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entre dos tierras. Peter Geipel
Читать онлайн.Название entre dos tierras
Год выпуска 0
isbn 9783746948416
Автор произведения Peter Geipel
Жанр Контркультура
Издательство Readbox publishing GmbH
Die Fahrt im Sonnenwagen – Phaetons Sturz – Ovid
Epaphos gleich an Stolz und Jahren war der Sohn des Sonnengotts Phaethon. Als dieser einmal prahlte und übermütig wegen seiner Abkunft von Phöbus Apollo hinter jenem nicht zurückstehen wollte, nahm das der Enkel des Inachos nicht hin und sprach:
Epaphos
Deiner Mutter glaubst du alles, du Narr, und brüstest dich mit einem falschen, eingebildeten Vater!
Hoch auf stolzen Säulen erhob sich der Palast des Sonnengottes, die Augen blendend durch schimmerndes Gold und den feurigen Widerschein golddurchmischter Bronze. Glänzendes Elfenbein zierte das Dach, und silberhell strahlte das Portal mit doppelten Flügeln. Prächtiger noch als das Material war die Kunst der Gestaltung: Vulcanus hatte nämlich darauf in getriebener Arbeit das weite Meer abgebildet, wie es das Land in der Mitte umschlingt, dazu den Erdkreis und über dem Erdkreis den Himmel.
Götter mit blauschwarzem Haar hat das Meer, den Trompete blasenden Triton, Proteus, den Wandelbaren, Aigaion, den Riesen, der sich mit seinen hundert Armen auf die Rücken ungeheurer Wale stützt, Doris dazu mit ihren Töchtern, von denen einige zu schwimmen, andere, auf Klippen sitzend, ihr grünes Haar zu trocknen, wieder andere auf Fischen zu reiten scheinen. Nicht alle sehen sich ähnlich, doch sind sie auch nicht grundverschieden – sie sind sich so ähnlich, wie es sich eben für Schwestern gehört.
Die Erde trägt Menschen und Städte und Wälder und wilde Tiere und Flüsse, Nymphen dazu und die anderen Götter des Feldes. Darüber spannt sich, sternenübersät, das Abbild des Himmels – sechs Sternbilder auf dem rechten Türflügel und ebenso viele auf dem linken.
Sobald Klymenes Sohn Phaethon auf steilem Pfad hierher gelangt ist und das Haus seines Vaters, der nicht sein Vater sein soll, betritt, lenkt er sogleich die Schritte vor dessen Angesicht, muss aber in einiger Entfernung stehen bleiben, denn er vermag den Glanz aus der Nähe nicht zu ertragen.
Gehüllt in ein Purpurgewand, saß Phöbus auf seinem Thron, der von herrlichen Smaragden funkelte. Zur Rechten und zur Linken standen die Götter von Tag und Monat und Jahr, Jahrhunderte gar, und im gleichen Abstand die Stunden.
Da stand auch der junge Frühling, mit Blüten bekränzt, da stand nackt der Sommer, einen Ehrenkranz um die Schläfen, da stand der Herbst, bespritzt vom Saft zertretener Trauben, und der eisige Winter mit struppigem Grauhaar.
Von seinem Platz in der Mitte nahm mit allsehenden Augen Phöbus den Jüngling wahr, den die ungewohnte Umgebung erbeben ließ, und rief ihm zu:
Phöbus
Was führt dich hierher? Was suchst du in diesem Palaste, Phaeton, mein Sohn, den der Vater niemals verleugnen wird?
Phaeton
Du Licht des unermesslichen Weltalls, das für alle erstrahlt, Phöbus, mein Vater, sofern du mir gestattest, dieses Wort zu gebrauchen, und sofern nicht Klymene mit Lug und Trug eine Schuld verbirgt! Gib mir ein Pfand, mein Erzeuger, damit man mir die Abkunft von dir glaube, und nimm aus meinem Herzen die Zweifel!
Da nahm der Vater die glänzende Strahlenkrone vom Haupt, ließ ihn nähertreten und umarmte ihn mit den Worten: Weder darf man von dir behaupten, du seist nicht der Meine, noch hat Klymene unwahr von deiner Abkunft gesprochen. Damit du nun kein Zweifel mehr hegst, so begehre von mir, was du nur willst, als Geschenk – es soll dir gewährt sein.
Kaum hatte er seine Rede beendet, da bat schon Phaethon um den Sonnenwagen und die Erlaubnis, einen Tag lang die Rosse mit den geflügelten Hufen lenken zu dürfen. Nun reut den Vater der Schwur. Drei- und viermal schüttelt er sein leuchtendes Haupt und spricht:
Phöbus
Unbesonnen ist mein Wort durch das deine geworden. Ach, dürfte ich nur mein Versprechen zurücknehmen! Ich gesteh es, dies allein würde ich dir, mein Sohn, versagen! Abraten darf ich jedoch, denn äußerst gefährlich ist dein Vorhaben. Du verlangst etwas Großes, Phaeton, stellst dir eine Aufgabe, die deine Kraft übersteigt, du bist ja noch so jung! Sterblichkeit ist dein Geschick. Unsterblichkeit heischt, was du forderst. Ja sogar nach mehr, als selbst Himmlischen zusteht, trachtest du in deinem Unverstand. Mag immer ein jeder von denen sich noch so viel einbilden: Auf dem Feuerwagen kann doch keiner stehen außer mir. Selbst der Beherrscher des weiten Olymps, der mit seiner schrecklichen Rechten die wilden Blitze schleudert, vermag wohl nicht, diesen Wagen zu führen, und was haben wir Größeres noch als Jupiter?
Steil ist am Anfang die Bahn
Steil ist am Anfang die Bahn, kaum dass sie am Morgen die Rosse, die doch noch frisch sind, erklimmen. Schwindelnd hoch ist sie in der Mitte des Himmels. Mich selbst überfällt oft Grauen, wenn ich von da auf Meer und Erde hinabblicke, und vor banger Furcht pocht mir das Herz. Jäh neigt sich am Ende der Weg; da bedarf es eines sicheren Lenkers. Sogar Tethys, die Göttin des Meeres, die unten in den Wellen mich aufnimmt, sorgt sich beständig, ich könnte stürzen.
Nimm noch hinzu, dass der Himmel sich stets im wilden Wirbel dreht, die hohen Gestirne mit sich fortreißt und in eilendem Umlauf kreisen lässt. Dagegen kämpfe ich an, mich erfasst nicht wie alles sonst, dieser Wirbel, ich fahre heraus, entgegen dem rasenden Kreislauf. Denk dir, du hättest den Wagen! Was wolltest du wohl beginnen? Kannst du dich der Drehung des Himmelsgewölbes entgegenstemmen, dass sie dich nicht schnell mit sich fortträgt. Vielleicht stellst du dir vor, es gäbe dort oben Wälder und Städte der Götter. Aber nein! Durch Gefahr führt dein Weg und durch Bilder von Bestien.
Denn wenn du auch auf rechter Bahn bleibst und auf keinen Irrweg gerätst, kommst du doch durch die Hörner des Stiers, der sich dir in den Weg stellt, durch den Bogen des Schützen aus Thessalien, durch den Rachen des wilden Löwen, durch den Skorpion, der die grässlichen Scheren in weitem Bogen krümmt, und den Krebs mit anders sich krümmenden Scheren.
Auch die Rosse, die jenes Feuer beseelt, das sie in der Brust haben, das sie aus Maul und Nüstern schnauben, vermagst du schwerlich zu lenken. Kaum mich wollen sie leiden, wenn hitziger Übermut in ihnen aufflammt und wenn ihr Nacken sich gegen den Zügel sträubt.
Du aber, mein Sohn, lass es nicht so weit kommen, dass ich dir ein verhängnisvolles Geschenk machen muss, und ändere – noch ist es Zeit – deinen Wunsch! Natürlich, damit du glauben kannst, du seist Blut von meinem Blut, verlangst du sichere Beweise. Ich aber gebe dir sichere Beweise durch meine Furcht, und durch väterliche Besorgnis erweise ich mich als Vater. Da, blicke mir ins Gesicht! Ach, könntest du deine Blicke bis in mein Herz dringen lassen und darinnen die Angst deines Vaters erkennen!
Ja, sieh dich nur um nach allem, was die reiche Welt in sich fasst, und aus so vielen herrlichen Gütern vom Himmel, Erde und Meer fordere irgendeins: Kein Nein sollst du hören!
Nimm nur das eine, ich bitte dich, aus, das in Wahrheit Strafe und keine Ehre ist. Strafe, mein Phaethon, verlangst du statt eines Geschenks. Was legst du mir, Ahnungsloser, die Arme schmeichelnd um den Nacken? Zweifle nicht, du wirst erhalten, was du dir wünschst. Ich habe bei den Wassern der Styx geschworen – du aber wünsche nun klüger!
Phöbus war mit seiner Ermahnung am Ende, doch jener verschließt sich den Worten, bleibt bei seinem Vorsatz und brennt vor Verlangen nach dem Wagen
Phöbus war mit seiner Ermahnung am Ende, doch jener verschließt sich den Worten, bleibt bei seinem Vorsatz und brennt vor Verlangen nach dem Wagen.
Also führt der Vater – er hatte so lange wie möglich gezögert – den Jüngling zum Geschenk des Vulcanus, dem hohen Wagen. Golden war die Achse, die Deichsel golden, golden die äußerste Rundung des Rades, der Kranz der Speichen aber von Silber. Am Joch spiegelten Goldtopase und zierlich angeordnet Edelsteine den Sonnengott und warfen funkelnde Strahlen zurück.
Während Phaeton großen Mutes das Werk voll Staunen betrachtet, siehe, da öffnet, früh erwacht, im sich rötenden Osten die purpurnen Tore Aurora, die Göttin des Morgens, Hallen voll Rosen.