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Einsprache dagegen zu erheben, auch hatte er während seiner Amtszeit schon manche Reformbestrebungen und Anläufe zu neuer Organisation durchgemacht und durch seine Unthätigkeit und Glattzüngigkeit lahmgelegt, so daß er hoffen durfte, auch mit dieser Wendung zum Besseren fertig zu werden! Er bückte und beugte sich, gab Käte in allen Stücken recht, nahm ihre Vorwürfe gelassen hin und wiederholte nur immer sein entschuldigendes Wort: »Spital erhält vom Staat nur hundertfünfzig Rupien im Monat – wie soll man um dieses Geld Mittel kommen lassen, den langen Weg von Kalkutta?«

      »Diese Bestellung bezahle ich,« erklärte ihm Käte, die auf dem Pult des als Amtsstube benützten Badezimmers ein Verzeichnis der unentbehrlichsten Droguen und Verbandmittel aufsetzte, »und was ich sonst für nötig halte, werde ich auch auf meine Kosten anschaffen,«

      »Aber Bestellungen gehen offiziell durch mich?« schlug Dhunpat Raj, den Kopf auf die Seite legend, vor.

      Da Käte keine überflüssigen Schwierigkeiten machen und haben wollte, that sie ihm hierin den Willen. Angesichts dieser Elenden, die unbehütet und ungepflegt, ganz der Gnade dieses Menschen preisgegeben, in den dumpfigen Stuben lagen, konnte man nicht über äußere Vorteile rechten.

      »Jawohl, das versteht sich,« sagte sie daher entschieden, und als der Doktor den Umfang und Geldwert ihrer Bestellung überschlug, fand er, daß er sich unter solchen Umständen viel gefallen lassen könne.

      Nach dreistündigem Aufenthalt verließ Käte das Haus, vor Müdigkeit, Hunger und Herzweh dem Umsinken nahe.

      Elftes Kapitel.

       Inhaltsverzeichnis

      Tarvin traf den Maharadscha, der seine morgendliche Dosis Opium noch nicht zu sich genommen hatte, im Zustand tiefster Niedergeschlagenheit. Ganz von seinem Vorhaben erfüllt, blickte der Mann aus Topaz den indischen Machthaber lauernd an und des Maharadscha erstes Wort gab ihm denn auch Gelegenheit zu der beabsichtigten Erklärung.

      »Wozu sind Sie hierher gekommen?« fragte der Radscha.

      »Nach Rhatore?« fragte Tarvin dagegen mit einem Lächeln, das die Unendlichkeit des Horizonts umfaßte.

      »Jawohl, nach Rhatore,« brummte der mißgestimmte Herrscher. »Der Minister Sahib sagt, Sie gehörten zu keiner Regierung und seien nur gekommen, um über uns zu schreiben und Lügen zu sagen. Warum sind Sie gekommen?«

      »Ich bin gekommen, um Ihren Fluß abzugraben. Es ist Gold darin,« versetzte Tarvin ruhig.

      »Dann gehen Sie zur Regierung und reden mit der,« sagte der Maharadscha verdrießlich und abweisend. »Soviel ich weiß, ist’s Ihr Fluß,« sagte Tarvin mit ungetrübter Heiterkeit.

      »Mein Fluß! Mein ist im ganzen Staat nichts! Tag und Nacht liegen die Kaufleute vor meiner Thür und wollen Geld haben. Der Vertreter Sahib läßt mich keine Abgaben erheben, wie meine Väter es thaten, Armee habe ich auch keine.«

      »Das stimmt,« brummte Tarvin in sich hinein, »Mit der will ich eines schönen Morgens durchbrennen.«

      »Und wenn ich eine hätte,« fuhr der Maharadscha fort, »so hätte ich niemand, gegen den ich kämpfen könnte. Ich bin ein alter Wolf, dem alle Zähne ausgezogen sind – gehen Sie!« Dieses Gespräch fand in dem Marmorhof statt unmittelbar vor dem von Sitabhai bewohnten Flügel des Palasts. Der Maharadscha saß in einem zerbrochenen hölzernen Lehnstuhl, während das Stallpersonal eine ganze Reihe gesattelter und gezäumter Pferde vorführte in der Hoffnung, daß eins für den Morgenritt des Maharadscha gewählt würde. Die verbrauchte, stickige Luft des Palasts strich mit dem Morgenwind über die Marmorfliesen; erfrischend und heilsam war der Geruch nicht.

      Tarvin, der nicht vom Pferd gestiegen war, legte sein rechtes Bein über den Widerrist des Ponys und wartete gelassen. Er kannte die Wirkung des Opiums auf den Maharadscha, und dort kam schon ein Diener mit einer kleinen Metallschale, die den aus Wasser und Opium gemischten Trank enthielt. Der Maharadscha schluckte gesichterschneidend das Gebräu, leckte die letzten braunen Tropfen vom Schnurrbart ab, sank in seinen Stuhl zurück und starrte mit leeren Augen in die Weite. Nach ein paar Minuten sprang er auf: ein stattlicher, fröhlicher Mann!

      »Sind Sie da, Tarvin Sahib? Sie müssen da sein, sonst fühlte ich mich nicht so aufgelegt zum Lachen! Reiten Sie diesen Morgen?«

      »Ich stehe zu Diensten.«

      »Dann lassen wir den jungen Foxhallhengst herausführen, der wirft Sie unfehlbar ab!«

      »Schön,« sagte Tarvin gleichmütig.

      »Ich selbst werde meine persische Stute reiten. Brechen wir auf, ehe der Vertreter Sahib kommt,« entschied der Maharadscha.

      Die Stallknechte eilten davon, um den Befehl auszuführen, da vernahm man von außen her ein Hornsignal und Räderknirschen.

      Der Maharadscha Kunwar kam die Stufen herauf und trippelte auf den Vater zu, der ihn zärtlich in die Arme nahm und auf sein Knie setzte. »Was führt dich her, Lalji?« fragte der Fürst.

      »Lalji«, der Liebling, war des Knaben Kosename im ganzen Palast.

      »Ich wollte mit meiner Leibwache exerzieren, aber Väterchen, ich bekomme für meine Soldaten nur schlechtes Sattelzeug aus dem Staatsarsenal! Jeysinghs Sattel ist mit Bindfaden gestickt, und Jeysingh ist doch gerade mein bester Soldat! Er erzählt mir auch so schöne Geschichten,« setzte der Maharadscha Kunwar hinzu, der mit dem Vater hindostanisch sprach, seinem englischen Freund aber herzlich zunickte.

      »Haha! Du machst’s wie alle!« rief der Maharadscha, »Immer wollt ihr etwas haben vom Staat! Was möchtest du denn eigentlich?«

      Das Kind legte die winzigen Hände bittend zusammen und griff dann zutraulich in den ungeheuren Bart des Vaters, den dieser nach Radschputensitte über die Ohren gebürstet trug.

      »Nur zehn neue Sättelchen,« bat der Knabe. »Sie sind ja da, ich habe sie in der Sattelkammer hängen sehen, aber der Stallmeister sagte, ich müsse erst den König fragen.«

      Des Maharadscha Antlitz verdüsterte sich und er stieß einen für seine Anschauungen furchtbaren Fluch aus.

      »Den König! Der König ist ein Sklave, ein Knecht,« grollte er, »der Knecht der Geschäftsträger Sahibs und dieses weibischen englischen Raj, aber bei Indur! des Königs Sohn wenigstens soll ein Königssohn sein! Was für ein Recht hatte Saroop Singh, dir etwas vorzuenthalten, was du begehrst, Prinz?«

      »Ich sagte ihm auch,« versetzte der Maharadscha Kunmar, »das werde meinem Vater gar nicht gefallen. Aber weiter sagte ich nichts, denn ich war nicht sehr wohl, und du weißt ja« – das kleine Gesicht senkte sich, daß man nur noch den Turban sah –, »ich bin noch ein Kind. Kann ich die Sättel haben?« Tarvin, der von dem Gespräch zwar kein Wort verstand, saß gemütlich auf seinem Pony und verständigte sich durch freundliche Blicke mit seinem großen und seinem kleinen Freund. In der Todesstille der Morgenfrühe war er hergekommen; der Hof hatte förmlich wiedergehallt vom Girren einer Taube auf dem hundertfünfzig Fuß hohen Turm, so still war es gewesen. Jetzt aber war das Leben im Palast erwacht, und auf allen vier Seiten rauschte und raschelte es hinter den grünen Fensterläden. Er unterschied sogar gedämpfte Atemzüge, das Knistern seidener Gewänder, das leise Knarren der Holzlatten an den Läden, die vorsichtig auseinandergeschoben wurden, um einen Durchblick zu gewinnen. Schwere Dünste von Moschus und Jasmin stiegen ihm in die Nase und erfüllten ihn mit Besorgnis, denn sie bewiesen ihm, daß Sitabhai mit ihren Frauen alles beobachtete und belauschte. Aber weder der Maharadscha, noch sein Sohn kümmerten sich im mindesten darum. Der Prinz war ganz erfüllt von dem englischen Unterricht, den ihm Frau Estes gab, und der König nahm fast ebenso großes Interesse daran als der Knabe. Damit auch Tarvin an der Unterhaltung teilnehmen könne, sprach das Kind jetzt englisch, sprach aber ganz langsam und deutlich, daß ihn der Vater leichter verstehe.

      »Ich kann dir auch ein neues Gedicht sagen,« plauderte Lalji, »das ich erst gestern gelernt habe.«

      »Kommt

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