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Lagerstätten liefern; sonst bleiben sie sich selbst überlassen, bis sie, inwendig verfault, ausgehöhlt, nach und nach absterben und zusammenbrechen. Dann entstehen schwammartige Auswüchse auf den vermodernden Strünken, und es kommt der Pecher oder der Wurzner, schlägt die Auswüchse los, mörsert sie platt, beizt sie ein und bereitet so den Feuerschwamm.

      Der Holzhauer weiß freilich nichts von der Schönheit der Wildnis. Dem Holzhauer ist der Wald nichts anderes als dem Bauern das Feld, auf dem er erntet. Aber er erntet für andere. Wie ist das ein langes Tagwerk von der Morgenfrühe bis zur Abenddämmer, eine einzige Ruhestunde nur zu Mittag. Während der Waldteufel sein eigener Herr, ist der Holzhauer der Herren Knecht. – Was die Nahrung anbelangt, so ist der Holzschläger ein Geschöpf, das sich von Pflanzen nährt; außer er wäre ein tüchtiger Wilderer und ließe sich nicht erwischen. Doch schwelgt er in der Einbildung und nennt seine Mehlnocken gerne nach den Tieren des Waldes. So genießt er zum Frühstück, zum Mittagsmahle, zum Abendbrot nichts als Hirschen, Füchse, Spatzen, und wie er seine Mehlnudeln schon tauft. – Mich hat ein junger Mann eines Freitags zu einem »Hirschen« eingeladen. Ei, denke ich, der hält den Fasttag nicht, das ist sicher der Evangelischen einer, die von den Bauernkriegen her in den Alpen zurückgeblieben sein sollen. Aber jene »Hirschen« sind harmlose Mehlküchlein gewesen.

      Achtzehn Groschen Arbeitslohn des Tages, das ist schon eine gute Zeit; mancher Wäldler hat sich davon ein Häuschen, Weib und Kind und eine Ziege angeschafft. Das ist dann ein eigener Herd, da kommt zu dem Mehlgerichte noch eine fette Ziegenmilchsuppe und zu der Suppe ein Häuflein schreiender Rangen – da geht's schon hoch her!

      Indes ist der Aufwand in der Waldhütte nicht übertrieben. Es wird zum Glücke von braven Familienvätern nicht viel verlangt.

      »Jo, won man's holt hot,

       Kon ma lebn noch sein Gschmock,

       Für die Kinder a Brot

       Und für mih an Tabok!«

      heißt ein Lied des Waldhäuslers.

      Andere freilich, und wohl die meisten, ertränken ihr Erworbenes und ihre anspruchslose Zufriedenheit im Branntwein. Solche Junggesellen wohnen zusammen zu Dutzenden in einer einzigen Hütte, kochen ihr Mahl an einem gemeinsamen Herd, der in der Mitte der Klause steht. An den Wänden ringsum sind die Strohlager aufgestellt.

      In jeder Hütte haben sie einen »Goggen« und einen »Thomerl«; der Gogg ist ein Holz- und Eisengestell auf dem Herde, welches die Kochpfannen über dem Feuer hält – es sind deren oft ein Halbdutzend um die Flammen aufgerichtet. Der Thomerl ist ein Mensch, der aber auch Hansi oder Lippi, oder wie er will, heißen kann, aber gewöhnlich einen großmächtigen Kopf, hohe Achseln und kurze Füße hat, der die Hände gerne bis zu den Knien hinabhängen läßt und allweg grinst und lächelt, ohne daß er selbst weiß, warum. Er ist das Stubenmädchen, der Küchenjunge, der Holz- und Wasserträger, allfällig der Ziegenhirt, die Zielscheibe für ledige Späße und – die Hausehre. Jede ordentliche Holzknechthütte muß einen Thomerl haben.

      Ferner sind in der Holzknechthütte in irgendeinem Winkel, unter irgendeiner Diele stets geladene Kugelstutzen verborgen.

      Der Werktagsanzug der Holzschläger hat keinen ausgeprägten Grundzug; er ist zum Teile ein zerfasertes Lodengewebe, zum Teile ein mattfarbiges Strickwollenzeug, zum Teile eine hornähnliche Lederrinde, alles mehr oder minder mit Harz überklebt, ausgiebig den inneren Menschen verdeckend. Das Wahrzeichen aber ist der hohe, gelblich grüne Hut mit dem Federbusche. Der Federbusch muß wohl in Ordnung sein, daran hängt, weiß Gott, eine Wilderer- oder Liebesgeschichte oder ein »saggerisch Raufen«.

      Aber wenn einmal die Kirchweih kommt! – Die Kirchweih muß es sein, denn Sonntage gibt's hier nicht, fehlt ja doch des Sonntags Herz – die Kirche.

      Zur Kirchweih ziehen sie hinaus zu den ferneren Orten, und da sind sie angetan, diese rauhen Waldmenschen, mit Frack und »Zylinder«; – 's ist kaum zu glauben. Aber der Frack ist ja aus grobem Loden, mit grünem Tuche verbrämt; ganze Bäumchen, aus grünem Tuche geschnitten, prangen am Rücken über den Schößen und an den Ärmeln, und große Messingknöpfe leuchten in die Ferne, und ein mächtig hoher Stehkragen bildet die Feste um den Kopf, auf welchem nun der ebenfalls aus groben Haaren, aber mit einem breiten grünen Bande und funkelnder Messingschnalle, breitkrempige, oben weit ausgeschweifte Zylinder sitzt.

      Bis in die Alpenwildnis herein ist also die welsche Mode gedrungen!

      Zum größten Teil sind es gutmütige Menschen; gereizt aber können sie unglaublich wild werden. Da hebt ihr Blut an zu brausen wie ein Sturmwind im Forst, und der kleinste Funken leidenschaftlicher Erregung wird zu einem Waldbrande. Die Augen dieser Waldmenschen, so tief sie stecken mögen hinter den Brauen, sind klar und glühend. Deutlich ist die Gutherzigkeit darin zu lesen und der Jähzorn.

      Aber fromm sind sie, schier verdächtig fromm. Jeder hat sein Weihwasserfläschel und sein christlich Anhängsel an der Brust; jeder betet seinen Rosenkranz, mit Einschließung »aller armen Seelen im Fegfeuer, und zur Erlangung von Geld und Gut, so nutzlos vergraben ist in der Erden«. Und jeder hat in seinem Leben zum mindesten ein Gespenst gesehen.

      Wie ich diese Leute bis jetzt kennengelernt habe, ist ihnen ein blutiger Raufhandel etwas Gewöhnliches, schier Selbstverständliches, ein Totschlag nichts so Seltenes. Hingegen Diebstähle kommen nicht vor.

      So sind sie in den Hochwäldern. Der Holzhauer wird geboren unter dem Baume, sein Vater gibt ihm – möcht' ich schier sagen – fast eher den Axtstiel in die Hand als den Löffel, und anstatt nach dem Zulp greift der Kleine nach der Tabakspfeife. Wer Tabak nicht zu kaufen vermag, der macht sich ihn aus Buchenblättern.

      Just sonderliche Armut ist ihnen nicht angeboren. Die stille Freude kennen sie kaum; sie fahnden nach gellender Lust. Selbst der Schmerz greift nicht recht an. Wenn einer sich mit dem scharfen Beil in das Bein fährt, so sagt er, es tat ein bißchen »kitzeln«. In wenigen Tagen ist alles wieder heil. Haut sich einer unversehens einen Finger weg, so ist das zuwider, des – Tabakfeuerschlagens wegen.

      Tannenharz und Pechöl und ein alter Beinbrucharzt und Zahnbrecher sind in dieser waldschattigen Welt die ganze medizinische Fakultät.

      Heimweh ist, wenn sie hinauskommen, ihr Seelenleid. Heimweh die Heimatlosen? – Das Leid heißt Sehnsucht nach den Waldbergen, in welchen sie einmal den Jahreslauf durchlebt.

      Der schwarze Mathes

       Inhaltsverzeichnis

      Im Hinterwinkel steht die unheimliche Hütte. Ich bin vor kurzem in ihr gewesen und hab' den Raufbold Mathes, den Menschen mit der herben Schale, gesehen. Es ist ein kleines, hageres Männchen, liegt hingestreckt auf einem Mooslager und hat Arm und Kopf in Fetzen gewunden. Er ist arg verletzt.

      Die Fenster der Klause sind mit Lappen verdeckt; der Mann kann das Licht nicht vertragen. Sein Weib, jung und anmutig, aber abgehärmt zum Erbarmen, kniet neben ihm und netzt ihm mit Holzapfelessig die Stirn. Sein Auge starrt sie fast leblos an, aber sein Mund mit den weißen Zähnen ist, als wollte er lächeln. Der Mann riecht stark nach Pechöl.

      Als ich eintrete, hocken ein blasser, schwarzlockiger Knabe und ein helläugiges Mädchen zu seinen Füßen, und diese Kinder spielen mit Moosflocken.

      »Das wird ein Gärtelein«, sagt das Mädchen, »und da baue ich weiße Rosen an!«

      Der Knabe bildet aus Hölzlein ein Kreuz und ruft; »Vater, jetzt weiß ich es: ich mache den Holdenschlager Freithof!«

      Die Mutter erschrickt und verweist den Kleinen das gellende Geschrei; der Mathes aber sagt: »Je, schreien magst sie schon lassen; den Freithof wird auch noch einer brauchen. Aber eines, Weib, laß dem Lazarus seinen Jähzorn nicht gelten. Um des Herrgotts willen, nur das nicht! Du schweigst? Du willst mein Wort nicht halten? Meinst etwan, du verstündest es besser als ich? Du, ich sag' dir's, Weib, mach' mich nit wild!«

      Die Lappen reißt er von den Armen und will sich aufrichten. Das Weib sagt ihm liebreiche Worte und schiebt ihn sanft

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