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er. »Und vom Medizinischen soll’s ja gar net schlecht sein, einen winzigen Schluck täglich, sagt man so net?« Er lachte Dr. Trautner an.

      Der wiegte den Kopf. »In Maßen genossen ist nix gegen einen Schluck zu sagen.«

      »Erzähl dem Doktor von deinem Reißen in der Brust«, forderte die Fahlinger-Greti ihren Mann auf.

      Der winkte ab. »Schmarrn.«

      »Was bezeichnest du als Rei­ßen?« wollte Trautner wissen.

      »Brennen tut ihm der Brustkorb innen drinnen manchmal ganz narrisch«, erklärte die Greti. »Er will’s aber net wahrhaben, tut es als Bronchienschmerz ab, weil er sich verkühlt hätt’.«

      »Wann bist du denn das letzte Mal beim Arzt gewesen?« fragte Trautner.

      Der Fahlinger lachte. »Ich kann mich net dran erinnern, überhaupt einmal bei einem Arzt gewesen zu sein.«

      »Darauf mußt net stolz sein«, sagte seine Frau. »Ich seh’ dich doch oft am oder im Stall stehen, wenn du dich an die Wand lehnst. Wenn dir wieder mal der kalte Schweiß ausgebrochen ist und wenn du nach Luft schnappst.«

      Der Fahlinger reagierte ärgerlich. »Was du alles weißt. Immer sagst mir, was gut und was net gut ist. Das weiß ich selbst, und du mußt’s mir schon mal gar net sagen.«

      »Weißt du was?« Dr. Trautner sah den Hausherrn eindringlich an. »Du kommst mal zu mir in die Klinik. Da wirst dann mal ordentlich durchgecheckt. Von oben bis unten wirst untersucht, und zwar nach den modernsten Methoden.«

      Da lachte der Föhrenhofer. »Das kann ich mir net leisten. Was denkst denn, was der Hof abwirft? Ich hab’ net so Einnahmequellen wie deine Klinik.«

      »Es kostet dich keinen Pfennig«, antwortete Vinzenz Trautner. »Du bist mein persönlicher Gast.«

      »Wieso denn das? Keiner kann umsonst arbeiten, grad’ du und die Klinik net. Der ganze Apparat kostet doch eine Menge.«

      »Ich will ja auch was von dir, ganz umsonst ist’s also nicht.«

      »Ich hab’ ja gewußt, daß ein Haken bei der Sache ist.«

      »Kein Haken, Fahlinger.« Dr. Trautner sah den Hochtalbauern geradewegs an. »Ich hab’ nämlich eine Bitte an dich.«

      »Eine Bitte an mich?«

      »Ganz genau. Es geht um den Buben, den Markus.«

      »Was ist mit dem?«

      »Ich würd’ ihn gern zwei oder drei Tage da bei dir lassen. Der Bub ist total einsam.« Der Chef der Bergklinik erzählte dann die Geschichte Markus Lehners. »Dem Buben fehlt nix als Nähe, und ich denk’, wenn er mit dem Julchen ein bisserl beisammen ist und die familiäre Atmosphäre bei euch da droben erlebt, daß er dann wieder näher ans Leben heranrückt.«

      Greti hatte beide Hände vor die Brust geschlagen. »Mein Gott, der arme Bub. Sicher kann er da bleiben. Da besteht doch gar keine Frage net.«

      »Also ganz so einfach ist das net«, gab ihr Mann zu bedenken. »Was ist, wenn dem Buben da was passiert? Wenn er irgendwo herunterfällt und sich was bricht?«

      »Der Bub braucht dringend Hilfe, Fahlinger.« Der alte Lois meldete sich zum ersten Mal zu Wort. »Wie’s ausschaut, muß die Hilfe recht bald erfolgen.«

      »Und wenn er wirklich wo herunterfällt, dann steh’ ich grad’ dafür, ich bin nämlich versichert«, zerstreute Vinzenz Trautner weitere Bedenken. »Außerdem kannst du dir eine Stange Geld verdienen.«

      »Was soll das denn heißen?«

      »Die Eltern des Buben sind steinreich«, erklärte Vinzenz Trautner. »Sie zahlen der Klinik pro Tag für die Privataufnahme weit über fünfhundert Mark. Die bekommst na­türlich du.«

      *

      Als Markus am nächsten Morgen wach wurde, wußte er zuerst nicht, wo er war. Er sah sich um, über ihm war gleich die Stubendecke, schlicht hölzern, wie er es nicht kannte. Dann erinnerte er sich, daß er im Oberdeck eines Etagenbettes lag. Die Stube war relativ klein, und unter ihm stand grade Toni auf, Julchen älterer Bruder.

      »Wer bist du eigentlich?« Toni war ein großer schlacksiger Junge von sechzehn Jahren, und er half auf dem Hof bereits kräftig mit.

      »Ich heiß’ Markus.«

      »Ich bin der Toni. Und was machst du da bei uns?« Der schlacksige Bursche war am Abend spät nach Hause gekommen und hatte keine Ahnung, wen man zu ihm ins Zimmer einquartiert hatte.

      »Das weiß ich auch nicht.« Markus hatte sich in der Nacht schon ein paarmal an der recht nahen Holzdecke den Kopf gestoßen. Als er sich jetzt aufrichtete und es wieder tat, verzog er das Gesicht.

      »Eines steht fest, sonst schläfst du in keinem Etagenbett.« Toni grinste. »Nur wer es nicht gewohnt ist, stößt sich derart häufig den Kopf wie du.« Dann gähnte er. »Jetzt weiß ich immer noch nicht, was du hier tust. Hat dich wer hier hergebracht?«

      Markus nickte. »Der Doktor…!«

      »Welcher Doktor?«

      »Der aus der Bergklinik.«

      Toni zuckte mit den Schultern. »Ich versteh’s net. Aber ich werd’ schon noch dahinterkommen. Du kannst sicher noch ein bisserl liegen bleiben, ich muß jetzt aufstehen.«

      »Darf ich auch aufstehen?«

      »Sicher. Aufstehen darfst immer. Nur net zu lang’ liegen bleiben darfst. Dann gibt’s Ärger.«

      »Ist… ist Julchen deine Schwester?«

      »Das ist sie.« Toni lachte, während er aus dem Bett sprang. »Bist vielleicht wegen ihr da?«

      »Ich weiß es nicht.« Markus zuckte mit den Schultern. »Wo… wo ist Julchen jetzt?«

      »In ihrer Kammer. Ganz hinten im Gang, die letzte Tür.«

      »Ob ich zu ihr gehen darf?«

      »Was weiß ich«, antwortete Toni. »Wegen mir kannst hingehen, wo du willst. Vielleicht wär’s aber gescheit, wenn du dich net erwischen lassen würdest. Möglicherweise sieht’s die Mama net gar so gern, wenn ein fremder Bursch«, Toni lachte, »wenn er in der Kammer ihrer jüngsten Tochter herumschleicht.«

      »Ich will doch gar nicht schleichen…!«

      »Dann geh halt. Die letzte Tür auf dem Gang. Zieh dir aber erst was über.«

      Kurz darauf ging Markus den Gang entlang, klopfte an die letzte Tür und öffnete sie dann. Julchen hatte ein Zimmer für sich, wie alle anderen Fahlinger-Kinder auch. Der Föhrenhof war riesengroß und hätte leicht noch mehr Kindern reichlich Platz geboten. Die meisten Stuben wurden gar nicht genutzt.

      Julchen war schon wach, blätterte in einem Buch und sah auf, als Markus in ihre Kammer kam. »Was machst du denn da bei mir?«

      »Dich besuchen. Der Toni hat’s erlaubt.«

      »Das sieht ihm ähnlich, doch der Toni hat nichts zu erlauben.« Dann sprang Julchen aus dem Bett. »Es pressiert ein bisserl. Wir werden heute die Rinder nämlich auf eine andere Weide bringen.«

      »Darf ich da helfen?« Markus sah das dunkelhaarige Mädchen mit den wunderschönen Zöpfen bittend an.

      »Du darfst net, du mußt. Wir zwei sollen die Rinder nämlich hinüberschaffen von der Hochweide am Haus auf die Niederalm. Der Jockel wird uns dabei helfen.«

      »Wer ist denn der Jockel?«

      »Unser Hund, hast ihn denn noch nicht gesehen?«

      »Der große Dunkelhaarige? Gestern ist er vor seiner Hütte gelegen.«

      »Das ist er.«

      »Muß man vor dem denn keine Angst haben, beißt er nicht?«

      »Der Jockel beißen?« Julchen lachte. »Der weiß gar nicht, was

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