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den Bedingungen des Decrets entsprichst.«

      »Ah! mein Herr,« sagte die junge Frau, indem sie sich an Maurice preßte, »nachdem sie mich gegen Ihre Feinde beschützt haben, beschützen Sie mich auch gegen Ihre Freunde. … ich flehe Sie an.«

      »Seht Ihr, seht Ihr,« rief der Anführer der Freiwilligen, »sie verbirgt sich. Meiner Meinung nach ist es eine Spionin der Aristokraten, eine Schelmin, eine Straßenläuferin.«

      »Oh! mein Herr,« sprach die junge Frau, indeß sie Maurice einen Schritt vorwärts gehen ließ und ein durch Schönheit, Jugend und Erhabenheit bezauberndes Gesicht entblößte, das durch die Helle des Scheinwerfers beleuchtet wurde, »oh! schauen Sie mich an: sehe ich aus, als wäre ich das, was sie sagen?«

      Maurice war geblendet. Nie war ihm etwas dem, was er jetzt erblickt hatte, Aehnliches im Traum erschienen. Wir sagen, was er erblickt hatte, denn die Unbekannte verschleierte abermals ihr Gesicht, und zwar so schnell, als sie es entblößt hatte.

      »Lorin,« sagte leise Maurice, »fordere die Gefangene, im sie nach Deinem Posten zu bringen, Du hast als Anführer der Patrouille das Recht dazu.«

      »Gut!« erwiderte der junge Corporal, ich verstehe auch ein halbes Wort.«

      Dann wandte er sich gegen die Unbekannte um und sprach:

      »Vorwärts, meine Schöne, da Du uns nicht den Beweis geben willst, daß Du den Bedingungen des Decrets entsprichst, mußt Du uns folgen,«

      »Warum Euch folgen?« versetzte der Anführer der Freiwilligen.

      »Allerdings, wir führen die Bürgerin aus den Posten des Stadthauses, wo wir die Wache haben, und dort werden wir die Sache näher untersuchen.«

      »Keines Wegs, keines Wegs,« entgegnete der Anführer der ersten Truppe. »Sie gehört uns und wir werden sie bewachen.«

      »Ah! Bürger, Bürger,« rief Lorin, »wir werden uns ärgern.«

      »Aergert Euch oder ärgert Euch nicht, das ist uns, beim Teufel! Gleichgültig. Wir sind wahre Soldaten der Republik, und während Ihr in den Straßen patrouillirt, gehen wir hin und vergießen unser Blut an der Grenze.«

      »Nehmt Euch in Acht, daß Ihr es nicht aus dem Wege vergießt, Bürger, und das könnte Euch wohl begegnen, wenn Ihr nicht artiger seid,«

      »Die Artigkeit ist eine Aristokraten-Tugend, und wir sind Sans-culottes,« erwiderten die Freiwilligen,

      »Schweigt doch,« versetzte Lorin, »sprecht nicht von dergleichen Dingen vor dieser Frau. Sie ist vielleicht eine Engländerin. Aergere Dich nicht über eine solche Vermuthung, mein schöner Nachtvogel,« fügte er bei, indem er sich galant an die Unbekannte wandte:

      »Höret, was ein Dichter sprach,

      Leise hallen wir es nach:

      Was ist der Britten weites Reich?,

      Ein Schwanennest in ungemeßnem Teich.«

      »Ah! Du verräthst Dich,« rief der Anführer der Freiwilligen; »ah! Du gestehst zu, daß Du eine Creatur von Pitt, ein Besoldeter von England, ein . . .«

      »Stille,« sagte Lorin, »Du verstehst nichts von der Poesie, mein Freund; ich will auch in Prosa mit Dir sprechen. Höre, wir sind sanfte, geduldige Nationalgarden, aber insgesamt Kinder von Paris, was so viel sagen will, daß wir, wenn man uns die Ohren erhitzt, gehörig zuschlagen.«

      »Madame,« sprach Maurice, »Sie sehen, was vorgeht, und errathen, was vorgehen wird: in fünf Minuten werden sich zehn bis zwölf Menschen für Sie erwürgen, Verdient die Sache, der sich diejenigen, welche Sie vertheidigen wollen, angenommen haben, das Blut, das deßhalb, fließen soll?«

      »Mein Herr,« antwortete die Unbekannte die Hände faltend, »ich kann Ihnen nur Eines sagen: wenn Sie mich verhaften lassen, wird daraus für mich und Andere so großes Unglück entstehen, daß ich Sie bitte, mir lieber das Herz mit der Waffe, die Sie in der Hand halten, zu durchbohren und meinen Leichnam in die Seine zu werfen.«

      »Es ist gut, Madame,« versetzte Maurice; «ich nehme Alles auf mich.«

      Und er ließ die Hände der schönen Unbekannten, die er in den seinigen hielt, fallen und sprach zu den Nationalgarden:

      »Bürger, als Euer Officier, als Patriot, als Franzose befehle ich Euch, diese Frau zu beschützen, und Du, Lorin, wenn diese ganze Canaille ein Wort sagt, zum Bajonnet gegriffen!«

      »Ergreift die Waffen!« sprach Lorin!

      »Oh! mein Gott! mein Gott!« rief die Unbekannte, indem sie ihren Kopf in ihren Capuchon hüllte und sich an einen Weichstein anlehnte. »Oh! mein Gott! beschütze ihn.«

      Die Freiwilligen versuchten es, sich in Vertheidigungsstand zu setzen. Einer von ihnen drückte sogar eine Pistole ab, deren Kugel den Hut von Maurice durchbohrte.

      »Kreuzt die Bajonnete,« rief Lorin. »Ram, plan, plan, plan, plan, plan, plan.«

      Es trat dann in der Finsterniß ein Augenblick des Kampfes und der Verwirrung ein, wobei man ein paar Flintenschüsse, Verwünschungen, Geschrei, Blasphemien hörte, doch Niemand kam, denn es ging, wie gesagt, ein dumpfes Gerücht von einer bevorstehenden Metzelei, und man glaubte, diese Metzelei beginne. Es öffneten sich nur zwei oder drei Fenster, um sich sogleich wieder zu schließen.

      Minder zahlreich und minder gut bewaffnet, wurden die Freiwilligen in einem Augenblick kampfunfähig macht. Zwei von ihnen waren schwer verwundet, vier Andere, jeder mit einem Bajonnet auf der Brust, gleichsam an die Wand geklebt.

      »So ist es gut,« sprach Lorin, »ich hoffe, Ihr werdet nun sanft sein, wie die Lämmer Dich, Bürger Maurice, Dich beauftrage ich, diese Frau auf den Posten des Stadthauses zu führen. Du begreifst, daß Du für sie verantwortlich bist.«

      »Ja,« erwiderte Maurice, und fügte dann leise bei:

      »Und das Losungswort?«

      »Oh! Teufel,« versetzte Lorin, sich hinter dem Ohre kratzend, »das Losungswort. . . es ist . . .«

      »Befürchtest Du etwa, ich könnte einen schlechten Gebrauch davon machen?«

      »Oh! meiner Treue, mache einen Gebrauch davon, welchen Du willst, das ist Deine Sache.«

      »Du sagst also?«

      »Ich sage, daß ich es Dir sogleich nennen will; doch zuerst laß mich diese Bursche wegschaffen. Dann wäre es mir nicht unangenehm, Dir, ehe ich von Dir gehe, mit ein paar Worten einen guten Rath zu geben.«

      »Es sei, ich werde Dich erwarten.«

      Lorin kehrte zu den Freiwilligen zurück, welche die Nationalgarden immer noch im Respect erhielten,

      »Nun,« sagte er, »habt Ihr genug?«

      »Ja, Hund von einem Girondisten,« erwiderte der Anführer.

      »Du täuschest Dich, mein Freund,« sprach Lorin voll Ruhe, »wir sind bessere Sans-culottes als Du, in Betracht, daß wir zu dem Club der Thermopylen gehören, dessen Vaterlandsliebe man hoffentlich nicht in Zweifel ziehen wird. Laßt die Bürger gehen,« fuhr Lorin fort, »sie ziehen nichts in Zweifel.«

      »Es ist darum nicht minder wahr, daß diese Frau eine Verdächtige ist. . .«

      »Wenn sie eine Verdächtige wäre, so würde sie sich während der Schlacht geflüchtet haben, statt zu warten, wie Du siehst, bis die Schlacht beendigt war.«

      »He,« rief einer von den Freiwilligen, »was der Bürger da sagt, ist ziemlich richtig.«

      »Uebrigens werden wir es erfahren, da sie mein Freund auf den Posten führt, während wir aus die Gesundheit der Nation trinken gehen.«

      »Wir gehen trinken?« fragte der Anführer.

      »Gewiß, ich habe gewaltig Durst, und ich kenne eine hübsche Schenke an der Ecke der Rue Thomas du Louvre!«

      »Ei! warum sagst Du das nicht sogleich? Es ärgert ms, daß wir an Deinem Patriotismus gezweifelt haben; und zum Beweis, umarmen wir uns im Namen der Nation und des Gesetzes.«

      Und die Freiwilligen

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