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er dies öfter getan?«

      »Schon lange nicht mehr, Herr.«

      »Das gibt zu denken«, sagte Holmes. »Vielleicht ist es nur ein zufälliges Zusammentreffen, vielleicht aber deutet es auf eine gewisse Nervosität hin, die besagen würde, daß er sich in Gefahr wußte. Haben Sie in der letzten Zeit etwas Auffälliges in seinem Benehmen bemerkt, Ames?«

      »Es ist mir aufgefallen, daß er ein bißchen aufgeregt und unruhig war.«

      »Na also, der Überfall war vielleicht nicht ganz unerwartet. Es scheint, wir machen schon einige Fortschritte, nicht wahr? Wollen Sie vielleicht jetzt die Fragestellung übernehmen, Mr. Mac?«

      »Nein, Mr. Holmes, sie ist bei Ihnen in besseren Händen.«

      »Also, dann wollen wir jetzt zu dieser Karte übergehen. Sie enthält die sonderbare Inschrift V V 341 und ist aus grobem Karton. Haben Sie etwas dergleichen im Hause?«

      »Ich glaube nicht.«

      Holmes ging hinüber zum Schreibtisch und betupfte das Löschpapier mit Proben aus jeder der beiden Tintenfässer.

      »Die Schrift ist nicht in diesem Zimmer ausgeführt worden«, sagte er. »Dies ist schwarze Tinte, während die auf der Karte rötlich ist. Dann wurde sie mit einer breiten Feder geschrieben, während diese spitzig ist. Nein, die Inschrift rührt von wo anders her. Haben Sie eine Ahnung, Ames, was sie bedeuten könnte?«

      »Nicht die geringste, Herr.«

      »Und Sie, Mr. Mac?«

      »Ich halte dafür, daß es das Zeichen irgend eines Geheimbundes ist.«

      »Das glaube ich auch,« sagte White Mason.

      »Nun also, dann wollen wir dies unseren weiteren Schlußfolgerungen zugrunde legen und sehen, wohin sie uns führen. Ein Abgesandter einer geheimen Verbindung schleicht sich ins Haus, wartet auf Mr. Douglas, trennt ihm fast den Kopf vom Leibe mit dieser Waffe und entweicht durch den Festungsgraben, nachdem er eine Karte neben der Leiche zurückgelassen hat, die, wenn sie in den Zeitungsberichten erwähnt wird, den anderen Mitgliedern des Geheimbundes bekannt gibt, daß der Racheakt vollzogen ist. Das erscheint logisch. Aber warum verwandte er gerade diese Art Waffe?«

      »Jawohl, das möchte ich auch wissen.«

      »Und wie verhält es sich mit dem fehlenden Ehering?«

      »Sehr richtig.«

      »Und warum noch keine Verhaftung? Es ist jetzt zwei Uhr vorüber. Ich darf doch annehmen, daß seit heute Morgen jeder Polizist innerhalb vierzig Meilen auf einen Fremdling mit durchnäßten Kleidern aufpaßt?«

      »Das können Sie annehmen, Mr. Holmes.«

      »Nun denn, wenn er nicht hier in der Nähe einen Unterschlupf hat, oder seine Kleider wechseln konnte, kann er ihnen nach menschlichem Ermessen nicht entgehen. Und doch ist er ihnen offenbar schon entgangen.«

      Holmes war zum Fenster gegangen, wo er mit einem Vergrößerungsglas die Blutspuren auf dem Fensterbrett untersuchte.

      »Eine Fußspur, unbedingt. Ungewöhnlich breit, anscheinend ein Plattfuß. Sonderbar, denn die Fußspuren in der Ecke drüben rühren von einer weit besser geformten Sohle her. Immerhin, sie sind höchst undeutlich. Und was haben wir hier, unter diesem Tischchen?«

      »Die Hanteln von Mr. Douglas«, bemerkte Ames.

      »Hanteln, in der Mehrzahl? Ich sehe nur ein Stück, wo ist die andere?«

      »Ich weiß nicht, Mr. Holmes, vielleicht war nur eine da. Ich habe schon seit Monaten nicht darauf geachtet.«

      »Eine Hantel –«, sagte Holmes nachdenklich, aber was er sagen wollte, blieb ungesprochen, denn von der Tür her ertönte ein kräftiges Pochen. Ein großer, sonngebräunter, energisch aussehender, glattrasierter Mann trat ein. Es war nicht schwierig, in ihm Mr. Cecil Barker, von dem wir schon verschiedentlich gehört hatten, zu erkennen. Seine kalten Augen, die von einem zum anderen wanderten, warfen fragende Blicke auf uns.

      »Bitte die Störung zu entschuldigen,« sagte er, »aber Sie müssen das Neueste sofort erfahren.«

      »Eine Festnahme?«

      »Leider nicht, aber man hat das Zweirad gefunden, das der Mann zurückgelassen hat. Kommen Sie und sehen Sie selbst. Es liegt etwa hundert Schritt vom Eingangstor entfernt.«

      Neben dem Zufahrtsweg fanden wir eine kleine Gruppe von Stallbediensteten und anderem Dienstpersonal, die ein Zweirad betrachteten, das man, in einem Gestrüpp von Immergrün verborgen, gefunden hatte. Es war ein ziemlich abgenutztes Fahrzeug, von unten bis oben mit Kot bespritzt. In der Satteltasche befanden sich ein Schraubenschlüssel und eine Schmierkanne. Irgend welche Hinweis auf den Eigentümer fehlten.

      »Es wäre für die Polizei eine große Unterstützung, wenn diese Dinger numeriert und eingetragen werden müßten. Aber wir müssen die Dinge nehmen, wie wir sie finden. Wenn wir auch nicht wissen, wohin er sich gewandt hat, so können wir nun doch erfahren, woher er gekommen ist. Aber bei allem, was wunderbar ist, warum hat der Mann das Rad zurückgelassen, und wie ist er ohne das Ding durchgekommen? Ich sehe noch keinen Lichtstrahl, Mr. Holmes.«

      »Wirklich?« sagte mein Freund nachdenklich. »Nun, man kann nicht wissen.«

      Zurück

      »Haben Sie in der Bibliothek alles gesehen, was Sie sehen wollten?« fragte White Mason, als wir zum Haus zurückkehrten.

      »Vorläufig«, sagte der Inspektor und Holmes nickte zustimmend.

      »Dann wollen wir uns vielleicht jetzt anhören, was die Leute vom Hause zu sagen haben. Wir können in das Speisezimmer gehen, Ames. Am besten fangen wir gleich mit Ihnen an. Also kommen Sie und sagen Sie uns, was Sie wissen.«

      Die Aussage des Dieners war einfach und klar. Er machte den Eindruck vollster Wahrhaftigkeit. Er gab an, fünf Jahre in den Diensten von Mr. Douglas zu sein und zwar, seit dieser nach Birlstone kam. Seinen Herrn hielt er für sehr wohlhabend und nahm an, daß er seinen Reichtum in Amerika erworben hatte. Er bezeichnete Mr. Douglas als einen gütigen und nachsichtigen Herrn. Vielleicht sei er nicht ganz das gewesen, woran Ames gewöhnt war, aber, so meinte er, man könne eben nicht alles haben. Niemals habe er irgendwelche Anzeichen von Furcht an Mr. Douglas bemerkt – im Gegenteil, dieser war der furchtloseste Mensch, dem er je begegnet sei. Daß er die Zugbrücke jeden Abend aufgezogen haben wollte, führte Ames darauf zurück, daß dies der alten Sitte entsprach, die sein Herr aus einer gewissen Liebhaberei heraus beibehalten habe. Mr. Douglas fuhr selten nach London und entfernte sich überhaupt kaum jemals aus dem Bannkreis seiner Besitzung. Am Tage vorher war er indessen nach Tunbridge Wells gefahren, um Einkäufe zu machen. Ames glaubte, an jenem Tage bei Mr. Douglas einige Unruhe und Aufregung bemerkt zu haben, da er sich ungeduldig und leicht reizbar gezeigt hatte, was bei ihm durchaus ungewöhnlich war. Er, Ames, sei zur Zeit des Mordes noch nicht zu Bett gewesen, sondern habe sich in der Anrichte, die an der Hinterfront des Hauses lag, aufgehalten und gerade das Silber eingeordnet, als ein ungewöhnlich anhaltendes Klingeln hörbar wurde. Einen Schuß habe er nicht gehört, aber dies war nicht zu verwundern, denn die Anrichte und die Küche lägen von der Bibliothek ziemlich weit entfernt, durch einige Türen von ihr getrennt. Auch die Haushälterin sei erst durch das scharfe Glockenzeichen aus ihrem Zimmer gerufen worden. Sie beide seien zusammen nach vorne geeilt. Als er den Treppenaufgang erreicht habe, sei Mrs. Douglas eben die Treppen heruntergekommen. Nein, sie war keineswegs in Eile und schien nicht im geringsten erregt zu sein. Gerade als sie am Fuße der Treppe angelangt war, sei Mr. Barker aus der Bibliothek herausgestürzt. Dieser habe Mrs. Douglas angehalten und sie gebeten, wieder hinaufzugehen.

      »Um Himmelswillen, gehen Sie auf Ihr Zimmer«, habe er gerufen. »Der arme Jack ist tot. Wir können nicht das geringste für ihn tun. Um Himmelswillen gehen Sie fort.«

      Dies habe Mrs. Douglas

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