dem Conestoga Schoner hervorrollte, unter dem er seine Decke ausgebreitet hatte, war schon alles auf den Beinen. Einschließlich Reilly, den Big Boss Morrister zu seiner Bewachung abkommandiert hatte. Die Hand des bulligen Banditen lag bereits am Colt, kaum dass Larrys Nasenspitze unter dem Planwagen zum Vorschein gekommen war.

      Lärmende Gestalten umringten den Bärtigen auf dem abgehetzten Pferd. Fragen bestürmten ihn von allen Seiten. Aber erst als seine fiebrig glänzenden Augen Morrister entdeckten, der aus seinem Zelt trat, reagierte er und sprang ab. Rasch klaffte eine Gasse vor dem Anführer der Revolverschwinger auf.

      Morrister trug einen frisch gebügelten grauen Anzug, dazu ein blütenweißes Hemd mit Kragenschleife und eine dunkelrote Chinaseidenweste. Auch mit den hochhackigen Reitstiefeln, an denen bei jedem Schritt die Silbersporen klingelten, sah er aus, als hätte er sich gerade in einem Modesalon in St. Louis neu eingekleidet. Im Näherkommen zog er dünne, in der Farbe zum Anzug passende Lederhandschuhe an. Als er dann vor dem staub- und schweißbedeckten Ankömmling stehenblieb, erstarb ringsum jedes Geräusch. Der Bärtige duckte sich unwillkürlich unter Morristers kaltem Blick.

      »Wieso kommst du allein, Hank?« Die Stimme war leise, aber ihre Schärfe trieb den Bärtigen einen Schritt zurück. »Wo ist Jeff? Wo sind Langtrys Wagen?«

      »Es ging alles schief, Boss«, keuchte der Mann verzweifelt. »Langtry tat nur so, als wollte er aufgeben. Als wir uns dann den Wagen näherten, begannen sie zu schießen ...«

      Die Stille verdichtete sich noch. Die Starre auf Morristers kantigem Gesicht begann zu zerbröckeln. Mit einem Schritt war er dicht vor Hank. Seine schlanken Hände schossen hoch, krallten sich in die verdreckte Jacke.

      »Wo ist Jeff?«, wiederholte er schneidend.

      »Sie haben ihn erwischt, Boss. Wie sollten wir auch damit rechnen, dass sie plötzlich aus allen Rohren schießen würden. Um ein Haar, Boss, hätten sie auch mich erledigt.«

      Er log, damit Morrister erst gar nicht auf die Idee kam, ihm seine überstürzte Flucht vorzuwerfen. Aus angstvoll flackernden Augen starrte er in das verkniffene Gesicht, das drohend noch näher auf ihn zukam.

      »Geschossen, sagst du?«, flüsterte Morrister, und dieses Flüstern war noch unheimlicher, als wenn er geschrien und getobt hätte. »Jeff tot? Verflucht, Mann, was habt ihr Idioten Langtry denn erzählt?«

      »Alles, was du uns aufgetragen hast, Boss, nicht mehr, nicht weniger! Ich sagte ja, wir waren auf alles gefasst, nur nicht darauf, dass diese Hundesöhne so reagieren würden.«

      Morrister stieß Hank zurück. Sein Gesicht war grau, seine Augen glühten. Keinen hätte es jetzt gewundert, wenn er den Revolver gezogen und den Bärtigen über den Haufen geschossen hätte. Hank, der sonst nicht zimperlich war, wenn es darum ging, für Morristers Geld einen Gegner aus dem Weg zu räumen, schwitzte und zitterte.

      Larry hielt sich noch vorsichtshalber im Hintergrund. Sein Herz pochte heftig. Nicht nur die im Zenit lodernde Sonne trieb ihm den Schweiß auf die Stirn. Tate!, dachte er inbrünstig. Guter, alter Tate!

      Unruhig wichen die Banditen von ihrem Anführer zurück. Morristers Mundwinkel begannen zu zucken. Seine Fäuste öffneten und schlossen sich. Dann kam der Ausbruch.

      »Steht nicht da und glotzt!«, brüllte er. Es war die Stimme eines Wahnsinnigen. Es fehlte nur noch, dass ihm Schaum auf die Lippen trat. »Hölle und Verdammnis, schafft die Frau her! Auf der Stelle!«

      Mehrere Männer stürzten davon. Hank wagte nicht, sich vom Fleck zu rühren, obwohl er aussah, als hätte er sich am liebsten in einem Mauseloch verkrochen. Es dauerte nur Sekunden, bis die Kerle mit der Gefangenen zurückkamen.

      Niemand beachtete Larry, der sich nun durch die Schar der Gaffer nach vorn drängte. Nur Reilly klebte nach wie vor an ihm. Die Faust um den Colt gekrampft, wartete er nur darauf, dass der junge Spieler ihm einen Grund lieferte, ihm den Stahllauf über den Schädel zu ziehen.

      Larry spürte einen Druck in der Kehle, als er die Angst in Lindas Augen sah, die sie verzweifelt zu verbergen suchte. Zwei wüst aussehende Halunken hielten sie fest. Stricke umschlangen ihre Handgelenke. Als Morrister vor sie trat, hob sie den Kopf und presste die Lippen zusammen. Larry fühlte, dass es sie alle Energie kostete, dem wilden Blick des Verbrechers standzuhalten.

      Dean Morrister lachte plötzlich.

      »Wenn ich Sie so ansehe, Linda, will es mir noch weniger in den Kopf, dass wir uns beide in Ihrem Freund Joe so getäuscht haben. Vor ein paar Minuten hätte ich noch meinen Skalp darauf gewettet, dass er für eine so prächtige Frau wie Sie es sind alles hergeben würde.«

      Der letzte Blutstropfen wich aus Linda Colemans Gesicht. Ihre Lippen zuckten.

      »Sie wollen mir ja nur Angst einjagen, Morrister«, stieß sie dann tonlos hervor.

      Morrister starrte sie an, warf dann den Kopf zurück und lachte wieder, dass sich alle am liebsten die Ohren zugehalten hätten.

      »Bei allen Teufeln der Hölle, Sie haben allen Grund, sich zu fürchten. Denn Big Joe hat Sie so gut wie zum Tod verurteilt!«

      Larry ballte die Fäuste und biss die Zähne zusammen, weil er der jungen Frau diese schrecklichen Minuten nicht ersparen konnte. Morrister fuhr halb herum. Er packte Hank am Arm und zog ihn neben sich.

      »Los!«, schrie er. »Erzähl ihr, was passiert ist, als du Big Joe meine Forderung überbrachtest! Sag ihr, dass sie Jeff erschossen und dich wie eine lausige Ratte davongejagt haben, ohne auch nur danach zu fragen, wie's ihr geht!« Aber bevor der bärtige, verdatterte Kerl seinen Mund aufbrachte, stieß Morrister ihn wieder zurück. »Ja, verdammt noch mal, das ist der wahre Big Joe, auf den ihr alle in Canyon City so große Stücke gehalten habt. Sie besonders, Linda! Ein Hundesohn, der über Leichen geht, wenn er sich mal an einem Ziel festgebissen hat! Sogar über Ihre Leiche!«

      Er verrechnete sich, wenn er jetzt auf Lindas Zusammenbruch wartete.

      »Was wollen Sie, Morrister?«, rief sie wild. »Mich auf den Knien sehen, damit Sie besser darüber wegkommen, dass alle Ihre teuflischen Machenschaften zuletzt doch an einem Mann scheitern, der Ihnen haushoch überlegen ist? Nein, Morrister, Big Joe geht es schon längst nicht mehr um seine ohnedies schon ruinierte Frachtlinie, nur noch darum, Ihnen Ihr verbrecherisches Handwerk zu legen. Wenn er Ihre Forderung nicht erfüllt, dann nur, weil er genau weiß, dass er damit mein Leben nicht retten könnte. Sie hatten nie wirklich vor, mich auszutauschen!«

      Morristers flache Rechte zuckte hoch und traf die Frau klatschend ins Gesicht. Ihr Kopf wurde halb herumgerissen. Kein Ton kam mehr über ihre Lippen.

      Später war Larry Langtry froh, dass er in diesem Moment keinen Revolver besaß. Vielleicht hätte er sich sonst zu einem nicht mehr gutzumachenden Fehler hinreißen lassen. Reillys heißer Atem, der ihm in den Nacken blies, erinnerte ihn schließlich daran, wieviel davon abhing, dass er nun die Nerven behielt. Sogar die eigenen Leute erkannten Morrister in diesen Sekunden nicht wieder. Keuchend, mit glitzernden Schweißrinnsalen auf dem

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