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Ein Fall für Gräfin Leonie Staffel 1. Bettina von Weerth
Читать онлайн.Название Ein Fall für Gräfin Leonie Staffel 1
Год выпуска 0
isbn 9783740940898
Автор произведения Bettina von Weerth
Жанр Языкознание
Серия Ein Fall für Gräfin Leonie Staffel
Издательство Bookwire
»Antonia …«, ächzte die junge Frau, der nichts anderes übrig blieb, als sich ebenfalls vorzustellen.
Sie hieß Sandra Brinkhoff und war die Galeristin.
Sie erzählte, dass der Glaser am Nachmittag käme, um den Schaden wieder komplett zu beseitigen, sie erzählte noch so manches, aber Leonie war kaum in der Lage, ihr zuzuhören. Noch konnte sie einen klaren Gedanken fassen.
Dieses kleine Mädchen hatte sie vollkommen aus der Spur gebracht.
Gedanken schossen ihr durch den Kopf.
Vorahnungen? Nein, die nicht, denn das, was sie sah, war so offensichtlich, dass es überhaupt keine andere Möglichkeit gab.
Sie war jetzt auf jeden Fall nicht in der Lage, etwas von dem Bild zu erzählen, nach dem van Veere zu fragen.
Diese junge Frau hatte nichts mit Hehlern, nichts mit Fälschern zu tun.
Sie machte einen durch und durch seriösen Eindruck.
Sie konnte jetzt auch nicht länger bleiben, sonst würde sie etwas sagen. Dazu war es zu früh. Außerdem wusste sie nicht, ob sie die richtigen Worte finden würde.
»Haben Sie morgen wieder geöffnet?«, erkundigte sie sich, und als ihr das bestätigt wurde, verabschiedete sie sich.
»Dann komme ich morgen wieder.«
»Wir können uns dann aber nicht sehen«, sagte die kleine Antonia. »Morgen gehe ich wieder in den Kindergarten.«
»Worauf du dich bestimmt freust«, sie strich der Kleinen über das seidige Haar. »Aber weißt du, Antonia, ich glaube ganz bestimmt, dass wir uns sehr bald wiedersehen werden.«
Die Kleine lächelte sie an, und Leonie hatte das Gefühl, die Sonne ginge auf.
»Darauf freue ich mich schon jetzt …, weißt du, ich mag dich nämlich.«
»Antonia …«
»Frau Brinkhoff, es ist alles in Ordnung …, Sie haben eine wundervolle Tochter.«
Sie verabschiedete sich, stolperte davon und war froh, wieder in ihrem Auto zu sitzen.
Sie war fix und fertig.
Das gab es nicht!
Diese unglaubliche Ähnlichkeit!
Sie hatte sich so viele Gedanken gemacht. Es war ihr so manches in den Sinn gekommen.
Auf das, was sie gerade erlebt hatte, war sie nicht gefasst gewesen.
Hinter ihr hupte jemand. Ein Mercedes-Fahrer wollte ihren Parkplatz haben.
»Ja, ja, ich fahr schon los«, sagte sie.
Als sie startete, würgte sie den Motor erst einmal ab. Das war ihr noch niemals zuvor passiert.
Dieser Mercedes-Fahrer brauchte gar nicht so unverschämt zu grinsen. Der hatte doch überhaupt keine Ahnung, was in ihr vorging.
Eigentlich sollte sie ihm einen Vogel zeigen, aber sie schenkte ihm ein hinreißendes Lächeln, als sie aus der Parklücke fuhr, was ihn ganz offensichtlich irritierte.
*
Als sie zum Schloss zurückkam, traf sie auf Florian, der ihr erzählte, dass er seinen Vater kaum zu Gesicht bekommen hatte, weil er wegen eines Schadens in einer zum Betrieb gehörenden Brauerei weg musste.
Als sie vorsichtig nachfragte, merkte sie rasch, dass Florian noch nichts von dem Brief wusste, auch nichts von ihrem Besuch in Eigenstadt.
Was sollte sie ihm jetzt sagen?
Alles?
Auch das, was sie vermutete?
Nein, das wäre grausam.
Sie musste vorsichtig vorgehen.
»Wo warst du überhaupt?«, wollte er wissen. »Hier scheinen alle ausgeflogen zu sein. Papa, wie gesagt, in der Brauerei, meine Mutter und deine Tante besuchen eine alte Freundin, und selbst von meiner Stalkerin Melanie habe ich heute noch nichts gesehen, was sehr ungewöhnlich ist.«
»Ich war in Eigenstadt.«
Er blickte an ihr herunter.
»Und wo sind die Tüten mit deinen Einkäufen? Ich sehe da nichts.«
»Ich war nicht zum shoppen dort. Du weißt doch, dass ich nicht zu den Frauen gehöre, die darin ihren Lebensinhalt sehen. Ich wollte ein …, äh …, bestimmtes Buch haben, aber das hatten sie nicht vorrätig … Hast du übrigens schon gehört, dass man versucht hat, in der Galerie Brinkhoff einzubrechen … Es wurde eine Scheibe eingeschlagen, und die Besitzerin weiß noch nicht, ob etwas gestohlen wurde. Die Galerie ist geschlossen, und ich habe …«
Es war nicht zu übersehen. Florian war kreidebleich geworden. Auf einmal hatte er es sehr eilig. »Entschuldige, Leonie …, mir ist da gerade etwas eingefallen. Wir sehen uns später …« Er ließ sie nicht ausreden. Er ließ sie einfach stehen und rannte davon, Richtung Bürotrakt, als sei der Leibhaftige hinter ihm her.
Leonie ging in die Bibliothek, in der auf einer Anrichte viele Fotos aufgestellt waren.
Sie griff nach einem Kinderfoto, nahm es vorsichtig aus dem kostbaren Rahmen, steckte es in ihre Tasche.
Als sie die Bibliothek wieder verließ, sah sie Florian durch die Halle stürmen.
»Ich muss noch mal weg«, rief er ihr zu, dann verließ er das Schloss, wenig später heulte ein Motor auf.
Das passte, ganz hervorragend sogar.
Jetzt ging sie in den Bürotrakt, holte das Foto aus der Tasche, machte davon zwei Farbkopien, die sie sorgsam verstaute.
Dann brachte sie das Foto in die Bibliothek zurück. Es kam wieder in den silbernen Rahmen, der an seinen alten Platz.
Einen Augenblick lang überlegte sie, ob sie sich auf die Suche nach der alten Schreibmaschine machen sollte. Aber dann ließ sie es sein. Es hatte keine Eile. Es gab etwas, was jetzt viel wichtiger war.
Sandra Brinkhoff …
Die entzückende kleine Antonia, deren Anblick sie vollkommen aus den Puschen gehauen hatte …
Der Einbruch …
Der van Veere, der sich in der Galerie befinden sollte …
Das passte nicht! Das ergab kein Bild! Das waren zwei verschiedene Paar Schuhe!
Wenn Melanie, und dafür sprach vieles, in die Fälschung verwickelt war, wieso hatte sie die Galerie ins Spiel gebracht?
Nicht nur das, sie mit hineingezogen. Weil sie etwas wusste?
Weil sie Sandra Brinkhoff schaden wollte?
Sie merkte, dass sie Kopfschmerzen bekam. Sie musste es für heute loslassen, aber die Bilder wollten einfach nicht aus ihrem Kopf heraus …, besonders das nicht von der kleinen Antonia.
Anton …
Antonia …
Nein!
Sie musste aufhören!
Sie musste bei den Fakten bleiben.
Ihre Fantasie durfte jetzt nicht mit ihr durchgehen.
Ihr Handy klingelte.
Die Anruferin war ihre Freundin Linda, die sich ganz einfach nur mal nach ihren Befinden erkundigen wollte.
Dieser Anruf kam wirklich im rechten Moment. Linda war witzig, hatte immer etwas zu erzählen. Es war die beste Ablenkung überhaupt. Schon allein die Stimme ihrer Freundin holte sie ein wenig herunter.
Natürlich hätte sie ihr gern erzählt, was inzwischen passiert war. Doch sie fand, Bildkopie, Bildraub und das Ungeheuerliche, was sie noch