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soll nicht liebäugeln mit Schätzen dieser Erde. Mit dem Einfachen und durch das Einheitliche kann man am beredtsten und würdigsten den Gott- und Ewigkeitsgedanken versinnlichen.

      Es muß aber noch des weiteren das Zweckmäßige bedacht werden. So habe ich für die Mauern der Trockenheit wegen Backsteine vorgeschlagen. Die Bänke und Stühle müssen zum Ausruhen eingerichtet sein, denn der Sonntag ist ein Ruhetag. Wenn während des Orgelklingens auch einmal einer einnickt, was weiter? Er träumt in den Himmel hinüber. – Für den Fußboden sind die Steinplatten zu feucht und zu kalt, dicke Lärchenbretter sind dazu geeignet. Für das Dach sind des häufigen Hagelschlages wegen weder Ziegel noch größere Bretterlatten anwendbar; dazu sind kleine Lärchenschindeln am besten.

      Mein Plan ist angenommen worden.

      Es werden bereits Wege ausgeschlagen und Baustoffe herbeigeschleppt. Im lehmigen Binstal wird eine Ziegelei errichtet; an der Breitwand ist ein Steinbruch angelegt worden.

      Die Waldleute stehen da und sehen den fremden Arbeitern zu. Sie haben auch ihre Gedanken dabei.

      »Eine Kirche wollen sie uns bauen«, sagt einer, »gescheiter, sie täten das Geld den Armen teilen. Der Herrgott soll sich nur selber ein Haus bauen, wenn er nicht unter freiem Himmel bleiben und im Winkelwald wohnen will.«

      »Was sie uns nur für einen Kirchenheiligen einlegen werden?«

      »Den Huberti, denk' ich.«

      »Den Huberti? Je, der ist Weidmann gewesen, der hält's nicht mit uns Arbeitsleuten, der mag nur die Jäger leiden. Ich sag', für uns wären die vierzehn Nothelfer recht.«

      »Geh, die täten uns zu viel kosten. Und der große Christof ist auch dabei; für den wäre ja gar keine Kirchtür weit genug.«

      »Wer verlorene Sachen finden will: Sankt Antoni tut Wunder viel!« sagt Rüpel, der alte Borstenbart, bei dem sich jedes Wort im Gleichklang zum andern fügt, er mag die Zunge wenden, wie er will. Andere wünschen zum Kirchenheiligen den Florian, der gegen das Feuer ist; aber die am Wasser wohnen, möchten den Sebastian haben.

      Ein Weiblein hat gar nicht uneben bemerkt, in den ganzen Winkelwäldern sei kein Mensch, der die Orgel spielen könne, da wisse man doch, daß als Pfarrheilige nur Cäcilia die rechte.

      Darauf entgegnet ein alter Hirt: »So eine Red' ist keine Sach'. Die Leut' können sich selbander helfen; aber auf das arme Vieh müßt ihr denken! Der heilige Erhart (das ist ein Viehpatron) geht uns schon herein in das Winkel.«

      Danach ein anderer: »Mit dem Vieh halt ich's nicht. Wir brauchen die Kirche für die Leut'. Und weil sich's einer schon was kosten läßt, so muß was Rechtes werden. Ich bin kein Heid', und ich geh' in die Kirche, und ich bin für ein sauberes Weibsbild. Was meint ihr zu der Magdalena?«

      »Versteht sich, alter Lotter!« schreit sein Weib, »daß du nur alleweil fürs schlechte Beispiel bist!«

      »Hast recht, Alte, für euch muß eine sein, die mit gutem Beispiel vorangeht.«

      So rechten sie, halb im Spaß und halb im Ernst. Den ganzen Himmel haben sie durchstöbert, und keinen Heiligen gefunden, der allen recht gewesen wäre.

      Und es muß doch eines kommen, das allen recht ist. Ich habe darüber schon meine Gedanken.

       Die Waldberge lichten sich immer mehr und mehr, wie wenn es Tag würde aus der Dämmerung. Die Höhenschneiden werden schartig, und es dehnt sich der Himmel. Mancher Marder kommt um seinen hohlen Baum, mancher Fuchs um seine Höhle. Unschuldige Vöglein und raubgierige Geier werden heimatlos, da Wipfel um Wipfel hinstürzt auf den feuchten Moosboden, den endlich wieder einmal die Sonne bescheint. Winter und Sommer hindurch sind die Holzschläger tätig gewesen. Draußen im Lande haben Holz und Kohlen in gutem Begehr gestanden.

      In diesem Sommer habe ich nicht mehr viele freie Zeit.

       Draußen ist Krieg, der, Gott weiß es, nicht mehr enden will. Zu Holdenschlag sind schon wieder die Hämmer geschlossen worden, und es kommt kein Kohlenwagen in den Wald. Die Holzarbeit ist eingestellt; die kräftigsten Männer streichen müßig umher. Da drüben in den Lautergräben sollen vor kurz zwei Holzschläger eines Beutels Tabak wegen bös gerungen haben.

      Ich habe den Männern den Rat gegeben, zu den Vaterlandsverteidigern zu gehen. Davon wollen sie nichts hören. Sie haben keine Heimat, sie wissen von keinem Vaterlande. Willkommen sind ihnen die Welschen, wenn sie Geld mitbringen und eine bessere Zeit.

      Gott gebe die bessere Zeit und halte die Welschen fern!

       Für mich ist es ein Glück, daß ich kühlen Blutes bin. Das wilde Jahr hat die Sprossen meiner Leidenschaft getötet. Nun darf ich mein ganzes Streben auf das eine Ziel lenken: aus diesen zerstreuten, zerfahrenen Menschen ein Gemeinsames, ein Ganzes zu bilden. Ist dieses gelungen, so haben wir alle einen Halt. – Ich werde ihnen und mir eine Heimat gründen. Vor allem kömmt es darauf an, den Freiherrn zu stimmen, sonach muß auf die Waldleute eingewirkt werden.

      Eine übermäßige Kraft scheint mir dazu nicht nötig zu sein, wohl aber ein zähes Bemühen. Diese Menschen sind wie Lehmkugeln; ein Anstoß, und sie rollen eine Weile fort. Weiter kommen sie selbst, nur geleitet müssen sie werden, daß sie einem und demselben Ziele zustreben. Glieder sind genug, aber spröde und unschmiegsam selbander. Wenn nur erst die Kirche fertig ist, daß die Gemeinde ein Herz hat, dann machen wir uns an den Kopf und bauen das Schulhaus.

      Im Herbste 1816

      In einer der letzten Wochen bin ich mit einem Papierbogen zu allen Hütten des Waldes herumgegangen. Da habe ich die Hausväter nach dem Stande ihrer Wirtschaft, nach der Zahl ihrer Familie, nach den Geburtsjahren und Namen der Leute gefragt. Das Geburtsjahr kann zumeist nur nach Geschehnissen und Zeitumständen angegeben werden. – Der ist geboren im Sommer, in welchem das große Wasser gewesen; die ist zur Welt gekommen in demselbigen Winter, als man Strohbrot hat essen müssen. Solche Ereignisse sind ragende Marksteine.

      Das Namensverzeichnis wird nicht gar zu mannigfaltig. Die Bewohner männlicher Art heißen Hannes oder Sepp oder Berthold oder Toni oder Mathes; die Leute weiblicher Gattung sind Kathrein benamset, oder Maria, welcher Name in Mini, Mirzel, Mirl, Mili, Mirz, Marz umgewandelt und ausgesprochen wird. Ähnlich geht es mit anderen Namen; und kommt einer von draußen, so muß er sich eine Umwandlung nach den Zungen der Hiesigen sogleich gefallen lassen. Mich haben sie einige Zeit den Andredl geheißen; aber das ist ihnen ein zu großer Name für einen so kleinen Menschen, und heute bin ich nur mehr der Redl.

      Von Geschlechtsnamen wissen schon gar die wenigsten was. Viele mögen den ihren wohl verloren, vergessen, andere einen solchen nie gehabt haben. Die Leute gebrauchen eine eigene Form, ihre Abstammung und Zugehörigkeit zu bestimmen. Beim Hansl-Toni-Sepp! Das ist ein Hausname, und es ist damit angezeigt, daß der Besitzer des Hauses Sepp heißt, dessen Vater aber Toni und dessen Großvater Hansel genannt worden ist. – Die Kathi-Hani-Waba-Mirz-Margaret! Da ist die Kathi die Ururgroßmutter der Margaret. – Der Stamm mag doch schon lange in der Waldeinsamkeit stehen.

      Und so wird eine Person oft durch ein halbes Dutzend Namen bezeichnet, und jeder schleppt die rostige Kette seiner Vorfahren hinter sich her. Es ist das einzige Erbe und Denkmal.

      Das Wirrsal darf aber nicht so bleiben. Die Namen müssen für das Pfarrbuch vorbereitet werden. Zu den Taufnamen müssen Zunamen erfunden werden. Das wird nicht schwer gehen, wenn man der Sache am Kern bleibt. Man benenne die Leute nach ihren Eigenschaften oder Beschäftigungen oder Stellungen; das läßt sich leicht merken und für die Zukunft beibehalten. Ich nenne den Holzarbeiter Paul, der die Annamirl geheiratet, nicht mehr den Hiesel-Franzel-Paul, sondern kurzweg den Paul Holzer, weil er die Holzstrünke auf den Riesen zu den Kohlstätten befördert und die Leute diese Arbeit »holzen« heißen. Der Schwammschlager Sepp, der seines Vaters Namen vergessen, soll auch nicht mehr anders heißen als der Schwammschlager, und er und seine Nachkommen mögen angeben, was sie wollen, sie bleiben die Schwammschlager. Eine Hütte in den Lautergräben nenne ich die Brunnhütte, weil vor derselben eine große Quelle fließt. Wozu den Besitzer der Hütte Hiesel-Michel-Hiesel-Hannes heißen? Er ist der Brunnhütter, und wenn sein Sohn einmal in die Welt hinausfährt, Soldat wird oder Fuhrmann oder

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