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nicht viel und doch eine ganze Menge. Auf dem Trail war Tom der Chef. Nach dem Trail war er wieder ein Cowboy wie Jack und die anderen auf der Ranch.

      Sie ritten nach Süden über Santa Fé nach Tucumcari. Wochenlang wälzte sich der Treck der zweitausend braunen Longhorns in einer Glocke von Staub nach Nordosten.

      Die vier Männer hatten alle Hände voll zu tun. Der aufreibende Trail fraß alle anderen Gedanken auf. Jedenfalls schien es so.

      Bis sie dann nach einer stürmischen Nacht, die sie mit der Herde am nördlichen Arkansasufer verbracht hatten, in den Morgenstunden den blonden Jonny tot auf seiner bunten Jacarilla-Decke fanden.

      Er hatte eine Kugel im Herzen.

      Wer hatte ihn ermordet?

      Seit jener Stunde konnten die drei Männer einander nicht mehr in die Augen sehen. Und alle wußten plötzlich, daß der frische blonde Jonny die größten Chancen bei Mabel Gennan gehabt hatte. Schließlieh war er der einzige gewesen, der schon einmal mit ihr gesprochen hatte – als sie die beiden Pferde ihres Vaters zum Beschlagen in die Schmiede gebracht hatte.

      Tom hob eine Grube aus.

      Der tote Freund wurde in die Erde am Flußufer gelegt. Ein kleines Holzkreuz wurde auf den frischen Erdhügel gesetzt. Wortlos, die Hüte in den Händen, hatten die drei vor dem Grab des Freundes gestanden.

      Das war die letzte Minute gewesen, in der sie noch miteinander hätten sprechen können.

      Aber sie rann in die Ewigkeit, diese letzte Minute. Und von nun an waren sie offene Feinde.

      Niemand konnte sagen, wer Jack und Kid eingeredet hatte, daß Tom nun die größten Chancen bei Mabel hätte. Jedenfalls hatte es sich in die Köpfe der beiden eingebrannt.

      Als der Trail zu Ende war, ging jeder schweigend wieder an seine Arbeit.

      Vergebens wartete der Blacksmith Vaugham auf seinen Gesellen. Und Peter Loon wunderte sich, daß Jonny sein Trailgeld nicht holen kam.

      Da machte sich der Sheriff auf den Weg zur Ranch.

      Jetzt endlich berichtete Tom ihm von dem Vorfall am Arkansas.

      Jack schwieg verbissen zu allem.

      Als der Sheriff dann in den Saloon ging, um mit Kid zu sprechen, war der nicht da. Er hatte sich bei einem anderen Rancher zu einem neuen Trail gemeldet.

      Der Sheriff fand ihn in Eldorado.

      Kid mußte mit nach Chelsea zurückkommen.

      Richter Gennan setzte eine Verhandlung an.

      Und da erklärten Kid und Jack nach einigem Hin und Her, daß sie Tom für den Mörder hielten.

      Der zweiundzwanzigjährige Tom Coogan war so entsetzt, daß er kein Wort zu seiner Verteidigung herausbrachte. Die Geschworenen verurteilten ihn nach neunstündiger Beratung zum Tode.

      Es gelang Richter Gennan jedoch, das Urteil in eine fünfzehnjährige Zwangsarbeit umzuwandeln.

      In den Steinbrüchen von Sescattewa hat er sieben Jahre schuften müssen, dann wurde er mit einem großen Schub nach dem Süden abtransportiert.

      Auf der langen Bahnfahrt entsprang der Sträfling Tom Coogan und floh in die Bergwildnis Arizonas, wo er drei Jahre als Cowboy bei einem kleinen Rancher arbeitete.

      Als Tom vor zwei Monaten seinen letzten Lohn bekommen hatte, war er gegangen. Außer dem gesparten Geld hatte er noch etwas anderes mitgenommen, etwas viel, viel Wertvolleres: Er hatte oben in den Plains eine Goldader gefunden…

      *

      Die Sonne war gesunken.

      Als sich die Dämmerung über die

      Mainstreet breitete, trat der Heimkehrer aus dem Grand Hotel und ging mitten üher dle Straße zur Schmiede hinunter.

      Es war noch das alte Haus des greisen Vaugham. Nur stand oben über dem breiten Tor der Name Irvin Ray.

      Tom betrat die Schmiede.

      Ein untersetzter blonder Mann von vielleicht fünfunddreißig Jahren stand am Amboß und ließ den Hammer auf ein glühendes Eisen fliegen.

      Jetzt hob er den Kopf und blickte dem Eintretenden entgegen.

      Tom kam langsam auf ihn zu.

      Der Schmied ließ den Hammer rasten.

      Die beiden Männer blickten einander an.

      »Ich bin Tom Coogan.«

      Der Schmied zog die Brauen zusammen. »Wer… wer sind Sie?«

      »Ich bin Tom Coogan. Vor zehn Jahren bin ich wegen Mordes an Ihrem Bruder Ray zu fünfzehn Jahren Zwangsarbeit verurteilt worden.«

      Der Schmied legte den Hammer neben das Eisen und warf die schwere Greifzange auf die Kohle der Esse. Dann wischte er sich durchs rußige Gesicht.

      »Sind Sie verrückt?« fragte er gedehnt.

      »Ich bin zurückgekommen, weil ich unschuldig bin.«

      Der Schmied stemmte die Arme in die Hüften und blickte den Fremden an wie einen Kranken. »Wie kommen Sie denn hierher? Ihre… Ihre Zeit ist doch noch nicht um?«

      Tom schüttelte den Kopf. »Nein, ich müßte noch fünf Jahre in den Steinbrüchen schuften. Fünf Jahre noch. Für eine Tat, die ein anderer begangen hat.«

      Wieder wischte sich der Schmied durchs Gesicht. Dann ging er langsam an Tom vorbei aus der Schmiede hinaus.

      Erst nach Minuten folgte ihm Tom.

      Er sah den Mann oben in der Mainstreet. Er wußte, daß er zum Sheriff gehen würde.

      Tom ging zurück zum Hotel, holte sein Pferd aus dem Stall und ritt durch eine Nebengasse davon.

      Genau in dem Augenblick, als Irvin Ray mit dem Sheriff zur Schmiede ging.

      Der unwillkommene Heimkehrer ritt aus der Stadt hinaus nach Norden, über hügeliges Land. Schon nach drei Meilen sah er links neben dem schmalen Weg die Triangel-Ranch liegen. Er hielt auf sie zu.

      Am Tor saß ein alter Cowboy, der ihn mißmutig aus einem bärtigen Gesicht anblickte.

      »Ist Mister Haller auf der Ranch?«

      Der alte Cowboy sprang beim Klang der Stimme des fremden Reiters von seinem Holzklotz hoch. »He – wer sind Sie?«

      »Ich heiße Coogan. Tom Coogan. Kann ich den Rancher sprechen?«

      Der Alte ließ den Mund offenstehen und zeigte den letzten Rest seiner schlechten Zähne. Dann machte er ein paar Schritte rückwärts, ohne den Reiter aus den Augen zu lassen, und rannte schließlich davon, auf das Ranchhaus zu, in dessen Tür er verschwand.

      Nur eine Minute später erschien oben auf der Veranda ein großer vierschrötiger Mann. Er war hemdsärmelig, hatte ein rotes Gesicht und dunkle Augen. Er beobachtete den Reiter im Ranchhof mit zusammengezogenen Brauen.

      Tom ritt an die Veranda heran. »Evening, Mr. Haller. Ich bin Tom Coogan und…«

      »Was wollen Sie hier?« herrschte ihn der Rancher an.

      Tom stieg vom Pferd und kam an die Treppe.

      »Bleiben Sie im Sattel, Mann! Hier ist kein Platz für Sie!«

      Tom blieb stehen und blickte den Rancher an. Für einen Augenblick zuckte rasender Zorn in ihm hoch. »Ich bin unschuldig, Mr. Haller«, stieß er halblaut hervor.

      Der Rancher wandte sich um. Kurz bevor er die Tür erreicht hatte, sagte er hart über die Schulter: »Verlassen Sie meinen Boden, Coogan!«

      Oben fiel die Tür zu.

      Als Tom sich umwandte, ging sie wieder auf, und der alte Cowboy kam heraus.

      Tom stand noch vor der Treppe, als er die keifende Stimme des zahnlosen Alten hörte. »Haben Sie nicht gehört, Coogan? Sie sollen

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