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nichts verändern. Das ist ja dein Zimmer. Aber sag mal, wie findest du es?«

      »Finden? Was?«

      »Na, das mit Catherine und mir, ich meine, dass wir zusammen sind.«

      »Ich finde Catherine nett, und ich denke, ihr passt gut zusammen.«

      »Das ist gut, dass du es so siehst. Hast du eigentlich noch mal was von Doris gehört?«

      »Nein. Aber das hat sie bei ihrem Besuch damals auch deutlich zum Ausdruck gebracht, dass sie zu den Fahrenbachs keinen Kontakt mehr haben möchte.«

      »Aber dich konnte sie doch gut leiden.«

      »Dich auch, Jörg, und trotzdem ist es in die Brüche gegangen.«

      »Manchmal glaube ich, dass ich zu Doris nicht immer nett war, besonders hier in Frankreich.«

      »Das stimmt. Aber, Jörg, es ist vorbei. Sie hat einen neuen Partner, du eine neue Partnerin. Es musste wohl so kommen.«

      »Du hast aber noch immer deinen Thomas?«, erkundigte er sich behutsam. »Oder ist das auch schon Schnee von gestern?«

      Bloß nicht darüber reden.

      Wie sollte sie ihrem Bruder klarmachen, dass Thomas noch immer in den USA lebte und nicht in die Hufe kam?

      »Thomas gibt es noch immer in meinem Leben, und es wird ihn immer geben, weil er meine große Liebe ist. Aber lass uns später darüber reden. Ich möchte mich jetzt wirklich gern frisch machen und umziehen.«

      Sie schob ihren Bruder hinaus und begann, ihre Tasche auszupacken, und dabei stellte sie fest, dass sie das Foto von Thomas, das sie eigentlich immer mitnahm, zu Hause vergessen hatte.

      Für die Nächte auf dem Chateau würde der Platz auf ihrem Nachttisch leer bleiben.

      Sie ging zu den Flügeltüren und öffnete sie. Dann lehnte sie sich an die reichverzierte Metallbrüstung und schaute hinauf auf die Weinberge, die sich den Hügel hinaufschlängelten und dann irgendwo am Horizont verloren.

      Es war schön hier, wunderschön wie immer. Aber Bettina spürte eine Veränderung, die ihr beim letzten Besuch nicht aufgefallen war, oder vielleicht war es da noch nicht gewesen.

      Chateau Dorleac war nichts mehr, was zu ihrem Leben gehörte. Sie hatte Abstand gewonnen und war jetzt nichts mehr als eine Besucherin.

      Aber das hatte ja auch nicht wirklich etwas mit den Fahrenbachs zu tun. Es war gekauft worden, während der Fahrenbach-Hof seit mehr als fünf Generationen im Familienbesitz war, und er gehörte ihr, während das Chateau Jörgs Erbteil war. Das machte den Unterschied aus.

      Sie würde alles tun, um Jörg zu helfen, weil dieser Besitz hier ja auch seine Existenz war, weil er ihr Bruder war und allein schon deswegen die Verpflichtung bestand, für ihn da zu sein.

      Aber Chateau Dorleac war ihr fremd geworden.

      Sie schlüpfte aus ihren Kleidern und stellte sich unter die Dusche in ihrem alten Badezimmer mit den verblichenen Rosenranken. Auch hier wollte sich dieses anheimelnde Gefühl nicht einstellen, und sie fragte sich insgeheim, warum sie so darauf versessen gewesen war, dieses Zimmer mit dem altmodischen Badezimmer zu beziehen.

      Keine zehn Minuten später hatte sie sich abgetrocknet und war in eine khakifarbene Hose geschlüpft und ein gleichfarbiges schlichtes Shirt. Das war bequem, und so fühlte sie sich wohl.

      Ehe sie das Zimmer verließ, fragte sie sich, ob sie gleich hinüber in die Verwaltung des Weingutes gehen sollte, um mit Marcel zu reden. Aber das verwarf sie schnell wieder. Das war kein guter Gedanke. Sie musste erst einmal richtig ankommen, sich in das Chateau hineinleben und sich auch noch einmal mit Jörg unterhalten, um zu erfahren, was wirklich vorgefallen war. Dazu bot sich bei einem köstlichen Essen, in entspannter Atmosphäre die richtige Gelegenheit.

      Vielleicht erfuhr sie ja auch von Catherine etwas, die war auf jeden Fall realistischer als ihr Bruder.

      Ja, das war die richtige Entscheidung.

      Sie verließ ihr Zimmer und rannte die breite Treppe hinunter, dabei musste sie an sich halten, sich nicht auf das sorgsam polierte, glatte Holzgeländer zu schwingen und herunterzurutschen, wie sie es als Kinder mit wachsender Begeisterung getan hatten.

      Wie lange das schon her war! Und was war inzwischen nicht alles geschehen!

      Bettina zögerte einen Augenblick, dann gab sie dem Impuls nicht nach. Sie war kein Kind mehr.

      Sie hatte Kaffeedurst und würde es sich jetzt bei Marie in der Küche bei einem großen Café au Lait gemütlich machen und mit ihr ein wenig tratschen.

      Marie liebte das, und Küchen waren ein Umschlagplatz für Klatsch und Neuigkeiten. Wer weiß, was sie von Marie, der guten Seele, alles erfahren würde.

      *

      Bettina hatte mit Marie lange gerungen. Endlich hatte sie es geschafft, der Köchin statt eines opulenten mehrgängigen Menüs eine Bouillabaisse abzuschwatzen. Und das es eine richtige Entscheidung gewesen war, zeigte sich daran, dass Bettina nach dem Genuss das Gefühl hatte, zu platzen.

      Die Bouillabaisse war aber auch zum Niederknien gewesen, und niemand konnte sie so gut zubereiten wie Marie, die auch stets darauf achtete, nur beste Zutaten zu verwenden: hinreichend Hummer, Pfahl- und Kamm-Muscheln, Aal, Heilbutt, Steinbeißer, Kabeljau und Seelachs und Gewürze und Kräuter, die nach einem strengen, geheim gehaltenen Ritual hinzugefügt wurden. Marie stammte, was sie auch immer wieder betonte, aus Marseille, und dort sogen die Kinder, wie sie lachend behauptete, die Bouillabaisse bereits mit der Muttermilch ein.

      Dazu der köstliche Chateau-Wein.

      Mehr hätte es für Bettina nicht gebraucht, sie fühlte sich rundum zufrieden. Aber Marie wäre nicht Marie gewesen, wenn ihr das gereicht hätte.

      Es musste wenigstens noch ein Dessert sein, und auch das war hervorragend. Ein Soufflé au Grand Marnier, bluffig, auf den Punkt, aufgegangen wie eine strahlende Sonne am Morgen.

      Bettina war überzeugt davon, dass Marie niemals Angst davor hatte, ihr Soufflé könnte zusammenfallen.

      Es sah so schön aus, dass man sich eigentlich gar nicht traute, dieses herrliche Gebilde zu zerstören.

      Schließlich tat Bettina es doch.

      Es war der reinste Gaumenschmaus.

      »Marie, du bist eine so begnadete Köchin. Ich könnte hier nicht immer leben, denn dann könntest du mich eines Tages den Hügel herunterrollen. Selbst meine von Natur aus schlanke Figur könnte diesen Verführungen nicht standhalten.«

      Bettina lehnte sich in ihrem Stuhl zurück und sah, wie Marie vor lauter Freude rot wurde über dieses Kompliment. Sie wusste, dass auch Leni eine hervorragende Köchin war, und wenn Bettina sie so lobte, bedeutete das, dass sie mit Leni in Deutschland durchaus konkurrieren konnte.

      »Und zum Abschluss gibt es noch etwas Käse«, sagte Marie und zauberte eine große Käseplatte herbei, reich verziert mit Trauben und Obst, schon allein der Anblick war verführerisch.

      »Ich nicht«, sagte Bettina.

      Aber Jörg und Catherine machten sich über den Käse her, und Marie bestand darauf, dass Bettina wenigstens etwas davon aß.

      Bettina wusste, dass Marie keine Ruhe geben würde. Sie kannte einen Großteil der servierten Käsesorten nicht.

      Aber den Reblochon erkannte sie an seiner orange-gelben Rinde. Es war ein köstlicher, weicher Butterkäse, von dem sie etwas nahm, auch etwas von dem Le Dauphinois, der im Geschmack ähnlich war wie der Reblochon, nur noch ein wenig milder. Den blaugeäderten Bleu de Bresse mochte sie nicht. Aber der Tomme de Sovoie war lecker, zart im Geschmack und halbweich. Mit dem Saint-Marcellin und Saint-Mare konnte man sie jagen, das waren Ziegenkäse, die sie nicht mochte. Sie mochte überhaupt keinen Ziegen- oder Schafskäse.

      »Noch etwas«, sagte Marie, die Bettina nicht aus den Augen gelassen hatte.

      Gut, sie

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