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dieser breiten Bahn ein häßlich getupftes Aussehen. Dann die Regenschlucht, die Felsen oben am Westrande, die Spalte, die in das Granitloch hinablief, und unten in der Schlucht die Berge zusammengetürmten feinsten Sandes. Dort unten hatte auch mein braver Fuchs sein Grab gefunden, dort hätte ich ebenfalls ersticken müssen, wenn ich nicht mit dem Kopf in die Grotte gestolpert, gefallen wäre …

      »Hier stehen Sie dicht vor der Kluft, durch die ich nach oben kletterte,« sagte ich zu Braanken. »Ich werde Ihre Sachen holen … Coy wird den Gaul hier neben Ihnen anbinden. Ist es Ihnen so recht?«

      »Ich danke Ihnen …«

      Er tastete mit seinem Stecken nach einem Stein und setzte sich.

      Coy band den Lasso des Pferdes um einen anderen Stein, folgte mir dann in die Tiefe.

      Das Feuer, das ich vor gut zwei Stunden hier angezündet hatte, glühte noch. Coy warf Äste hinauf, blies in die Glut, und die Flammen schlugen hoch …

      Mein brauner Freund beachtete die beiden Holzkisten nicht weiter, nahm einen brennenden Scheit, kniete nieder und untersuchte den Boden.

      »Was soll das, Coy?!«

      »Mister Olaf Karl, – – hier …!!«

      Ich sah nichts, nur kahles Gestein …

      Coy lachte leise, unverschämt!

      »Schlechte Augen … Was dies sein?!«

      Er zeigte mit dem schmierigen Zeigefinger auf ein kleines dunkles Etwas …

      Es war ein Schuhnagel. Und Braankens derbe Schuhe hatten genagelte Sohlen.

      Coy lachte wieder. »Nun Coy alles sagen, Mistre … Als Sandsturm kam, als Coy in Sandwolke dahinjagte und an Lagerplatz kam, waren Braanken nicht da … Nicht gleich … Kamen erst später … Waren hier, der Mann … Kennen Pampas genau, kennen Sandsturm, alles. Waren ganz voller Sand, als kamen, Mistre. Verstehen das?!«

      »Ja … Du meinst, er …«

      »… er sein Besitzer von Menschenköpfe … Er schlimmer Mensch … Nicht gut sein, ihn zu lassen allein … Woher Köpfe, he?! Woher so starke Mann, daß durch Sandsturm zu Lager zurückfinden?! He?!«

      Starker Mann – – er hatte recht! Dieser Braanken steckte wohl selbst meinen Coy in die Tasche!! Und blind?! Wirklich blind?!

      »Wir werden ihn beobachten, Coy,« entschied ich mich mit raschem Entschluß.

      »Gut sein das, sehr gut … Große Geheimnis hier, Mistre … sehr große …«

      »Ein Geheimnis ähnlich dem deinen, Coy!« benutzte ich die Gelegenheit zu einem überraschenden Vorstoß. »Weißt du, was ich glaube, mein lieber Coy … Daß du mit dem einstigen König von Araukanien Tounens irgendwie verwandt bist, daß …«

      Coy drehte sich kurz um …

      »Gehen nach oben, Mistre … Coy nicht reden über Dinge, die tot …« Barsch und grob war diese Abweisung. Und doch: Coy hatte nichts geleugnet, nur jede Auskunft verweigert. Ich würde schon noch die Wahrheit erfahren.

      Coy kroch voran. In dem Riß des Gesteins aber war keine Spur mehr von der Satteltasche vorhanden – leer!

      Und oben im Freien: kein Braanken, ganz wie ich vermutet hatte!

      In weiter Ferne ein nach Osten zu davongaloppierender Reiter: Braanken!

      »Sehr schlau!!« höhnte Coy. »Wir Dummköpfe aber, Mistre, wir …!! Zu großer Vorsprung, den er hat. Bis wir bei Lager sind und Pferd satteln, längst weg … Auch nur ein Pferd wir … Sehr schlau!«

      Ich starrte nach links, wo eine glatte Sandfläche wie eine Riesentafel sich hinzog – Schreibtafel …!

      In den Sand war mit einem Stock hineingeschrieben:

      »El Gento, ich rettete Ihnen das Leben, ich zog Sie unter dem toten Tiere hervor und in die Höhle hinein. Seien Sie dankbar!

      Braanken.«

      Mein Leben als Weltentramp, als Vagabund des Erdenrunds, hat mir mancherlei merkwürdige Nachrichten beschert. Nie wieder eine derartige – in den Sand hineingemalt in lateinischen unregelmäßigen Buchstaben, denen deutlich anzusehen war, daß jemand, der lediglich nach dem Gefühl schreibt, diese Mitteilung dem Sande anvertraut hatte. – Braanken war blind … Daß er auf dem Tehu-Gaule entflohen, besagte nichts, denn ein Pampaspferd, dem man die Zügel frei gibt, wird jedes Hindernis zu meiden wissen.

      Coy fragte leise:

      »Wie heißen das, Mistre?«

      Ich gab ihm den Wortlaut wieder und fügte hinzu:

      »Was würdest du tun, lieber Coy? Würdest du Braanken verfolgen? Ich zweifele nicht daran, daß er mir das Leben gerettet hat … Und meinem Gefühl widerstrebt es jetzt, ihm seine Bitte …«

      Coy hatte den Arm gehoben …

      »Mistre, Mann dort ein Mörder vielleicht sein … Erst Coy Köpfe zeigen … Mistre sagen, sein von Weißen … Erst sehen …!!«

      Also wieder hinab in die Grotte … Neue Äste auf das Feuer. Ich holte das erste Glas hervor … Der Flammenschein umspielte die fahlen Züge des jungen blonden Menschen …

      Neben mir ein grunzender Ton …

      Ich schaue Coy an. Seine Züge waren versteinertes Entsetzen …

      »Coy!!«

      Wieder holte er tief Atem. »Mistre, das sein ganz bestimmt Sohn von reiche Sennor Manuel Mastilo, dem gehören große Schaffarm drüben am Gallegos-Fluß … Sennor Mastilo suchen Sohn und Tochter seit viele Monate … Jeder hier das wissen, weil großes Geld für Wiederfinden. – Kinder von Sennor waren geritten mit zwei Diener auf Pumajagd … Nicht zurückkehren … Nun hier finden Kopf von jungen Sennor. Schnell, anderen Kopf zeigen …«

      Seine starre Ruhe war einer ungewöhnlichen Erregung gewichen …

      Ich nahm das zweite Glasgefäß empor.

      Coy fauchte vor Aufregung …

      »Oh – – Sennorita Maria!! Coy nun werden zu Farm reiten … Mistre mitkommen.«

      Ich war wie vor den Kopf geschlagen …

      Coy stellte die Glasgefäße in die Kisten zurück, nagelte die Deckel auf und meinte wieder in seiner überhebenden Art:

      »Natürlich Kisten gut verstecken, denn Braanken werden kommen und wollen holen … Schnell, Mistre … Lange Ritt bis Farm …«

      In meinen Adern war Fieber …

      Wir mußten Braanken fangen … Coy hatte recht. Und die Leute der Farm würden uns helfen. Nur eins gefiel mir nicht: Mochte Coy allein Hilfe und ein Pferd für mich herbeiholen. Ich wollte hier als Beobachter zurückbleiben. Vielleicht kehrte Braanken wirklich zurück. Dann hatte ich ihn fest, und er würde mir Rede und Antwort stehen müssen.

      6. Kapitel

       Pampasnächte

       Inhaltsverzeichnis

      Die Steppe lebte auf. Die Nacht kam. Und mit ihr das Getier der Pampas.

      Die bleiche Mondsichel, der Heer der Sterne, der Reflex des Sandes: es war hell genug, jegliches zu betrachten, das sich in meine Nähe wagte. Da kam ein Gürteltier von der großen Art mit dem charakteristischen leisen matten Klappern bei jeder Bewegung. Aber es witterte mich, hob windend die Schnauze – kehrt, weg. Da kam ein alter Einsiedler von Pampasstrauß, ein Nandu mit gelben Füßen: Altersschnee! Mit ruckartigem Kopfsenken bohrte er den Schnabel in den Sand. Aber auch er hatte eine zu feine Nase, obwohl man den Vögeln zumeist den Geruchssinn abspricht. Sehen konnte er mich unmöglich. Denn mein Sanddiwan inmitten eines halb verwehten Dornendickichts dreißig Meter vom Westrande jener

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