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also zu Holdenschlag bei der Hochzeit sein? Bist zuletzt gar der Brautführer, he?«

      »Der Brautführer, nein, derselb' bin ich nicht.«

      »'leicht hätten sie's zu Holdenschlag auch allein gemacht, wärst da oben steckengeblieben.«

      Er zieht den Hut über die Augen und blickt auf die Baumwurzeln, über die wir nun hinabsteigen.

      »Allein«, meint er endlich, »nein, dasselb' glaub' ich nicht. Wisset, die Sach' geht halt so zu, allein machen sie es schon deswegen nicht, weil – weil's völlig so ausschaut, wie wenn ich der Bräutigam wär'.«

      Dieses Wort gehört, bin ich still gestanden, hab' den Burschen eine Weile angestarrt und gedacht, wie das böse wäre, wenn unten die Braut und die ganze Hochzeit harren und harren täten und der Bräutigam steckt oben im Rauchfenster der Sennhütte. Der junge Mann hat mich hierauf höflich zu seinem Ehrentag eingeladen. Er hat mich geführt; wir sind hinabgestiegen durch finstern Wald bis zum engen Tal des Winkelegg.

      Ein Berg von ausgeschälten Holzblöcken liegt da; das ist der Winkelegger Wald, der auf einer langen Riese Stamm an Stamm herangerutscht gekommen ist. Neben dem Holzhaufen stehen die drei schwarzen, großmächtigen Betten der Meiler, über denen langsam und still milchweißer Rauch emporqualmt zu den Kronen der Schirmtannen.

      Der Holzmeistersohn von den Lautergräben hat mich genötigt, mit ihm in die Klause zu treten, die unter den Schirmtannen steht.

      In der Klause sind drei Menschen, zwei Hühner, eine Katze und die Herdflamme. Sonst habe ich kein lebendiges Wesen gesehen.

      Ein junges Weib steht am Herd und legt Lärchengeäste kreuzweise über das Feuer. Mein Begleiter sagt mir, dieses junge Weib sei seine Braut.

      Hinter dem breiten Kachelofen, der schier bis zur rußigen Decke der Stube emporgeht und der mich, den fremden Eindringling, mit sehr großen, grünen Augen anglotzt, sitzt ein Mütterlein und zieht mit unsicheren Fingern die Buntriemen durch ein neues Paar Schuhe, wobei es sich allfort die Augen wischt, die schon recht abgestanden sein mögen, wie Fensterglas, das lang im Rauche der Köhlerhütte gestanden. Mein Begleiter sagt, dieses Weib sei die Mutter seiner Braut, welche von den Leuten allerwege die Rußkathel geheißen wird.

      Weiter hin, im dunkelsten Winkel, sehe ich eine derbe, männliche Gestalt mit entblößtem Oberkörper, die sich aus einem breiten Holzbecken mit solcher Gewalt wäscht und abreibt, daß sie schnauft wie ein Lasttier.

      »Das ist meiner Braut der Bruder«, erklärt mir mein Begleiter, »er ist der Köhler dahier, und sie heißen ihn den Rußbartelmei.«

      Dann tritt der Holzmeistersohn zu seiner Braut und sagt ihr, daß er da sei und daß er an mir jenen Menschen mitgebracht habe, der allweg in den Wäldern herumgehe und die hohe Gelehrsamkeit habe und der ihnen zum Hochzeitstag die Ehre erweisen werde.

      Das junge Weib wendet sich ein wenig gegen mich und sagt: »Schauet, daß Ihr wo niedersitzen mögt, 's geht halt so viel zerrissen zu bei uns; wir haben nicht einmal einen ordentlichen Sitzstuhl.«

      Hierauf spricht der junge Mann eine Weile leise mit seiner Braut. Ich halte, er hat ihr die Geschichte von der Sennhütte erzählt, weil sie auf einmal ausgerufen: »Aber na, du bist doch ein rechter Närrisch! Mußt den überall hineingucken, oder bist es von eher so gewohnt worden, da oben bei der Sennhütten?«

      Der Bursche wendet sich zu seiner Schwiegermutter: »Gebt her die Schuh', Ihr laßt die Löcher zur Hälfte aus; für so feine Arbeit mögt Ihr nimmer lugen.«

      »Ja, du Paul, dasselb' ist wohl wahr auch«, keifelt die Alte gemütlich aus ihrem zahnlosen Munde, »aber hörst, Paul, mein Ahndl hat meiner Mutter die Brautschuh eingeriemt, meine Mutter hat's mir getan; und ich, für was wär' ich altes Krückel denn auf der Welt, wollt' ich für meine Annamirl nicht auch einriemen.«

      »'leicht kriegt Ihr bald andere Arbeit, Mutterle, beim Heideln (Wiegen) braucht Ihr nicht zu lugen«, versetzt Paul schalkhaft.

      Da hebt die Annamirl den Finger: »Du!«

      Und im dunkeln Winkel ist das vorige Plätschern und Schnaufen. Ein Mensch, der einmal so angeschwärzt ist wie der Rußbartelmei, der vermag sich nicht mehr so leicht weiß zu waschen vor der Welt, und sollte seine Schwester gar den Holzmeistersohn von den Lautergräben heiraten.

      Und mein Holzmeistersohn zieht die Riemen in die Schuhe seiner Braut. Die Alte, einmal zu den ersten Worten veranlaßt, kommt ins Schwätzen: »Und vergiß mir's ja nicht, Annamirl«, sagt sie, »mußt es auch probieren. Einmal wird's doch anschlagen.«

      »Daß ich den PatengroschenTaufmünze, so die Braut einst von ihrem Paten erhaltensollt' anbauen, Mutterle?«

      »Dasselb', ja. Und unter einer Zwieseltann' mußt du in der Hochzeitsnacht den Groschen vergraben. Das ist der Geldsamen, und wirst sehen, in drei Tagen wird er blühen, und in drei Monaten kann er gleichwohl schon zeitig sein. Die Vorfahren haben es auch so gemacht, aber allen ist's nicht gelungen. Gewesen ist's so: mein Ahndl hat die Zeit versäumt, meine Mutter hat die Zwieseltann' nicht mehr gefunden, und ich hab' einen unrechten Groschen in die Erden tan. Deswegen, meine Tochter, merk' dir die Stund' und die Zwieseltann', und der Groschen wird aufgehen und Geld genug wirst haben dein Lebtag lang.«

      Die Annamirl öffnet eine alte Truhe und beginnt in den Kleidungsstücken und anderen Geräten herumzukramen. Ich glaube, sie hat den Patengroschen gesucht.

      Der Köhler im Winkel wäscht und reibt sich. Mehrmals wechselt er das Wasser, und immer wird es schier schwarz wie Tinte. Endlich aber bleibt es nur grau, da läßt der Rußbartelmei ab und trocknet sich; dann kleidet er sich an, setzt sich auf die Türschwelle, und aufatmend sagt er: »Ja, Leut', die eine Haut hätt' ich jetzt herunter und die andere ist noch ein wenig oben.« Dieselbe aber, die noch ein wenig oben, ist sehr rot geworden, ist stellenweise gar noch ein bißchen braun, und es soll doch immer noch der Rußbartelmei sein, der morgen seiner Schwester zur Hochzeit geht.

      Ich werde eingeladen, daß ich über die Nacht in der Hütte bleibe, und die Braut setzt mir gastlich eine Eierspeise vor, weil ich der »gelehrte Mann«, der, käme die Zeit und hätten die Kinder einen guten Kopf, leicht zu brauchen wäre.

      Der Rauch hat die Hühner aus ihrer Abendruh' aufgetrieben; da kommen sie nun zu mir auf das Tischchen und machen zuckend hohe Krägen über den Topfrand in meinen Kuchen hinein. Wollen sie zuletzt gar ihre Eier zurückhaben?

      Auch die Alte kommt mir immer näher, tut zweimal den Mund auf und unverrichteter Sache wieder zu, und murmelt dann in ihr blaues Halstuch hinein: »Ich red's doch nicht – 's wird gescheiter sein.«

      Ich bin ihrer Furchtsamkeit zu Hilfe gekommen: »Allfort wohlauf, Mutterle?«

      »Dank Euch Gott die Frag'«, entgegnet sie sogleich und rückt mir noch näher, »diemal ja, – unberufen. Was noch kommen wird, weiß unsereins nicht. Und daß ich's nur daherred', wie ich's versteh': er ist ein gelehrsamer Mann, sagen die Leut', nachher wird er das Wahrsagen wohl auch kennen? – Gar nicht? – Aber das, hätt' ich gemeint, sollt' so ein Mensch wohl lernen. Und von wegen dem Lotterg'spiel, weil wir schon soweit bekannt sind: weiß er keine Nummern?«

      »Jestl und Josef«, schreit jetzt das junge Weib plötzlich auf, »eilet, eilet, Mutterle, mir deucht, das Kätzl ist ins Wasserschaff gekugelt!«

      Da wackelt die Alte gegen den Winkel hin, in welchem früher der Bartelmei gewesen; aber das Kätzlein ist schon fort, ist vielleicht gar nie im Wasser gewesen. Die Annamirl wird sich der kindischen Fragen ihrer Mutter schämen und hat ihnen durch obige List ein Ende gemacht.

      Am andern Tag, als die Morgenröte durch den weißen Kohlenrauch hat geglüht, sind von allen Seiten des Waldes her Leute gekommen. Schmuck und geschmeidig sind alle gewesen, wie ich sie hier noch nie so gesehen. Sie bringen Hochzeitsgaben mit. Der Pecher kommt mit dem glänzenden schwarzen Pechöltopf. Und er meint es wohl so: Für die Brautleut' zur Gesundheit. Was will das Pechöl sagen? Habt Ihr im Leben auch Pech zu tragen, müßt Ihr ihm gleich das Öl der Geduld zuteilen. Das will das Pechöl sagen. Wurzner kommen mit Gesäme und duftenden Kräuterbüscheln; die Ameisgräber

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