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in der Nubischen Wüste noch keinen so glutheißen Tag erlebt, abgesehen von den Stunden jenes Nuba-Sturmes, der uns in die Grabhütten gescheucht hatte.

      Ich lag auf meiner Decke, rauchte und bedauerte nur eins: Daß ich Wrangel nicht bei mir hatte! Wäre er damals bei mir gewesen, würde ich zweifellos unsere Oase nicht wiedergesehen haben. Ich hatte von den Menschen wieder einmal genug, übergenug! Ich wäre mit Wrangel auf und davon geritten, wahrscheinlich nach Südost, — und dann hätte ich nach Wochen vielleicht die abessynischen Hochlande erreicht, längst das Ziel meiner Sehnsucht …

      … Dann war ich doch wohl infolge der Hitze eingenickt, aber meine geschärften Sinne witterten Fremdes in der Nähe, — ich fuhr hoch, — — vor mir stand die zierliche Gussy Gollan in einem gelblichen Reitanzug mit weichen hohen Ledergamaschen, riesigem Strohhut mit Nackenschleier, Reitgerte unterm Arm, am Gürtel zwei Pistolen und ein breites Jagdmesser mit bunter Lederscheide, — gepflegt die ganze Erscheinung, pikant das frische Bubengesicht, ein Lächeln um die halb geöffneten Lippen …

      »Starren Sie mich doch nicht so entgeistert an, Olaf!«

      Sie kam näher, streckte mir die Hand hin …

      »Ich freue mich, Sie … lieber Mensch! Wirklich!«

      Ohne weiteres setzte sie sich dicht neben mich und blinzelte mich übermütig an …

      »Sehr galant sind Sie gerade nicht …Bisher haben Sie kein Wort geäußert … Und nur Ihretwegen habe ich mich so in Dreß geworfen, denn … mein Kimono genügt hier … Ich wohne hier nämlich, Olaf …«

      »Wo?!« — Ich hatte mich jetzt leidlich gefaßt.

      »Da drüben in den Felsen … Da gibt es ein Loch … Höhle nennt man so etwas. Dieses Ekel von Darß wollte mich ja nicht mitnehmen, und er hat doch die Expedition finanziert, er ist gar nicht Filmoperateur, — Börsenmakler ist er und sehr reich und, Gott sei’s geklagt, mein Onkel noch dazu … Aber so reden Sie doch irgend etwas, Olaf … Freuen Sie sich denn so gar nicht, daß ich noch lebe?!«

      »Ja … Natürlich — sehr, — nur — dieses Wiedersehen kam zu unerwartet, kleine Feindin! — Wo stecken denn Ihre Begleiter?«

      »Ach — die suchen nach der Oase, Olaf …«

      »Also — nach Gold!« — und ich prüfte Ihren Gesichtsausdruck. — Ihre lustigen Spitzbubenaugen wichen nicht aus.

      »Ja — nach Gold — ekelhaft!! Ich habe die Geschichte längst satt, Olaf … Seit jener Szene zwischen uns beiden, Sie wissen … Ich schäme mich noch heute deswegen …«

      »Und — wie fanden Sie sich damals zu der Expedition zurück?« »Kleinigkeit, — Howard Houston holte mich mit dem Eindecker … Wir haben doch auch ein kleines Sportflugzeug mit, denn die Oase soll fast unzugänglich sein …Genaues weiß ich nicht. Darß und Houston tun so furchtbar geheimnisvoll …— Kommen Sie mit, Olaf … In der Höhle ist es kühler …«

      Sie hatte sich leicht an mich gelehnt … Ich verstand die Sprache ihrer Augen, — mit einem Male nahm sie meinen Kopf in ihre Hände und küßte mich …

      »Du, ich habe mir es schon immer gewünscht, einem wirklichen Manne zu begegnen, du …! Die Gentlemen da in London — Gott behüte!! Die denken, sie seien Männer, wenn sie Sport treiben und ähnlichen Unfug …«

      Sie gab meinen Kopf frei, sie errötete leicht … »Nun wirst du mich sicherlich für eine ganz leichte Fliege galten …« Sie senkte den Blick … »Du würdest mir unrecht tun … Ich … habe dich lieb …«

      »Kleines dummes Mädel …!« — ich nahm ihre Hand … »Flackerfeuer, Gussy … Liebe?! — — Doch jetzt, verzeih schon, — ich muß aufbrechen. Wenn Darß und Houston in die Oase eindringen wollen, wird es blutige Köpfe geben … Und das ist die Sache nicht wert. Alle, die diesem Phantom Gold hier nachjagen, werden enttäuscht werden …«

      »Bleibe — bleibe bei mir …« — sie schmiegte sich an mich … »Olaf, was kümmert es uns, daß eine Anzahl Narren ein paar Schüsse wechseln!! Darß ist feige, der gehört auf seinen Kontorbock, und Houston — — erst recht ein Waschlappen …! Bleib, Olaf …! Es ist hier so schön … so still. Ich verstehe dich jetzt: Die große weite Einsamkeit schenkt uns mehr als der Trubel der Großstädte. Ich bin nur ein kleines Tippmädel im Büro des Ekel-Onkels, ich bin Waise, ich war gedankenlos genug, mich zu dieser Komödie herzugeben, — ich habe Hollywood nie gesehen — — und gefilmt … ich?!« Sie lachte harmlos … Sie war überhaupt ein lieber Fratz, ein so ganz, ganz anderer Typ von Weib … Keine Spur sentimental, herzerquickend ehrlich, und doch nicht aufdringlich. Es lag so viel zarte Schalkhaftigkeit in ihrer ganzen Art, daß man sie gern haben mußte. Um so verwerflicher war es von diesen goldhungrigen Spekulanten, sie mit in dieses unsaubere Unternehmen hineinzuziehen.

      »Olaf, und wenn es nur Flackerfeuer wäre, — ist nicht auch ein Feuerwerk schön?! Mehr als Flackerfeuer dürfte es ja nicht sein, — du — — als Ehemann!!« Sie lachte hell auf … »Ich kann mir Olaf nur so vorstellen, wie ich dich kennen lernte — als wilden Reiter, als tollen Draufgänger, als … Mann mit Herz trotzdem!«

      Ich sprang auf und zog sie mit hoch.

      »Dummes liebes Mädel, — entweder begleitest du mich, oder ich reite allein … Ich kann nicht bleiben. Und alles andere, Gussy … das schenke einmal einem so frischen fröhlichen Menschen von deinem Schlage!« Ich hielt ihre Hände. Ich wollte sie nicht verletzen, ich wollte dieser schwülen Szene ein Ende machen.

      Sie hob langsam den Blick und schaute mich traurig an.

      »Du … liebst eine … andere …!«

      »Nein, — aber ich bin allzeit ein leidlich anständiger Kerl gewesen, der den Augenblicksrausch nicht ausnutzt. — Kommst du mit?«

      »Und ob!!«

      Sie zog mich über Geröll und Felsen hinter einen dichten Busch, der ein Loch in der Talwand verdeckte … Lachend zeigte sie mir ihre Höhlenwohnung … »Da, man hat mich gut verproviantiert … Da — ein Kocher für Hartspiritus … Da das Klappbett, richtiger Tropenbett …«

      »Und seit wann bist du hier?« fragte ich gespannt.

      »Seit heute früh vor Sonnenaufgang … Die anderen zogen weiter. Dann kam ein schrecklicher Sturm und … ein großer Trupp Bischarin … Zum Glück blieben sie dort unten bei den Grabhäuschen. Was sie dort taten, war nicht zu erkennen, aber nachher jagten sie mit ihren weißen Dromedaren trotz des Sturmes wie die Teufel davon … Die ganze Luft war voller Staub, Olaf. Und die Hitze … — aber Angst habe ich doch nicht gehabt. Mir tut niemand etwas.«

      »Sahst du bei den Bischarin vielleicht eine Frau? Lord Cordy hat seine Gattin angeblich drüben in den Gräbern eingesperrt … Cordy ist Cord, der euren Leitbullen stahl. Sahst du eine Frau?« »Ja … ja …! Bestimmt, Olaf … Einer der Bischarin hatte sie im Sattel, aber ich glaubte, es wäre eine Eingeborene. — — Was ist es mit Lady Cordy? Ihr Mann war jener Cord?!«

      »Später … — beeilen wir uns, — wirst du im Dromedarsattel reiten können ?

      »Ich kann alles, Olaf, besonders, wenn du dabei bist …!«

      14. Kapitel

       Die große Panik

       Inhaltsverzeichnis

      Die Nacht, hell und still, umschmeichelte uns mit ihrem geheimnisvollen Zauber.

      »Durch dich lernt man erst die Schönheiten eines Landschaftsbildes richtig sehen,« meinte Gussy so munter, wie man es nach diesem Ritt, der für sie eine unerhörte Anstrengung bedeutete, nur verlangen konnte. Dann befühlte sie verstohlen ihren zierlichen Körper und seufzte. »Mir tut eigentlich alles weh, aber das schadet nichts.«

      Sie gefiel mir immer mehr. In diesem Püppchen steckten Leben, Temperament und

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