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Walther Kabel-Krimis: Ãœber 100 Kriminalromane & Detektivgeschichten in einem Band. Walther Kabel
Читать онлайн.Название Walther Kabel-Krimis: Ãœber 100 Kriminalromane & Detektivgeschichten in einem Band
Год выпуска 0
isbn 9788075831101
Автор произведения Walther Kabel
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
»Ja. – Fräulein Hölsch bekommt selten mal ein Schreiben von auswärts. – Sie steht ja ziemlich allein da. Die Briefe fielen mir auf. Es sind im ganzen vier gewesen.«
»Vier …?! – Ich denke, nur drei.«
»Nein, vier. Der letzte lag gestern Nachmittag im Kasten. Ganz bestimmt.«
›Aha!‹ dachte Larisch. ›Meine Vermutung ist also richtig gewesen. Die ›treue Hand‹ war wieder an der Arbeit.‹
Laut sagte er: »Gut, – vier! – Wissen Sie etwas über diesen vierten Brief, – über den Inhalt.«
Die hagere Frau strich verlegen die Schürze glatt.
»Nichts genaues. Aber Fräulein Hölsch hat wohl wegen dieses Briefes an ihre Freundin telephoniert, die dann sehr bald zu ihr kam. Das war gestern gegen halb sieben abends. Ich … ich war gerade hier im Zimmer, als Fräulein Hedwig und Irma nebenan sich über den Brief unterhielten. Und da konnte ich …«
»Sagen Sie doch ehrlich, Sie haben dort an der Verbindungstür gelauscht,« unterbrach Larisch sie. »Nur keine Schönfärbereien! Vielleicht ist es sogar ganz vorteilhaft, daß Sie haben.«
»Ja – ich konnte also nur verstehen, außer einzelnen Worten, wie Fräulein Melcher sagte: ›Du hast niemanden, den du des Briefes wegen um Rat fragen könntest‹. Wenigstens so ähnlich lauteten die Worte.«
»Und sonst verstanden Sie nichts?«
»Nur mal halbe Sätze, aus denen ich mir aber nichts zusammenreimen konnte; auch Ihr Name wurde verschiedentlich genannt, wie ich mich jetzt entsinne, Herr Larisch. Dann noch der einer Baronin … Er klang so ungarisch …«
Egon Larisch machte eine gleichgültige Handbewegung.
»Lassen wir das. Es ist ja ganz unwichtig,« meinte er dabei. Aber sein Hirn nahm diese merkwürdige Tatsache, daß zwischen den Freundinnen Luzie von Szestöni erwähnt worden war, in Wirklichkeit ganz anders auf.
Eine Weile schwieg er jetzt. Er hatte genug zu denken.
Dann bat er die Mießtaler um ein Glas Wasser.
»Ich habe zu Mittag gepökelten Fisch gegessen,« erklärte er.
»Darf ich Ihnen nicht ein Glas Limonade geben?« meinte sie diensteifrig. Dann eilte sie hinaus.
Larisch horchte. Er hörte den Drücker der Küchentür gegenüber kreischen, erhob sich schnell und riß von dem Kalender neben dem Sportbild ein ganzes Bündel Blätter ab, nahm dann das Bild selbst – es war in Schwarzeiche gerahmt – vom Nagel und betrachtete die Rückseite, wo das Reklameschildchen des Geschäftes aufgeklebt war, das den Rahmen geliefert hatte.
Als die Kanzleirätin mit der Limonade zurückkehrte, trank Larisch das ganze Glas auf einen Zug aus, dankte und verabschiedete sich, nachdem er Frau Mießtaler nochmals ermahnt hatte, immer an ihr Versprechen zu denken.
»Auch Ihrem Sohne gegenüber schweigen Sie,« warnte er eindringlich. »Sie werden ja auch nicht wollen, daß er erfährt, welchen Verdacht wir in Ihrem Interesse beseitigen müssen.«
Zehn Minuten später klingelte er bei Melchers.
Der blonde Sekretär öffnete ihm. Larisch fragte, ob Fritz vielleicht wisse, weswegen Irma Hölsch, wie Frau Mikla ihm mitgeteilt hätte, so plötzlich verreist sei.
»Keine Ahnung,« meinte der Sekretär. »Hedwig hat uns nur erzählt, Irma scheine besondere Gründe zu haben, möglichst schnell nach Lammerthof zu kommen.«
Sie standen noch im Flur.
»Ist Hedwig zu Hause?« fragte der Schriftsteller.
»Ja, im Wohnzimmer.«
Hedwig suchte vergeblich ihre Verlegenheit zu bemänteln, als Larisch dieselbe Frage über die Ursache von Irmas plötzlicher Reise nun an sie richtete.
»Irma hat sich mir gegenüber nicht weiter ausgesprochen,« sagte sie zögernd.
»Ob sie etwa wieder einen Brief von der ›treuen Hand‹ erhalten hat?«
»Ich – ich glaube ja.«
»Bestimmt wissen Sie es nicht, Fräulein Hete?«
»Ich … soll darüber schweigen. Fragen Sie lieber nicht weiter danach.«
»Ach so – ich verstehe. Fräulein Hölsch hat mir ja auch per Rohrpostbrief leise abgewinkt. Man braucht meine Hilfe nicht mehr.« Er sah die Geschwister nacheinander prüfend an. Beide schauten betreten zur Seite.
Larisch lachte zwanglos.
»Kinder – wozu die verlegenen Gesichter?! Ihr könnt doch nichts dafür, daß Fräulein Hölsch der ›treuen Hand‹ jetzt mehr Vertrauen schenkt als mir! Im übrigen ist mir diese Wendung der Dinge auch nur angenehm. Ich habe nämlich heute früh,« – jetzt log er mit größter Gewandtheit – »einen Auftrag bekommen, der sehr lohnend ist, muß deswegen schon abends nach Dresden fahren. Vielleicht hätte ich abgelehnt – es handelt sich um einen Gemäldediebstahl in einer Privatgalerie –, wenn Fräulein Hölsch nicht … Na, Ihr versteht! Unter diesen Umständen aber … Ich kann dabei viel Geld verdienen! – Lebt wohl, Kinder! Sollte was Wichtiges geschehen, so schickt nur nach meiner hiesigen Wohnung Nachricht. Die brave Rosalie Pergament befördert alles schon weiter an mich.«
Hedwig konnte ihre Enttäuschung nicht verbergen.
»Wie lange werden Sie denn in Dresden zu tun haben?« fragte sie zaghaft.
»Weiß ich nicht. – Also – auf Wiedersehen! Ihr glaubt ja gar nicht, wie sehr ich mich freue, daß ich als Amateurdetektiv doch schon bis nach Sachsen hin bekannt bin. Ich werde dort die Sache schon befingern! Wahrscheinlich muß ich noch weiter nach München. Die Spur weist dorthin. – Wiedersehen, Kinder, und grüßt Thilde von mir.«
* * *
»Liebe Mutter Schweinsleder, Sie müssen mir einen Gefallen tun, und auch Sie Fräulein Bekkchen.«
Larisch stand im Hinterzimmer der Pergamentschen Wohnung. Soeben hatte der alte Regulator an der Wand halb neun geschlagen. Mutter und Tochter saßen gerade beim Abendbrot.
»Nein – bleiben Sie sitzen – lassen Sie sich nicht stören,« fuhr Larisch fort. »Ich setze mich hier in die Sofaecke. – Also, einen Gefallen. Und dieser besteht aus mehreren Unterabteilungen. –
Ich bin heute 6,48 nach Dresden gereist, wenn jemand nach mir fragen sollte. In Wahrheit bleibe ich vorläufig hier, werde mir aber erlauben, mich äußerlich etwas zu verändern.«
»Wie interessant!« rief die rundliche Rebekka.
»Sollte mich jemand von den Hausbewohnern in meiner Verkleidung zu Gesicht bekommen und neugierig werden, so sagen Sie, ich sei ein Verwandter von Ihnen aus Posen namens Jakob Mandelblüt – verstanden – Jakob Mandelblüt, der aus Posen in Geschäften nach Berlin gekommen ist und dem Herr Larisch während seiner Abwesenheit sein Zimmer zu benutzen erlaubt hat.«
»Machen Sie Witze, Herr?« fragte Mutter Rosalie kopfschüttelnd.
»Im Gegenteil! – Vielleicht wird Herr Jakob Mandelblüt, den ich auch als Verwandten recht zärtlich zu behandeln bitte, bald nach Sziemanowo – das ist ein Städtchen im Posenschen – verreisen müssen. Dann schreiben Sie ihm mal eine Ansichtskarte – ganz kurz: ›Wir sind wohl und munter und senden herzliche Grüße.‹ So in der Art. –
Fräulein Bekkchen, Sie sind ja ein heller Kopf. Sie verstehen wohl, ich bin hinter Leuten her, die im Trüben fischen wollen. Und da muß ich eben als Jakob Mandelblüt auftreten. Egon Larisch erregt Mißtrauen.«
Rebekka Pergament nickte eifrig.
»Die Hauptsache aber, meine Damen, Diskretion Ehrensache! – Kann ich mich darauf verlassen?«
7. Kapitel