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starrte in das grüne Wasser.

      Mir tat Ellen leid …

      Armes Mädel! Mit der Insel war ihr auch der Verlobte für immer entschwunden.

      »Bringe den Baron her,« befahl ich Chubur. »Die Geschichte ist aus … Es gab eine Insel. Jetzt gibt es keine mehr. Wir kehren zum Gallegos zurück. Der Jap und Ellen mögen mit dem Großboot nach San Gallas fahren.«

      Chubur tauchte im Vorschiff unter.

      Hinter mir da ein Schluchzen … Ich drehe mich um. Ellen Duncam hat den grünen Zweig in der Hand und preßt ihn gegen ihr Herz. Ihre Tränen fließen. Neben ihr steht der Pudel und blickt zu ihr auf und wedelt traurig. – Ich finde keine Worte des Trostes. Ich reiche ihr nur die Hand, und ihr Antlitz, rot überflammt vom Abendsonnenschein, zaubert mir wieder die Vergangenheit vor: Gerda Arnstör!

      Mit einem Male ist der flinke, kluge Hiruto neben uns. Seine dunklen Augen streicheln Ellen. Seine Stimme ist fast Musik …

      »Ellen, ich weiß, daß die, die wir lieben, noch am Leben sind … Kommen Sie, Ellen …«

      Er legt den Arm um ihre schlanke Hüfte und führt sie davon.

      Chubur meint wegwerfend. »Wieder Lüge das! Wenn auf Insel waren, sein ertrunken …!«

      Gleich darauf wendet die Brigg und steuert wieder der Heimat zu – meiner Heimat am Gallegos-Fluß, – – im südlichsten Chile.

      5. Kapitel

       Ballast

       Inhaltsverzeichnis

      Wir sitzen in der Kapitänskajüte, Chubur und ich. Auf dem Tische stehen die Reste des Abendbrots und vier Weinflaschen, Gläser … Wir rauchen, und Chubur spricht in seinem zuweilen recht unklaren Telegrammstil über ein Erdbeben, das er als Kind im Wellington-Archipel mitgemacht hat … Ganze Felseneilande glitten in unbekannte Schlünde, und nur geringe Dampffontänen begleiteten die Vernichtungsarbeit der unterirdischen Gewalten.

      Einer der Araukaner kommt und trägt in den Armen eine große lange Zinkkiste, die wie mit Sand bepudert ist.

      Der Mann berichtet, wir horchen erstaunt auf.

      Für den Pudel war auf dem Vorschiff eine viereckige kastenartige, mit Sand gefüllte Box vorhanden, damit das Tier dort seine Notdurft verrichte, was es auch regelmäßig tat. Der Sand der Box hatte bereits üble Düfte verbreitet, war lange nicht erneuert worden. Ich hatte befohlen, neuen Sand einzufüllen und diesen den Ballastsäcken zu entnehmen. Der Araukaner hatte also einen der Säcke nach oben geschleppt und einfach aufgeschnitten. Als der Sand in die Box rieselte, kam inmitten des Sackes die Zinkkiste zum Vorschein.

      Sie hatte einen Deckel mit Scharnieren und Gummileisten und einen Riegel. Ich öffne sie und finde einen in Papier vorsichtig verpackten Fünfröhrenempfänger neuester Konstruktion. Ich finde ihn genau eine Stunde nach dem grünen Zweig, den das Lot heraufbefördert hat.

      Chubur sagt: »Was das sein?!«

      Rundfunk ist am Gallegos fremd.

      Wir steigen in den Laderaum hinab. Der Araukaner zeigt, an welcher Stelle er den Sack weggenommen hat.

      Unsere Jagdmesser arbeiten. Die umliegenden Säcke speien Sand. Manche enthalten nur Sand. Andere sind wertvoller. Schließlich haben wir alles beisammen, was zur Funkeinrichtung eines Schiffes gehört, selbst Antenne, Trockenbatterien – – alles! Es ist nur ein kleiner Schiffssender, den ich dann in der Kajüte sachgemäß aufbaue, während Chubur mir hilft und die dienstfreien Kameraden das andere nach oben schaffen, was die bisher geleerten Säcke verbargen: Karabiner, Maschinengewehre, Pistolen, Munition, ein Schnellfeuergeschütz.

      Chubur und Chanaf spannen unter meiner Aufsicht die Antenne zwischen den beiden Masten. Mond und Sterne geben genug Licht, und Chanaf findet die Haken, in denen die Eierketten der Antenne und diese selbst gehangen haben, bevor der Baron sie abmontiert hatte – natürlich an der Satansinsel zwischen den Klippen.

      Ich arbeite mit fieberhaftem Eifer. Es ist genau elf Uhr abends, als ich als Erdung einen isolierten Draht, unten mit sechs leeren Konservenbüchsen, angelötet, zur besseren Ableitung beschwert, über die Reling werfe. Mit einigem Herzklopfen schalte ich zuerst den Empfänger ein. Die Lampen glühen, und das Rauschen im Kopfhörer beweist mir, daß ich Empfang haben werde. Ich drehe den Abstimmkondensator – ein leises Pfeifen … Ich betätige die Rückkopplung, stelle das Potentiometer nach, und mit einem Male höre ich Musik …

      Ich fühle, daß ich blaß werde. Die große Welt meldet sich mit hinreißendem Schwung einer Jazzkapelle …

      Chubur bückt sich … Der Empfang ist so laut, daß er die Kajüte mit zarten Klängen füllt.

      Chubur rüttelt meine Schulter. Seine Augen quellen … Und die braunen Gefährten stehen mit offenem Munde.

      »El Gento, was das sein?!«

      Ich versuche diesen Halbwilden das moderne Wunder der Äthermusik zu erklären. Gewiß – ein Grammophon kennen sie. Dies hier bleibt ihnen unheimlich.

      Ich suche andere Wellen. Und als ich etwa die Welle um 300 Meter herum einstelle, die überlaut pfeift, vernehme ich gerade noch die letzten Worte irgendeines Ansagers …:

      »… dann meldet euch. – Wir kommen um elf Uhr fünfzehn wieder …«

      Der Ansager hat englisch gesprochen, und das ist sehr merkwürdig. Wo gibt es hier zwischen Asien und Südamerika einen englischen Rundfunksender von solcher Stärke?! Der nächste wäre der in Hongkong, überlege ich mir, – und wo liegt Hongkong …! – Ein Blick nach dem Schiffschronometer … Noch fünf Minuten bis ¼12. Ich werde warten.

      Chanaf mahnt bescheiden: Er will wieder die Zaubermusik hören! – Ich winke ab … »Nachher! – Die Zeit ist um …«

      Ein Anruf …: Fünf seltsame Töne wie aus einer Kindertrompete, dann:

      »Hallo, hier der Sender Ellerduc …! Hallo, hier …«

      Dreimal …

      »Habt ihr uns gehört? Hier wieder alles in Ordnung. Meldet euch auf 300. Wir wollen vorsichtig sein. Wir warten. Wir kommen jede halbe Stunde wieder.«

      Stille … Das Rauschen verstummt. Der Sender Ellerduc schweigt.

      Was bedeutet das?!

      Es muß sich um eine geheime Station handeln, wahrscheinlich an der chilenischen Küste, die uns am nächsten liegt.

      Ich rücke den Stuhl weiter, schalte den Sender ein …

      Ich morse …

      Aber auch ich bin vorsichtig. Als Anruf fünfmal »Lang lang lang lang lang.« Dann:

      »Hallo, hier das Schiff … Wir haben euch gehört. Bitte sofort nähere Angaben.«

      Wieder stülpe ich den Kopfhörer über und lausche.

      Nichts …

      300 schweigt.

      Ich morse noch dreimal denselben Wortlaut. 300 bleibt stumm.

      Allmählich geht mir ein Licht auf. Der Sender mit dem seltsamen Namen Ellerduc hat mit dem, den er anrufen will, ein bestimmtes Erkennungszeichen vereinbart, und mein Anruf »fünfmal Lang« hat Ellerduc gewarnt, war eben falsch. Ich weiß, daß die Leute nun auch weiter schweigen werden. Sie sind mißtrauisch geworden.

      Um meinen Araukanern eine Freude zu machen, kehre ich zu der Jazzmusik zurück und schließe den großen Lautsprecher an. Er hat ungeahnte Klangfülle, und die Musik schallt hinüber bis in die nahen Kabinen. Plötzlich steht Hiruto in der offenen Tür. Ich habe ihn nicht mehr gesehen, seit er Ellen tröstend hinwegführte.

      Der Baron ist aschfahl. Seine Goldzähne blinken …

      Ich gehe

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