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wiederholte sie.

      »Ja. Ich habe ihn nie richtig wahrgenommen, weil ich von vornherein schon voller Abwehr war, sobald ich ihn nur auf mich zukommen sah.«

      »Du willst mir jetzt aber nicht erzählen, dass du vielleicht in ihn verliebt bist, oder?«

      »Ich weiß nicht.« Sabines Stimme klang kläglich. »Babs, ich komme mir so blöd vor. Ehrlich, ich war fest davon überzeugt, dass ich froh sein würde, ihn endlich loszuwerden. Aber jetzt sieht mit einem Mal alles ganz anders aus.«

      »Und wenn du dich wieder irrst? Ich meine, du kannst mit dem Mann keine Spiele treiben, Sabine, und ihm jetzt Hoffnungen machen, um dann in Kürze festzustellen: Oh, tut mir leid, ich habe mich schon wieder geirrt.«

      »Das weiß ich selbst. Ich fühle mich schrecklich, Babs.« In Sabines Augen glänzten Tränen. »Du findest mich unmöglich, stimmt’s?«

      »Unmöglich vielleicht nicht, aber schon ein bisschen wankelmütig, das muss ich sagen. Ich habe dir jedenfalls geglaubt, dass du dir nichts aus Robert machst.«

      »Ich habe mir auch geglaubt«, bekannte Sabine leise.

      Barbara bekam Mitleid mit ihr, stand auf und nahm sie in die Arme. »Jetzt beruhige dich erst einmal, und dann überlegen wir, was du tun könntest.«

      »Nichts, es ist ja zu spät! Er hat sich in eine andere Frau verliebt, das habe ich dir doch erzählt.«

      »Ja, das hast du erzählt, aber das muss ja nicht ewig halten. Vielleicht hat er sich ja auch nur verliebt, um endlich von dir loszukommen.«

      »Glaubst du?«, fragte Sabine hoffnungsvoll.

      »Es wäre immerhin eine Möglichkeit«, antwortete Barbara diplomatisch. Insgeheim fragte sie sich, wie die sonst so klar denkende Sabine, die immer zu wissen schien, was sie wollte, in einen solchen Gefühls-Schlamassel hatte geraten können.

      »Und was soll ich jetzt tun?«

      »Erst einmal gar nichts. Warte ab, wie sich das mit seiner Freundin entwickelt.«

      »Das erfahre ich doch gar nicht, Babs. Ich könnte höchstens …« Sabine verstummte.

      »Was?«

      »Na ja, ich könnte unauffällig bei seinem Freund Carl nachfragen, der wird diese Amelie ja bestimmt schon zu Gesicht bekommen haben.«

      »Amelie heißt sie also«, stellte Babara fest. »Das mit seinem Freund ist eine gute Idee. Frag ihn – und dann reden wir weiter.«

      Sabine nickte. Mit einer raschen Bewegung wischte sie sich die Tränen aus den Augen. Aber als sie versuchte zu lächeln, misslang ihr das kläglich.

      *

      »Es wäre schön, wenn Sie kommen könnten«, sagte Baronin Sofia am Telefon zu Eliane von Braun. »Wir haben ein paar sehr interessante Künstler eingeladen und hoffen jetzt nur noch, dass das Wetter mitspielt und das Konzert im Schlosspark stattfinden kann. Ich bin sicher, es würde Ihnen gefallen. Und natürlich hoffen wir, dass Sie Ihre Tochter mitbringen.«

      »Wir fragen sie gern, aber es ist möglich, dass sie keine Zeit hat, Frau von Kant. Sie arbeitet schon seit Wochen jeden Samstag. Trotzdem vielen Dank für die Einladung, mein Mann und ich freuen uns sehr.«

      »Und wir freuen uns«, erklärte Sofia. Nachdem sie sich von Eliane von Braun verabschiedet hatte, rief sie Gräfin Caroline zu Kallwitz an, um zu fragen, ob sie mit dem Erscheinen von Caroline und Ernst zum Konzert rechnen konnten.

      »Ja, natürlich, Sofia!«, antwortete die Gräfin auf diese Frage. »Haben wir eure Konzerte schon einmal ausgelassen? Das ist für uns immer einer der Höhepunkte des Jahres.«

      »Freut mich sehr, das zu hören. Wir haben die Brauns auch eingeladen.«

      »Ach«, entfuhr es der Gräfin, »und kommt die entzückende Albertina auch?«

      »Das konnte mir ihre Mutter noch nicht sagen, aber eingeladen haben wir sie jedenfalls. So wie wir natürlich auch Carl einladen, aber das versteht sich ja von selbst.«

      »Ich sorge dafür, dass er uns begleitet«, erklärte Caroline eifrig. »Ich hatte ja versucht, ihn dazu zu bewegen, sich einmal mit Albertina zu treffen, aber er denkt natürlich gar nicht daran. Er wird mit vierzig noch Junggeselle sein, Sofia!«

      »Da wäre ich nicht so überzeugt. Wenn die Richtige auftaucht, geht das manchmal sehr schnell, Caro.«

      »Danke, dass du mich trösten willst, aber ich bin kurz davor, die Hoffnung aufzugeben. Und Ernst ist mir in dieser Hinsicht überhaupt keine Hilfe. Wenn ich davon anfange, brummt er immer nur, dass ich Carl selbst über sein Leben bestimmen lassen soll.«

      »Dann tu das doch. Hab’ ein

      bisschen Vertrauen zu Carl – er weiß ja sonst auch sehr genau, was er will.«

      »Das stimmt. Aber in der Liebe braucht er Nachhilfe, Sofia.«

      Die Baronin schmunzelte in sich hinein, als sie sich von Gräfin Caroline verabschiedet hatte. Sollten sowohl Albertina von Braun als auch Carl zu Kallwitz kommen, konnte es rund um das Konzert herum sehr interessant werden.

      *

      »Auf der Brückenbaustelle gibt es einen Skandal«, berichtete Anna ihrem Cousin Christian am nächs-ten Tag, als sie im Schulbus auf dem Heimweg waren. »Hast du davon gehört? Die haben ihnen minderwertigen Beton geliefert.«

      Er schüttelte den Kopf. »Ich dachte, du interessierst dich nicht für den Brückenbau. Neulich jedenfalls hast du nur gegähnt, als ich davon gesprochen habe.«

      »Jetzt ist das etwas anderes«, erklärte sie. »Erstens wegen dieser Albertina, die da arbeitet – und dann wegen des Skandals. Zum Glück haben sie es schnell gemerkt – bevor viel von dem Beton verbaut wurde. Jetzt ruhen die Arbeiten, es gibt richtig Stress, weil jeder dem anderen die Schuld zuweist. Dabei ist die Sache ziemlich eindeutig. Sie suchen nur noch nach demjenigen, der das Geschäft mit dem neuen Betonlieferanten vermittelt hat, denn der hat natürlich auch Dreck am Stecken.«

      »Dass die sich überhaupt trauen«, murmelte der kleine Fürst. »Immerhin fahren und gehen ja später viele Leute über die Brücke. Wenn sie einstürzt …«

      »Na ja, sie würde wohl nicht gleich einstürzen, sondern erst einmal Risse und so kriegen. Dann müsste sie aber schon bald wieder geflickt werden, das würde teuer. Jedenfalls wird jetzt dort nicht gearbeitet.«

      »Deine Mutter hat Albertina von Braun zum Konzert eingeladen – wenn sie nicht arbeiten muss, kommt sie vielleicht.«

      »Sehen würde ich sie schon gerne mal«, meinte Anna nachdenklich. »So wie sie von ihr geschwärmt haben, muss sie ja besonders nett sein.«

      Der Bus hielt, sie mussten aussteigen. Von hier aus hatten sie nur noch den kurzen Anstieg zum Schloss zu bewältigen. Als es vor ihnen aufragte, hörten sie Togo in der Ferne bellen, Christians jungen Boxer. Gleich darauf sahen sie ihn in langen Sprüngen auf sie zu jagen. Begeistert umkreiste er sie, bis sie sich bückten und nach einem geeigneten Stöckchen suchten, das sie für ihn werfen konnten.

      Als sie das Schloss endlich erreichten, waren sie alle drei außer Atem.

      *

      Albertina war insgeheim nicht böse darüber, dass die Arbeit auf der Baustelle ein paar Tage ruhte. Noch vor einer Woche hätte sie das als Katastrophe angesehen, da war sie aber auch noch vollkommen fit gewesen. Davon konnte jetzt keine Rede mehr sein. Sie hatte ihren Fuß zu früh belastet, eindeutig. Mittlerweile wünschte sie sich, sie hätte auf Dr. Bertraum gehört, den Arzt im Krankenhaus. Da sie nun in Zwangsurlaub geschickt worden war, hatte sie beschlossen, diesen zu nutzen, um ihren Fuß richtig auszukurieren.

      Sie fuhr sogar von sich aus noch einmal ins Krankenhaus, um sich, mit einigen Tagen Verspätung, untersuchen zu lassen.

      »Sie haben nicht auf mich gehört«, stellte Dr. Bertram fest, als er den Fuß sah.

      »Nein«,

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