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»Nachdem ich von den verdammten Spinnen gelesen habe, ging mir ein Licht auf, klar? Ich habe plötzlich gewußt, wie ich Stonewell auf die Nerven gehen kann. Und zwar mit diesen verdammten Spinnen.«

      »Sie haben ihm Spinnen zugeschickt?«

      »Nee, aber ich hab’ alles darüber zusammengelesen, was ich brauchte. Wollen Sie mal ein paar von den Dingern sehen?«

      »Sie haben, wenn ich Sie richtig verstanden habe, Spinnen hier in Ihrem Zimmer?«

      »Jede Menge, Parker! Also, wollen Sie sie sehen?«

      »Dann bin ich so frei und bitte darum«, entgegnete der Butler, ohne sich seine ehrliche Überraschung anmerken zu lassen. Um aber für kommende Situationen gewappnet zu sein, griff er fester um den Bambusgriff seines Regenschirms.

      Lester Nellen ging lächelnd auf ein kleines Sidebord zu, öffnete die Schranktür und holte eine solide Blechschachtel hervor, die er zum Tisch trug.

      Dann öffnete er sie vorsichtig und... ließ einige handtellergroße Vogelspinnen herausfallen. Die schwarzen behaarten Tiere schienen äußerst verblüfft zu sein, denn sie blieben bewegungslos auf der Tischplatte liegen.

      »Greifen Sie doch zu, Parker«, lud Lester Nellen den Butler ein. »Genieren Sie sich bloß nicht!«

      Und während er redete, langte Lester Nellen tatsächlich zu. Er griff in das Gewirr der langen, behaarten Spinnenbeine und zog eine der Vogelspinnen hoch.

      »Nette Tierchen, oder?« fragte er dann und... warf das Tier in Richtung Parker.

      Parker rührte sich nicht von der Stelle. Er hatte wieder einmal Nerven wie Drahtseile. Er ließ die Vogelspinne auf seinen Anzug tropfen, wartete, bis sie zu Boden fiel und nickte anerkennend.

      »Sehr gute Imitationen«, meinte er dann lächelnd. »Man bekommt sie wohl in Fachgeschäften für mehr oder weniger komische Scherzartikel, nicht wahr?«

      »Genau, Parker!« Nellen lächelte nicht mehr und sah den Butler nachdenklich und forschend an. »Sie haben verdammt gute Nerven. Stonewell hat sie aber bestimmt nicht. Schon wegen der vier Morde. Und ich sehe es im Geiste schon vor mir, wie er hochzuckt, wenn ich ihm die Dinger nacheinander zuschicke. Nennen Sie es von mir aus die Rache des kleinen Mannes, ist mir völlig gleichgültig, aber ich will erleben, daß Stonewell vor Angst die Wände hochgeht.«

      »Schon allein wegen dieser allerliebsten Hartgummitierchen könnten Sie großen Ärger mit der Polizei bekommen, Mr. Nellen.«

      »Nur, wenn Sie mich verpfeifen, Parker, aber Sie werden einem alten Mann doch nicht das Vergnügen streichen, oder?«

      »Sofern dieses Vergnügen nicht tödlich ist, auf keinen Fall! Auf meine Diskretion können Sie sich verlassen. So werde ich zum Beispiel nicht davon reden, wer Sie besucht.«

      »Wie... wie meinen Sie das?« Lester Nellen sah den Butler schnei und abschätzend an.

      »Ich denke an jene attraktive, haselnußbraune Dame, die eben bei Ihnen war.«

      »Mich... mich soll eine Frau besucht haben? Wie kommen Sie denn darauf?«

      »Ich hatte das Vergnügen, sie auf der Straße zu treffen.«

      »Judy...?« Nellen merkte zu spät, daß er sich versprochen hatte. Wütend schlossen seine Lippen sich zu einem schmalen Strich.

      »Judy also...!« stellte der Butler fest. »Wie darf ich die bewußte Dame einordnen?«

      »Sie spionieren mir nach, wie?« brauste Nellen auf. »Das sollten Sie lieber nicht tun, Parker, das kann ins Auge gehen, glauben Sie mir!«

      »Wer jene bewußte Judy ist, werden mein junger Herr und ich in aller Kürze sehr genau wissen«, stellte Parker ungerührt fest. »Und wenn die Polizei uns fragt, werden wir wohl einräumen müssen, sie bei Herb Lasters angetroffen zu haben.«

      »Judy...?« Nellen wirkte sehr überrascht. »Was soll sie bei Lasters getan haben?«

      »Das wird Miß Judy dann der Polizei sagen müssen.«

      »Also gut!« Lester Nellen sah einen Moment zu Boden, bevor er weitersprach. »Judy ist meine frühere Frau. Jetzt wissen Sie es also.«

      »Ihre frühere Frau?« Parker konnte seine Überraschung gerade noch verbergen.

      »Meine frühere Frau«, wiederholte Lester Nellen noch einmal. »Sie nennt sich jetzt Judy Farmser. Das ist ihr Mädchenname. Sie wollte mich mal besuchen. Sie war gerade hier in der Gegend.«

      Lester Nellen merkte wohl selbst, wie oberfaul und schlecht seine Ausrede klang, denn er sah wieder zu Boden und nagte nachdenklich an seiner Oberlippe.

      »Sie sprachen über Stonewell?«

      »Worüber wir uns unterhalten haben, geht Sie einen Dreck an, Parker! Verschwinden Sie jetzt endlich! Und noch einmal, wenn Sie mir mit der Polizei kommen, geht es Ihnen schlecht! Lassen Sie Judy aus dem Spiel. Sie hat mit der ganzen Geschichte nichts zu tun, kapiert?«

      »Ich hoffe sehr, daß Ihre Worte und Feststellungen der Wahrheit entsprechen«, erwiderte Parker steif und förmlich. Dann griff er nach Melone und Regenschirm, um die kleine, schäbige Wohnung des Lester Nellen zu verlassen.

      Unten in der Halle des imitierten Palastes langweilten sich noch immer die müden, alten Männer, die mit ihrer Zeit nichts anzufangen wußten...

      *

      Wohlgelaunt und durchaus mit den Ergebnissen der Recherchen zufrieden, ließ Parker sich von einem Taxi zurück ins Hotel bringen, um dort auf seinen jungen Herrn zu warten. Es war inzwischen dunkel geworden und die Straßen glänzten und strahlten im Licht der vielfältigen und bonbonbunten Neonreklamen.

      Er betrat die Halle und erkundigte sich an der Rezeption nach Mike Rander. Sein junger Herr war noch nicht zurückgekommen, eine Tatsache, die Parker nur zur Kenntnis nahm, die ihn aber keineswegs beunruhigte.

      Als er zum Lift ging, folgte ihm ein mittelgroßer, schlanker Mann, der sich die Hutkrempe tief ins Gesicht gezogen hatte. Dieser junge Mann schaffte es gerade noch, zu Parker in den Lift zu steigen, zumal der Butler sogar noch höflich auf den zusätzlichen Gast gewartet hatte.

      Als die beiden Türhälften automatisch und zischend zusammenfuhren, hielt der junge Mann plötzlich einen durchaus als solide anzusprechenden 38er in der Hand, dessen Mündung er Parker in die Seite preßte.

      »Kellergeschoß«, sagte der junge Mann wenig freundlich. »Eine falsche Bewegung, mein Alter, und du bist reif...!«

      »Sie überraschen mich in der Tat«, gestand der Butler. Gleichzeitig überlegte er, wie er sich verhalten sollte. Er kannte einige handfeste Tricks, um mit Bedrohungen dieser Art gut fertig zu werden. Auf der anderen Seite reizte es ihn, herauszubekommen, mit wem er es zu tun hatte.

      »Kellergeschoß also«, sagte Parker und nickte höflich. »Ich nehme an, Sie wollen mich zu einer kleinen Spazierfahrt einladen, wie es in Ihren Kreisen so üblich ist, nicht wahr?«

      »Los, mach schon!« Der junge Mann machte einen durchaus routinierten Eindruck. Er wußte auf jeden Fall etwas mit seiner Waffe anzufangen. Wie ein grüner Neuling oder Anfänger benahm er sich keineswegs.

      Parker drückte auf den Knopf, der die Fahrt hinunter in das Kellergeschoß einleitete und sah sich das Gesicht seines Gegenüber genauer an.

      Der junge Mann mochte etwa fünfundzwanzig Jahre alt sein, aber man mußte schon genauer hinsehen, um das erkennen zu können. Tiefe Tränensäcke unter den Augen deuteten auf ein bewegtes und anstrengendes Leben hin. Die kalten grauen Augen mochten schon in manche Abgründe des Lebens geblickt haben.

      Die Fahrt war schnell beendet.

      Ohne viel Worte zu verschwenden, bugsierte der junge Mann den Butler durch einige Kellergänge, bis sie eine Tiefgarage erreichten, die hinter einer Stahltür war. Anschließend mußte der Butler sich an das Steuer eines Chrysler setzen und hinauf auf die Straße fahren.

      »Welche

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