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übernehmen?«, erkundigte Danny sich zähneknirschend bei Wendy. »Vielleicht hat sie vor ihm ja mehr Respekt als vor mir.« Wenn er daran dachte, wie sie im BH vor ihm gestanden und seine Hand auf ihre Brust gedrückt hatte, bekam er noch immer eine Gänsehaut.

      »Und wenn nicht?«, erwiderte Wendy schmunzelnd.

      »Um Dad mach ich mir keine Sorgen. Der wird mit so einem Kaliber spielend fertig.«

      Wendy lachte belustigt auf.

      »Tut mir leid, dass ich dich enttäuschen muss.« Ihre heitere Miene strafte sie Lügen. »Erstens hat dein Vater eine Verabredung mit deiner Mutter und ist deshalb schon weg. Und zweitens würde er dir sagen, dass du endlich lernen musst, diese Dinge selbst zu regeln.«

      »Und drittens geben Sie ihm wahrscheinlich auch noch recht«, sagte Danny ihr auf den Kopf zu und schnitt eine Grimasse.

      »Stimmt!« Wendy lächelte liebenswürdig zurück, und so blieb dem jungen Arzt nichts anderes übrig, als sich auf den Weg zu machen.

      Nach wie vor litt Frau Fröbel nicht an einer ernsthaften Krankheit, die einen Hausbesuch gerechtfertigt hätte. Trotzdem dauerte es eine Weile, bis Danny sich aus ihren Fängen befreien konnte, ohne das Gesicht zu verlieren oder sie vor den Kopf zu stoßen.

      Als es ihm endlich gelungen war und er zu Hause ankam, schlief Tatjana längst tief und fest, und auch am nächsten Morgen sah er sie nicht, da es ihr gelang, die Wohnung im Morgengrauen zu verlassen, ohne ihn zu wecken. Viel zu spät schreckte er aus bleischwerem Schlaf hoch. Wenn er nicht zu spät in die Praxis kommen wollte, musste er auf den obligatorischen Besuch in der Bäckerei verzichten.

      »Guten Morgen, Danny!«, begrüßte Wendy den frischgebackenen Doktor und musterte ihn eingehend. »Die Sonne strahlt heute ja wieder. Ganz im Gegensatz zu dir«, kommentierte sie seine verkniffene Miene. »War es so schlimm mit Frau Fröbel?«

      »Schlimm genug. Aber abgesehen davon habe ich eine Menge Arbeit. Das wissen Sie doch selbst«, ließ Danny durchscheinen, dass ihm nicht der Sinn nach einer lockeren Plauderei stand, und er wollte auf direktem Weg in sein Sprechzimmer gehen.

      Doch die langjährige Assistentin machte sich inzwischen ernsthafte Sorgen um ihren jungen Chef.

      »Bist du dir mit Tatjana immer noch nicht einig geworden?«, fragte sie mitfühlend. »Das kann doch nicht …«

      »Doch. Bin ich«, unterbrach Danny sie unwirsch. Allmählich bereute er es, dass er sich auf seiner Feier zu dieser einen, offenbar weltbewegenden Frage hatte hinreißen lassen. »Tatjana und ich werden in Las Vegas heiraten«, behauptete er der Einfachheit halber von den neuen Plänen seiner Freundin in der Absicht, sämtliche Spekulationen damit ein für alle Mal aus der Welt zu schaffen.

      Doch die erhoffte Wirkung blieb aus. Ganz im Gegenteil war die langjährige Assistentin sichtlich entsetzt.

      »In Las Vegas?«, hauchte sie. »Du weißt …« Die Gedanken in ihrem Kopf überschlugen sich, und sie hielt inne.

      Verwundert legte Danny den Kopf schief.

      »Was weiß ich?«

      »Du weißt doch sicher, dass Ehen, die in Las Vegas geschlossen werden, in Deutschlang nicht gültig sind. Da heiraten doch nur solche Paare, denen es nicht ernst ist. Mal abgesehen davon… Was sagen deine Eltern und deine Familie dazu?«

      Über ihren Worten war Dannys Miene finster und unheilverkündend geworden.

      »Ich bitte Sie, Wendy, seit wann sind Sie denn so spießig?«, tat er seinen Unmut kund.

      »Aber ich bin doch nicht spießig. Ich fürchte nur, dass Tatjana es nicht ernst meint mit dir«, versicherte sie mit Nachdruck, als sich die Tür öffnete und niemand anderer als Karla Fröbel die Praxis betrat.

      Mit einem Blick erfasste sie die Situation.

      »Ach, Ihre Freundin meint es nicht ernst mit Ihnen?« Diese Information kam ihr gerade recht. Ehe Danny antworten konnte, setzte sie ein süßliches Lächeln auf und kam mit wiegenden Hüften auf ihn zu. »So was haben Sie doch gar nicht nötig. Es gibt genügend gutaussehende Singlefrauen, die eine gute Partie wie Sie zu schätzen wissen.«

      »Ach ja? Und wo?«, gab Danny in seiner Not vor, ihre Avancen nicht verstanden zu haben.

      Doch davon ließ sich Karla Fröbel nicht abschrecken. Nach ihrem Misserfolg vom vergangenen Abend hatte sie einen Beschluss gefasst und setzte alles auf eine Karte.

      »Gehen Sie mit mir aus, und ich zeige es Ihnen«, versprach sie und lächelte Danny verführerisch an.

      Doch der junge Arzt dachte gar nicht daran, ihrer Aufforderung nachzukommen.

      »Tut mir leid. Aber ich denke, Tatjana hat noch eine Chance verdient«, stellte er klar und drehte sich um, um endgültig in seinem Sprechzimmer zu verschwinden.

      Zutiefst enttäuscht sah Karla Fröbel ihm nach, während sich Wendy nur mit Mühe ein Lachen verkneifen konnte.

      »Kann ich irgendwas für Sie tun, Frau Fröbel?«, fragte sie jedoch beherrscht.

      »Nein, danke, meine Herzschmerzen sind weg«, behauptete die gedemütigte Frau.

      Sie warf den blondierten Kopf in den Nacken und rauschte aus der Praxis. Vor der Tür wäre sie um ein Haar mit Daniel Norden zusammengestoßen. Doch auch ihn würdigte sie keines Blickes. Sie war wild entschlossen, der Praxis ein für alle Mal den Rücken zu kehren und sich einen anderen Arzt zu suchen, der ihre Vorzüge zu schätzen wusste.

      *

      Trotz der Widerworte seiner Freundin hatte Lorenz Herweg sein Vorhaben wahr gemacht und sich mit der Journalistin getroffen. Mit dem gesammelten Material und klopfendem Herzen machte er sich an diesem Morgen auf den Weg in die Klinik. Wie erwartet bereitete sein Vater ihm keinen freundlichen Empfang.

      »Was willst du hier? Hat dir diese Krankenschwester nicht gesagt, dass ich keinen Besuch mehr empfange?«, fragte Carl Herweg aufgebracht. »Ich möchte mal wissen, zu was die überhaupt zu gebrauchen ist.« Er saß halb aufrecht im Krankenbett und starrte seinen Sohn feindselig an.

      »Janine ist weder nichtsnutzig noch hat sie vergessen, mir was auszurichten«, nahm Lorenz seine Freundin in Schutz. Er sah sich suchend um. »Wo steckt sie überhaupt?«

      »Ich hab sie weggeschickt, um ein paar Kopien zu machen und einige Dinge zu erledigen«, brummte der alte Patriarch. »So schnell wird sie nicht zurück sein.«

      Das war Lorenz in diesem Augenblick nur recht. Unter den skeptischen Blicken seines Vaters zog er einen Stuhl ans Bett und setzte sich.

      »Willst du dich hier häuslich einrichten?«, schnaubte Carl Herweg unwillig.

      »Willst du kapitulieren?«, konterte Lorenz mit einer Gegenfrage.

      »Ich kapituliere nicht. Ich will meine Firma ordnen«, widersprach sein Vater.

      »Wenn meine Mutter noch leben würde …«, setzte Lorenz an. Doch weiter kam er nicht.

      »Lass deine Mutter aus dem Spiel!«, brauste der Patriarch auf. »Sie hat damit nichts zu tun. Es geht um diese Ärzte, die denken, dass sich jedes Problem der Welt mit ein paar Pillen lösen lässt.« Carl Herwegs Stimme war verwaschen, und das Gespräch strengte ihn sichtlich an. Weitgehend zur Reglosigkeit verdammt, lag er im Bett und kämpfte seinen einsamen Kampf.

      Doch darauf konnte sein Sohn keine Rücksicht nehmen.

      »Ich verstehe dich nicht. Deine Chancen stehen doch gar nicht so schlecht. Hier!« Lorenz deutete auf die Mappe mit den Unterlagen, die er gesammelt hatte. »Hier steht alles Schwarz auf Weiß. Wenn du die Medikamente nimmst, kannst du die Beschwerden in den Griff bekommen.«

      »Bildest du dir etwa was drauf ein, dass du ein Mal ein medizinisches Buch in die Hand genommen und ein paar Seiten rauskopiert hast?«, spottete der Alte und lachte heiser. »Deshalb musst du dich nicht gleich zum Sprachrohr der Ärzte machen.«

      Mit aller Macht musste sich Lorenz zur Ruhe mahnen,

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