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dann in die Bibliothek gegangen, wo alles ganz genau so gelassen wurde, wie es die Polizei vorfand. Die Kerze brannte zu der Zeit nicht, wohl aber die Lampe. Sie beide hätten aus dem Fenster gesehen, aber die Nacht wäre so dunkel gewesen, daß man nichts wahrnehmen konnte. Danach seien sie wieder zurück zur Halle geeilt, und er habe die Zugbrücke heruntergelassen, worauf sich Mr. Barker daran gemacht habe, die Polizei zu verständigen.

      Dies war im wesentlichen die Aussage des Dieners.

      Die von Frau Allen, der Haushälterin, deckte sich im allgemeinen mit der ihres Kollegen. Ihr Zimmer liege etwas näher nach vorne als die Anrichte, in der Ames beschäftigt war. Sie sei eben daran gewesen, zu Bett zu gehen, als sie durch lautes Klingeln aufgeschreckt wurde. Sie sei etwas schwerhörig, und dies sei vielleicht der Grund, weshalb sie keinen Schuß gehört habe. Immerhin liege ihr Zimmer ziemlich weit abseits. Sie glaube sich jedoch an einen Knall erinnern zu können, dachte indessen nur an das Zuschlagen einer Tür. Dies sei auch eine ganze Weile früher gewesen, wenigstens eine halbe Stunde vor dem Glockenzeichen. Als Mr. Ames nach vorne lief, habe sie sich ihm angeschlossen. Sie habe gesehen, wie Mr. Barker, leichenblaß und in höchster Aufregung, aus der Bibliothek trat und Mrs. Douglas, die eben die Treppe herunterkam, anhielt. Er habe sie gebeten, zurückzugehen; die Antwort, die sie ihm gab, habe sie indessen nicht verstehen können.

      »Führen Sie sie hinauf und bleiben Sie bei ihr!« habe er zu Frau Allen gesagt.

      Sie sei daher mit ihrer Herrin in deren Schlafzimmer gegangen und habe versucht, sie zu beruhigen. Mrs. Douglas sei sehr erregt gewesen und habe am ganzen Körper gezittert, jedoch nicht wieder die Absicht geäußert, hinuntergehen zu wollen. Sie habe die ganze Zeit in ihrem Schlafrock am Kamin gesessen, den Kopf in die Hände gestützt. Frau Allen sei fast die ganze Nacht bei ihr gewesen. Die anderen Dienstboten seien alle zu Bett gewesen und hätten von dem schrecklichen Vorfall nichts gehört, bis die Polizei anlangte. Sie schliefen in einem Hinterflügel, wo sie selbst der stärkste Lärm, der vom Vorderhause ausging, nicht erreichen könne.

      Dies war alles, was wir aus der Haushälterin herausbringen konnten. Ein eingehendes Kreuzverhör förderte nichts weiter zutage, als Klagen und Ausbrüche des Entsetzens.

      Auf Frau Allen folgte Mr. Cecil Barker. Er hatte dem, was er der Polizei bereits gesagt hatte, wenig hinzuzufügen. Für seine Person war er überzeugt, daß der Mörder durch das Fenster entkommen sei. Die Blutspuren ließen nach seiner Ansicht über diesen Punkt keinen Zweifel zu. Außerdem habe der Mörder, da die Zugbrücke aufgezogen war, keinen anderen Rückzugsweg gehabt. Er habe keine Ahnung, was aus dem Mann geworden sei, und warum er sein Zweirad zurückgelassen habe, wenn es wirklich ihm gehörte. Ein Ertrinken im Festungsgraben sei ausgeschlossen, da er höchstens drei Fuß tief sei.

      Er habe sich eine bestimmte Ansicht von dem Verbrechen gebildet. Douglas sei ein ziemlich verschlossener Mensch gewesen, und es habe Kapitel in seinem Leben gegeben, über die er niemals sprach. Douglas sei als junger Mensch von Irland nach Amerika ausgewandert, wo es ihm recht gut gegangen sei. Sie hätten sich in Kalifornien kennengelernt und seien Partner in einer ergiebigen Goldschürfung, die bei einem Ort namens Benito Canyon lag, geworden. Sie hätten beide sehr viel Geld verdient. Trotzdem habe Douglas seinen Anteil plötzlich verkauft und sei nach England abgereist. Douglas sei damals Witwer gewesen. Als später auch Barker seinen Besitz liquidierte, um sich in London niederzulassen, hätten sie beide ihre engen Beziehungen zueinander wieder aufgenommen. Er habe von Douglas den Eindruck empfangen, daß sich dieser bewußt war, in einer Gefahr zu schweben, und habe stets angenommen, daß dessen plötzliche Abreise aus Kalifornien, sowie der Umstand, daß er sich in einer derart abgeschiedenen Gegend niederließ, mit dieser Gefahr in Zusammenhang stehe. Er, Barker, vermute, daß irgend ein Geheimbund gefährlicher Art Douglas nachspürte, und ihn nicht zur Ruhe kommen ließ. Diese Vermutung gründe sich auf einige Bemerkungen, die Douglas gelegentlich fallen ließ, obwohl sich er niemals offen darüber ausgesprochen oder den Namen des Bundes und den Grund, warum er verfolgt werde, erwähnt habe. Er, Barker, könne nur annehmen, daß dies Zeichen auf der Karte Bezug auf den Geheimbund habe.

      »Wie lange waren Sie mit Douglas zusammen in Kalifornien?« fragte Inspektor McDonald.

      »Im ganzen fünf Jahre.«

      »Er war damals Junggeselle, sagten Sie?«

      »Nein, Witwer.«

      »Haben Sie jemals gehört, woher seine erste Frau stammte?«

      »Nein, ich erinnere mich nur, daß er sagte, sie sei schwedischer Herkunft. Auch habe ich ihr Bild gesehen. Sie war ungewöhnlich schön. Sie starb an Typhus, ein Jahr bevor ich ihn kennenlernte.«

      »Können Sie seine Vergangenheit mit irgend einem bestimmten Teil Amerikas in Verbindung bringen?«

      »Ich hörte ihn manchmal von Chikago sprechen, einer Stadt, die er sehr gut kannte, und wo er, wie er sagte, gearbeitet hatte. Dann erwähnte er öfter die Eisen-und Kohlengebiete. Er ist seinerzeit weit herumgekommen.«

      »Beschäftigte er sich mit Politik, und war der Geheimbund vielleicht politischer Natur?«

      »Nein, er hatte nicht das geringste Interesse für Politik.«

      »Halten Sie dafür, daß es vielleicht eine Verbrecherbande war?«

      »Das kann ich nicht glauben, denn einen ehrlicheren Menschen als ihn habe ich niemals kennengelernt.«

      »Gab es irgend etwas in seiner Lebensweise in Kalifornien, daß Sie zu Ihren Vermutungen anregte?«

      »Er hielt sich meistens ganz für sich und blieb stets bei der Arbeit im Bergwerk. Die Gesellschaft anderer Leute mied er nach Möglichkeit. Das hat mich dazu geführt anzunehmen, daß er sich verfolgt wußte. Seine plötzliche Abreise nach Europa faßte ich als eine klare Bestätigung dieser Ansicht auf. Ich vermute, daß er von irgendeiner Seite gewarnt worden war. Er war noch keine Woche fort, als etwa ein halbes Dutzend Männer Nachforschungen nach ihm anstellte.«

      »Welcher Art waren diese Leute?«

      »Nun, ich möchte sagen, eine recht gefährlich aussehende Bande. Sie kamen zu unserer Schürfung und wollten wissen, wo er sei. Ich sagte ihnen, daß er nach Europa abgereist sei, und daß ich nichts Näheres über seinen Aufenthalt wisse. Sie wollten nichts Gutes von ihm, darüber kann kein Zweifel bestehen.«

      »Waren diese Leute Amerikaner – Kalifornier?«

      »Amerikaner waren sie sicher, ob Kalifornier, das weiß ich nicht. Jedenfalls waren es keine Goldgräber. Ich konnte mir kein Bild aus den Leuten machen und war froh, als sie mir den Rücken kehrten.«

      »Das war vor sechs Jahren?«

      »Eher schon sieben.«

      »Da sie also fünf Jahre mit ihm in Kalifornien waren, so müßte die Geschichte, um die es sich handelt, mindestens elf Jahre zurückliegen.«

      »So ist es.«

      »Das muß eine ernste Fehde sein, die so lange aufrecht erhalten wird. Um eine Kleinigkeit kann es sich hierbei nicht gehandelt haben.«

      »Nach meiner Vermutung hat sie sein ganzes Leben verdüstert. Er war niemals völlig unbefangen.«

      »Aber wenn ein Mensch weiß, daß er sich in Gefahr befindet und diese Gefahr kennt, würden Sie da nicht denken, daß er den Schutz der Behörden in Anspruch nehmen würde?«

      »Vielleicht war es eine Art Gefahr, gegen die ihn auch die Behörden nicht schützen konnten. Etwas möchte ich Ihnen noch sagen: er war stets bewaffnet. Der Revolver verließ niemals seine Tasche. Das Unglück wollte es, daß er gerade im Schlafanzug war, als der Mord geschah. Offenbar hielt er sich für sicher, während die Zugbrücke aufgezogen war.«

      »Ich möchte die Daten, die Sie uns gegeben haben, etwas genauer präzisiert wissen«, sagte McDonald. »Es ist nun mehr als sechs Jahre her, seit Douglas Kalifornien verließ. Sie folgten ihm das Jahr darauf, nicht wahr?«

      »So war es.«

      Holmes beteiligte sich nicht weiter an der Fragestellung,

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