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Fricke kratzte sich nachdenklich am Kinn.

      »Es ginge schneller, wenn Sie mich meine Arbeit machen ließen, Herr Hauptkommissar«, entgegnete Dr. Steinhofer sichtlich genervt.

      »Was trägt sie da um den Hals?«, flüsterte Malin Fricke zu und zeigte auf den Gegenstand, der an einer Schnur befestigt am Hals der Toten lag.

      »Sieht aus wie eine Münze«, brummte Fricke.

      Dr. Steinhofer seufzte. »Fünf Minuten. Geben Sie mir nur fünf Minuten, dann bin ich hier fürs Erste fertig. Schaffen Sie das?« Ohne eine Antwort abzuwarten, fuhr sie mit der Untersuchung fort.

      »Brodersen, wir müssen überprüfen, was das hier für ein Fabrikgelände ist«, sagte Fricke. »Und besorgen Sie die Aufnahme von dem anonymen Anruf.«

      »Was für ein Anruf?«

      »Heute Mittag ist über die Notrufzentrale ein anonymer Anruf eingegangen. Der Anrufer hat uns den Fundort der Leiche durchgegeben. Wir brauchen eine Stimmenanalyse, Hintergrundgeräusche und so weiter. Wir müssen … Ach verdammt, da fällt mir gerade was ein. Brodersen, ich bin in zwei Minuten wieder da.« Fricke verließ eilig den Raum.

      Auch gut, dachte Malin und inspizierte ausgiebig die Umgebung. Glaser pinselte gerade die Waschbecken mit einem Puder aus Titanpulver ein. Malins Blick wanderte über die gekachelten Wände an die Decke. Dort ragten große Eisenhaken heraus. Wozu die wohl benutzt wurden? Ihr Blick glitt wieder zum Metalltisch, der außer der obligatorischen Tischplatte einen Grundboden hatte. Darunter befand sich ein Spalt.

      Malin bückte sich. »Frank, kann ich mal deine Taschenlampe haben?«

      »Du siehst doch, dass ich gerade nicht kann.«

      »Wo ist denn die Taschenlampe?«

      Verärgert wies Glaser mit dem Kopf in Richtung seines Spurensicherungskoffers. »Bring aber nichts durcheinander.«

      Malin beugte sich über den geöffneten Alukoffer. Fein säuberlich geordnet befand sich dort eine Vielzahl in Schlaufen befestigter Instrumente, daneben verschiedene Flaschen, Tuben und diverse Objektträger. Mehrere Packungen mit Einweghandschuhen und durchsichtige Beweistüten waren dazwischengequetscht. Darunter lag die Taschenlampe.

      Malin zog sie heraus und ging zurück zum Metalltisch. Sie leuchtete mit der Lampe in den Spalt unterhalb des Tisches. In dem Hohlraum befand sich ein Gegenstand. »Frank, komm mal, ich glaub ich hab da was.«

      »Herrgott noch mal, Malin, wie oft soll ich dir noch sagen …«

      »Ich weiß, du kannst gerade nicht. Schon gut, reg dich ab.« Malin streckte die Hand in den Hohlraum und stieß mit ihrer Fingerspitze gegen etwas Weiches. Dann streckte sie ihre Hand so weit vor, dass fast ihr gesamter Arm unter der Metallplatte verschwand. Sie zog eine braune Damenhandtasche hervor. Bingo.

      Im Flur hallten Schritte und Sekunden später trat ein rotgesichtiger Fricke neben Malin. »Was haben Sie da?«

      »Die lag unter dem Metalltisch, könnte die Handtasche der Toten sein.«

      Fricke pfiff durch die Zähne. »Prima, Brodersen. Frank, hast du dir die Tasche schon angesehen?«

      »Was für eine Tasche?«, fragte Glaser knapp, während er eine Objekttüte beschriftete.

      »Na, die Tasche, die Brodersen hier gerade unter dem Metalltisch sichergestellt hat.«

      »Ich hab doch gesagt, nichts anfassen. Kannst du mir denn nicht Bescheid sagen?« Wütend funkelte er Malin an.

      »Hab ich doch, ich …«

      »Kein Grund, sich an die Gurgel zu gehen«, warf Fricke ein. »Frank, mach weiter, wir kümmern uns darum.«

      Glaser machte den Mund auf, schien es sich dann aber doch anders zu überlegen und wandte sich wieder seiner Arbeit zu.

      Fricke blinzelte Malin zu. »Worauf warten Sie? Machen Sie die Tasche schon auf.«

      Vorsichtig zog Malin den Reißverschluss auf. »Eine Packung Zigaretten. Ein Feuerzeug. Und hier eine Brieftasche.« Sie hielt eine braune Geldbörse hoch.

      Fricke nahm sie ihr aus der Hand. »Da ist ein Ausweis drin. Das ist doch endlich mal was Gutes. Viktoria Steiner, geboren am 26. September 1969«, las er vor. »Sie hatte gestern Geburtstag. Hübsche Person. Schauen Sie sich mal das Foto an.« Er reichte Malin den Ausweis.

      Es verschlug ihr den Atem. Das schöne Gesicht mit den dunklen Augen würde sie so leicht nicht mehr vergessen.

      Fricke räusperte sich. »Sie wollten mir doch vorhin noch etwas erzählen.«

      Malin schlug sich mit der Hand an den Kopf. Das war ihr völlig entfallen. Kurz fasste sie zusammen, was ihr Gespräch mit Frau Larsen ergeben hatte.

      Fricke runzelte die Stirn. »Könnte interessant sein, muss es aber nicht. Vielleicht hat sich dieser Stadtstreicher in der fraglichen Nacht überhaupt nicht im Park aufgehalten.«

      »Und der Fußabdruck?«

      Fricke überlegte. »Also gut, Brodersen. Bestellen Sie die Larsen noch mal ins Präsidium. Wir werden eine Phantom­zeichnung anfertigen lassen und stellen die dann in die interne Fahndung ein. Zufrieden?«

      Dr. Steinhofer trat zu ihnen. Die Rechtsmedizinerin schob die Kapuze ihres Overalls herunter und ihr stufig geschnittenes blondes Haar wurde sichtbar. Unwillkürlich strich sich Malin über ihren eigenen zerzausten Pferdeschwanz. Unter dem Overall der Rechtsmedizinerin schimmerte ein pinkfarbener Hosenanzug, der farblich auf ihren Lippenstift abgestimmt zu sein schien.

      »Dr. Steinhofer, das ist übrigens Malin Brodersen. Unser neues Teammitglied«, stellte Fricke sie vor.

      »Freut mich.« Dr. Steinhofer nickte Malin kurz zu. Trotz ihrer Attraktivität hatte ihr Gesicht einen harten Zug und in ihren grauen Augen lag eine gewisse Kälte.

      »Und? Können Sie schon was sagen?«, fragte Fricke.

      Dr. Steinhofer zog die Augenbrauen hoch. »Warten Sie das Ergebnis der Obduktion ab. Sie wissen doch, wie das läuft.«

      »Wann können wir denn mit einem vorläufigen Ergebnis rechnen?«

      »Frühestens morgen Nachmittag.«

      »So lange können wir nicht warten«, entgegnete Fricke entrüstet.

      »Werden Sie wohl müssen. Ihre Leiche ist nicht das einzige Todesopfer in dieser verdammten Stadt. Allein am Wochenende habe ich zwei Drogentote und vier Opfer einer Schießerei reingekriegt. – Wenn Ihre Spurensicherung dann so weit ist, lasse ich die Leiche abtransportieren.« Sie drehte sich um und ging ohne ein weiteres Wort auf einen der Kriminaltechniker zu.

      Frickes Gesichtsausdruck nahm eine verräterische rote Farbe an. »Dr. Steinhofer, schauen Sie sich doch bitte noch dieses Foto an.« Er schwenkte den Personalausweis von Viktoria Steiner.

      Widerwillig kam Dr. Steinhofer zurück und nahm ihm den Ausweis aus der Hand. »Könnte sein – Größe, Alter und Haarfarbe stimmen überein. Aber schauen Sie sich die Leiche doch an, keiner wird sie eindeutig identifizieren können. Wir brauchen schon die Zahnarztunterlagen oder Röntgenbilder.« Ungerührt drehte sie sich wieder um und packte ihre Tasche.

      Fricke zischte durch die Zähne und wandte sich dann an Malin. »Okay, Brodersen, wir machen Folgendes: Rufen Sie im Präsidium an. Die sollen den Namen von Viktoria Steiner durch den Computer jagen. Dann sehen Sie zu, dass Sie Bartels auftreiben, dem hatte ich eigentlich kurzfristig freigegeben, aber das hier hat jetzt Vorrang. Informieren Sie ihn über die Leiche und dann machen Sie sich zusammen auf den Weg zu der Adresse auf dem Personalausweis. Ach ja, und noch was, Brodersen: Ziehen Sie endlich den verdammten Overall aus.«

      Malin schaute an sich herunter. Flecken von Erbrochenem zierten ihren Oberkörper. Sie wurde knallrot. »Okay, danke, Chef.«

      »Brodersen, vergessen Sie eines nicht: Auch ich habe mal angefangen.« Seine blauen Augen sahen sie freundlich an.

      Sie

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