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ruhten neben uns, bewegten mahlend die Unterkiefer und rochen nicht angenehm. Es ist eigentümlich, daß ihr persönliches Parfüm nachts so viel intensiver ist.

      Wir saßen so, daß wir das Tal in seiner ganzen Länge nach Süden zu vor uns hatten. In der Mitte der weiten Senkung lag die eigentliche Oase. Nach links zu standen wie schwarze Kulisse hohe, schmale Schieferfelsen, einem Zaun auch vergleichbar, der einen Einschnitt in der Talwand gegen Sandwehen schützte.

      »Olaf!!«

      Gussys ausgestreckter Arm deutete auf die dunklen Kulisse.

      Ihr schreckvoller leiser Ausruf war begründet. Wie ein Geistertrupp ritten drüben, als Hintergrund den Schieferzaun, immer zu zweien ein langer Zug Bischarin in das Tal hinab, — weiß die prachtvollen Dromedare, hell die baumwollenen Sommergewänder, — — im Schritt ritten sie, lautlos, mit selbstverständlicher Sicherheit der Bewegungen, vorn über den hohen Sätteln die Lanzen und Gewehre …

      Ich zählte achtzig Krieger.

      Sie machten nicht halt, durchquerten nur das Tal, näherten sich uns und wollten wohl die sandige Ostwand wieder empor. Aber der Zug stockte. Vor dem Zuge ritten drei einzelne Reiter nebeneinander, der mittlere dieser drei trug keine Waffen und nicht die Bischarinfrisur, sondern eine Art Turban mit Nackenschleier.

      Das Licht war zu gering, die Entfernung zu groß, Gesichtszüge zu unterscheiden. Der unbewaffnete Reiter deutete auf den Boden … auf meine frischen Spuren vom Wasserholen. Da glitt der Bischarin rechts von ihm aus dem Sattel, — und die blitzschnellen, gewandten Bewegungen kannte ich: Es war Sussik!

      Ich flüsterte dem Mädel beruhigend zu, daß keine Gefahr vorhanden.

      Sussik schritt auf meiner Fährte entlang, blieb unterhalb unseres Balkons stehen und schaute empor.

      »Mr. Abelsen — — hallo?!«

      Gleich darauf reichte mir Lady Jane die Hand.

      »Ich danke Ihnen … Sie waren besorgt um mich, — ich danke Ihnen.«

      Ihr Gesicht war noch steinerner, verhärmter als vordem.

      Für Gussy hatte sie nur ein Neigen des Kopfes.

      Ein paar Bischarin sattelten unsere Tiere, — es ging weiter, Lady Jane winkte mich neben sich, fünf Krieger trabten als Vorhut voraus, — hinter uns ritten Gussy, Sussik und der Häuptling.

      »Bitte berichten Sie, Mr. Abelsen …« Die Frau war wie erstarrt. Sie blickte mir nie ins Gesicht, die Augen erschienen mir leer und ohne Leben.

      Sie unterbrach mich durch keine Zwischenfrage. Ich sprach laut, denn wir flogen über die Sandsteppe dahin wie getrieben von bösen Ahnungen. — Ich nannte ihren Gatten immer nur Cordy — wie einen ihr völlig Fernstehenden.

      Dann, als mein Bericht beendet, kam ein unsäglich bitteres Auflachen über ihre Lippen … »Gold!!«

      Nichts weiter— Eine beklemmende Pause folgte.

      Hinter uns klapperten die Hufe des langen Zuges, klirrten Waffen, knarrten die Sättel … Hin und wieder schrie ein Dromedarhengst schrill auf.

      Wir bogen in ein neues Tal ein, jenseits eine steinige Ebene, und drüben in der Ferne wie die verschleierten Konturen eines Gebirges die Sanddünen, die unsere Oase einkreisten.

      Lady Jane begann unvermittelt, — wir ritten des Gerölls wegen Schritt.

      »Ich bin Ihnen einige Erklärungen schuldig. Ich heiratete sehr jung, ich war Waise, sehr reich. Der Mann, den ich liebte, zerbrach mein Leben, vergeudete mein Geld in den Luxusbädern und Spielhöllen mit Dirnen und kam nicht einmal zum Begräbnis unseres einzigen Kindes nach England. — Neun Jahre hatte ich all das ertragen, mit dem Tode meines Kindes und mit dem Verlust der Reste meines Vermögens begann für mich der neue Lebensabschnitt. Ich stellte mich der Mission zur Verfügung, ich wurde nach dem Sudan geschickt, ich lebte dann viele Jahre unter den Bischarin — nicht als Missionarin, nein, denn ich hatte sehr bald erkannt, daß man jedem Volke, jeder Farbe ihren Glauben lassen soll. Phantastische Gerüchte tauchten über mich auf, — man behauptete, alle Stämme der Bischarin hätten mich als Königin anerkannt … Ich bin den Bischarin in Wahrheit nichts als Beraterin, Freundin. Ich genieße hohes Ansehen unter ihnen, sie sind mir blind ergeben. — Zuweilen reiste ich in aller Stille nach Kairo. So vor einem halben Jahre auch. Dort sah ich den Mann wieder, der mich zertreten hatte. Er war gealtert, verwüstet, fast nur noch ein Wrack. Er sprach mich an, er war gleißnerisch freundlich, — ich merkte, daß er mich aushorchen wollte … Ich wußte, daß er und sein Vater an der Nubischen Goldminen-Aktiengesellschaft stark beteiligt gewesen, daß eine Expedition, die eine gewisse Oase hier suchen sollte, verschollen war … Das ist Ihnen bekannt, Abelsen. — Ich trennte mich von ihm mit der Ueberzeugung, daß er jetzt vom Goldfieber besessen war. Ich ließ ihn in Kairo überwachen, und als gewisse Anzeichen darauf hindeuteten, daß er seine Pläne durch ein Verbrechen zu verwirkliche suchte, kam ich abermals mit einigen Bischarin in die Nähe von Kairo. — Wir trafen uns im Wadi Arabah, Abelsen, — halb als Gegner. Ich war hinter Cordy drein, ich konnte nicht verhindern, daß er Wera Zubanoff entführte, daß er Sie erschießen lassen wollte durch einen gedungenen Mörder. Nicht er feuerte bei St. Antonius auf Sie … Der Mordbube ist tot— Aber ich blieb auf Cordys Spur, er zog kreuz und quer durch das Land, mich abzuschütteln. Im Tale der Gräber, in der Totenstadt der Begas, legte er uns einen Hinterhalt, erschoß acht meiner Bischarin und … wollte mich verhungern lassen, weil ich ihm nichts über die Oase verriet, die ich besser kenne als jeder andere …«

      Sie hatte ohne jede Erregung gesprochen. Sie war innerlich erfroren. Dieses Scheusal von Cordy hatte sie in Wahrheit zertreten — ein Mann, der aus Goldgier die Mutter seines Kindes, immer noch sein Weib, dem Hungertode in der Grabkammer überantwortete!!

      Sie schwieg. Für sie war das alles abgetan.

      Ich wagte kaum zu fragen …

      »Mylady, woher hatte Cordy den einen Goldbarren?«

      »Aus der Oase … gefunden dort — in dem Stollen, nur den einen Barren. Er war schon früher einmal dort.« Sie sagte das sehr bedächtig, sehr zurückhaltend. — Sie sagte sicherlich nicht alles.

      »Und der Zettel, den jener Houston-Fattmoore vor dem schrecklichen Ende der Expedition noch durch einen Boten wegschickte …?« meinte ich lediglich mit dem mäßigen Interesse, alles zu klären, auch dies.

      Jetzt schaute sie mich an. In ihrem Blick war ein offenes Prüfen, ein Abtaxieren meiner Persönlichkeit. Und deshalb fügte ich hinzu:

      »Mir liegt nichts an Gold oder sonstigen Werten, Mylady …!«

      Sie nickte. »Ich weiß … ich glaube Ihnen. — Fragen Sie nichts mehr, Abelsen. Es ist besser so … Schon mancher, der sich für seelisch stark gewappnet hielt, ist beim Anblick des elenden Goldes, das vielleicht irgendwo zu Millionen und Abermillionen aufgehäuft liegt, schwach geworden.«

      »Mag sein … — ich nicht! Ich kenne eine Stätte, Mylady, einen Eisdom, in dem vielleicht weit mehr Schätze ruhen, als je hier in Nubien gefunden worden sind. Ich hätte damals … reich werden können, was so die Menschen reich nennen, — es hätte mich ein Wort gekostet, und mein Freund, Erbe dieser Schätze, hätte mich reich gemacht. Mein Freund war nur ein armer indianischer Fischer und Jäger … Er ist tot.«

      Lady Jane streckte nur die Hand hin …

      Plötzlich war ihr Ton warm und voller Güte.

      »Sie betrauern ihn noch, Abelsen …«

      »Ich werde ihn nie vergessen!«

      »Dann — sind Sie … reich! Wer in seiner Erinnerung diesen Schatz unvergänglicher Freundschaft bewahrt, kann nie arm werden … wie ich! In meiner Seele ist kein solches Fundament, kein Denkmal für Treue, — — nur vielleicht das eine: Dankbarkeit gegenüber meinen Bischarin! — Ja … ich bin sehr … arm …« — und dann trieb sie ihr Tier an und jagte weit voraus. Sie wollte allein sein.

      Das Mädel und Sussik hatten nur darauf gewartet, wieder neben

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