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in der hin­ge­ben­den Lie­bes- und Treue­pflicht ei­ner Imo­gen. Nir­gends eine in De­mut aus­ge­lösch­te Per­sön­lich­keit. Sol­che We­sens­zü­ge strö­men aus der Dich­tung ins Le­ben über und bau­en das Wunsch­bild, die­ses hilft die Wirk­lich­keit bau­en. Auch Gott­fried Kel­lers Schwei­ze­rin­nen ste­hen kraft­voll und hoch­wüch­sig auf der müt­ter­li­chen Erde. Wie aber stand es in der Li­te­ra­tur des vo­ri­gen Jahr­hun­derts um das Bild der deut­schen Frau? Man blät­te­re in den Wer­ken des fei­nen Paul Hey­se, des da­ma­li­gen Lieb­lings der Le­ser­welt, den man den Frau­en­lob je­ner Tage nen­nen könn­te; wie zer­bla­sen sein Frauen­ide­al und wie spie­le­risch fast durch­weg in sei­ner Dich­tung das tra­gi­sche Rin­gen der Ge­schlech­ter. Da gibt es meist nur einen hol­den mäd­chen­haf­ten Ei­gen­sinn zu über­win­den, der sich ge­gen den über­le­ge­nen Wil­len des Man­nes auf­bäumt, um schnell zer­knirscht mit sü­ßen Reu­e­trä­nen zu sei­nen Fü­ßen zu sin­ken, wo­mit das Pro­blem Mann und Weib ge­löst ist. Kein heu­ti­ger Mann, und wäre er der rück­stän­digs­te, wür­de an der Frau, wie jene Tage sie for­der­ten, sein Ge­nü­ge fin­den. Die Lan­ge­wei­le, die von der un­geis­ti­gen Frau aus­ging, trieb den geis­ti­gen Mann vom Fa­mi­li­en­tisch fort ins Wirts­haus zu Sei­nes­glei­chen. Der Grund, warum der Trunk in deut­schen Lan­den zu­rück­ge­gan­gen ist, liegt nicht al­lein in der schlech­teren Wirt­schafts­la­ge, son­dern auch dar­in, dass der ge­bil­de­te Mann jetzt bei der ge­bil­de­ten Frau zu Hau­se geis­ti­ge Nah­rung fin­det. Denn auch dem Man­ne war mit der Ent­wer­tung der Frau per­sön­lich nicht ge­dient. Der Feh­ler, der in der Rech­nung lag, verd­arb viel­fach auch ihm das Da­sein. Im Zu­sam­men­le­ben mit ei­ner klein­li­chen, hin­ter­grün­di­gen, über Um­we­gen und Hin­ter­trep­pen herr­schen­den Hälf­te san­ken auch ihm die Flü­gel, wenn er sol­che hat­te, nie­der.

      Was große Ge­lehr­te wie Ja­kob Grimm und J. J. Ba­cho­fen über den chtho­ni­schen Ur­grund des Wei­bes und ihr aus der Erd­ver­bun­den­heit her­vor­ge­gan­ge­nes Über­ge­wicht über das männ­li­che Prin­zip in der Vor­zeit sa­gen, das fin­det man auch heu­te noch in den meis­ten al­ten Ehen. Der Mann ist der Ero­be­rer der Na­tur, ihre Fül­len und Gna­den aber hat die Frau zu ver­spen­den. Hat er in sei­ner Voll­kraft sich die Na­tur dienst­bar ge­macht, so be­ginnt er im Al­tern sein all­mäh­li­ches Er­lie­gen vor ihr zu ah­nen, und nun klam­mert er sich an die Frau als an die der Na­tur im­mer ver­traut Ge­blie­be­ne, jetzt auch bio­lo­gisch Stär­ke­re – was kei­nes­wegs im­mer mit ih­ren meist jün­ge­ren Jah­ren zu­sam­men­hängt – und sucht ih­ren Schutz. Die Frau wird zur Mut­ter des Man­nes, und der Mut­ter hängt er wie­der wie in der Kin­der­zeit am Kleid. Man sieht auf der Stra­ße mehr alte Ehe­paa­re wo die Frau den Mann stützt als um­ge­kehrt. Wenn ein al­tern­des Paar sich un­ter­ein­an­der Va­ter und Mut­ter nennt, so meint sie den Va­ter ih­rer Kin­der, er meint sei­ne ei­ge­ne Mut­ter. Eine Rei­he der treff­lichs­ten, männ­lichs­ten Män­ner sah ich im Al­ter die halt­be­dürf­ti­gen Söh­ne ih­rer Frau­en wer­den. Wenn es die Män­ner vor­aus­sä­hen, so wür­den sie be­grei­fen, dass es nicht in ih­rem Vor­teil liegt, die Frau klein und schwach zu wol­len, ganz ab­ge­se­hen von dem Ein­fluss auf den Nach­wuchs: denn wie ihre Frau­en sind, so wer­den sie selbst am Ende ih­rer Tage sein.

      Die Fra­ge hat­te aber auch noch eine an­de­re Sei­te, die über das Ein­zel­schick­sal hin­aus ins All­ge­mei­ne wirk­te. Da die Mensch­heit ein Gan­zes ist und nur durch den Kunst­griff der Na­tur in zwei Hälf­ten ge­teilt, um sie bes­ser zu ver­bin­den, so muss­te durch die Ver­küm­me­rung des einen Ge­schlechts das an­de­re mit­ge­schä­digt wer­den, und mit­tel­bar die gan­ze Na­ti­on. Denn die Frau schafft das äu­ße­re Ge­prä­ge ei­ner Kul­tur; sie ist die Er­zie­he­rin des Man­nes zu Form und Schön­heit, und ihr fei­ne­rer Tast­sinn ist be­ru­fen, sei­ne star­re, ab­strak­te Sach­lich­keit zu mil­dern. Es braucht nun ein­mal den Sporn des Eros um die Sit­ten zu ver­fei­nern und das Le­ben zu ver­edeln. Der Man­gel an Takt und äu­ße­rem An­stand, die Schroff­heit, hin­ter der sich oft nur ge­sell­schaft­li­che Un­si­cher­heit ver­barg, und was sonst noch das Aus­land dem Deut­schen vor­warf und zum gu­ten Teil heu­te noch vor­wirft, nach­dem es mit die­sen Din­gen bes­ser ge­wor­den – denn wie lan­ge dau­ert es, bis eine ge­präg­te Mei­nung sich be­rich­tigt –, war in dem man­geln­den ge­sell­schaft­li­chen Ein­fluss der Frau be­grün­det. Wes­halb auch die deut­sche Kul­tur nie im­stan­de war, eine Ge­sell­schaft mit be­stimm­tem äu­ße­rem Form­cha­rak­ter zu bil­den wie die ro­ma­ni­sche oder die an­gel­säch­si­sche und da­mit für den deut­schen Men­schen die kenn­zeich­nen­de Sil­hou­et­te zu prä­gen, die ihn ein­heit­lich und ge­fäl­lig von den Nach­barn ab­ge­ho­ben hät­te. Dass er da­heim die Form ver­schmäh­te, trieb ihn dazu, sie aus­wärts um so rück­halt­lo­ser zu be­wun­dern und nach­zuah­men. Weil er sich für sein Deutsch­tum kein ge­sell­schafts­fä­hi­ges Kleid ge­schaf­fen hat­te, leg­te er im Aus­land das sei­ne ab, und nahm – wie oft hat es mich ge­wurmt! – die äu­ße­re Form des Wirts­vol­kes an.

      Und an an­de­rer Stel­le:

      »Dass in der Herr­schaft des Wei­bes und sei­ner re­li­gi­ösen Wei­he ein Ele­ment der Zucht und Ste­tig­keit von großer Stär­ke ent­hal­ten war, muss be­son­ders für jene Ur­zei­ten an­ge­nom­men wer­den, in de­nen die rohe Kraft noch wil­der tob­te, die Lei­den­schaft noch kein Ge­gen­ge­wicht hat­te in den Sit­ten und Ein­rich­tun­gen des Le­bens und der Mann sich vor nichts beug­te als vor der ihm selbst un­er­klär­li­chen zau­ber­haf­ten Ge­walt der Frau über ihn. Der wil­den un­ge­bän­dig­ten Kraft­äu­ße­rung der Män­ner tra­ten die Frau­en als Ver­tre­te­rin­nen der Zucht und Ord­nung, als ver­kör­per­tes Ge­setz, als Ora­kel an­ge­bo­re­ner ah­nungs­rei­cher Weis­heit wohl­tä­tig ent­ge­gen. Gern er­trägt der Krie­ger die­se Fes­sel, de­ren Not­wen­dig­keit er fühlt. – – In dem Be­wusst­sein der in sei­ne Hand ge­ge­be­nen Herr­schaft muss das Weib je­ner al­ten Zeit mit ei­ner, spä­te­ren Wel­tal­tern rät­sel­haf­ten Grö­ße und Er­ha­ben­heit er­schie­nen sein. Der spä­te­re Ver­fall sei­nes Cha­rak­ters hängt we­sent­lich mit der Be­schrän­kung sei­ner Wirk­sam­keit

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