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Dateinamen gespeichert.«

      »Eigentlich ganz logisch.«

      Peter Münster-Smith hat seine Eroberungen gesammelt, dachte Frank. Er war bestimmt nicht der erste Mann der Weltgeschichte, der so etwas tat, aber es war gewiss auch nicht sehr verbreitet, ein regelrechtes digitales Archiv über seine Sammelobjekte anzulegen.

      »Du fährst doch zu der Haushälterin, wenn wir etwas gegessen haben, oder?«

      »Ja. Es sei denn, du hast andere Aufgaben für mich.«

      »Nein, ich halte es immer noch für eine gute Idee. Nimm ein paar der Fotos mit. Vielleicht erkennt sie ja das eine oder andere Mädchen wieder. Es wäre schön, wenn wir mehr hätten als nur die Vornamen.«

      »Ich drucke mir die neuesten aus.« Pia ließ den Computer die Dateien nach Speicherdatum sortieren. »Aber ich glaube, ich verschone Vera Kjeldsen mit dem Anblick des Ständers ihres Arbeitgebers.«

      »Waage!«

      »Jetzt sei bloß nicht so kleinmädchenhaft.« Sie lachte und klickte noch ein paar Mal, bevor sie die Maus losließ. »Das dauert jetzt einen Moment, bis die Fotos ausgedruckt sind … Was willst du essen?«

      Es endete damit, dass sie ein paar französische Hotdogs vom Pølserwagen unten auf dem Platz holte, wo einige Stammgäste in dem eisigen Wind bibberten, der vom Fjord kam.

      »Und jetzt?«, fragte Frank nach dem Essen. »Hast du Gerners Bericht schon gelesen?«

      »Hm.« Pia wischte ein paar Krümel vom Schreibtisch und warf das Würstchenpapier in den Papierkorb. »Er war gründlich. Aber das ist ja nichts Neues.«

      »Wo steckt er eigentlich?«

      »Soweit ich weiß, koordiniert er noch immer die Vernehmungen mit den Nachbarn. Und dann will er noch mal mit der Hundestaffel losziehen.«

      »Was sind deine Erkenntnisse aus dem Bericht?«

      »Dass sämtliche Mitarbeiter einen Schlüssel zum Tor haben, aber nur eine kleine Gruppe die Tür zum Hinterhaus aufschließen kann. Dazu gehören die Architekten im Erdgeschoss und die Handwerker. Sonst kommen nur Personen ins Hinterhaus, die einen Generalschlüssel haben. Die Direktion, die Empfangsdame und die Sekretärinnen der Inhaber. Und natürlich die Wachfirma, von der das Gebäude überwacht wird.«

      »Die Wachfirma? Das ist mir entgangen.« Frank blätterte in dem Bericht, bis er die richtige Stelle fand. »Ja, verflucht. Wieso haben die eigentlich die Leiche nicht sofort entdeckt?«

      »Der Wächter geht offenbar nicht durch alle Räume. Er hat im Laufe der Nacht eine feste Runde und überprüft Türen, Fenster und so weiter von außen. Das Gebäude wird nur betreten, wenn etwas ungewöhnlich aussieht. Die Alarmanlage ist selbstverständlich aktiviert. Ich habe die Empfangsdame gestern selbst gefragt.«

      »Okay.«

      »So wie ich das sehe«, fuhr Pia fort, »ist es eigentlich egal, wer Schlüssel hat und wer nicht.«

      »Das denke ich auch. Wenn der Täter mit Münster-Smith hereinkam, brauchte er den Generalschlüssel nicht. Den hatte schließlich Peter.«

      »Genau.« Pia kratzte sich am Kopf. »Umgekehrt spricht die ganze Sache mit dem Overall dafür, dass wir jemanden suchen, der sich dort auskennt.«

      »Wenn dieser Overall wirklich verschwunden ist, ja. Es könnte allerdings sein, dass dieser Malergeselle ihn am Donnerstag zum Waschen mit nach Hause genommen hat. Und hinterher hat er es vergessen.«

      »Hätte er dann nicht angerufen und Bescheid gesagt, als er gestern nach Hause kam und den Irrtum bemerkte?«

      »Vielleicht hat er Angst, sich lächerlich zu machen.«

      Pia nickte. »Klingt einleuchtend.«

      »Ich glaube, wir statten ihm morgen einen unangemeldeten Besuch ab. Er hieß Jørn, oder?«

      Pias Lockenkopf beugte sich über die Unterlagen. »Jørn Kallberg, ja.« Sie leierte die Adresse herunter, die Frank notierte. »Aber angenommen, der Overall wurde vorgestern gestohlen …«, fuhr sie in ihrem Gedankenspiel fort.

      »Dann deutet alles auf einen vorsätzlichen Mord und einen Täter hin, der sich gut auskennt«, stimmte Frank ihr zu.

      »Es muss ein ziemlicher Schock für ihn gewesen sein, als er bemerkte, dass sich noch jemand im ersten Stock aufhielt, als er den Overall holte.«

      »Es ist gar nicht so sicher, dass er das Mädchen überhaupt bemerkte.«

      Pia Waage fuhr den Computer herunter und erhob sich. Plötzlich erstarrte sie. »Nein«, sagte sie und wandte sich Frank Janssen zu. »Da ist etwas faul, da passt etwas überhaupt nicht.«

      »Was passt denn nicht?«

      Sie setzte sich wieder. »Wenn sie gemeinsam hineingegangen sind, so wie wir es vorhin angenommen haben, und der Täter im ersten Stock seinen Arm ausstreckte, einen Overall stahl und sich anzog, während sie die Treppe hinaufstiegen …«

      »Ja?«

      »Das hätte Peter Münster-Smith doch sehr seltsam finden müssen, oder?«

      »Es kann ja sein, dass er es tatsächlich seltsam fand.«

      »Würde er so jemandem den Rücken zuwenden? Der erste Stich kam doch von hinten.«

      Frank sah sie an. »Vielleicht hast du recht«, sagte er nach einer Weile. »Aber wenn der Täter als Erster kam, hätte er sich den Overall anziehen können, bevor Münster-Smith das Haus betrat. Und wenn der Gedankengang korrekt ist, bedeutet das natürlich …«

      »… dass es überhaupt nicht egal ist, wer einen Schlüssel zum Hinterhaus hat und wer nicht.«

      »Okay. Wir haben also einen theoretischen Handlungsablauf, der folgendermaßen aussieht: Um 17:30 Uhr schließt der Täter das Hinterhaus auf, stiehlt einen Overall, von dem er vorher wusste, und geht in den zweiten Stock. Kurz darauf kommt Peter Münster-Smith. Er trägt Gummistiefel, um sich seine guten Büroschuhe nicht zu versauen, seinen Mantel behält er an. Er betritt den großen Raum. Wird ermordet. Vielleicht reden sie vorher noch, vielleicht auch nicht. In jedem Fall vergeht eine gewisse Zeit, bevor der Täter den Tatort wieder verlässt. Er hat den Overall sicher ausgezogen. Vielleicht hat er ihn auch benutzt, um seine Schuhsohlen abzuwischen. Es ist jedenfalls erstaunlich wenig Blut auf der Treppe. Er nimmt das Mobiltelefon und die Brieftasche des Opfers mit.«

      »Was ist mit seinen Händen? Und dem Gesicht? Das Blut muss gewaltig gespritzt haben.«

      »Die Techniker haben Proben vom Abfluss dort oben genommen«, ergänzte Frank. »Vielleicht hat er sich gewaschen, bevor er ging.«

      »Und dann spazierte er ganz gemächlich aus der Tür, ging über den Hof und zum Tor hinaus. Vielleicht hatte er sogar eine Tüte mit dem blutigen Overall dabei.«

      »Aber wo ist der jetzt?«

      »Ich an seiner Stelle hätte ihn in kleine Stücke geschnitten und im Ofen verbrannt.«

      15

      Vera Kjeldsen schloss das Auto mit einem Klicken der Fernbedienung ab und griff nach den Einkaufstüten. Sie blickte einen Moment auf den silbergrauen Nissan, bevor sie sich umdrehte und zum Fahrstuhl ging, der von der Tiefgarage zur Penthousewohnung führte. Ob die Erben ihr auch den Wagen wegnehmen würden? Streng genommen gehörte er zur Wohnung; Vera stand er lediglich als Teil ihres Gehalts zur Verfügung. Es würde schwer werden, ohne ihn auszukommen, dachte sie, als ihr durch die Fahrt in dem blitzschnellen Aufzug wie so oft etwas übel wurde.

      Nachdem sie die Einkäufe eingeräumt hatte, schaltete sie ihr Notebook ein. Sie trug es aufgeklappt in die Küche, stellte es auf den Redwood-Tisch und holte sich eine Tasse Kaffee.

      Während der PC hochfuhr, sah Vera sich in dem wohlproportionierten Raum um. Sie würde nicht nur das Auto vermissen, dachte sie. Früher hatte sie sich nicht vorstellen können, jemals so vornehm zu wohnen. Nicht, dass es an

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