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offenbar kein Entkommen bei diesem Mann.

      Wie war Hal bloß so schnell und ungesehen dahingekommen?

      Wahrscheinlich hatte er damit gerechnet, daß Macirian nicht aufsteigen würde.

      Aber Frank hatte ihn doch die Zügelleinen greifen und die Pferde zu schnellerer Gangart antreiben sehen?

      Unheimlich war er, dieser Halbom Chester.

      Als sie die Feldhütte erreichten, trat Ed schon heraus. Er brachte zu jedem der Wagen eines der immer noch reglosen Kinder.

      Und jetzt erst bemerkte Frank Macirian, daß die Chesters alles ganz genau vorbereitet und geplant hatten. In jedem Wagen war Platz zur Unterbringung der Kinder freigehalten worden, unauffällig und vom Fahrer jeweils gut zu übersehen.

      Macirian mußte auf den Kutschbock des mittleren Gefährten steigen. Und dann begann die Fahrt, eine Fahrt des Grauens…

      *

      Ernie Feldbush stand mitten auf der Overlandstraße und sah mit blinzelnden Augen nach Westen, wo fern auf einer Anhöhe die drei Wagen auftauchten.

      Dreihundertzwanzig Meilen hatten die Chesters schon zwischen sich und Tucumcari gebracht.

      Und jetzt hielten sie auf den vierten Mann zu, der in Halboms düsterem Plan eine wichtige Rolle spielte.

      Der alte Feldbush hatte die frühere Pferdewechselstation als Wohnung behalten, seit der Overlandverkehr die Station und somit auch ihn nicht mehr benötigte.

      Er lebte vom Fischfang, von der Jagd – und von dunklen Machenschaften, was aber nur wenige Menschen wußten.

      Einer dieser Menschen war Halbom Chester. Er selbst war einmal auf einem Ritt hier in der Nähe von dem Alten überfallen worden, hatte ihn aber überlistet und niedergeschlagen. Seit diesem Tage stand der alte Outlaw in der Schuld des jungen Texaners. Und über der Schuld stand für Feldbusch die Angst vor Hal.

      Sofort war er einverstanden gewesen, als Halbom ihm kürzlich erklärt hatte, daß er ihm demnächst ein Kind bringen würde, einen Jungen, den er vor jedermann zu verstecken habe.

      Es ging alles so unheimlich still und wortlos vonstatten, daß Frank Macirian wiederum dachte, es müsse ein übler Traum sein, den er da erlebte.

      Das Bündel, in das der kleine John Dandyson gewickelt war, wurde dem Alten übergeben.

      Dann zog der Treck weiter. – Einer der drei Wagen war leer – was die Raubfracht betraf.

      Vor San Jon bogen sie nach Südosten ab.

      Der Sand begann, der sich über viele Hunderte von Meilen von hier nach Süden, Osten und Westen erstreckte. Der höllische Sand von Texas, dem die Pfahlmänner vor einem halben Jahrhundert den Namen Llano estaccado gegeben hatten.

      Ein gefährliches Land, glutheiß, voller Tücken und Gefahren, weglos und von einer grausamen Unendlichkeit. Die Wasserarmut dieses Gebietes war so gefürchtet, daß selbst bis weit in das zwanzigste Jahrhundert hinein die beiden dünnen Wege durch den Llano gemieden wurden wie die Pest. Und heute noch ist eine Fahrt durch die Sandwüste von Texas eine Qual…

      Sie hatten etwa fünfzehn Meilen hinter sich gebracht, als Frank Macirian plötzlich zusammenzuckte.

      Was war das? War da nicht ein Laut wie aus einer Kinderkehle an sein Ohr gedrungen?

      Glühendheiß wurde ihm vor Erregung.

      Sollte vielleicht eines der beiden Kinder nicht tot…

      Er schluckte verzweifelt.

      Und dann war der Laut wieder da. Er kam aus dem Wagen vor ihm. Aus dem Gefährt, das Halbom Chester lenkte.

      Der Arizonamann schwang sich vom Kutschbock, aber nicht etwa zur Seite hin, wo der ihm folgende Edward ihn hätte sehen können, sondern auf das Hinterteil eines der beiden Pferde, rutschte über den Rücken des Tieres auf die Deichsel und sprang dann nach vorn, so daß er zwischen die Pferde und den voranrollenden Wagen geriet.

      Blitzschnell war er unter der Plane verschwunden.

      Da, das Geräusch wurde ganz deutlich.

      Der kleine Junge, der da vorn lag, war nicht tot. Er weinte, weinte regelrecht. Leise und verhalten, aber es war ein sicheres Lebenszeichen, und das Herz Macirians begann wild vor Aufregung zu schlagen. Er kroch über die Häute, bis er das Kind erreicht hatte.

      Vor sich sah er zwischen der schaukelnden Planenöffnung den breiten Rücken Halboms.

      Da hechtete er wildentschlossen nach vorn.

      Hal war überrumpelt und stürzte mit dem Kopf gegen das Stiefelbrett.

      Benommen und unfähig, sich zur Wehr zu setzen, lag er vor dem Kutschbock.

      Frank war jetzt eisern entschlossen, den Erfolg zu nutzen. Er riß den Colt aus dem Halfter und hieb ihn mit einem schweren Schlag auf den Schädel des Verbrechers.

      Halbom Chester rollte zur Seite.

      Frank sprang vom Wagen, blieb aber so dicht neben dem weiterziehenden Gefährt, daß Ed ihn erst gewahrte, als Macirian schon vor seinen Pferden stand.

      Der Arizonamann hatte den Revolver in der Hand.

      »Absteigen!« krächzte er dem jüngeren Chester entgegen.

      Ed hob die Hände etwas an und sprang vom Wagen.

      Er dachte nicht daran, sich gegen einen gezogenen Revolver zur Wehr zu setzen, schließlich war er nicht lebensmüde, und er besaß nicht den eisigen Nerv seines Bruders.

      »Los, geh vor mir her zum vordersten Wagen!«

      Ed tat, was ihm befohlen wurde.

      Als sie den ersten Wagen erreichten, befahl Frank: »Halt die Gäule an!«

      Ed tat auch das.

      Dann wandte er den Kopf. In seinen Augen blitzte es gefährlich.

      Frank sah es wohl.

      »Was hast du mit Hal gemacht?« zischte Ed.

      Macirian riß ihm den Revolver aus dem Halfter und schleuderte ihn in den Sand.

      »Du hast hier nichts mehr zu fragen, Chester! Steig auf den Kutschbock und hole deinen Bruder herunter.«

      Ed kletterte auf den Kutschbock und sah den Bruder reglos vor sich liegen.

      »Ist er… tot?« stammelte er in plötzlich würgendem Schreck.

      »Nein, ich bin kein Mörder, ich nicht!«

      Im Wagen weinte das Kind.

      Als Ed mit Hal auf den Armen herunterkam, befahl Macirian: »Du wirst ihn jetzt binden.«

      »Binden? Er ist doch tot.«

      »Unsinn!«

      Aus einer kleinen Stirnwunde sickerte ein Blutfaden.

      »Vorwärts, binde ihn!«

      Ed tat, was Macirian befahl.

      »So, Boy, und jetzt steigst du auf und wendest den Wagen.

      Ich folge dir auf dem nächsten. Du hast keine Waffe mehr. Dein Bruder wird hier auf dem zweiten Wagen liegen. Wenn du auch den Versuch machen solltest, mich anzugreifen, schieße ich dich sofort nieder, Ed.«

      Mit bleichem Gesicht stieg Edward Chester auf die Radnabe. Jetzt war also alles aus, dachte er. Aus der Traum von dem vielen Geld, von der großen Ranch!

      Sie würden an den Galgen kommen, er genauso wie sein Bruder.

      Wenn Frank Macirian mit den drei Wagen den nächsten Sheriff erreichte, war er gerechtfertigt – und sie beide verloren.

      Da schlug Hal die Augen auf. Er lag gefesselt neben dem Arizonamann am Boden und begriff blitzschnell, was geschehen sein mußte.

      Er sah seinen Bruder auf den Wagen steigen.

      »Ed!«

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