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ganz leichte Bindehautentzündung.«

      Sie schritten zusammen weiter.

      »Harst, Sie sollten sich mal wieder im Klub sehen lassen,« sagte der noch recht stattliche Großkaufmann und schob seinen Arm vertraulich in den des Assessors. »Gewiß, Sie haben Trauer. Aber die Vortragsabende versäumen Sie nicht. Heute abend spricht unser Kriminalist von Perbram – er ist ja wohl ein Schulfreund von Ihnen – über »Moderne Verbrecherjagd«. Das muß Sie als Assessor bei der Staatsanwaltschaft doch auch interessieren.«

      Harst erklärte, er würde sich den Vortrag vielleicht anhören. – Dann kam der Kommerzienrat auf Margas Tod zu sprechen. »Wenn die Polizei doch nur Erfolg hätte und den Mörder erwischte,« meinte er.

      »Ich habe wenig Hoffnung. Vielleicht gelingt es einem Privat- oder einem Liebhaberdetektiv, der sich ausschließlich mit dem einen Fall beschäftigt.«

      »Lassen Sie mich mit der ganzen Detektivspielerei in Ruhe!« meinte Kammler geringschätzig. »Die Erfolge solcher Leute möchte ich mal sehen! Ich bitte Sie: wo die mit tausend Hilfsmitteln arbeitende Polizei nichts erreicht, kann doch ein Privatmann erst recht nichts ausrichten! Ich ließe gern eine runde Million springen, wenn mir jemand so ’n Wundertier mal zeigt, das zum Beispiel imstande wäre, Ihre arme Braut zu rächen. Jede Wette gehe ich ein: nur die Polizei fängt den Täter, falls er überhaupt zu fangen ist!«

      »Wette – hm?! Vielleicht würde sich’s lohnen,« sagte Harst sinnend.

      Gleich darauf trennten sie sich. Kammler hatte es wie immer sehr eilig. Er war Junggeselle, schwerreich und alles in allem ein Original.

      Juwelier Birnbacher wollte gerade den Laden schließen, als Harst noch Einlaß begehrte. Einen so guten Kunden wie den Assessor durfte man nicht abweisen. Birnbacher verriegelte hinter ihm die Tür und zog die Vorhänge zu.

      »Herr Birnbacher,« begann Harst, »Sie könnten mir einen Gefallen tun. Soeben muß ein Herr hier bei Ihnen gewesen sein – groß, hager, Zylinder, Monokel, Perle in der Krawatte.« – Der Juwelier nickte. – »Würden Sie mir vielleicht sagen, was dieser Herr gewollt hat?« fragte Harst weiter. »Ich nehme an, er wird Ihnen etwas zum Kauf angeboten haben.«

      Birnbacher nickte wieder. »Halb und halb trifft’s zu, Herr Assessor. Er wollte etwas repariert haben. Als ich ihm dann jedoch erklärte, die Reparatur lohne kaum mehr, da sie sehr teuer werden würde, wurden wir schnell über den Verkauf hadelseinig.«

      »Und – was für ein Gegenstand war’s?«

      Der Juwelier zog eine Schublade unter dem Verkaufstisch und legte das Betreffende auf eins der sammetbespannten Brettchen.

      Harald Harst griff danach. Birnbacher sah, daß der Assessor für einen Augenblick die Farbe wechselte. Dann sagte Harst schon: »Was verlangen Sie dafür?«

      Als der Assessor nun den Laden wieder verließ, hatte der Juwelier zweihundert Mark verdient. Daß Harst von ihm strengstes Stillschweigen über dieses gute Geschäft verlangt hatte, bewies ihm, daß mit dem langen Hageren irgend etwas nicht ganz in Ordnung war.

      Harst stieg in der Tauentzienstraße in eine leere Taxameter-Droschke. Er hätte auch ein Auto bekommen können. Aber die langsamere Gangart der Droschke war ihm jetzt angenehmer. Sein Inneres war in einem Aufruhr wie nie zuvor. Niemals hätte er geglaubt, daß man gerade als Detektiv bei der Verfolgung einer zunächst recht unsicheren Fährte Minuten eines so alle anderen Empfindungen verdrängenden Triumphs durchkosten könnte.

      Er zwang sich zur Ruhe. – Marga, Du wirst gerächt werden, dachte er. Noch schweben all diese Fäden, die ich gefunden habe, frei in der Luft. Aber ich halte sie bereits an dem einen Ende, und vielleicht kann ich sie sehr bald zu einem festen Gespinst vereinen, in dem dann eine mordgierige Wespe sich zu Tode zappeln wird. –

      Die Wagenfahrt tat ihm wohl. Seine Gedanken eilten jetzt voraus zu seinen Schwiegereltern. Es würde nicht ganz einfach sein, von diesen unauffällig die Auskünfte zu erlangen, die er haben mußte. Er wollte Mildens noch nicht in seine Absichten einweihen, obwohl er kaum mehr mit einem Fehlschlag rechnete.

      Er fand dann nur die Präsidentin vor. Doch das war ihm lieb. Er begann vom Wetter zu sprechen, erzählte dann, er hätte soeben einen Bekannten getroffen, der leider im Leben gestrauchelt sei. – »Es ist doch recht schmerzlich, wenn man sieht, wie ein Mensch, der einmal zu den schönsten Hoffnungen berechtigte, immer tiefer von Stufe zu Stufe sinkt,« meinte er und redete all das zu einem bestimmten Zweck. »Ich kann solchen Leuten gegenüber nie hart sein, wenn sie mich anbetteln. Ein anderer hätte diese fragwürdige Bekanntschaft verleugnet und wäre weitergegangen. Ich bringe so etwas nicht fertig. Ich glaube, Marga glich mir auch in dieser Art von Mitgefühl, liebe Mama.«

      Er wartete gespannt auf die Wirkung dieses letzten Satzes. – Da, – die Präsidentin neigte ein wenig den Kopf, seufzte leise und meinte: »Marga ging in dieser Beziehung sogar etwas zu weit, lieber Harald. Wenn Du als Mann mit einer solchen fragwürdigen Erscheinung zusammengesehen wirst, macht das nicht viel aus. Aber ein junges Mädchen, das aus guter Familie stammt, hat mehr Rücksichten zu nehmen.«

      »Das klingt ja fast, als hätte Marga Euch gelegentlich durch ihr allzu weiches Herz kompromittiert, Mama –«

      »So ist es auch gewesen, Harald. Eine Pensionsfreundin von ihr ist später auf Abwege geraten – durch Genußsucht, Leichtsinn, Arbeitsscheu. Marga hatte gerade dieses Mädchen fast schwärmerisch während des Pensionsjahres in Gotha geliebt. Jene Claire Ruckser war Waise. Ihr Vermögen hat sie auf Reisen mit einem Abenteurer durchgebracht. Dann tauchte sie hier in Berlin auf, drängte sich an Marga heran, bettelte sie an. Marga ist einmal mit dieser auffällig gekleideten Person auf der Straße von Exzellenz von Winterstein gesehen worden. Oh – das gab dann eine böse Szene hier. Mein Mann war empört.«

      »Das liegt wohl längere Zeit zurück, liebe Mama?«

      »Nur drei Wochen, Harald.«

      Harst erinnerte sich jetzt, daß Marga ihm einst in ihrem Photographiealbum das Bild einer ihrer Pensionsschwestern gezeigt und dabei geäußert hatte: »Ein armes, unglückliches Geschöpf!« – Er hatte damals jedoch weiter kein Interesse für jenes Bild und jenes Mädchen gehabt.

      Er lenkte jetzt das Gespräch auf andere Dinge. Nachher ging er in Margas Zimmer hinüber und suchte sich aus den vielen Bildern des Albums dasjenige heraus, auf dem auf der Rückseite stand: »In ewiger, innigster Liebe – Deine Claire. Gotha, Weihnachten 19…« – Er steckte es zu sich und fuhr nach Hause.

      Frau Auguste wunderte sich, daß er beim Abendbrot so schweigsam war.

      »Hast du eine Enttäuschung bei Deinen Nachforschungen erlebt, mein Junge?« fragte sie nach einer Weile.

      Da glitt ein kurzes Aufleuchten über sein Gesicht. »Im Gegenteil, Mutter, – im Gegenteil! – Frage jetzt aber nicht nach Einzelheiten. – Ich bin nur nachdenklich, weil ich mich scheue, jene Lokale zu besuchen, in denen die Berliner Lebewelt dritter und vierter Güte sich trifft. Und doch werde ich’s tun müssen. Es geht nicht anders. Auch Karl wird wieder helfen müssen. Für mich allein ist die Arbeit zu umfangreich.«

      Sofort regte sich in dem treuen Mutterherzen die Angst um das Leben ihres Einzigen. »Harald, Harald,« warnte sie ernst, »laß Dich nur um Himmels willen nicht auf gefährliche Abenteuer ein! Ich weiß ja nicht, was Du eigentlich vorhast, aber – sei vorsichtig, ich bitte Dich!«

      Harst streichelte ihre Hand. »Keine Sorge! Das, was mich in jene Lokale führt, ist ganz gefahrlos.«

      Nach dem Abendessen bestellte er den Jungen zu sich und hatte eine lange Unterredung mit ihm, bei der er ihm das Bild Claire Rucksers zeigte und ihn auf die etwas starke Stupsnase, die großen Augen und die auffallend kurze Oberlippe aufmerksam machte.

      Karl war begeistert. »Herr Assessor, Sie sollen sehen: Ich bring’s heraus! Ich bin doch helle!«

      »Vermeide jedoch jedes unnötige Aufsehen, Junge. Und vergiß nicht: sobald Du den langen Hageren irgendwo bemerkst, sei besonders vorsichtig.« –

      In den Ballsälen des

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