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sage ich, und hinter mir drängen sich vier braune Kerle mit Eisenmuskeln, »ich bin Ramses zu großem Dank verpflichtet. Nun haben wir die Apparate und die Waffen, und die übrigen Säcke werden wir mit langen dünnen Nadeln untersuchen.«

      Auf seiner hohen klugen Stirn erscheinen dicke Schweißperlen.

      »Ellerduc hat angerufen, Baron …«

      Sein Gesicht verzieht sich wie im Krampf.

      »… Es ist dort alles wieder in Ordnung,« füge ich hinzu …

      Er schließt die Augen einen Moment. Dann lächelt er …

      »Ellerduc?! Was ist das?!«

      Mein Geduldsfaden reißt. »Sie wissen’s!!« brülle ich ihn an …

      Er schüttelt mißbilligend den Kopf, verneigt sich.

      »Bedauere … – Mr. El Gento, wollen Sie mir nicht erklären, was …«

      Ich beherrsche mich. »Baron, Lügen haben kurze Beine … – Gut, die Insel versank, aber Ihre Freunde schwimmen hier irgendwo auf einem Fahrzeug mit Funkeinrichtung in der Nähe … Sie sahen die Brigg, erkannten die Brigg, waren vorsichtig … Der Anruf kam mit solcher Stärke, daß der Sender Ellerduc – feiner Name! – kaum zehn Meilen entfernt sein kann … Ich werde dieses Fahrzeug finden, Baron … Wir werden es suchen, nach Nordwest in langen Schlägen kreuzen … – Chubur, sage Manik, daß er den früheren Kurs halten soll …«

      Sajo Hiruto lächelt … wischt sich mit dem Seidentuch den Schweiß von der Stirn, markiert ein Achselzucken und will gehen …

      »Sie bleiben …!!«

      Chanaf hat ihn schon gepackt.

      Er lächelt weiter … »Mr. El Gento, Sie geben mir Rätsel auf … Ellerduc?! Was soll das?!«

      »Setzen Sie sich! …« – Chanaf drückt ihn in die Sofaecke. Ich stelle den Empfänger ab. Jetzt stört die Musik. »Baron, es gibt Zwangsmittel … Wenn Sie mir nicht augenblicklich mitteilen, welchen Anruf Sie mit Ellerduc vereinbart haben, seilen wir Sie an und lassen Sie achtern schleppen. Es sind fünf Haie um das Schiff …«

      Er blinzelt in das Licht der elektrischen Deckenlampe …

      »Bitte – töten Sie mich!«

      Seine Gleichgültigkeit und Entschlossenheit sind nicht geheuchelt. Sajo Hiruto ist ein Sohn jenes Volkes, das noch heute den Ehrbegriff bis zum schmerzhaft-grausigen Harakiri treibt. Es ist zwecklos, ihm zu drohen. An ihm prallt alles ab. Flüchtig geht mir wohl der abscheuliche Gedanke durch den Kopf, Ellen gegen Hirutos eisernen Willen irgendwie auszuspielen. Aber – was kümmern mich im Grunde die Geheimnisse dieser beiden?! Nichts! Es ist ja nur das unruhige Abenteurerblut in mir, der heiße Wunsch, Dinge abseits des Alltags zu erleben, die mich hier zu unberechtigter Einmischung drängen.

      »Baron, Sie und Miß Ellen werden den Kabinenteil des Heckaufbaus nicht mehr verlassen,« entscheide ich kurz. »Die Fenster werden sofort von außen mit Decken vernagelt werden. Jedes Signal, das Sie etwa nach draußen zu geben suchen, wird bestimmt mit einer Kugel beantwortetet.«

      Hiruto verbeugt sich und geht. Chanaf übernimmt die erste Wache vor der Tür. Zwei andere Araukaner vernageln die Fenster der vier Kabinen. Ich höre die Hammerschläge dröhnen, während ich am Steuer das Segelmanöver überwache. Die Brigg beginnt zu kreuzen, und ich beschäftige mich in der Kajüte wieder mit dem Empfänger. Aber Welle 300 schweigt, nur andere Sender fange ich ein, darunter den der französischen Strafkolonie Neukaledonien, der am Schluß der Musikdarbietungen Tagesneuigkeiten gibt und … Steckbriefe von fünfzehn Sträflingen, die vor zwei Wochen entwichen sind. Mögen sie sich ihrer Freiheit freuen, denke ich, – und ich drehe die Abstimmung versuchsweise wieder auf Welle 300.

      Nichts …

      Da schalte ich den Empfänger aus und nehme das Nachtglas und klettere die Wanten empor in das Krähennest. Chubur wollte mit hinauf. Ich lehne ab, ich möchte allein sein … Mein Hirn fiebert, mein Herz fiebert. Ich höre noch immer die Klänge der fernen großen Welt, die Stimmen der Kultur – einer Welt, die ich verachte. Und doch hat sich seltsame Sehnsucht durch die Ätherwellen in meine Seele eingeschlichen … Und doch spüre ich die Nähe dieser Welt, verkörpert durch Hirutos gepflegte Erscheinung, mehr noch durch Ellens zarten Liebreiz.

      Über mir im Weltall funkelt der Kerzenflimmer der Unendlichkeit, schräg über mir lächelt des Mondes blanke Sichel. Es ist, als lächelte Vater Mond so ironisch … Kennt er meine geheimsten Gedanken?! Bin ich, El Gento, Pampasjäger, Strandpirat, steckbrieflich verfolgter Mörder und gewesener Zuchthäusler, etwa dieses Lebens inmitten wahrer Freiheit überdrüssig geworden?!

      Gedankenlos hebe ich das Fernglas an die Augen, und das halbdunkle Meer mit seinem verschwommenen Horizont rückt mir näher …

      Der träge Wind schläft immer mehr ein. Die Segel flattern, nur die Schraube treibt die Brigg noch vorwärts. Chuburs Stimme klingt schrill, und seine Befehle genügen mir. Er läßt die Segel beschlagen – – flinke Gestalten schwingen sich hierhin, dorthin, – und wieder schaue ich durch das Glas …

      Ich weiß genau, daß das Suchen nach dem anderen Schiffe, das hier in der Nähe war und jetzt vielleicht schon irgendwo in der Ferne die langen Wogen zerteilt, ein Lotteriespiel ist mit vielleicht fünf Prozent Gewinnaussichten. Aber ich habe allzeit einen Eisenkopf gehabt, und ich … hoffe …

      Das Schiff hat die Brigg angerufen. Das Schiff wird sich nicht entfernen, wird uns belauern, und – – es wird uns entern, wenn die Gelegenheit günstig. Denn die Freunde Hirutos, sage ich mir, dürften wohl ahnen, daß der Baron und Ellen in unserer Gewalt. Sie werden nichts unversucht lassen, sie zu befreien und die Brigg zurückzugewinnen.

      Meine Wacht hier oben ist also doch nicht ganz zwecklos. Vielleicht wäre es sogar nur angebracht, uns rechtzeitig auf die Verteidigung einzurichten. – Als Chubur nun doch neben mir auftaucht und der wohlbekannte Duft von Tran und Schweiß und Leder mich umgibt, bespreche ich mit ihm diese wichtige Frage. Chubur begreift schnell.

      »Du klug sein, El Gento …« meint er und reibt seine lange Narbe, »wenn Schiff etwa Dampfer ist und schneller fahren als Brigg, große Gefahr für uns … Du besser gehen an Deck und Kanone zusammenschrauben und große Karabiner … (Er verstand darunter das Schnellfeuergeschütz und das Maschinengewehr.) Wir gegen Leute mit Kanonen nichts ausrichten … Gehen gleich, El Gento.«

      Unten an Deck ruft mich Chanaf sofort an. Ellen möchte mich dringend sprechen. – Ich bin unschlüssig. Vielleicht ist es nicht klug von mir, ihr zu verraten, wie groß ihr Einfluß auf mich ist. Sie hat Macht über mich, das fühle ich, denn in ihr ist mir Gerda Arnstör wieder erstanden, der ich so unendlich viel Dank schulde, die ich über alles geliebt habe und die zu den wenigen Menschen gehört, die ich nicht vergessen kann. Meine schöne, heitere Mutter mit dem leichten Berliner Blut, die dort in meinem nordischen Vaterlande dahinsiechte, – mein Hund, den ich als Student besessen und der mir Mensch war, dann Gerda und schließlich Coy Cala, Königssproß mit europäischem Lebenssaft in kraftstrotzenden Adern, er, der Treueste der Treuen, er, ein Mann wie keiner, Mann der freien Pampas und der gurgelnden Kanäle und tobenden Brandung!

      Soll nun auch Ellen Duncam in mein Leben sich eindrängen und vielleicht noch stärker die Sehnsucht nach dem anderen Dasein wecken, dem ich voller Verachtung den Rücken gekehrt habe?! Was will sie?! Natürlich hat Hiruto ihr alles erzählt. Will sie nur aus meinem Munde bestätigt haben, daß »alles in Ordnung«, wie der Sender Ellerduc meldete?! Den Gefallen kann ich ihr schließlich tun.

      Ich besichtige zuerst die vernagelten Fenster. Die Wolldecken stammen aus dem Mannschaftslogis der Brigg … Chanaf hat über jedes Fenster zwei nageln lassen. Sie wölbten sich nach außen, und man erkennt unter ihnen die Gitterstäbe.

      Ich finde Ellen in ihrer Kabine mit einem Buche im Liegestuhl. Sie hat ein Morgenkleid aus Spitzen an – raffiniert …! Weiber bleiben doch immer Weiber. Die Teufelchen der Koketterie grinsen unter dem Rocksaum hervor. Und doch – – was wären die Frauen ohne die kleinen Schwächen?! Der moderne Typ,

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