ТОП просматриваемых книг сайта:
entre dos tierras. Peter Geipel
Читать онлайн.Название entre dos tierras
Год выпуска 0
isbn 9783746948416
Автор произведения Peter Geipel
Жанр Контркультура
Издательство Readbox publishing GmbH
Schone, mein Sohn, die Geißel! Um so kraftvoller halte die Zügel!
Phöbus
Wenn du kannst, so folge wenigstens jetzt dem Rat deines Vaters:
Schone, mein Sohn, die Geißel! Um so kraftvoller halte die Zügel! Die Rosse eilen von selbst. Mühe kostet’s, ihr Drängen zu dämpfen. Lass es dir auch nicht gelüsten, den Weg geradeaus durch die fünf Himmelszonen zu wählen. Schräg verläuft in weitem Bogen die kürzere Bahn, die sich mit drei Bereichen begnügt, den südlichen Himmelspol meidet und auch den Großen Bären im Norden mit seinen eisigen Stürmen.
Hier also sei dein Weg: Du wirst deutliche Räderspuren erblicken! Und damit Himmel und Erde die gleiche Wärme erhalten, so lenke den Wagen weder zu tief hinab noch durch den Äther hoch droben! Steigst du zu hoch, so steckst du die himmlischen Wohnungen in Brand, senkst du dich aber zu tief, so verbrennst du die Erde.
In der Mitte fährst du am sichersten. Lass dich auch nicht vom Wagen zu sehr nach rechts tragen, hin zur geringelten Schlange, noch nach links zum Kleinen Altar. Halte dich zwischen beiden! Dem Glück befehl’ ich das andre. Es stehe dir bei und rate dir besser als du dir selbst. Das ist mein Wunsch – doch während ich spreche, hat schon am Gestade im Westen die taufeuchte Nacht ihre Wendemarken erreicht. Nicht mehr steht es uns frei, noch zu zögern. Wir sind gefordert, Aurora erstrahlt, die Finsternis ist vertrieben. Nimm also die Zügel in die Hand oder, wenn sich dein Herz noch umstimmen lässt, so nimm meine Warnung an, nicht meinen Wagen - so lange du noch kannst, noch auf festem Boden stehst und noch nicht über den Achsen, wie du es dir in deiner Torheit zu deinem Schaden gewünscht hast! Damit du es in Sicherheit schauen kannst, lass mich der Welt das Licht bringen!
Aber mit jugendlicher Kraft schwingt sich jener auf den leichten Wagen, steht darauf, ergreift mit Wonne die dargebotenen Zügel und dankt von droben dem Vater, der solchen Dank nicht will.
Unterdessen erfüllen Pyrois, Eoos und Aithon, die geflügelten Rosse der Sonne, dazu Phlegon als viertes mit feurigem Wiehern die Lüfte und stampfen mit ihren Hufen gegen die Schranken.
Als die Meergöttin Tethys, die das Geschick ihres Enkels nicht ahnt, die Bahn freigibt in die Weiten des Weltraums, rasen die Rosse dahin, ihre Hufe wirbeln durch die Luft und zerreißen entgegentreibende Wolken. Von ihren Schwingen getragen, eilen sie dem Ostwind davon, der auf derselben Richtung weht.
Allein zu leicht war die Last, als dass die Sonnenpferde sie hätten spüren können, und dem Joch fehlte das gewohnte Gewicht.
So wie ohne die rechte Belastung geschweifte Schiffe schlingern und unstet, weil allzu leicht, übers Meer hintreiben, so macht frei von der üblichen Last, Luftsprünge der Wagen und wird in die Höhe geschleudert, nicht anders, als wäre er leer.
Sobald sie das merken, stürmen die Rosse davon, verlassen die ausgefahrene Bahn des Vierergespanns und laufen auch nicht mehr in der früheren Ordnung.
Phaethon selbst erschrickt, weiß nicht, wie er die ihm anvertrauten Zügel führen soll, nicht wo der Weg ist – und wüsste er es auch, so könnte er die Pferde doch nicht bändigen.
Da wurde zum ersten Mal das kalte Siebengestirn des Großen Bären von den Stahlen der Sonne erwärmt und versuchte vergeblich, in das Meer zu tauchen, das ihm verwehrt ist.
Auch die Schlange, die ihren Platz ganz nahe am eisigen Pol hat, die sonst träge ist wegen der Kälte und für niemand ein Grauen, taute nun auf und sog aus der Hitze unerhörte Wut.
Du auch sollst bestürzt geflohen sein, du Hüter des Großen Wagen, wenn du auch langsam warst und dein Fuhrwerk dich aufhielt! Als aber aus der Höhe des Äthers auf tief, tief unter ihm liegende Länder der unselige Phaethon niederblickt, da erbleicht er, ihm zittern in jähem Schrecken die Knie, und bei so viel Licht deckt Dunkelheit seine Augen.
Schon wäre es ihm lieber, er hätte nie seines Vaters Pferde berührt, schon reut es ihn, dass er seine Herkunft erfuhr, dass sein Bitten etwas vermochte – jetzt möchte er gern nur der Sohn des Meropos heißen!
Er wird fortgerissen gleich einem Schiff, das der stürmische Nordwind dahintreibt
Doch er wird fortgerissen gleich einem Schiff, das der stürmische Nordwind dahintreibt: Ihm überließ der Lenker entkräftet das Steuer und befahl das Boot den Göttern und seinen Gebeten. Was soll Phaeton tun? Eine große Strecke am Himmel liegt schon hinter ihm, noch mehr aber hat er vor Augen. Im Geist misst er beide, und bald blickt er dorthin, wohin das Geschick ihn nicht gelangen lässt, nach Westen, bald zurück, zum Aufgang der Sonne. Was er zu tun hat, weiß er nicht, er ist wie gelähmt und lässt weder die Zügel fahren noch hat er die Kraft, sie zu halten.
Auch die Namen der Pferde kennt er nicht mehr.
Aber da und dort am sich wandelnden Himmelsgewölbe sieht er mit Zagen wunderbare Gebilde und die Gestalten ungeheurer Scheusale. Es gibt da einen Ort, wo in doppeltem Bogen der Skorpion seine Scheren krümmt und mit seinem Schweif und den beidseits gebogenen Armen weit seine Glieder streckt, hin über den Raum von zwei himmlischen Bildern.
Als der Jüngling diesen sah, wie er troff von schwarzem Giftschweiß und ihm mit krummem Stachel Wunden zu schlagen drohte, da ließ er, außer sich vor kalter Todesfurcht, den Händen die Zügel entgleiten, sobald sie im Fallen auch nur den Rücken der Pferde berührten, brechen diese aus. Von niemandem gehalten, stürzen sie fort in unbekannte Bereiche der Lüfte und rasen regellos, wohin sie ihr Drang treibt.
Gegen die Sterne rennen sie an, die unverrückt am hohen Himmelsgewölbe stehen, und reißen den Wagen mit sich dahin auf ungebahnten Wegen. Bald steigen sie hoch hinauf, bald durcheilen sie Hals über Kopf auf jäh abstürzendem Pfade allzu nah der Erde den Raum. Das tief unter ihren eigenen die Pferde des Bruders laufen, sieht mit Staunen die Göttin des Mondes.
Die versengten Wolken dampfen, Flammen erfassen gerade die höchsten Gipfel, der Erboden durchzieht sich mit Rissen und verdorrt, da ihm alle Feuchte genommen ist. Aschgrau werden die Wiesen, es brennt mit seinem Laube der Baum ab, und das trockene Kornfeld bietet selbst den Stoff zu seiner Vernichtung.
Eines beklage ich noch:
Große Städte gehen samt ihren Mauern zugrunde, ja, es verwandelt das Feuer ganze Länder und Völker in Asche, Wälder mit ihren Bergen brennen, es brennt der Athos, der kilikische Taurus, der Öta und – jetzt ausgedörrt – der sonst an Quellen so reiche Ida, der von göttlichen Jungfrauen, den Musen, bewohnte Helikon, dazu der Hämus, der noch nicht nach des Orpheus Vater benannt war.
Es brennt unermesslich mit zweierlei Feuer der Ätna, der Parnass mit dem doppelten Gipfel brennt, der Eryx, der Kynthos und Othrys, sogar das Thodopegebirge, das nun endlich einmal seine Schneefelder verlieren soll, dazu Mimas, Dindyma, Mykale und der für heilige Feiern bestimmte Kithairon.
Nichts nützt dem Skythenlande sein Eis, der Kaukasus brennt, der Ossa samt dem Pindos und, höher als beide, der Olymp, die ragenden Alpen und der wolkenverhangene Apenin.
Ja, nun sieht Phaeton die Erde allenthalben in Brand stehen und vermag so große Hitze nicht auszuhalten. Feuerluft wie aus dem Inneren eines Ofens atmet er ein, er fühlt, wie sein Wagen glüht. Schon kann er die aufwirbelnde Asche, den Funkenflug nicht mehr ertragen. Heißer Dampf umwallt ihn ganz. Wohin er fährt, wo er ist, das weiß er nicht, denn pechschwarzes Dunkel umgibt ihn. Nach Willkür reißen ihn die geflügelten Rosse dahin. Damals, so glaubt man, trat bei den Völkerschaften Äthiopiens das Blut bis in die äußerste Haut, und so hätten sie ihre schwarze Farbe bekommen. Damals wurde Libyen in dürre Wüste verwandelt, weil ihm die Hitze jegliche