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war vollkommen außer sich. So kannte sie den souveränen, immer beherrscht wirkenden Grafen nicht.

      In weiser Voraussicht setzte sie sich ebenfalls, ehe sie einen Blick auf das Blatt warf.

      In der Galerie Brinkhoff werden Sie finden, was Sie vermissen.

      Ein mit Schreibmaschine geschriebener Text, bei dem der Buchstabe ›e‹ aus der Reihe tanzte.

      »Wer schreibt denn heutzutage noch mit einer Schreibmaschine, noch dazu mit einer, die ganz offensichtlich defekt ist …, das macht doch keinen Sinn.«

      Das interessierte Leonie im Moment nicht, sie wollte etwas anderes wissen.

      »Woher hast du die Nachricht? Und Galerie Brinkhoff …, sagt dir das etwas?«

      »Der Schrieb lag vorhin auf meinem Schreibtisch, und ich frage mich, wie er dorthin gekommen ist. Heute früh war er auf jeden Fall noch nicht da. Wer also konnte so ohne Weiteres in mein Büro gelangen? Es muss ein Fremder gewesen sein.«

      Oder auch nicht, hätte Leonie am liebsten gesagt, aber das verkniff sie sich.

      »Und die Galerie?«, erinnerte sie ihn.

      »Ach so, ja, die gibt es in Eigenstadt. Hat einen guten Namen. Deswegen macht auch das keinen Sinn, diesen Namen in den Raum zu werfen. Ich gehe doch recht in der Annahme, dass sich unser van Veere dort befinden soll …, ich glaube, da will uns jemand ganz gehörig auf den Arm nehmen. Oder es war ein Verrückter am Werk. Nur haben Verrückte die Möglichkeiten, vor allem die Fähigkeiten, ein Bild zu kopieren, es unbemerkt auszutauschen? Nun, wohl eher nicht. Aber ein normaler Mensch würde das Original nicht ein paar Kilometer weiter an den Mann bringen, und mir dann den entscheidenden Hinweis liefern.«

      Er blickte Leonie nachdenklich an.

      »Oder gab es zwischen Fälscher und Hehler Differenzen, das vereinbarte Geld ist nicht geflossen und …«

      Leonie unterbrach ihn. »Onkel Anton, ich glaube, dass alles ganz anders war, und unser Täter, unsere Täterin ist ein wenig kopflos geworden. Ich werde diese Galerie aufsuchen, mich dort umsehen.«

      »Aber du wirst keine Polizei einschalten. Das möchte ich um keinen Preis auf der Welt.«

      Leonie stand auf. »Während ich weg bin, solltest du nach der Schreibmaschine suchen lassen. Sie muss hier im Schloss sein.«

      Er begann herzhaft zu lachen. »Leonie, bei allem Wohlwollen und bei allem Respekt vor deinem Scharfsinn … Eine alte, nicht richtig funktionsfähige Schreibmaschine hier bei uns? Wenn es so etwas vor Einführung der Computer bei uns noch gegeben haben soll, so kann ich dir sagen, dass alles längst entsorgt wurde.«

      »Aber eine Schreibmaschine mit genau diesem Defekt hat es gegeben. Das weiß ich genau. Ich habe gern darauf geschrieben, weil ich das mit diesem tanzenden Buchstaben so witzig fand. Und Florian wollte die Maschine immer reparieren, was ich zu verhindern wusste, weil ich seinen Fähigkeiten nicht so recht traute …, die Maschine muss noch irgendwo sein. Frag Florian. Wir haben sie seinerzeit im Gartenzimmer benutzt. Das dient euch doch mehr oder weniger als Abstellraum.«

      Sie stand auf.

      »Onkel Anton, ich möchte jetzt unbedingt der Galerie einen Besuch abstatten.«

      Er erhob sich gleichfalls.

      »Du kannst sie nicht verfehlen. Sie befindet sich auf der Hauptstraße, mitten in der Fußgängerzone … Leonie, mal ganz ehrlich, würdest du das, was hier gerade abläuft, in einem deiner Romane niederschreiben?«

      Sie zuckte die Achseln.

      »Vielleicht, vielleicht auch nicht …, das Leben schreibt manchmal Geschichten, die spannender sind als ein Roman.«

      Sie griff nach ihrer Tasche.

      »Leonie, wenn das mit der Schreibmaschine stimmt, dann bedeutet das doch, dass jemand von uns …, jemand aus unserem näherem Umfeld …«

      Dieser Gedanke war für ihn so ungeheuerlich, dass er ihn nicht zu Ende bringen wollte.

      Das tat Leonie.

      »Ja, Onkel Anton, und ich glaube auch zu wissen, wer für das alles verantwortlich ist. Ganz klar ist mir allerdings noch nicht, wieso diese Galerie ins Spiel gekommen ist.«

      Natürlich bedrängte er sie jetzt, wollte, dass sie ihren Verdacht aussprach.

      Doch da blieb Leonie eisern.

      Sie glaubte, ein, das entscheidende Puzzlesteinchen zu haben. Doch es fehlten noch viele Steine, ehe sich ein Bild daraus ergab.

      Sie war von Natur aus ein viel zu gründlicher Mensch, und deswegen würde sie niemals einfach etwas herausplaudern, das nicht fundiert war.

      »Onkel Anton, bitte gedulde dich noch ein wenig, und sprich außer mit Florian mit niemandem darüber. Den musst du wegen der Schreibmaschine einweihen. So, und nun muss ich weg.«

      Es war ihm anzusehen, dass er gern mehr erfahren hätte und dass es ihm schwerfiel, jetzt ruhig zu bleiben.

      Kein Wunder auch.

      Anton Graf von Ahndorf war es gewohnt, stets seinen Willen durchzusetzen.

      Leonie Gräfin von Tenhagen konnte das auch, wenn es darauf ankam.

      Als sie die Treppe herunterlief, kam Melanie ihr entgegen. Die wollte sie in ein Gespräch verwickeln, doch Leonie grüßte nur knapp und ließ Melanie dann stehen.

      *

      Im Umkreis von Eigenstadt gab es nicht nur Ahndorf, sondern zwei weitere Schlösser, mehrere große Landgüter und imposante Bauernhöfe.

      Eigenstadt war so etwas wie der kulturelle Mittelpunkt für die ganze Gegend.

      Es gab erstaunlich viele Läden, die sehr hochpreisige Waren verkauften, mehrere erstklassige Restaurants.

      Es wunderte Leonie eigentlich nicht, dass sich auch eine Galerie angesiedelt hatte.

      Wo Kaufkraft vorhanden war, interessierte man sich auch für Kunst, in erster Linie als Kapitalanlage.

      Leonie kannte die Galerie noch nicht. Das war allerdings kein Wunder. Während ihrer Ehezeit mit Robert war sie nur sehr selten auf Schloss Ahndorf gewesen, und hinterher hatte es ihr gereicht, sich dort auszuruhen, auszureiten, lange Spaziergänge zu machen.

      Außerdem gab es ringsum kleinere Orte, die sie hübscher fand.

      Leonie hatte Glück. Sie fand sofort einen Parkplatz, der nicht weit von der Fußgängerzone entfernt war. Und sehr schnell hatte sie auch die Galerie erreicht. Es brannte kein Licht. Als sie davorstand, bemerkte sie eine nur notdürftig reparierte Fensterscheibe.

      »Die Galerie ist heute geschlossen«, sagte eine sympathisch klingende Frauenstimme. »Jemand ist eingebrochen, und ich konnte noch nicht einmal feststellen, ob etwas gestohlen wurde, weil ich mich um meine Tochter kümmern muss …, ausgerechnet heute ist der Kindergarten geschlossen, und die Tagesmutter ist verreist …, kennen Sie so etwas auch? Ich mein, dass alles schief läuft, wenn man es nicht brauchen kann?«

      Leonie drehte sich um.

      Die jetzt vor ihr stehende Frau hatte nicht nur eine sympathisch klingende Stimme, sie machte auch einen sympathischen Eindruck. Mehr noch, sie sah sehr gut aus, war groß, schlank, hatte kurzes lockiges braunes Haar, schöne braune Augen und ein schmales Gesicht.

      An ihrer Hand hatte sie – jetzt stockte Leonie der Atem – ein kleines Mädchen.

      Das gab es nicht! Das konnte nicht wahr sein! Diese Ähnlichkeit …

      »Hallo, ich bin Antonia Brinkhoff …, und wer bist du?«

      »Antonia«, mahnte ihre Mutter, »sei bitte nicht so indiskret.« Sie wandte sich Leonie zu. »Bitte entschuldigen Sie, meine Tochter fragt alle Leute Löcher in den Bauch.«

      Antonia winkte ab.

      »Ich bin Leonie …, Leonie Tenhagen.«

      »Meine

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