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Lois sah den Jungen aufmunternd an. »Es muß schließlich wissen, wenn man es ruft. Es ist ein Bub. Was hältst denn davon, wenn wir es Markus nennen? Dann kannst gleich sein Pate sein.«

      Markus wußte nicht, wie er reagieren sollte. Schließlich sah er den Lois und dann Dr. Trautner an. »Markus soll es heißen? So wie ich?«

      »Sicher, wenn du möchtest. Der Pate bestimmt den Namen. Es liegt an dir. Oft nimmt man auch den Namen des Paten. Also? Wie willst es nennen?«

      Es dauerte eine ganze Weile, bis der Junge antwortete.

      »Markus«, sagte er dann. »Das Kälbchen soll Markus heißen.« Dann rannte er wieder hinüber zu dem Kälbchen und seiner Mutter.

      »Mir ist übrigens wer eingefallen.« Der Lois nickte, als wolle er sich selbst bestätigen, eine gute Idee gehabt zu haben.

      »Was meinst du?« wollte Trautner wissen.

      »Das, worüber wir vorhin geredet haben. Ein Bub oder ein Madel im Alter von Markus. Mir ist wer eingefallen.«

      »Und wer?«

      »Die jüngste Tochter vom Fahlinger, das Julchen, ist im Alter von dem Buben.«

      »Das Julchen…!« Vinzenz Trautner nickte. »Das ist allerdings eine gute Idee. Schätz’ ich sie richtig ein, daß sie ein bisserl forsch und net auf den Mund gefallen ist? Aber auch sehr lieb und außerdem hübsch?«

      Der alte Sterzenhofer nickte. »Das ist sie. Und vor allem ist sie gescheit. Mit der kannst reden wie mit einem Erwachsenen. Na ja, sie muß zu Haus’ ja auch ran. Sie müssen alle mitarbeiten. Die älteren Geschwister haben schon einen Beruf, aber abends und manchmal auch morgens müssen s’ auf dem Hof ran.«

      »Ist der Fahlinger net verschuldet?«

      »Ziemlich sogar.«

      »Bei einer Bank oder beim Steiger?«

      »Ich glaub’, beim Steiger.«

      »Das ist net so gut.« Dr. Trautner verzog das Gesicht.

      »Das kannst laut sagen.« Der Lois nickte. »Der Steiger-Franz ist das, was man einen Finanzhai nennt. Bisher hat er noch jeden Hof bekommen, den er hat haben wollen. Zuerst hat er das Geld verliehen und dann drauf gehofft, daß der Schuldner es net zurückzahlen konnt’.«

      »Und er hat nie mit sich reden lassen?«

      »Nie. Seiner Geschäftsidee folgend, darf er gar net mit sich reden lassen. Wenn einer wie er drauf hofft, daß einer seiner Schuldner net zurückzahlen kann, dann darf er net mit sich reden lassen.«

      Dr. Vinzenz Trautner schüttelte den Kopf. »Es gibt schon seltsame Zeitgenossen. Die aus dem Unglück anderer ihren Profit schlagen, gehören zu der übleren Sorte.«

      Alois Gratlinger zeigte hinüber zu der Lisei, deren Kalb bei Markus stand. »Dann meinst also, wir sollten mal hinüber zum Fahlinger gehen?«

      Der Chef der Bergklinik nickte. »Ich denk’ schon. Wir sehen ja, wie die Stimmung ist. Dann können wir immer noch entscheiden, ob wir die Sache wagen.«

      *

      Alfons Fahlinger war ein mittelgroßer Mann, kräftig gebaut, mit starken Armen und einem Gesicht, das deutlich die Sorgen widerspiegelte, die er als Bauer des Obermühltaler Föhrenhofes hatte.

      Der Fahlinger regte sich in letzter Zeit rasch auf, geriet auch schon mal in Rage, und er schrie auch manchmal herum, wenn etwas nicht so ging, wie er es sich dachte. Früher war so was nicht passiert, doch seit ihn die Schulden plagten und ihm über den Kopf zu wachsen drohten, da hatte er sich nicht immer unter Kontrolle.

      Dabei war der Fahlinger-Alfons stets ein ausgesprochen freundlicher Mensch gewesen, dem die Harmonie in der Familie über alles gegangen war.

      Seine Frau Greti, sie war der gute Geist der Familie, beobachtete ihren Mann schon eine Zeitlang besorgt. Wenn er sich unbeobachtet fühlte, preßte er schon mal eine Handfläche auf seine Brust und verzog das Gesicht, als ob er Schmerzen habe.

      Die beiden hatten sechs Kinder, wobei Julchen mit ihren sechs Jahren das jüngste war. Julchen war ein ausgesprochen hübsches Mädchen. Es glich seiner Mutter sehr, hatte lange, ganz dicke braune Zöpfe und ein ausgesprochen nettes Lächeln. Ihr Vater wurde jedesmal schwach, wenn seine Jüngste ihn anlächelte und er ihr eigentlich den Marsch blasen wollte.

      So war es auch an jenem Tag. Julchen hatte etwas auf dem Hof helfen sollen, es aber immer wieder hinausgeschoben und nun, am späten Nachmittag, stellte ihr Vater sie zur Rede.

      »Dein Fahrrad liegt noch immer im Stalleingang«, warf er ihr vor, »und die Hühner hast auch noch nicht in den anderen Pferch getan. Wann kann man sich auf dich endlich verlassen? Du bist doch schon sechs Jahr’ alt und…!«

      Im gleichen Moment kletterte Julchen auf den Schoß ihres Vaters und strahlte ihn mit ihren dunklen Augen an.

      »Ich hab’ mit dem August gespielt«, antwortete sie, nachdem sie ihrem Vater einen Kuß gegeben hatte, »und dabei ganz vergessen, daß du mir was aufgetragen hattest.« Dann legte sie ihren Kopf an ihres Vaters Brust und umfing ihn mit beiden Armen.

      »Wie oft soll ich dir denn noch sagen, daß du net mit dem August spielen sollst? Ein Gänserich ist kein Spielobjekt für ein Madel in deinem Alter. Und daß der August gehörig zwicken kann, das hast ja schon oft genug erfahren.« Plötzlich preßte der Fahlinger eine Hand auf seine Brust und schien nach Luft zu schnappen. Nach wenigen Sekunden hatte er sich jedoch wieder erholt.

      »Tut dir was weh, Vati?« Julchen hatte den kleinen Schwächeanfall ihres Vaters mitbekommen.

      Der schüttelte den Kopf. »Es geht schon wieder.«

      Dann kam die Fahlinger-Greti in die Stube. »Wir bekommen Besuch. Ich glaub’ der Sterzenhofer-Lois ist dabei und das andere könnt’ Dr. Trautner sein. Dann noch irgendein Kind. Wenn’s der Doktor ist, dann sprichst ihn auf deine Brustschmerzen an, hast mich verstanden?«

      »Schmarrn«, brummelte Alfons Fahlinger, »mir fehlt nix. Ein bisserl Brennen auf der Brust hat man schon mal. Vor allem, wenn man im Sommer öfter durchschwitzt und erkältet ist. Das schlägt auf die Bronchien und das brennt dann.«

      »Du redest so siebengescheit daher wie dein Vater«, warf Greti Fahlinger ihrem Mann daraufhin vor, »der hat auch immer alles besser gewußt als die Ärzte, bis es dann zu spät war.«

      Alfons Fahlinger war aufgestanden und zum Fenster gegangen.

      »Es sind der Lois und der Doktor. Was werden die denn da bei uns wollen? Von der Predigtstuhl-Alm herüber ist’s immerhin ein Fußmarsch von reichlich einer dreiviertel Stund’.«

      »Ich werd’ sie hereinbitten, dann wirst es erfahren.« Die Föhrenhoferin stand auf und verließ die Stube; Julchen begleitete sie.

      »Grüß Gott, Lois, grüß dich, Doktor!« Die Greti stand im Haus­eingang und sah die Besucher erwartungsvoll an. »Habt ihr euch am­ End’ verlaufen und findet die Predigtstuhl-Alm nimmer? Kommt herein, was mögts denn zu trinken?«

      »Grüß Gott, Föhrenhoferin.« Dr. Vinzenz Trautner gab der Greti die Hand. »Wir haben uns lang’ nimmer gesehen. Wir sind beim Lois auf der Alm gewesen, und da hat er vorgeschlagen, herüberzugehen und euch zu besuchen. Ist der Alfons in der Stube?« Dann strich er Julchen über den Kopf. »Schau, wir haben dir sogar einen Spielkameraden mitgebracht. Das ist der Markus. Er ist wie du sechs Jahre alt.«

      Julchen sah Markus an und lachte dann. »Du bist net von da, gell? Kinder von da sehen nämlich anders aus.«

      Markus antwortete nichts, sah die hübsche Tochter des Föhrenhofers nur an und wollte dann dem Lois hinterhergehen, der mit Dr. Trautner und Julchens Mutter im Haus verschwunden war.

      »Wo willst du denn hin?« fragte Julchen. »Laß die Erwachsenen doch. Die reden eh immer nur herum, und es kommt nix dabei heraus. Soll ich dir August zeigen? Er ist ein Gänserich. Und die Hühner muß ich auch noch in einen anderen Pferch tun. Komm, du

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