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DDR zu gehen, dauerte es damals angeblich nur Stunden, bis man an ihn von anderen Seiten her herantrat. Man bat ihn um eine einfache Sache: Du erfüllst deinen Auftrag in der DDR, dabei nimmst du mit, was wir der Regierung nicht überlassen wollen. Auf der Basis all dessen schrieb Hoffman dann noch einmal sein eigenes Drehbuch, gemeinsam mit Leuten, die er niemanden vorstellte, so wie Karl-Heinz Urbach. Es hingen wahrlich viele Finger im Honigtopf. Meine Angst galt daher genau dem Atomschild und diesem Urbach.

      Ein waghalsiger Plan.

      Ich gab meine fertigen Listen im Planungsstab ab, dann aß ich erstmal was. Es war gut und es gab reichlich. Aber natürlich stand auch ein Fass Bier da, das ärgerte mich wieder. Danach bewegte ich mich zum angekündigten Treffen des Führungsstabes in einem Schulungsraum der Fliegerschule. Auf dem Gang Türen zu vollbesetzten Räumen, viele Menschen, in einem von denen sah und grüßte ich meine Gardisten, die mit dem Technischen Dienst die Funkleitstelle aufgebaut haben. In weiteren Räumen wurden Listen in versiegelte Umschläge geben, ein Teil befand sich bei den Transportkisten, ein Teil ging an die neuen, zum Teil auch alten Besitzer. Ein Raum kümmerte sich, ganz offensichtlich mit wenig Begeisterung, um unsere eigentlichen Aufträge.

      Als es mit der Besprechung losging versuchte Hoffmann es einigermaßen professionell zu gestalten, aber die Männer waren kaum zu halten. Bei der Verlesung der bisherigen Ergebnisse ein großes Gejaule,… und keine NVA, keine Russen, kein Eingreifen, von niemand. Selbst die Nachricht über Bergmanns Verschwinden konnte sie nicht bändigen. Hoffmann kündigte nun den öffentlichen Teil der Operation an. Er erinnerte daran, dass jetzt alles ganz schnell gehen würde. Alle redeten ihn nur noch mit »Mein Major« an. Es ging mir etwas zu weit, ich sprach den Zustand der Männer an, dass mir der Alkohol zu weit ging, aber es war nichts zu machen, Hoffmann tat es ab und die anderen wollten es erst gar nicht hören. Stattdessen wiederholten sie die Erfolge der nach Berlin entsandten Einheiten, die für viel Verwirrung gesorgt hatten, zwischenzeitlich waren wichtige Bunkeranlagen in unserer Hand. Nach kurzem Scharmützel hatten sich die Männer natürlich zurückgezogen.

      Dann sagte Hoffmann noch etwas zu den Atombomben.

      Wie bekannt war eine der Bomben, Nr.38, die vorab verkauft worden war, in Jugoslawien und dabei, verschifft zu werden. Die Zweite hatten wir an einem geheimen Ort gebracht. Sie war unsere Lebensversicherung und nur Hoffmann und Kexel wussten exakt, wo sie war. Hoffmann kündigte an, die Lagebesprechung für die Einheiten, welche jetzt in der Dresdner Innenstadt den Aufstand führten, getrennt abzuhalten. Dann bat er mich, Bergmanns Verteilungspläne zu Ende zu führen und alle freien Männer einzusetzen.

      Auf die Frage, wann er genau die Regierung über die atomare Bedrohung informieren wollte, wiegelte er ab, mir schien er wusste es selbst nicht genau. Dabei ging es um unseren nuklearen Abwehrschild und damit dem Schutz der Truppen außerhalb des Hauptquartiers. Genervt wechselte er auf einfache organisatorische Fragen. Es war klar, dass dies der heikelste Punkt der Operation war. Hätten wir uns zu früh offenbart, wären Männer, Diebesgut und Schmuggler auf der Fluchtroute in Gefahr, wäre es zu spät passiert, hätten wir hohe Verluste bei den Truppen abseits des Hauptquartiers einzukalkulieren. Denn die Atombombe schützte uns nur bedingt, sie war eher eine Abschreckung für Luftwaffe, Airforce, NVA und die 16. russische Luftarmee, die uns so kaum beschießen konnten. Was den Rest anging, so würden sie früher oder später kommen, und zwar alle, notfalls zu Fuß. Hoffmann ließ eine Runde Schnaps ausgeben, dann riefen wir alle:

       „Für Geld und Gold, für Ehre und Chor, ein jeder für Rijeka!“

      und stießen jubelnd an. Es war unser Blutschwur.

      Kapitel 16

      04.10.89 / 10: 11 Uhr / Finsterwalde, Sachsen, DDR

      Odfried Hepp, Kmdt. der 1.Lt. KHH Panzerkompanie

      Ich war es nicht gewohnt, so groß, so schnell und so laienhaft zu arbeiten. In all meinen Aufträgen für den Verfassungsschutz, die Stasi, die arabische PLO, egal für welche deutsche Gruppierung, ob die Wiking Jugend, die Wehrsportgruppe Schlageter, die Wehrsportgruppe Hoffmann oder unsere Hepp - Kexel Gruppe, nie hatte ich mit solchen Männern zu tun gehabt. Unter allen Anwesenden hatte ich wenigstens ein paar gefunden, die was draufhatten und so eine halbwegs vernünftige Kommandostruktur und Verteidigung aufgebaut. Wenn sie mich schon extra aus dem Ruhestand holten, Entschuldigung, aus dem Knast holten, mir einen Berg Geld versprachen, dann wollte ich ihnen doch etwas bieten. Ich legte mehrere Wellen von Verteidigungslinien an, mit unterschiedlichen Taktiken. So wie man es uns einst im technischen Dienst der NATO Gladio-Einheiten gezeigt hatte, vor Jahren, als ich beim Bundesnachrichtendienst war,… und so wie ich es etlichen beigebracht hatte.

      Mann musste sich vorstellen, der Flughafen von Finsterwalde sah aus wie ein Tankerschiff im Querschnitt, das leicht nach links unten fuhr. Das Flugfeld war das Oberdeck des Schiffes. Links also der Bug und rechts das hohe Heck mit den Aufbauten, in unserem Fall waren es die gebunkerten Hangars mit den Jagdfliegern. Ich beschloss also den Bug von vornherein aufzugeben und mich um die Verteidigung des hinteren Hecks und des Kommandodecks zu kümmern. Beides lag direkt am Waldrand, über welchen wir fliehen würden. Es waren keine drei Kilometer durch den Wald bis zum ersten Braunkohle Tagebau, dem Beginn unserer Fluchtroute. Dort standen die Jeeps und Transporter. Das ganze erbeutete Waffenmaterial hatten Hoffmanns Männer über das Flugfeld verteilt, es war ein reines Chaos. Aber genau das würde die Gegner beschäftigen. Überall hatten wir echte und unechte Verteidigungsposten eingerichtet. Am Waldrand befand sich die zweite Verteidigungslinie, die unseren Rückzug decken würde. Die Männer gruben sich seit Stunden zwischen den Bäumen ein. Das sollte sehr effektiv werden, weil weder Flugzeuge noch Satelliten diese Maßnahmen entdecken konnten. Das Erreichen dieser Linie war der Hauptknackpunkt für uns, um dann in der Deckung des Waldes zu verschwinden.

      Die vorhandenen schweren Maschinengewehre und kleinen Haubitzen postierte ich zwischen den Bunkeranlagen, so dass sie möglichst lange standhalten konnten. Die acht bewaffneten Truppentransporter und die zwölf leichten Panzer, SPWs der NVA mit 14,5 mm Maschinengewehren, schob ich nach vorne, stellte sie eher gut sichtbar in einer Reihe quer zum Gelände, ohne Fahrer, nur mit Schützen und ein paar Sandsäcken. Das machte eher Wind für die eigenen Leute, weil die Wagen extrem gefährlich aussahen. Die, die noch kommen sollten, würden sich über die leichtfertige Verwendung eher wundern. Dennoch war es die vorderste und erste Verteidigungslinie. Vielleicht wunderten sie sich auch, dass wir die sündteuren MiGs nicht in die Verteidigung einbezogen, wenigstens als wertvollen Schutzschild. Aber ich konnte den Fliegern einfach nichts antun. Erstrecht nicht den einmaligen Einzelanfertigungen in den Hallen.

      Seit etwa vierzig Minuten wurden wir von Hubschraubern und Jägern überflogen, zwar in weiter Entfernung, aber sicher nah genug für eine detaillierte Aufklärung. Hastig ging ich die einzelnen Stellungen ab, kontrollierte, ob alles wie besprochen ausgeführt wurde und jeder Mann seinen Posten hielt. Immer wieder schrie ich laut: »Für Rijeka!« und bauschte unsere Kämpfer auf. Der Angriff konnte jede Minute erfolgen. Ich ging davon aus, dass sie zunächst einfach über Feld und Straße anrücken würden, sicherheitshalber aber konnten die Stellungen im Wald auch die Schussrichtung ändern, falls sie es doch schaffen würden, über den Süden anzurücken. Aber nein, alle in der Nähe stationierten Russen waren im Nord-Westen und er bot sich für den Angriff an. Auch würden sie sich zu Recht für zu stark halten, um lange über eine Taktik nachzudenken. Zumindest ging ich davon aus und ich hatte weiß Gott lange darüber nachgedacht.

      Der gesamte Plan unserer Aktion in der DDR stammte von mir.

      Ich war so etwas wie der Mastermind für Terrorismus,

      der »Chefdenker der Neonazi-Szene«, wie »Der Spiegel« mich nannte.

      Meist unterwegs für rechte Auftraggeber, wobei sich die der Linken nie von den Rechten unterschieden. Ich hatte im Libanon, in Syrien, in Palästina, in Frankreich und in Deutschland gearbeitet, um Bewegungen den richtigen Schub zu geben. Wenn man die Dinge nur lange genug voraus dachte, dann sicher das gewünschte und mögliche Ergebnis wusste, hatte man den Plan nur an den Anfang zurückzudenken und von dort aus zu starten. So konnte man mit etwas Grips jeden Plan in die Tat umsetzen und Leute bewegen wie Schachfiguren. Das Hoffmann wegen seiner Männer die Führung der Aktion erhalten hatte, hielt ich für

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