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Harald Harst Krimis: Über 70 Kriminalromane & Detektivgeschichten in einem Buch. Walther Kabel
Читать онлайн.Название Harald Harst Krimis: Über 70 Kriminalromane & Detektivgeschichten in einem Buch
Год выпуска 0
isbn 9788075831200
Автор произведения Walther Kabel
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
„So haben Sie beide also von der Buche aus mein Gespräch mit Lady Jane mit angehört?“
„Freilich. Das haben wir –“
„Und was sagt Harst zu meiner Theorie, daß Evelyn durch ein Loch in der Scheibe spähte und –“
Zum Glück rief Dronting da: „Bitte rechts abbiegen! Wir sind sofort da!“
Auf diese Weise kam ich um eine Antwort herum, denn auch Harald sprach mich jetzt an und meinte, ich solle ihm doch aus dem nächsten Zigarrenladen ein Päckchen Zigaretten holen. – Da – hier hast Du meine Brieftasche,“ fügte er noch hinzu. „Wechsele bitte den Hundertkronenschein.“
Schon im dritten Hause befand sich ein Zigarrenladen. Ich entschuldigte mich bei Brice und trat ein. Hier im Hafenviertel waren einzelne Geschäfte bereits offen.
Daß „das Päckchen Zigaretten“ nur ein Vorwand für etwas anderes war, hatte ich sofort erkannt. Ich würde eben in Harsts Brieftasche wahrscheinlich etwas finden, das nur ich allein sehen und vielleicht lesen sollte.
Meine Vermutung traf zu. Während der Verkäufer mir Zigarettenpäckchen zur Auswahl vorlegte, öffnete ich die Brieftasche. Da lag eine Hotelrechnung, und auf die Rückseite hatte Harst gekritzelt:
„Frau mit rosa Schleier – Achtung! Aufpassen, ob vor Polizeiwache lauert!“
Ich bezahlte die Zigaretten und verließ den Laden. Ich hatte mir absichtlich bei der Auswahl Zeit gelassen.
Die Polizeiwache war schon von weitem durch das Schild und die Aufschrift an der Straßenlaterne kenntlich.
Harst, Dronting und Brice hatten das Haus bereits betreten. Ich schlenderte gemächlich darauf zu, öffnete das Zigarettenpäckchen und zündete mir eine Zigarette an, blieb dabei stehen und verbrauchte fünf Zündhölzer.
Ja – da kam eine schlanke Dame in dunklem Seidenmantel, mit schickem Filzhut und dichtem rosa Schleier auf der anderen Seite entlang, machte nun vor einem Buchladen halt und schaute sich ein paar im Fenster hängende Bilder an.
„Harmlose Seele!“ dachte ich. „Max Schraut merkt den Braten! Du bist die Richtige!“
Gleich darauf war ich im Zimmer des Vorstandes der Hafenwache.
Harst, Brice und der Inspektor hatten schon Platz genommen. Und Dronting sagte soeben:
„Dann geben Sie mal die beiden Gedichte und den Zettel her, durch den Plemborn Miß Evelyn nach dem Kugelfang bestellte –“
Brice erhob sich und durchsuchte seine Taschen.
„Verdammt – ich scheine die Wische verloren zu haben!“ murmelte er. Er wurde immer nervöser.
Harald blickte mich an und legte unauffällig den Zeigefinger auf die Lippen.
Brice suchte weiter, fluchte weiter.
Auch Dronting begann ungemütlich zu werden.
„Brice, Sie hätten vorsichtiger mit den Wischen umgehen sollen!“ murrte er. „So wichtiges Material verwahrt man besser. Wenn Sie als Privatdetektiv für Lady Plemborn tätig sind, dann macht es einen etwas eigenartigen Eindruck, daß gerade aus Ihren Taschen dieses Belastungsmaterial verschwindet.“
Dieser Vorwurf brachte dem Kollegen Brice völlig aus dem Häuschen.
Blaurot vor Wut fauchte er Dronting an:
„Herr – das ist eine Beleidigung! Vergessen Sie nicht, daß mich in erster Linie Lady Janes Eltern beauftragt haben, den Fall nachzuprüfen! Und Master Ronda in Neuyork liebt den Lord wahrhaftig nicht! Nehmen Sie diese Beleidigung zurück! Ich gebe zu, ich bin überarbeitet, bin nervös, habe die Angewohnheit, in meinen Tischen mit den Händen zu kramen. Da mag ich die Wische mit herausgezogen und verloren haben.“
„Ja,“ meldete ich mich jetzt, „Brice hat allerdings die Hände viel in den Taschen gehabt.“
„Ich werde die Zettel suchen!“ rief der Kollege und griff nach seiner Mütze. „Sie werden noch auf der Straße liegen!“
„Das dürfte nicht der Fall sein,“ erklärte Harst. „Hinter uns kamen fünf Straßenreiniger her. Im übrigen ist der Verlust doch auch nicht so schlimm. Lord Plemborns Flucht besagt genug. Kein Mensch wird mehr an seine Schuldlosigkeit glauben. Ich jedenfalls nicht!“
4. Kapitel
Brice riß die Mütze wieder vom Kopf.
„Ah – Sie halten ihn für schuldig, Herr Harst?“ fragte er gespannt.
„Natürlich. – Sie nicht?!“
„Gewiß, gewiß!“ Brice setzte sich, und Dronting bat ihn nun wirklich um Verzeihung. Der Frieden war wieder zusammengeleimt.
Harst gähnte mehrmals und meinte: „Könnten wir die Besprechung nicht bis zum Nachmittag verschieben? Ich bin hundemüde.“
Auch Brice war einverstanden. „Mir fehlen gleichfalls einige Stunden Schlaf,“ erklärte er. „Inspektor, um sechs Uhr sind wir wieder hier, wenn es Ihnen recht ist!“
Dronting sah sich überstimmt und meinte: „Gut – um fünf also! Auf Wiedersehen!“
Brice und wir beide traten auf die Straße. Die Dame mit dem rosa Schleier stand noch vor demselben Schaufenster.
Der Londoner Kollege verabschiedete sich. „Wir können nicht zusammen im Pensionat Merten erscheinen,“ sagte er. „Ich muß mich auch erst umziehen und den Briefträger in den Ingenieur Triborg verwandeln –“
Er wandte sich nach links, wir nach rechts. Als wir eine Strecke gegangen waren, blickte sich Harst blitzschnell um und sagte dann: „Die Rosa folgt Brice! Nun wird die Sache sehr bald ganz klar sein!“
Er faßte mich unter und fügte hinzu: „Ich weiß, daß Du jetzt mit Fragen über mich herfallen willst! Warten damit, bis wir die drei Zettel, die Gedichte und die Rendezvous-Bestellung, photographisch vergrößert haben, was sofort in unserem Schlafzimmer geschehen soll.“ –
Frau Merten, eine Deutschschwedin, kannte uns schon von früher und wunderte sich durchaus nicht, daß wir als Matrosen heimkehrten. Auf ihre Verschwiegenheit konnte man Häuser bauen. Sie brachte uns dann große Decken. Wir verhängten die Fenster des Schlafzimmers und packten unseren photographischen Apparat aus, schraubten die andere Linse und den Ansatzteil an und konnten ihn nun als Vergrößerungskamera benutzen.
Inzwischen hatte ich mit Hilfe eines angewärmten Bügeleisens die drei zerknitterten Zettel geglättet.
Die drei Zettel –! Denn Brice hatte auch „die Rendezvous-Bestellung“ – „verloren“, und Harst hatte auch diesen Papierstreifen, der zum Kügelchen zusammengeknittert war, aufgehoben, ohne daß Dronting merkte, daß Harst zweimal absichtlich sein Taschenmesser fallen ließ. Derartige kleine „Scherze“ gehörten mit zu unserer Kunst. – Als Harald mir dies erzählte – er nagelte gerade die letzte Wolldecke an – schmunzelte er und sagte noch: „Der gute Dronting wird sich wundern, welche Lösung der Fall Plemborn findet! Und – Du wirst Dich sofort noch mehr wundern, mein Alter!“ –
Auf dem Papierstreifen (er war 15 Zentimeter lang und 4 Zentimeter breit) standen nur folgende Sätze:
„Erwarte Dich 11 Uhr an der bekannten Stelle. Sei pünktlich. Ich sehne mich nach Dir unsäglich.“
Die Handschrift war genau wie die der beiden Gedichte (sie hatten je zwei Verse zu sechs Zeilen) unzweifelhaft