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eine innige Verbindung entstehen, ohne die die elektrische Übertragung der Gefühle nicht statthat. Wo dieser enge Zusammenhang der Seelen fehlt, da geht es dem Dichter wie einem Engel, der versuchte, einen himmlischen Gesang inmitten des Hohngelächters der Hölle anzustimmen. In der Sphäre nun, in der sich ihr Talent bewegt, besitzen die geistigen Menschen den allseitigen Blick der Schnecke, den Geruchsinn des Hundes und das Ohr des Maulwurfs; sie sehen, fühlen und hören alles um sich herum. Der Musiker und der Dichter wissen ebenso schnell, ob sie bewundert sind oder unverstanden bleiben, wie eine Pflanze in einer freundlichen oder feindlichen Atmosphäre, je nachdem, vertrocknet oder Leben trinkt. Auf Grund der Gesetze dieser besondern Akustik klang in Luciens Ohr das Brummen der Männer, die nur um ihrer Frauen willen hergekommen waren und sich von ihren Geschäften unterhielten, ebenso wie er das ansteckende Gähnen einiger heftig aufgerissener Kinnbacken bemerkte, deren deutlich sichtbare Zahnreihen ihn verhöhnten. Als er gleich der Schwalbe der Sintflut eine freundliche Stelle suchte, auf der sein Blick weilen konnte, traf er auf die ungeduldigen Blicke von Leuten, die offenbar gemeint hatten, sie könnten diese Zusammenkunft benutzen, um sich über diese und jene positiven Interessen auszusprechen. Mit Ausnahme von Laura von Rastignac, zwei oder drei jungen Leuten und dem Bischof langweilten sich alle Teilnehmer. In der Tat suchen die, die für die Poesie Verständnis haben, in ihrer Seele zur Entfaltung zu bringen, was der Dichter im Keim in seinen Versen angelegt hat; aber diese eisigen Zuhörer waren weit entfernt, der Seele des Dichters nachzustreben, und hörten nicht einmal seine Akzente. Lucien empfand also eine so tiefe Entmutigung, dass ihm kalter Schweiß ausbrach. Ein feuriger Blick, den ihm Louise zuwarf, gegen die er sich herumgewandt hatte, gab ihm den Mut, zu Ende zu lesen; aber sein Dichterherz blutete aus tausend Wunden.

      »Finden Sie das sehr amüsant, Fifine?« fragte die trockene Lili ihre Nachbarin, die vielleicht starke Sachen erwartet hatte.

      »Fragen Sie mich lieber nicht, meine Liebe: meine Augen schließen sich, sowie ich vorlesen höre.«

      »Ich hoffe,« sagte Francis, »Naïs wird uns nicht oft Verse zu Abend geben. Wenn ich nach dem Essen vorlesen höre, stört die Aufmerksamkeit, die ich anwenden muss, meine Verdauung.«

      »Armes Tierchen,« sagte Zéphirine mit leiser Stimme, »trink ein Glas Zuckerwasser.«

      »Sehr gut deklamiert,« sagte Alexander, »aber Whist ist mir lieber.«

      Nach dieser Bemerkung, die infolge der englischen Bedeutung des Worts für witzig galt, behaupteten einige Spielerinnen, der Vorleser müsse Ruhe haben. Unter diesem Vorwand machten sich einige Paare heimlich in das Boudoir davon. Lucien, den die reizende Laura von Rastignac und der Bischof baten, weiterzulesen, erweckte dank dem konterrevolutionären Schwung der Jamben die Aufmerksamkeit wieder. Einige Personen, die von der Wärme des Vortrags hingerissen wurden, klatschten Beifall, ohne die Verse zu verstehen. Diese Art Menschen sind durch lautes Reden zu beeinflussen, wie die groben Gaumen durch starke Getränke gereizt werden.

      Später, als man Gefrorenes reichte, veranlasste Zéphirine Francis, in das Buch zu sehen, und teilte ihrer Nachbarin Amélie dann mit, die Verse, die Lucien gelesen habe, seien gedruckt.

      »Aber«, antwortete Amélie, der man das Vergnügen über den Einfall ansah, »das ist sehr einfach. Herr von Rubempré arbeitet bei einem Drucker. Das ist gerade so,« sagte sie und warf dabei Lolotte einen Blick zu, »wie wenn eine hübsche Frau ihre Kleider selbst macht.«

      »Er hat seine Gedichte selbst gedruckt«, sagten die Frauen untereinander.

      »Warum nennt er sich denn von Rubempré?« fragte Jacques. »Wenn so ein Adliger Handwerksarbeit verrichtet, muss er seinen Namen aufgeben.«

      »Er hat tatsächlich den seinen aufgegeben, der bürgerlich war,« sagte Zizine, »und hat dafür den seiner Mutter angenommen, die von Adel ist.«

      »Da seine Verse – in der Provinz sagt man Versche – gedruckt sind, können wir sie selber lesen«, sagte Astolf.

      Dieser dumme Einfall machte die Sache noch verwickelter, bis Sixtus du Châtelet sich herabließ, dieser unwissenden Gesellschaft mitzuteilen, die Ankündigung sei keine vorsichtige Redewendung gewesen, und die schönen Gedichte seien in der Tat von einem royalistischen Bruder des Revolutionärs Marie Joseph Chénier verfasst. Die Gesellschaft von Angoulême, mit Ausnahme des Bischofs, der Frau von Rastignac und ihrer beiden Töchter, die von dieser großen Poesie ergriffen waren, hielten sich für mystifiziert und ärgerten sich über diesen Hineinfall. Ein dumpfes Murren erhob sich, aber Lucien hörte es nicht. Er war von dieser verhassten Welt durch den Rausch, den eine innere Melodie in ihm erzeugte, weit abgeschieden und bemühte sich, diese Melodie zu wiederholen. Er sah die Gestalten nur wie durch einen Nebel hindurch. Er las die düstere Elegie über den Selbstmord, jene in den alten Formen, in denen eine göttliche Melancholie lebt, endlich die, in der der Vers steht: »Dein Lied ist süß, es klingt mir oft im Ohr.« Endlich schloss er mit der sanften Idylle, die den Namen »Neère« führt.

      Frau von Bargeton war in eine köstliche Träumerei versunken. Sie saß da, eine Hand in ihren Locken, die sie, ohne es zu gewahren, durcheinandergebracht hatte, die andere herunterhängend, mit blicklosen Augen, allein inmitten ihres Salons. Zum erstenmal in ihrem Leben fühlte sie sich in die Sphäre versetzt, die ihre eigene war. Nun kann man verstehen, wie grässlich sie von Amélie herausgerissen wurde, die den Auftrag übernommen hatte, ihr die Wünsche des Publikums mitzuteilen.

      »Naïs, wir waren gekommen, um die Gedichte Herrn Chardons zu hören, und Sie geben uns gedruckte Versche. Obwohl diese Stücke sehr hübsch sind, würden die Damen aus Heimatsliebe doch das einheimische Gewächs vorziehen.«

      »Finden Sie nicht, dass die französische Sprache sich schlecht zur Poesie eignet?« fragte Wolf den Steuerdirektor. »Ich finde die Prosa Ciceros tausendmal poetischer.«

      »Die wahre französische Poesie ist die leichte Gattung, das Chanson«, antwortete Châtelet.

      »Das Chanson beweist, dass unsere Sprache sehr musikalisch ist«, sagte Adrian.

      »Ich wäre neugierig auf die Versche, die Naïs erobert haben,« sagte Zéphirine; »aber nach der Art, wie sie den Wunsch Amélies aufnimmt, scheint sie nicht geneigt, uns davon eine Probe zu geben.«

      »Sie ist es sich selbst schuldig, uns die Gedichte mitzuteilen,« antwortete Francis, »denn das Genie dieses Kerlchens ist ihre Rechtfertigung.«

      »Sie sind doch Diplomat gewesen. Sie müssen das durchsetzen«, sagte Amélie zu Herrn du Châtelet.

      »Nichts leichter als das«, antwortete der Baron.

      Der frühere Privatsekretär war an solche kleine Schiebungen gewöhnt und suchte den Bischof auf, um ihn vorzuschieben. Da der Bischof die Bitte aussprach, konnte Naïs nicht anders, als Lucien um ein Stück bitten, das er auswendig wüsste. Der schnelle Erfolg des Barons bei dieser Unterhandlung trug ihm ein schmachtendes Lächeln von Amélie ein. »Wirklich, dieser Baron ist ein feiner Kopf«, sagte sie zu Lolotte.

      Lolotte hatte die bittersüße Bemerkung Amélies über die Frauen, die ihre Kleider selbst machen, noch nicht vergessen. »Seit wann erkennen Sie die in der Kaiserzeit verfertigten Barone an?« gab sie lächelnd zur Antwort.

      Lucien hatte versucht, seine Geliebte in einer Ode zu verherrlichen. Er hatte sie ihr mit einem Titel gewidmet, wie ihn die jungen Leute, wenn sie das Lyzeum verlassen, erfinden. Diese Ode, die von all der Liebe, die er im Herzen spürte, so reizend umschmeichelt und verschönt war, schien ihm das einzige Werk, das würdig sei, es mit Chéniers Dichtungen aufzunehmen. Er blickte mit einem ziemlich albernen Gesicht Frau von Bargeton an und sagte: »An Sie!« Dann gab er sich eine stolze Haltung, um dieses hochtrabende Stück über die Versammlung zu ergießen, denn seine Autoreneitelkeit fühlte sich hinter dem Rock der Frau von Bargeton sehr behaglich. In diesem Augenblick verriet Naïs den Frauenaugen ihr Geheimnis. Trotzdem sie gewöhnt war, diese Gesellschaft mit der ganzen Höhe ihres Geistes zu beherrschen, konnte sie sich nicht enthalten, für Lucien zu zittern. Sie verlor ihre Haltung, ihre Blicke flehten fast um Nachsicht; dann war sie genötigt, mit gesenkten Augen dazusitzen und ihre Beglücktheit bei den folgenden Strophen zu verbergen:

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