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musst zugeben«, murmelte er zögernd, »dass du’s ihm damals auch nicht gerade leicht gemacht hast.«

      »Ich werd’s ihm jetzt noch viel weniger leicht machen.«

      Larry lächelte plötzlich. Aber es war ein Lächeln, das Tate Slocum erschreckte.

      »Wenn du nach diesen langen sechs Jahren nicht zurückgekommen bist, Junge, deinem Vater zu helfen - warum dann?«

      Coltpoker-Larry atmete tief durch. Seine Miene glättete sich. Sein Blick suchte wieder die Staubwolke. Auf die Entfernung war kein Hufschlag zu hören. Dafür kamen Geräusche aus der entgegengesetzten Richtung. Von dort, wo sie zuvor zwischen verwitterten Felstürmen aus einer vielfach gewundenen Schlucht heraufgeritten waren: Steine polterten, Hufe klapperten, raue Stimmen riefen durcheinander. Larry blickte Old Tate ausdruckslos an.

      »Vielleicht überleg ich’s mir wirklich und entscheide mich im Nachhinein noch für Morristers Job.«

      Old Tate blieb die Luft weg. Sein Ledergesicht färbte sich erst dunkel, dann grau.

      »Nein!« Er schüttelte heftig den Kopf. »Du kannst mir viel einreden, mein Junge, aber nicht das! Nein, der Sohn von Big Joe wird nie mit einem Bastard wie Dean Morrister gemeinsame Sache machen!«

      »Du sollst aufhören, mich Big Joes Sohn zu nennen, verdammt!«

      »Schon gut, schon gut, du bist’s nun mal! Und wie! Genauso verteufelt stur und von sich eingenommen wie der Alte! Aus ein und demselben Holz geschnitzt, auch wenn du’s nicht wahrhaben willst! Damals warst du noch ein Lausejunge, der es nicht lassen konnte, dem alten Tate dann und wann einen saftigen Streich zu spielen. Ich hätte schon damals meinen Skalp gewettet, dass du mal in Big Joes Fußstapfen trittst, auch wenn du äußerlich mehr deiner Mutter gleichst. Tu nur nicht so, Larry, als hätte bloß dein Vater alle die Fehler, die du an dir selber nicht siehst!«

      »Mann!«, stieß Larry heiser hervor. »Wenn von uns beiden einer verrückt ist, dann bist du’s! Sonst würdest du für Big Joe nicht diese Sprüche riskieren!«

      Old Tate reckte sich, seine Augen blitzten.

      »Verträgst du die Wahrheit nicht? Willst du ... He, was ist? Was sind das für Leute da drüben?«

      Larry war zusammengezuckt. Einen Moment sah er so erschrocken aus, dass Slocum unwillkürlich nach seinem Arm griff. Nebeneinander spähten sie zu den Reitern, die im tiefer gelegenen Gelände im Osten eine kakteenbestandene Bodenwelle überquerten. Es waren fünf staubumschleierte Gestalten. Die Gestalt in der Mitte war eine Frau. Nun hatte auch Tate Slocum die Verfolger vergessen.

      »Teufel noch mal, das ist ja ...«

      Larry hatte sich schon losgerissen. Mit einem Satz war er bei Mr. Brown. Er zerrte ein Fernglas aus der Satteltasche.

      »Linda!«, keuchte er Sekunden später, als er mit dem Glas an den Augen an der Felskante stand. Ihr bleiches, schönes Gesicht schien ihm aus dem von den Hufen hochgewirbelten Staub entgegenzuwachsen. Das rotbraune Haar war staubverfilzt. Die Bluse klebte ihr auf dem Körper. Ihre Hände waren vorn zusammengeschnürt, so dass sie die Zügel halten konnte. Die Kerle neben ihr waren finster und gefährlich aussehende Typen. Ihre tiefgeschnallten Revolver verrieten alles über sie. Bevor sie mit ihrer Gefangenen in einer Hügelkerbe verschwanden, reichte Larry dem Oldtimer rasch das Glas.

      »Morristers Schießer?«, fragte er mit einer Stimme wie brechendes Glas.

      Er wartete kurz, dann riss er Old Tate das Fernglas weg, als der sichelbärtige Frachtfahrer nur dastand, als hätte ihn der Blitz gestreift. »Antworte, verdammt!«

      »Ja, es sind Kerle aus Morristers Crew!« Der Alte starrte ihn leer an. »Linda ... Woher kennst du sie?«

      »Sie also ist Morristers großer Trumpf!«, knirschte Larry. »Deshalb war dieser Schuft so sicher und hatte es nicht eilig mit der Verfolgung von Big Joes Wagen.«

      »Bei allen Heiligen von Mexico! War es etwa Linda, die dich auf die Idee gebracht hat ...«

      »Hör zu, Tate!« Coltpoker-Larry schnellte herum. Seine Augen funkelten. »Du hast mir vorhin Brocken an den Kopf geworfen, die sich kein anderer hätte leisten dürfen. Du bist einer, den seine Ehrlichkeit noch mal ins Grab bringt. Aber nun sag mir ebenso ehrlich, Tate: Vertraust du mir?«

      Slocum starrte ihn verblüfft an. »Was, zum Kuckuck ...?«

      »Rede! Wir haben nicht viel Zeit. Die Halunken, die Morrister losgeschickt hat, sich unsere Skalps zu holen, werden gleich hier sein. Ja oder nein, Tate!«

      Der Oldtimer war betroffen über die Angst in Larrys Augen. Wem galt sie? Der Frau, die Big Joe liebte?

      »Ja, ich vertraue dir«, murmelte er heiser. »Dafür gibt’s drei gute Gründe. Du hast mir das Leben gerettet. Ich kannte dich schon als vorlauten Rotzbengel. Und außerdem bist du, auch wenn du’s nicht hören willst, Big Joes Sohn.«

      Larry ballte die Fäuste, atmete tief durch.

      »Okay, Tate, dann stell jetzt keine Fragen und verlier keine Zeit! Steig auf deinen Gaul! Reite! Sieh zu, dass du die Wagen meines Vaters so schnell wie möglich findest! Und dann, Tate, hör zu! Dann setz alles daran, dass diese Wagen auf der Route nach Salida bleiben! Egal, was geschieht! Egal, wie hartnäckig Morrister versuchen wird, Big Joe mit seiner Gefangenen unter Druck zu setzen.«

      »Aber ...«

      »Kein Aber, Tate!«, drängte Larry heftig. »Ich kann dir jetzt nicht alles erklären, nur soviel: Du hattest recht, ich würde nie gemeinsame Sache mit einem Bastard wie Morrister machen. Wenn du mein Freund bist, Tate, wenn du nicht vergisst, dass ich dir das Leben gerettet habe, dann tu, um Himmels willen, was ich dir sage!«

      »Junge, du machst mir Angst!«, krächzte Slocum. »Du vergisst, dass Big Joe ein Mann ist, der sich nichts sagen lässt, wenn er ...«

      »Er muss auf dich hören, Tate! Wie du das anstellst, ist dein Problem! Nur lass nicht zu, dass er auf irgendeine von Morristers Forderungen eingeht! Glaub mir, Tate, damit wäre Linda nicht zu retten!«

      »Mein Gott, Junge, was ist zwischen dir und ihr?«

      »Nichts!«, lachte Larry wild und verzweifelt. »Noch nicht! Verdammt, Mann, reite jetzt! Versprich mir, dass ich mich auf dich verlassen kann!«

      Old Tates Blick hetzte an ihm vorbei zu den Felstürmen, zwischen denen das Hufgeklapper der Verfolger nun deutlich hervordrang. Er grinste verzerrt.

      »Kindern und Narren soll man nicht widersprechen! Okay, mein Junge, du hast mein Wort, und ich hoffe bloß, du bist dir auch klar, in welche Klemme mich das bringen wird! Lass mich da nur nicht hängen!«

      Es war verblüffend, mit welcher Gewandtheit sich der dürre Alte in den Sattel schwang. Larry hob noch zum Abschied eine Hand. Da prasselte der Hufschlag von Slocums Pferd bereits davon.

      Der Schatten einer jähen Müdigkeit überflog Larry Langtrys Gesicht. Doch als die Reiter mit den durchgeladenen Gewehren vor sich auf den Sätteln zwischen den Felsen auftauchten, war er schon wieder ganz der lässige Abenteurer, den nichts aus dem Gleichgewicht bringen konnte. An die Flanke seines Braunen gelehnt, drehte er sich mit ruhigen Fingern eine Zigarette. Seine Miene veränderte sich nicht, als sie ruckartig ihre Pferde stoppten und ihre Karabiner hoben. Er machte keinen Versuch, den Revolver zu ziehen.

      »Da seid ihr ja!«, lächelte er ausdruckslos.

      Sie waren zu zweit. Eine Tatsache, die in Larrys Gehirn ein Alarmsignal schrillen ließ. Er wusste, dass er sich nicht getäuscht hatte, als er den Hufschlag von drei Pferden gehört hatte. Es waren die beiden Stoppelbärtigen, die keinen Finger gerührt hatten, als Old Tate Healy, den Verräter, über den Haufen geschossen hatte.

      Der eine war mittelgroß, gedrungen, mit einem Gesicht wie eine Fleischerdogge. Der andere war ein sehniger, spitznasiger Typ, der Larry irgendwie an einen Schakal erinnerte. Der Eindruck verstärkte sich, als der Kerl grinste. Es war wie ein Zähnefletschen.

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