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Der Pastor von Ashbourn. Александр Дюма
Читать онлайн.Название Der Pastor von Ashbourn
Год выпуска 0
isbn
Автор произведения Александр Дюма
Жанр Зарубежная классика
Издательство Public Domain
Ich hatte nur noch einen Wunsch, nämlich aus ihr etwas Unbedeutendes und Farbloses zu machen; unglücklicher Weise war sie, welche Mühe ich mir auch geben mochte, zu reich an Ideen und zu mächtig in der Form, um zu einer so gänzlichen Nullität zu gelangen.
Endlich kam der schreckliche Augenblick herbei: ich bestieg wankenden Schrittes die Kanzel. Es versteht sich von selbst, daß die Versammlung zahlreich war; das Gerücht, daß ein fremder Pastor, daß ein junger Mann von dem größten Verdienste, kurz daß der Sohn des Pastors Bemrode, an dem ersten Sonntage des Monates Juni in der Kirche von Ashbourn predigen sollte, hatte sich schnell verbreitet, und die Kirche war voll, so voll, daß man durch die offenen Thüren auf dem Vorplatze, wie an den Thüren eines Theaters, eine lange Reihe von Leuten sah, die nicht hatten eintreten können.
Alle Landleute der Umgegend waren, mit ihren Festtagskleidern angethan, mit offenem Munde vor Erwartung und die Augen mit einer verzehrenden Neugierde auf mich geheftet, auf den Beinen.
Besonders nun, mein lieber Petrus, als ich alle diese einfachen Gesichter, alle diese rechtschaffenen Mienen erblickte, sah ich ein, daß sich in dieser ganzen Versammlung vielleicht nicht ein Mann oder eine Frau befände, welche eines einzigen der Vergehen schuldig wären, gegen die ich donnern wollte, und deren entsetzliches Verzeichniß sich wie ein Heer von Gespenstern, die Einen drohend, die Anderen spöttisch, vor mir aufrichteten. Im Voraus glaubte ich das Erstaunen, die Bestürzung, den Schmerz aller dieser wackeren Leute zu sehen, sobald sie bemerkten, daß ich sie so schlecht beurtheilt hatte; im Voraus glaubte ich ihre erzürnten Stimmen mich der Ungerechtigkeit, der Verdrehung, der Bosheit beschuldigen zu hören: im Voraus glaubte ich den, der sich so ungerechter Weise zum Richter aufgeworfen hatte, gerechter Weise gerichtet, und ohne Erbarmen und ohne Mitleid gerichtet zu sehen, weil er selbst ohne Mitleid und Erbarmen gewesen war.
Unter anderen zwei Männer, zwei Greise mit weißen Haaren, patriarchalischen Gesichtern, mit sanften und heiteren Zügen, standen vor mir, indem sie mich mit einem Lächeln anblickten, wie sie ihren Sohn angeblickt hätten.
Nun denn! ich stellte mir diese beiden Gesichter bereits vor, wie sie sich zusammenzogen und verfinsterten, und wie dieses wohlwollende Lächeln dem Ausdrucke des Zornes und des Unwillens wich.
Wenn ich es gewagt hätte, so würde ich meine Zuhörer im Voraus um Verzeihung wegen der Predigt gebeten haben , die ich vor ihnen zu halten im Begriffe stand.
Ah! wenn mein Wirth, der Kupferschmied, da gewesen wäre, so schwöre ich Ihnen, mein lieber Petrus, daß ich mich in seine Arme geworfen hätte, indem ich zu ihm sagte:
– Mein einziger, mein alleiniger Freund, haben Sie Mitleid mit mir, und sagen Sie allen diesen wackeren Leuten, welche gekommen sind, um mich zu hören, daß ich ein böser und hochmüthiger Mensch sei, unwürdig, zu ihnen im Namen des Herrn zu sprechen, der ganz Milde und Barmherzigkeit ist.
Aber der würdige Mann war nicht da, und ich blickte vergebens um mich, ich fand kein einziges bekanntes Gesicht, ausgenommen das der guten Madame Snart, die mich zugleich mit den Lippen und mit den Augen, dem Lächeln und dem Blicke ermuthigte.
Glücklicher Weise sang man während dieser Zeit das Lied; ich benutzte diese Frist, um mein Heft nochmals flüchtig durchzusehen und mit Bleistift die letzten Aenderungen daran zu machen, und – wenn die Verwirrung meines Geistes mir nicht erlaubte, diese Aenderungen zu machen – kleine Kreuze zu zeichnen, welche sagen wollten: »Wegzulassen!«
Das Lied endigte, die Stimmen verhallten. Meine Reihe war gekommen. – Die Zuhörer flüsterten, spieen aus, schneuzten sich, dann entstand eine tiefe Stille.
Ich fing an.
Den wahren Vorschriften der Rednerkunst gemäß hatte ich das Gemälde der Verbrechen für den zweiten Theil meiner Rede vorbehalten, und das der Strafen für die Nutzanwendung. Der Anfang meiner Predigt ging ziemlich gut; es war eine Schilderung der göttlichen Barmherzigkeit, welche, um müde zu werden, einer solchen Masse von Verbrechen bedarf, daß die Verzweiflung allein sie zur Gerechtigkeit führen kann. Man hörte daher diese Auseinandersetzung nicht allein mit einem vollkommenen Wohlwollen, sondern auch noch mit sichtbaren Zeichen der Zufriedenheit an. Nichtsdestoweniger, weit davon entfernt, mich zu beruhigen, erschreckten mich diese Zeichen des Wohlwollens, diese Beweise der Zufriedenheit für die Zukunft: – das waren jene Dünste, welche sich am Morgen von der Oberfläche des Bodens erheben, welche die Sonne aufsaugt, indem sie dieselben mit ihren Strahlen vergoldet und ihnen mit ihrem Lichte Regenbogen-Farben verleiht, und die sie uns eine Stunde nachher in Gewitter, in Regen, in Hagel, in Donner und Blitzen wiedergiebt.
Sie werden daher auch begreifen, mein lieber Petrus, mit welchem Schrecken ich fühlte, daß ich mich mit jedem Worte dem zweiten Theile näherte; – dieser zweite Theil, von dem ich nicht die erste Zeile auswendig konnte, so viele allmälige Veränderungen hatte er erlitten, dieser zweite Theil erschien mir, selbst indem ich annahm, daß ich meine Zuflucht zu dem Hefte nähme, dermaßen mit Strichen überladen, dermaßen mit Noten bedeckt, daß ich die Unmöglichkeit voraussah, mich darin zurecht zu finden. In der That, von dem Anfange an bemerkte ich, daß die nach einander an dem ersten Texte vorgenommenen Verbesserungen meinem Gedächtnisse trotz der vergeblichen Bemühungen entgingen, welche ich mir gab, um sie zu behalten; man hätte sagen können, es seien scheu gewordene Vögel, welche in dem Maße, als ich mich ihnen näherte, ihre Flügel öffneten und in unabsehbare Fernen davonflogen. Der erste Text allein, der ganz voller jener Schilderungen abscheulicher Laster war, welche ich den Menschen vorwarf, weil ich sie zu kennen glaubte, stellte sich meinen Gedanken vor und klopfte, so zu sagen, an die Thüren meines Gedächtnisses. Ich wollte die Verbesserungen behalten und den Text verwerfen; mein Geist erinnerte sich der einen und versuchte die anderen zu verjagen; ich fühlte, daß ich mich verwickelte, und, welchen Nachtheil mein Ruf auch dadurch erdulden sollte, ich nahm meine Zuflucht zu dem Texte . . . Ich ergriff das Heft mit einer Art von Wuth, und da ich fühlte, daß es mir unmöglich wäre, länger aus dem Gedächtnisse zu sprechen, und daß, wenn ich darauf beharrte, ich stecken bleiben würde, so versuchte ich zu endigen, indem ich las; aber die ursprüngliche Predigt war in der Wirklichkeit unter dem Ausstreichen, unter dem Dazwischenschreiben und unter den Noten verschwunden . . . Diese rettenden Blätter erschienen mir wie ein unermeßlicher, ganz mit Dornen, Gräbern und Leichenkreuzen bedeckter Friedhof. Ich überschritt alles das mit großen Schritten, indem ich strauchelte und sprach, ohne zu wissen, was ich sagte. Ich wagte nicht mehr meine Zuhörer anzublicken, aber, ohne sie anzublicken, sah ich mit den Augen meines Geistes ihr Erstaunen, ihren Unwillen, ich möchte fast sagen ihren Schrecken. Endlich gelangte ich zu dem heftigsten Stücke, zu der Nutzanwendung, das heißt zu der Schilderung der schrecklichen Qualen, welche die Sünder erwarteten, zu den die Meineidigen verzehrenden Feuerseen, zu den die Selbstsüchtigen verschlingenden Eismeeren, zu den die Heuchler verbrennenden Mänteln von siedendem Pech, zu den Schlangen, die das Fleisch der Unzüchtigen zernagten, kurz zu allen jenen entsetzlichen Bildern, welche Dante mit seiner riesenhaften Einbildungskraft in dem Verlangen einer riesenhaften Rache schöpfte; nur, da ich in dem Maße, als sich diese Bilder stärker und unbarmherziger aufhäuften, einsah, daß ich, um die Wirkung dieser unglaublichen Strafpredigt zu neutralisiren, durch die Sanftheit meines Tones die Härte meiner Drohungen mäßigen müßte, wurde meine Stimme zärtlicher, schmeichelnder, väterlicher, so daß ich am Ende meine Zuhörer in die schrecklichsten Martern der Hölle mit derselben Stimme einweihte, als ob ich ihnen die unaussprechlichen Wonnen des Paradieses verheißen hätte.
Bei dieser Stelle meiner Predigt unterdrückte sich das Murren nicht mehr einige Frauen verließen die Kirche, indem sie die Hände und die Augen gen Himmel erhoben und ganz laut sagten:
– Herr, mein Gott, habe Erbarmen mit ihm; denn er ist verrückt!
Die Anderen sagten:
– Er hat die fallende Sucht! er hat seine ruhigen Augenblicke, aber man darf dem nicht trauen!
Endlich brachen einige Andere in Gelächter aus, und diese da waren die am wenigsten Böswilligen. Dieses Gelächter verwirrte mich vollends; ich fühlte, daß das Blut in meinen Schläfen kochte, daß eine Wolke sich vor meine Augen