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waren reich und er war großzügig, sie hätten ihre Tage damit verbringen können, shoppen zu gehen, sie könnte die Kreditkarten glühen lassen.

      Nichts davon wollte sie.

      Sein Manuel hatte das ­sofort erkannt. Kinder besaßen noch ein reines Herz, gingen unvoreingenommen auf Menschen zu.

      Sandra und Manuel liebten einander, und sie machte zwischen ihm und Babette keinen Unterschied.

      Sandra wollte nie etwas von ihm, und nun trat sie wegen dieser Ärztin an ihn heran.

      »Und was soll ich tun?«, erkundigte er sich.

      So ganz genau wusste Sandra das auch nicht.

      »Ich weiß nicht, Ihr habt zwar einen Werksarzt, aber kann Frau Dr. Steinfeld nicht Patienten von euch übernehmen? Vielleicht die leitenden Angestellten?«

      Davon wollte Felix nichts wissen, weil das unter der Belegschaft nur böses Blut schaffen würde.

      Felix Münster machte keine Unterschiede, er behandelte alle Leute, die für ihn arbeiteten, gleich, ob es nun der Portier, die Reinemachefrau oder sein Stellvertreter waren. Für ihn zählten keine Positionen, sondern nur die Menschen.

      »Wir könnten sie einladen, noch ein paar Leute dazu, so eine Art Willkommensparty veranstalten. Da kann man sich unverbindlich ein wenig beschnuppern, und da ich mal davon ausgehe, dass diese Frau Dr. Steinfeld eine patente Frau ist, wird sie im Nu die Sympathien gewinnen.«

      Jetzt sprang Sandra auf, stürzte sich in die Arme ihres Mannes.

      »Felix, mein Liebster, dass ich nicht von allein darauf gekommen bin. Natürlich machen wir das. Und ich werde auch sofort alle Vorbereitungen treffen.«

      Ehe er seine Frau küsste, bemerkte Felix Münster: »Vorher solltest du aber Frau Dr. Steinfeld fragen, ob ihr das überhaupt recht ist.«

      Natürlich würde sie das tun, doch wenn sie nun schon mal hier war, konnte sie das Zusammentreffen mit ihrem Ehemann auch mal ganz eigensüchtig sehen und ihn küssen, ihm sagen, wie lieb sie ihn hatte, und seine Antwort, die kannte sie schon, doch sie würde ihn nicht daran hindern, das alles noch einmal auszusprechen.

      Ganz besonders von drei einfachen Worten konnte sie nicht genug bekommen, und die lauteten … ich liebe dich.

      *

      Am Mittwochmorgen verirrten sich zwei Patienten in die Praxis. Die hatte der Wirt vom Seeblick ihr geschickt. Roberta hatte beinahe das Gefühl, dass er sie gezwungen hatte.

      Er selbst war brav zu seinem Termin gekommen, und Ursel Hollenbrink konnte endlich unter Beweis stellen, was sie alles konnte.

      Als er mit seinen Untersuchungen fertig war, kam er noch einmal zu Roberta ins Behandlungszimmer, weil er ihr unbedingt etwas sagen wollte.

      »Meine Monika hat mir gesagt, dass Sie sie gestern besucht haben. Das hat sie sehr aufgebaut, zumal Sie ihr mit einfachen Worten erklärt haben, was eigentlich mit ihr los ist. Sie ist ganz begeistert von Ihnen, und das bin ich übrigens auch. Wir hier im Sonnenwinkel können uns nur wünschen, dass Sie uns noch lange erhalten bleiben … ehrlich mal, so was wie Sie kriegen wir nie wieder. Aber jetzt muss ich gehen. Die Ursel hat mir schon gesagt, wann ich wiederkommen soll, weil dann die Laborwerte da sind.«

      Es war unglaublich, wie sehr dieser Mann sein Verhalten geändert hatte. Er konnte ja so richtig nett sein.

      Sandra Münster hatte eigentlich auch in die Praxis kommen wollen, um mit Roberta zu sprechen, doch dann entschied sie sich dafür, einen privaten Besuch zu machen und mit der Ärztin über die Willkommensparty zu sprechen, von der alle Eingeladenen bereits im Vorfeld begeistert waren.

      Doch als sie an der Haustür klingelte, öffnete niemand.

      Sie hatte dummerweise vergessen, dass Mittwoch war.

      Nun, dann musste sie halt noch einmal wiederkommen. Wer es nicht im Kopf hatte, der hatte es in den Beinen.

      Sie mussten sich kennenlernen, eine Einladung am Telefon auszusprechen war ein absolutes no go.

      Als sie wieder zu ihrem Auto gehen wollte, traf ­Sandra auf Bambi, die mit ihrem Jonny einen Spaziergang machte.

      »Wenn du zu der Frau Doktor willst, Sandra, dann musst du runter zum See ­gehen, da habe ich sie vor­hin­ getroffen. Ich musste ihr den Weg zum Ruderklub ­beschreiben. Sie ist sehr freundlich und unheimlich nett. Und obwohl sie doch eine Ärztin für uns Menschen ist, hat sie mir geraten, mit Jonny mal zum Tierarzt zu gehen. Sie meint, dass mit ihm etwas nicht stimmt. Ich glaub, sie ist so richtig gut. Sie hat auch direkt gesehen, dass er lahmt, dabei konnte sie nur ein paar Schritte von ihm beobachtet haben.«

      »Nun, sie wird eine gute Diagnostikerin sein, das ist nicht jeder Arzt, auch so mancher nicht, der ein Prä­dikatexamen gemacht hat. Es­ lässt sich halt nicht alles im Pschyrembel nachlesen.«

      »Und was ist, bitte schön, das?«, erkundigte Bambi sich.

      Sandra lachte.

      »Ein klinisches Wörterbuch, praktisch die Bibel für Medizinstudenten. Wo willst du eigentlich hin, Bambi?«

      »Nur ein wenig herumlaufen.«

      »Das ist nicht viel. Komm doch mit zu uns, Manuel freut sich immer, dich zu sehen, und Babette bewundert dich und möchte auch mal so aussehen wie du. Meine Mama hat übrigens diese Schokoladendonuts gebacken, von denen du nie genug bekommen kannst. Ist das ein Angebot?«

      Das war es.

      Sandra musste keine weiteren Überredungskünste aufwenden, um Bambi zu überzeugen.

      Schokoladendonuts, das war es doch!

      Jonny wurde auf den ein wenig engen Rücksitz geschoben, Bambi nahm auf dem Beifahrersitz Platz, und dann fuhr Sandra auch schon los.

      Sie war eine ganz schön rasante Fahrerin, und gäbe es im Sonnenwinkel eine Polizeistation, dann hätte Sandra ganz gewiss schon so manches Ticket wegen Geschwindigkeitsüberschreitungen bekommen.

      Sandra war ein warmherziger, liebenswerter Mensch, eher zurückhaltend, was nicht bedeutete, dass sie nicht wusste, wo es längs ging.

      Was allerdings das Autofahren betraf …

      Da schlug die gute Sandra so manches Mal ganz ordentlich über die Stränge, und man konnte dann den Eindruck bekommen, sie fühle sich als Formel-Eins-Fahrer.

      Nun ja, eine Macke hatte jeder. Und bei Sandra Münster war es nur eine ganz kleine Macke, weil ihre guten Eigenschaften einfach überwogen.

      In erster Linie war sie wunderbar.

      Bambi war hingerissen von ihrer großen Freundin, denn das war Sandra für sie, war es von Anfang an gewesen.

      Sandra, damals noch von Rieding, hatte die Auerbachs, als sie in den Sonnenwinkel gezogen waren, herzlich und unvoreingenommen empfangen. Sie hatte sich ganz besonders um sie und ihren Bruder Hannes gekümmert und war mit ihnen hinauf zur Felsenburg gewandert, der geschichtsträchtigen Ruine, die hoch über dem Herrenhaus lag, in das Sandra sie auch direkt mitgenommen hatte. Und Marianne von Rieding, Sandras Mutter, hatte es sich nicht nehmen lassen, sofort Waffeln mit Schokoladensauce für die Kinder zu backen. So etwas vergaß man natürlich nie.

      Die von Riedings waren kein bisschen eingebildet, und das waren die Münsters, Sandra war ja jetzt eine von ihnen, auch nicht. Sie waren reich, doch das zeigten sie nicht.

      Ja, und dann war da na­türlich Manuel Münster, der war ihr Freund, von Anfang an, als er, sehr zurück­haltend und unglaublich schüchtern, mit seinem Vater hierhergezogen war.

      Welch ein Glück für ihn, dass nicht nur er sich direkt in Sandra verliebt hatte, sondern sein Vater ebenfalls. Und so hatte sich für die beiden Münsters alles zum Guten gewendet, und für Sandra ebenfalls, denn auch sie war von Amors Pfeil direkt getroffen worden.

      Ja, es war eine sehr gute Idee, jetzt mit hinauf zum Erlenhof zu fahren. Da war es immer schön, und sie

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