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Harald Harst Krimis: Über 70 Kriminalromane & Detektivgeschichten in einem Buch. Walther Kabel
Читать онлайн.Название Harald Harst Krimis: Über 70 Kriminalromane & Detektivgeschichten in einem Buch
Год выпуска 0
isbn 9788075831200
Автор произведения Walther Kabel
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
„Dann werden wir uns schnell in Matrosenkostüme werfen und der Villa Plemborns einen Besuch abstatten.“
Unser Requisitenkoffer gab alles Nötige zur Verkleidung her. Wir nahmen auch unsere üblichen Instrumente mit.
Gegend zwei Uhr stiegen wir zum Fenster in den Garten hinaus. Wir wohnten im Hochparterre. Unbemerkt gelangten wir auf die Straße.
Die Oskarsgatan in der Villenvorstadt war leicht zu finden. Das Haus Plemborns lag hinter hohen Buchenhecken verborgen. Wir kletterten über das Gitter der Einfahrt und huschten in einen Seitenweg hinein.
Die Villa, ein weißer, zweistöckiger Bau, hatte vorn eine lange Glasveranda, zu der eine Freitreppe emporführte. Links neben dem Haupteingang waren im Erdgeschoß zwei Fenster erleuchtet.
Wir wagten uns keck in die Veranda hinein und bis dicht an diese beiden Fenster heran.
Die oberen Scheiben standen offen. Die Vorhänge waren dicht geschlossen.
Wir hörten sprechen. Es war jedoch nur selten ein Wort zu verstehen. Aber – daß in diesem Zimmer Freund Dronting mit Lady Jane sich unterhielt, hatten wir trotzdem sehr bald heraus.
Wir kletterten auf den Fenstervorsprung und hatten die Köpfe nun in einer Höhe mit den oberen offenen Scheiben, vernahmen nun alles, was dort drinnen verhandelt wurde.
Und das war folgendes:
Lady Jane: „– eine Kabeldepesche geschickt, daß ich einen tüchtigen Detektiv annehmen soll. Meine Eltern wünschen, daß dieser Unfall aufs genaueste untersucht wird. Baptiste hat daher auch bereits an den Londoner Detektiv Allan Brice depeschiert. Brices Sekretärin telegraphierte zurück, daß Brice sich in Kopenhagen befinde. So wird er denn schon heute vormittag hier eintreffen. – Ich hatte zuerst an Harald Harst gedacht, Master Dronting. Aber Baptiste riet mir ab, obwohl Harst in Skien leicht zu erreichen sei. Er meinte, wir als Engländer sollten einem Engländer den Vorzug geben.“
Dronting: „Hm – in diesem Falle, Mylady, hätte ich den Tüchtigsten gewählt. Und das ist doch wohl der Deutsche Harst. Aber – Harst wird sich auch ohnedies mit der Sache befassen, Mylady. Ich habe es Ihnen bisher verschwiegen: er und sein Intimus Schraut waren mit an Bord der Jacht. Ich mochte dies nicht erwähnen, da durch meine Schuld zwischen Harst und mir eine – sagen wir – eine Entfremdung eingetreten ist. Ich werde ihn jedoch schon wieder versöhnen.“
Lady Jane: „Ah – und wie denkt Harst über – über Edward, meinen Gatten?“
Dronting: „Er hält ihn für schuldig, Mylady. Es tut mir leid, daß ich Ihnen dies sagen muß –“
Lady Jane (aufschluchzend): „Mein Gott – auch Harst! Es – es kann ja nicht sein! Nein – nein, ich kann es nicht glauben! Meine Eifersucht hat mich zuerst dazu verleitet, Edward in gewisser Weise bloßzustellen. Nun hat Ihr Untergebener Lörnberg noch die beiden Schuldscheine in Evelyns Kofferversteck gefunden, und nun wird man –“ (Sie weinte laut und fassungslos).
Dronting: „Mylady, ich gebe zu: die Verdachtsmomente gegen Ihren Gatten sind erdrückend. Er ist Spieler; er hat in letzter Zeit hier im Klub Unsummen verloren. Vielleicht hat er Ihrer Schwester nur deshalb den Hof gemacht, um von ihr leichter Geld zu erhalten.“
Lady Jane: „Nein – nein, das – das wäre zu abscheulich! So schlecht ist Edward nicht. Er ist alles andere nur nicht raffiniert. Nein – Sie tun ihm unrecht.“
Dronting: „Mylady – und die Gedichte?! Sie haben doch Lörnberg erklärt, es sei bestimmt Ihres Gatten Handschrift! – Wo sind die Gedichte? Ich muß sie haben, Mylady! Sie haben sie Lörnberg verweigert. Ich bestehe darauf, daß sie mir ausgehändigt werden.“
Lady Jane: „Niemals! Ich gebe sie nicht heraus! Ich – ich habe sie auch schon verbrannt.“
Dronting: „Verbrannt?! Mylady – weshalb die Ausflüchte! Ich weiche nicht eher vom Platze, bis –“
Lady Jane (hastig): „Nun gut – ich werde sie Ihnen holen. Was liegt schließlich an den Gedichten?!“
Eine Tür klappte. Dann wurde das Nebenzimmer hell.
Harald war schon weitergehuscht – unter jene beiden Fenster. Hier waren die Vorhänge offen, ebenso die unteren Fensterflügel.
Dann – flog eine Papierkugel durch das eine Fenster in die Veranda.
Und gleichzeitig Drontings Baß:
„Mylady – entschuldigen Sie. Ich fürchte, Sie wollen die Gedichte vernichten!“
Er war in das Nebenzimmer eingetreten.
„Sie irren, Master Dronting. Ich hatte die beiden Blätter hier in der Schieblade dieses Schränkchens. Jetzt sind sie verschwunden. Da – überzeugen Sie sich selbst!“
Harald hatte die Papierkugel längst aufgehoben. Wir verließen schleunigst die Veranda und eilten tiefer in den Park hinein.
3. Kapitel
„So etwas nennt man Glück haben!“ flüsterte Harald gut gelaunt. „Wir wissen jetzt, daß Kollege Allan Brice hier erscheinen wird, daß die beiden Schuldurkunden bereits in Händen der Polizei sind, und – wir konnten die beiden Gedichte erwischen! Außerdem noch etwas – etwas sehr Belastendes!“
„Was denn? Und – für wen belastend?“
Harald deutete gen Osten. „Da – es wird Tag!“ sagte er mit besonderer Betonung. „Und – das dort ist der Scheibenstand!“
Er schritt schneller aus. Bald hatten wir die Plankenwand erreicht.
Die Pappscheibe mit den fünf Kugellöchern war noch vorhanden. Plemborn mußte ein tadelloser Schütze sein. Die Kugeln saßen sämtlich eine Handbreit über dem Zentrum in der „Acht“ in einem Umkreis von vielleicht sechs Zentimeter.
„Glänzend!“ meinte Harald. „Die neue Büchse schießt großartig.“
Dann ging er zu einem nahen Strauch und schnitt fünf armlange Ruten ab, entfernte die Blätter, gab mir die Ruten und sagte:
„Ich werde jetzt hinter die Plankenwand treten. Stecke durch jedes der Kugellöcher eine der Ruten.“
Ich tat es. Es ging ganz leicht. Dann folgte ich Harst. Ich sah nun, daß die Planken gerade an dieser Stelle, wo die Ruten herausragten, durch frühere Kugeln völlig zerfetzt waren.
Harald starrte diesen vielfach durchlöcherten Balken mit halb zugekniffenen Augen an. Dann flüsterte er wie geistesabwesend:
„Fünf Schuß in acht Sekunden – also auf etwa ein und ein Viertel Sekunden je ein Schuß! Daß Lörnberg dies nicht beachtet hat!“
Ich hörte atemlos zu.
Nun schwieg er, stellte sich so, daß die fünf herausragenden Ruten seine Brust berührten – die Herzgegend.
Dann drehte er den Kopf nach mir hin.
„Angenommen, Evelyn Ronda stand so, wie ich jetzt stehe, mein Alter. Was ergibt sich dann aus der schnellen Aufeinanderfolge der fünf Schüsse?“
Ich dachte nach. Aber ich konnte nur erwidern: „Ich weiß es nicht!“
„Überlege Dir folgendes: Evelyn hat hier fraglos auf jemand gewartet – auf Edward Plemborn. Ob er sie herbestellt hatte, wollen wir jetzt unerörtert lassen. Jedenfalls: sie wartete hier! Sie kann nicht auf- und abgegangen sein. Dazu ist der Raum hinter der Plankenwand zu klein, und Evelyn wollte doch nicht gesehen werden. Sie wird also sehr wahrscheinlich dort an der Felswand gelehnt haben. Eine Sitzgelegenheit gibt es hier nicht. Dann wird sie die Stimmen Plemborns