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Denkwürdigkeiten eines Fechtmeisters. Александр Дюма
Читать онлайн.Название Denkwürdigkeiten eines Fechtmeisters
Год выпуска 0
isbn
Автор произведения Александр Дюма
Жанр Зарубежная классика
Издательство Public Domain
Uebrigens verließ ich nur eine Erinnerung für eine andere. Dieses Mal folgte ich dem Wege, welchen Katharina bei ihrer Reise nach Tauris eingeschlagen hatte.
II
Aus Witebsk herausfahrend fand ich die russische Zollstätte; da ich aber nur einen Mantelsack bei mir hatte, so dauerte trotz der sichtlich guten Absicht, welche der Beamte des Postens die Untersuchung in die Länge zu ziehen hatte, dieselbe doch nur zwei Stunden zwanzig Minuten, was in den Annalen des moscowitischen Zollwesens beinahe unerhört ist. Nachdem diese Untersuchung geschehen, so konnte ich in dieser Beziehung bis nach St. Petersburg unbesorgt sein.
Am Abende gelangte ich nach Veliki-Louki, dessen Name großer Bogen bedeutet, es verdankt diese malerische Bezeichnung den Krümmungen des Flusses Lova, welcher unter seinen Mauern hinfließt. Im 11. Jahrhunderte erbauet, wurde diese Stadt im 12. Jahrhunderte von den Litthauern verwüstet, dann von dem Könige von Polen, Ballori, erobert, hierauf Iwan Wasiewith wiedergegeben, und dann endlich durch den falschen Demetrius verbrannt. Neun Jahre lang öde geblieben wurde sie wieder durch die Kosacken vom Don und vom Jaik bevölkert, von denen die gegenwärtige Bevölkerung fast ganz abstammt, Sie hat drei Kirchen, von welchen zwei an der Hauptstraße liegen, und vor welchen mein Postillon im Vorüberfahren nicht ermangelte, das Zeichen des Kreuzes zu machen.
Trotz der Härte des nicht hängenden Wagens, den ich gekommen, und dem schlechten Zustande der Straßen, war ich doch entschlossen, mich durchaus nicht aufzuhalten; denn man hatte mir gesagt, daß ich die hundert und zwei und siebzig Stunden, welche Witebsk von St. Petersburg trennen, in acht und vierzig Stunden machen könnte, ich hielt mich demnach vor den Posthäusern nicht länger auf, als Zeit nöthig die Pferde anzuspannen, und fuhr gleich wieder weiter. Es ist unnöthig zu sagen, daß ich die ganze Nacht keine Stunde lang schlief, ich tanzte in meinem Karren, wie eine Nuß in ihrer Schaale. Ich versuchte wohl, mich an der hölzernen Bank, über welche man eine Art von ledernem Kissen von der Dicke eines Buches Papier ausgebreitet hatte, festzuklammern, aber nach Verlauf von zehn Minuten waren meine Arme, verstaucht und ich gezwungen, mich von Neuem diesem entsetzlichen Gerüttel zu überlassen indem ich von Grund meines Herzens die ungleichen russischen Courier bedauerte, die zuweilen ein Tausend Meilen in einem solchen Wagen machen.
Schon war der Unterschied der moscowitischen Nächte und der Nächte Frankreichs fühlbar. In jedem anderen Wagen würde ich haben lesen können, ich muß sogar gestehen, daß ich, ermüdet durch meine Schlaflosigkeit, es versuchte; aber bei der vierten Zeile sprang mir das Buch bei einem Stoße aus den Händen, und da ich mich bückte, um es wieder aufzuraffen, warf mich ein anderer Stoß von der Bank. Ich brachte eine gute halbe Stunde damit zu, mich in meinem Kasten abzukämpfen, bevor ich mich wieder auf meine Beine setzen konnte, und ich war von dem Belangen meine Lektüre fortzusetzen,geheilt.
Mit Tages Anbruch befand ich mich in Bejanitzi, einem kleinen Dorfe ohne Bedeutung, und um vier Uhr Nachmittags zu Porkhoff, einer alten an der Chelonia gelegenen Stadt, welche ihren Leinsaamen und ihr Getreide nach dem Ilmer-See bringt, von wo diese Erzeugnisse durch den Fluß, der diese beiden Seen unter sich verbindet, den Ladoga erreichen: ich war auf der Hälfte meines Weges. Ich gestehe daß meine Versuchung groß war, eine Nacht anzuhalten aber die Unsauberkeit des Wirthshauses war so fürchterlich, daß ich mich wieder in meinen Karren warf. Ich muß auch gestehen, daß die mir vom Postillon gegebene Versicherung, daß der Weg, welchen ich noch zu machen hatte, besser sey, als der, welchen ich zurückgelegt, viel zu diesem heroischen Entschlusse beitrug. Dem zu. Folge fuhr mein Perekladnoi wieder im Galop davon, und ich fuhr fort, mich wieder im dem Inneren meines Kastens abzukämpfen, während dem daß mein Postillon auf einem Bocke ein schwermüthiges Lied sang, von dem ich zwar die Worte nicht verstand, dessen Melodie mir aber auf eine wundervolle Weise auf meine schmerzliche Lage anwendbar schien. Wenn ich sage, daß ich einschlief, so wird man mir nicht glauben, und ich würde es selbst nicht geglaubt haben, wenn ich nicht mit einer fürchterlichen Beule an der Stirn erwacht wäre. Es hatte eine solche heftige Erschütterung stattgefunden, daß der Postillon von seinem Bocke geschleudert worden war. Was mich anbetrifft, so war ich durch das Dach meines Karrens zurückgehalten worden, und die Beule, welche mich erweckt hatte, kam von der Berührung meiner Stirn mit dem Weidenholze. Ich hatte nun die Idee, den Postillon in den Wagen, und mich auf den Bock zu setzen; aber welche Anerbietungen ich ihm auch machte, er wollte nicht einwilligen, sey es nun, daß er nicht verstand, was ich von ihm verlangte, oder sey es, daß er seine Pflicht zu verletzen glaubte, wenn er meiner Aufforderung gehorche. Dem zu Folge begaben wir uns wieder auf den Weg; der Postillon begann seinen Gesang wieder, und ich meinen Tanz. Gegen fünf Uhr Morgens kamen wir nach Selogorodez, wo wir anhielten, um zu frühstücken. Dem Himmel sey Dank, es blieben uns nur noch ein fünfzig Stunden zu machen.
Seufzend kehrte ich in meinen Käfig zurück, und setzte mich wieder auf meinen Stock. Nur fiel mir jetzt ein zu fragen, ob es nicht möglich wäre, das Dach meines Karrens abzunehmen, worauf man mir antwortete, daß nichts leichter von der Welt sey. Ich befahl demnach, daß man sogleich an’s Werk schritte, und es war jetzt nur noch der untere Theil meiner Person, der sich fortwährend in Gefahr befand.
Zu Louga hatte ich einen nicht minder glücklichen Einfall, als den ersteren, er bestand darin, die Bank wegzunehmen, Stroh auf dem Boden meines Wagens auszubreiten, und mich darauf zu legen, indem ich mir aus meinem Mantelsacke ein Kopfkissen machte. So von Verbesserung zu Verbesserung schreitend, wurde mein Zustand am Ende beinahe erträglich.
Mein Postillon ließ mich nach und nach vor dem Schlosse von Garchina, wohin Paul I. während der ganzen Zeit der Regierung Katharinas verbannt war, und vor dem Palast von Zarsko-Selo, der Sommer-Residenz des Kaisers Alexander, anhalten; aber ich war so ermüdet, daß ich mich nur den Kopf zu erheben begnügte, um diese beiden Wunder anzuschauen, indem ich mir vornahm, später in einem bequemeren Wagen zurückzukehren, um sie zu sehen.
Beim Hinausfahren aus Zarsko-Selo brach plötzlich die Achse einer Droschke, welche vor mir fuhr, und der Wagen legte sich ohne umzuwerfen auf die Seite. Da ich auf Hundert Schritte hinter der Droschke war; so hatte ich Zeit, bevor ich sie einholte, aus derselben einen langen und mageren Herrn steigen zu sehen, der in der einen Hand einen Claquehut, und in der anderen eine jener kleinen Violinen hielt, die man Sackgeigen nennt. Er war in einen schwarzen Rock, wie man sie im Jahre 1812 in Paris trug, in schwarze Beinkleider, schwarzseidene Strümpfe und Schnallen-Schuhe gekleidet, und sobald er sich auf der Heerstraße befand, begann er Battierungen mit dem rechten Beine, dann mit dem linken Beine, hierauf Entrechats mit allen beiden Beinen zu machen, und endlich sich dreimal um sich selbst zu drehen, ohne Zweifel um sich zu überzeugen, daß er nichts gebrochen hätte. Die Besorgniß, welche dieser Herr für seine Erhaltung zeigte, fesselte mich dermaßen, daß ich nicht an ihm vorüber gehen zu können glaubte, ohne still zu halten und ihn zu fragen, ob ihm etwa ein Unfall begegnet sey.
– Keiner, mein Herr, keiner, antwortete er, wenn es nicht der ist, daß ich meine Stunde verfehlen werde, eine Stunde, die man mir mit einem Louisdor bezahlt, mein Herr, und der hübschesten Person von St. Petersburg, an Fräulein von Vlodeck, welche übermorgen Philadelphie, eine der Töchter des Lord Warton, in dem Tableau Anton Vandyks bei dem Feste vorstellt, welches der Hof der Erb-Herzogin von Weimar gibt!
– Mein Herr, antwortete ich ihm, ich verstehe nicht recht, was Sie mir sagen, aber es macht nichts, wenn ich Ihnen in etwas dienen kann?
– Wie, mein Herr, ob Sie mir in etwas dienen können? Mein Gott, Sie können mir das Leben retten. Denken Sie sich, mein Herr, ich komme so eben von einer Tanzstunde, welche ich der Prinzessin Lubomirska gegeben habe, deren Landhaus zwei Schritte weit von hier ist, und die die Cornelia vorstellt. Eine Stunde von zwei Louis d’or, mein Herr, ich gebe für weniger keine; ich habe den Zulauf, ich benutze ihn; das ist ganz einfach, es gibt in St. Petersburg keinen andern französischen Tanzmeister, als mich. Nun denken Sie sich, daß dieser Schelm da mir einen Wagen gibt, der zerbricht, und der mich beinahe lahm gemacht hätte; glücklicher Weise sind die Beine heil. Ich werde mir Deine Nummer merken, geh, Schurke.
– Wenn ich mich nicht irre, mein Herr, antwortete ich ihm, so besteht der Dienst, welchen ich Ihnen erweisen kann, darin, daß ich Ihnen einen Platz in