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Der Pastor von Ashbourn. Александр Дюма
Читать онлайн.Название Der Pastor von Ashbourn
Год выпуска 0
isbn
Автор произведения Александр Дюма
Жанр Зарубежная классика
Издательство Public Domain
Alle diese Leute, welche diese Ebene mit ihren Arbeiten und ihren Gesängen belebten, hatten das Ansehen rechtschaffener Sterblicher, die unfähig waren, an das Böse zu denken und boshaft zu handeln. So daß, als ich aus der Ferne den Kirchthurm des Dorfes sah, wohin ich mich begab, ich mehr als jemals überzeugt war, daß dieses Mal, wie immer, mein Wirth, der Kupferschmied, es war, der Recht hatte, und ich, der Unrecht hatte.
Mit diesem Eindrucke kam ich nach dem Pfarrhause. Die gute Madame Snart erwartete mich unter der Thür, sie führte mich zu ihrem Gatten, der, seit einem Monate auf einem Kanapee liegend, nicht mehr ausging, nicht mehr aufstand, und an einer Lungenschwindsucht dahin starb.
Der Kranke reichte mir die Hand, hieß mich mit erloschener Stimme willkommen und lud mich ein, mich neben sein Kanapee an den für seine Frau und mich gedeckten Tisch zu setzen.
Ich hatte sieben Meilen zu Fuß zurückgelegt; ich war jung, gesund; ich hatte großen Appetit; ich nahm mir nur die Zeit in das kleine, wie eine Brautkammer weiße Zimmer zu gehen, das für mich zurecht gemacht worden war, und nachdem ich meiner Toilette einige Aufmerksamkeit gewidmet, kehrte ich zu meinen beiden Wirthen zurück.
Man sah, daß, ohne reich zu sein, das Haus wohlhabend war. In der That, der Pastor sagte mir, daß seine Pfarre ihm jahrlich neunzig Pfund Sterling eintrüge, was mehr als hinreichend war, um in einem kleinen Dorfe von fünfhundert Seelen zu leben. Alles, Wäsche, Porzellan und Silberzeug war daher auch in dem Innern schön, frisch und glänzend. Eine einzige Magd besorgte die kleine Haushaltung; aber sie war sauber, gut gekleidet, freundlich, gefällig, indem sie in den Augen ihrer Herrschaft ihre Wünsche las und ihnen zuvorkam, bevor sie dieselben ausgedrückt hatte. Mit Ausnahme des Sterbenden, der übrigens, wie alle Brustkranke, seinen Zustand nicht ahnete, und die schönsten Pläne für die Zukunft machte, schien Alles um dieses Kanapee herum gesegnet, auf welchem er mit dem Tode rang. Nur, wenn das Auge auf dem schwermüthigen Gesichte der Frau, auf dem besorgten Blicke der Magd verweilte, sah man ein, daß da auf der einen Seite ein unermeßlicher Schmerz, und auf der andern eine große Furcht herrschte, welche die beiden Frauen vor den Augen des Kranken, und selbst vor ihren eigenen Augen zu verbergen suchten.
Ich war um fünf Uhr angekommen; die Mahlzeit, die wir gehalten hatten, und die weit eher ein Vesperbrod, als ein Mittagessen war, hatte bis um halb sieben Uhr gedauert. Als wir vom Tische aufstanden, und ich mich anschickte, auszugehen, hatten wir also noch beinahe zwei Stunden Tag. Ich sage, als ich mich anschickte, auszugehen, weil ich, beständig von dieser unglückseligen Predigt gequält, von der ich meine Gedanken keine einzige Minute lang entfernen konnte, beschlossen hatte, einen Spaziergang in das Dorf, und eine weit genauere Bekanntschaft mit den Bewohnern von Ashbourn zu machen. Herr und Madame Snart, welche mir bereits Einiges über die Einfachheit des Herzens und die Reinheit der Sitten dieser wackeren Leute gesagt hatten, forderten mich ihrerseits dazu auf, wie als ob sie meine Besorgnisse auf dem Grunde meiner Seele hätten lesen können und errathen hätten, daß ich des Anblickes eines jener friedlichen Dorfabende bedurft hätte, um meine Ideen zu berichtigen. – Ich ging also aus, indem ich einen besorgten und bestürzten Blick um mich warf, und nichts so sehr fürchtete, als sich vor meinen Augen das Schauspiel eines unschuldigen und ruhigen Lebens entfalten zu sehen! . . .
Ach! mein lieber Petrus, ein Abend des goldenen Zeitalters wäre nicht friedlicher und lachender gewesen als der, welcher sich meinen Blicken bot, und der von den letzten Strahlen der Sonne vergoldet verfloß! – Die alten Mütter spannen vor ihren Thüren, die Greise plauderten auf Bänken von Stein, von Holz oder Rasen; die Männer im mittleren Alter schoben Kegel oder spielten Siam; endlich tanzten die jungen Leute und die jungen Mädchen bei der Musik einer Violine und einer Flöte unter vier großen Linden, welche den Marktplatz des Dorfes beschatteten. Man errieth, daß es der Abend des Sonnabends , das heißt das Ende des letzten Tages der Woche war; man begriff diese fröhliche Einleitung zu der Ruhe des folgenden Tages, und man fühlte, daß alle diese wackeren Leute, die indessen niemals Horaz gelesen hatten, indem sie bereits die vergangenen Beschwerden vergaßen und sich noch nicht um die kommenden Beschwerden kümmerten, wie jener Fürst der Dichter und jener König der Epikuräer sagten: Valeat res ludicra!
Ich gestehe zu meiner Schande, mein lieber Petrus, daß dieses des Pinsels van Ostade’s und Tenier’s würdige Bild, statt mich zu erfreuen, wie es dasselbe hätte thun sollen, mich unendlich betrübte. Ich hätte Gesang und Geschrei in den Schenken, Wortwechsel und Balgereien an den Straßenecken gewollt; ich hätte diesen unter der Aufsicht ihrer Großeltern tanzenden jungen Leuten und jungen Mädchen verstohlene Gruppen vorgezogen, die sich wie Schatten davon schlichen und heimlicher Weise das Feld erreichten; ich hätte den Reichen sehen mögen, wie er dem Armen das Almosen verweigerte, und den Armen weinend und lästernd; kurz, ich hätte irgend Etwas sehen mögen, was meine Predigt des folgenden Tages rechtfertigte, während ich im Gegentheile, nach welcher Seite ich die Augen auch wenden mochte, nur das friedliche Schauspiel einer rechtschaffenen Bevölkerung fand, die sich ohne Aergerniß belustigte und ihre Spiele nur unterbrach, um mich wohlwollend zu grüßen und mir freundschaftlich zuzulächeln: denn als man mich allein, fremd, durch die Straßen des Dorfes umherirren sah, dachte man sich, daß ich, der junge Pastor, ohne Heerde wäre, der in seinem evangelischen Eifer käme, umsonst das Wort des Herrn auf dem Boden auszusäen, den die Krankheit eines seiner Amtsbrüder brach liegen ließ.
Ich blieb, indem ich hoffte, daß die Dunkelheit, welche sich auf die Erde herab ließ, und welche die Mutter der schlechten Gedanken und das Asyl der schlechten Handlungen, ist, eine Aenderung unter dieser unschuldigen Bevölkerung herbeiführen würde, die nur eine einzige Familie auszumachen schien. Ich irrte mich. Die Dämmerung kam herbei, dann die Nacht, eine finstere Nacht, wie das Laster und das Verbrechen selbst sie hätten verlangen können, wenn sie dieselbe nöthig gehabt hätten; aber bei dem Einbruche der Nacht kehrten Alle nach Haus zurück, indem sie unschuldige Küsse oder freundschaftliche Händedrücke auswechselten. Die Lichter verloschen eines nach dem anderen, das Geräusch hörte allmälig auf, und ich befand mich mit untergeschlagenen Armen, – an eine der Linden gelehnt, welche den fröhlichen Tanz beschirmt hatten, – weit trauriger, weit finsterer, als diese Nacht, die mich umgab, allein auf diesem Marktplatze!
Ich kehrte bestürzt nach Haus zurück!
VI.
Mein erstes Auftreten als Redner
Meine gute Wrthin hatte mich erwartet, obgleich sie nichts von meiner verlängerten Abwesenheit begriff. Sie wollte mich zurückbehalten, um den Thee mit ihr zu trinken; aber ich bat sie um die Erlaubniß, mich in mein Zimmer zurückzuziehen, indem ich die Ermüdung der Reise und das Bedürfniß der Ruhe vorschützte.
Oh! ich war nicht ermüdet, ich hatte keine Lust, zu schlafen, ich versichere es Ihnen, mein lieber Petrus!
Nein, ich wollte allein sein, um meine Predigt zu verbessern.
Ich verwandte die ganze Nacht darauf; während der ganzen Nacht war ich damit beschäftigt, die zu heftigen Stellen zu mildern, die zu lebhaften Farben zu verwischen; dann, als diese Farben verwischt, diese Stellen gemildert waren, sie mit lauter Stimme zu wiederholen und sie meinem Gedächtnisse einzuprägen.
Ach! nach dieser Arbeit schien meine Predigt noch nicht für dieses freundliche und reizende Dorf Ashbourn, sondern für irgend eine verfluchte Stadt gemacht zu sein, wie Babylon oder Gomorrha, wie Karthago oder Sodom, wie London oder Paris.
Ah! welche Wirkung hätte diese unglückselige Predigt in der Sanct Paulskirche oder in Notre Dame hervorgebracht!
Am Ende dieser Nacht, einer der mühseligsten, die ich jemals zugebracht habe, schlief ich vor Müdigkeit erschöpft, vor Schlaf umfallend, in dem Augenblicke ein, wo die ersten Strahlen der Sonne auf dem Rande meines Fensters durch das Laub der Reben und der blühenden Levkojen und Nelken spielten.
Dieser zweistündige Schlaf war ein sehr garstiger Schlaf und brachte mir mehr Ermüdung, als Ruhe. – Endlich schlug die Stunde und fand mich noch über meine Predigt gebückt,