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Der Mime. Wilhelm Walloth
Читать онлайн.Название Der Mime
Год выпуска 0
isbn
Автор произведения Wilhelm Walloth
Жанр Зарубежная классика
Издательство Public Domain
Alsdann neigte sie, die Augenlider schließend, ein Erröthen affektirend ihre Stirne, die sie, da kein Kuß auf dieselbe erfolgte, ein wenig überrascht hob. Bei dieser Bewegung gewahrte sie erst, daß ein Fremder in der dunkelblauen Schattenmasse stand, welche die hintere Hälfte des Zimmers ausfüllte. Ein kaum bemerkbares Zucken glitt um ihre Lippen, als sie die sich weißabhebende Gestalt des Tänzers erkannt. Doch verlor sie, obgleich sie eine Sekunde hindurch ernst vor sich hin gestarrt, nicht die Fassung, sondern wandte sich, da sie sich beobachtet fühlte, mit möglichst heiterer Ruhe zu Domitian, und erst ein wenig zögernd, als sei sie von der Liebenswürdigkeit des Gatten tief gerührt, sagte sie schmeichelnd: »Welchʼ seltsame Ueberraschung, liebes Herz!«
Paris, anfangs betroffen, nahm sich sogleich zusammen, sobald er bemerkte, daß man ihn hier in eine Falle habe locken wollen. Er zog die Brauen in die Höhe, wie einer, der es nicht leiden mag, daß man ihn zum besten hat. Dann sah er absichtlich, als ginge ihn die ganze Angelegenheit nichts an, auf den in entgegengesetzter Richtung hängenden Thürvorhang, dessen Stickmuster er eifrig zu studieren schien.
Während nun Domitia, ihre Arme, sie von der Umhüllung befreiend, um ihres Gatten Hals schlang und ihm süße Kosenamen inʼs Ohr flüsterte, ließ Domitian, trotzdem sein Haupt zuweilen ganz im Busen des Weibes verschwand, sein Auge bald hinüber zu Paris, bald herab auf seine Gemahlin rollen, in ängstlicher Spannung eine Bestätigung seines Argwohns erwartend und ihn zugleich fürchtend.
»Mein liebes Herz hat mir gewiß eine Freude bereiten wollen,« flüsterte Domitia, »mein Herz weiß, wie sehr ich den Tanz liebe.«
Dann erheuchelte sie geschickt ein Gähnen und sagte, eigentlich sei die Stunde schlecht gewählt. Sie empfand die Wichtigkeit des Moments zu wohl, um nicht jedes Mittel zu benutzen, das die Eifersucht ihres Gatten niederschlagen konnte, weshalb sie denn auch einfließen ließ, es sei doch wohl besser, man entlasse den Tänzer.
Paris gab wiederholt, dem lauernden Kaiser gegenüber, seinem Widerwillen Ausdruck, ja er wagte es, da der Kaiser unschlüssig schwieg, laut um seine Entlassung zu bitten, da er bis zum Tode ermüdet sei.
Der Kaiser, der einsah, daß diese Art, hinter das Geheimniß zu kommen, zu keinem Ziele führte, wandte sich zu Domitia.
»Versuche du dein Glück! meine Liebe,« sagte er möglichst unbefangen, »ich dachte mir diese lange Nacht durch die Kunst dieses Jünglings zu verkürzen, er schlug mir aber meine Bitte ab: vielleicht daß dir, als meiner Frau, es besser gelingen möchte sein Herz zu erweichen.«
Paris biß die Zähne aufeinander, und als Domitia, eine vornehme, liebenswürdige Handbewegung ausführend, ihm ein paar Schritte entgegenging, trat er zurück, dem Kaiser einen halb bittenden, halb ärgerlichen Blick zuwerfend. In der That, als jetzt Domitia vor ihm stand und mit ihrer einschmeichelnden, Schüchternheit heuchelnden Stimme die Bitte aussprach, er möge ihnen doch durch seine Kunst eine angenehme Stunde bereiten, hatte er nicht nöthig Unwillen zu heucheln. Das süßliche unwahre Benehmen dieses Weibes, die Art, wie sie, mädchenhaft affektirt, das Köpfchen zur Seite bog, erschien im theilweise lächerlich, theilweise widerwärtig.
Der Kaiser, der scheinbar unbetheiligt im Hintergrunde am Fenster stand, beobachtete das Benehmen der Beiden aufʼs aufmerksamste und kam zu dem Resultat, daß Paris seine Stimmung ehrlich an den Tag legte, während das Benehmen seines Weibes ihm noch immer räthselhaft erschien und zu weiterem Nachdenken heraus forderte.
Als daher Paris fortfuhr, sich den Bitten Domitiaʼs gegenüber mit allzu großer Ermattung zu entschuldigen, näherte er sich den Beiden.
»Laß es gut sein, liebes Kind,« sagte er zur Kaiserin, »der junge Mann bedarf, wie ich sehe, der Ruhe.« —
Dann sich zu Paris wendend, gab er ihm zu verstehen, er könne sich entfernen.
Als die Diener eintraten, wandte er sich noch einmal nach Paris um, zugleich halb nach dem linken Thürvorhang, hinter welchem Silius harrte, hingekehrt.
»Vermeide es, den Zorn deines Kaisers herauszufordern,« murmelte er halb unverständlich, indeß Paris sich verbeugend ging. Dann zu Domitia hingewandt, deutete der Herrscher ihr an, auch sie könne den versäumten Schlaf nachholen.
Domitia, die unzufriedene Miene ihres Gatten wahrnehmend, von einer unbestimmten Ahnung getrieben, versicherte, sie zöge es vor mit ihrem Gemahl zu wachen und versuchte es nun, da sie sich allein mit ihm befand, denselben auf alle erdenkliche Weise zu erheitern, ihm ihre unwandelbare Treue zu beweisen.
Der Kaiser saß, indem sie schwatzte, theilnahmlos auf seinem Lager, nur zuweilen nickend, wenn sie ihm die Stadtneuigkeiten mittheilte, oder es versuchte, ihn zu seinen Lieblingsbeschäftigungen, dem Brettspiel, den Schießübungen zu ermuthigen. Sodann machte sie ihn aufmerksam auf den schnarchenden Zwerg, wagte auch einige humoristische Bemerkungen, die indeß diesmal, ohne eine Spur zu hinterlassen, verwehten.
»Soll ich Antonius einmal inʼs Ohr kneipen?« frug sie lächelnd, »oder wie wäre es, ich ließe ihm das heiße Pech des Candelabers auf die Nase träufeln? Gieb acht! welche Grimasse er schneidet.«
Wirklich wollte sie ihr Vorhaben ausführen und beugte den schweren Metallleuchter nach der Seite, wo Antonius am Boden röchelte.
Domitian legte sich jedoch inʼs Mittel, ihr diese Grausamkeit untersagend.
»Bei allen Göttern!« lachte sie auf, »du siehst, ich verfalle auf Thorheiten, da es mir nicht gelingt, dich heiter zu stimmen. Aber gieb acht! wie das aussieht.«
Sich der Macht ihrer Reize wohl bewußt, löste sie ihr Haar, so daß es wirr über ihre Schultern floß, ergriff eine Haarnadel und hielt sie so lange in die Flamme des Candelabers, bis sie an einem Ende glühte. Dann das Gewand vom Busen zurückstreifend, faltete sie die Arme.
»Gieb acht! ich werde aussehen wie eine phönizische Gottheit,« sagte sie, kniete zur Erde und wollte die Haarnadel so zwischen die Zähne pressen, daß der glühende Theil derselben ihr Antlitz von innen erleuchtete.
Die kluge Berechnung, daß sie in dieser Situation vermöge der Enthüllung ihrer Reize, einen Eindruck auf den Kaiser mache, was indeß nicht ganz richtig ausgefallen. Domitian wandte, um sich nicht bethören zu lassen, absichtlich die Blicke von ihr weg und gebot ihr schließlich aufzustehen, derartige Albernheiten zu unterlassen.
Endlich, da ihr die Worte ausgingen und alle ihre kleinen Künste fehlschlugen, versuchte sie einen kühnen Gewaltstreich.
Schon dämmerte fern über den Dächern Roms die Morgenröthe und mischte ihren müden graugelben Schimmer mit dem Mosaik des Gemachs, als die Kaiserin das schwüle Schweigen, das bisher geherrscht, unterbrechend, die Hand ihres Gemahls ergriff, sie inbrünstig anʼs Herz drücke und mit dem schmerzlich gehauchten Worte: »Lebe wohl!« sich erhob, das Gemach zu verlassen. Der Kaiser, von diesem zitternden Klang überrascht und ergriffen, sah empor in ihre Züge, die mit gut gespielter Energie einen festen verzweiflungsvollen Entschluß ausdrückten.
»Was beginnst du?« fragte er zerstreut.
Domitia, die ihren aufsteigenden Zorn nur mühsam unterdrückte, raffte mit einer hastigen Bewegung ihren schwarzen Ueberwurf geschickt um die entblößten Schultern, beugte ihre Stirne herab und flüsterte mit erzwungen melancholischem Tonfall: »Wenn mein Gatte meiner müde ist, soll es nicht an mir liegen ihn zu langweilen.«
Der Kaiser, auf den die zartgezogenen Wellenlinien dieses Gesichts, das jetzt ein schwermüthiger Hauch umschattete, ihre alte Wirkung auszuüben begannen, stammelte ein paar entschuldigende Worte. Sie jedoch schüttelte kummervoll den Kopf, wandte ihn sodann seitwärts und hauchte träumerisch vor sich hin: »Götter! warum muß er mir mißtrauen?«
Der Kaiser zuckte von diesen Worten getroffen zusammen und doch fühlte er sich erleichtert, daß nicht er, sondern sie den wunden Punkt berührt und daß es endlich zu einer Aussprache über diese ernste Angelegenheit kommen sollte.
Die erröthende Stirne runzelnd, mit den Augen unruhig den Boden suchend, flüsterte er: »Und habe ich dazu keine Ursache?«
»Mir – zu mißtrauen?« entrang es sich