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Denkwürdigkeiten eines Fechtmeisters. Александр Дюма
Читать онлайн.Название Denkwürdigkeiten eines Fechtmeisters
Год выпуска 0
isbn
Автор произведения Александр Дюма
Жанр Зарубежная классика
Издательство Public Domain
Erst im Zurückkehren war es, so sehr war ich bis dahin mit den großen Massen beschäftigt gewesen, daß ich einige Aufmerksamkeit auf die Bevölkerung verwandte, welche es inzwischen durch den sehr verschiedenen Charakter, den sie zeigt, wohl verdient, daß man sich mit ihr beschäftigt. Zu St. Petersburg ist alles bärtiger Sklave, oder großer Herr mit Ordensbändern; es gibt keine Mittelklasse.
Freilich reizt auf den ersten Anblick der Moujick das Intresse eben nicht: im Winter umgewandte Schaffelle, im Sommer gestreifte Hemden, die anstatt in den Beinkleidern zu stecken, auf die Knie fallen, Sandalen, mit Riemen an den Füßen befestigt, die sich über die Beine kreuzen, kurze und gerade unter dem Nacken abgeschnittene Haare, ein langer Bart, der sich so struppig, wie es der Natur gefällt, entwickelt, das sind die Männer; – Pelze von gemeinem Stoffe, oder lange Kamisöler mit dicken Falten, die bis über den halben Unterrock hinabgehen, ungeheure Stiefel, in denen die Füße und das Bein ihre Form verlieren, das sind die Frauen.
Dagegen muß man aber auch sagen, daß man vielleicht in keinem Lande der Welt unter dem Volke einer solchen Heiterkeit der Gesichtszüge begegnet. In Paris drückt sich unter zehn der untersten Klasse der Gesellschaft angehörenden Gesichtern zum mindesten auf fünf oder sechs das Leiden, das Elend, oder die Angst aus. In St. Petersburg niemals etwas von dem allen. Der Sklave, der immer sicher der Zukunft, und fast immer zufrieden mit der Gegenwart, der sich weder um seine Wohnung, noch um seine Kleidung, noch um seine Nahrung zu bekümmern braucht, Sorgen, die sein Herr für ihn zu übernehmen gezwungen ist, wandert in das Leben ohne eine andere Bekümmerniß hinein, als die, einige Peitschenhiebe zu empfangen, an welche seine Schultern sei langer Zeit gewöhnt sind. Diese Hiebe vergißt er außerdem, Dank dem abscheulichen Kornbrandwein, den er zu seinem gewöhnlichen Getränk macht, sehr bald, und dieser gibt ihm anstatt ihn aufzureizen, wie der Wein, in dem sich unsere Lastträger berauschen, die demüthigste und tiefste Verehrung für seine Vorgesetzten, für seines Gleichen eine zärtlichere Freundschaft, und für alle endlich ein Wohlwollen der drolligsten und rührendsten Art, die ich kenne.
Das ist also wohl ein Grund, wieder auf den Moujick zurückzukommen, von dem uns ein ungerechtes Vorurtheil anfangs entfernt hat.
Eine andere Eigenthümlichkeit, die mich auch überraschte, ist die freie Cirkulation in den Straßen, ein Vortheil, den die Stadt ihren drei großen Kanälen, die sie einkreisen, verdankt, und durch – welche die Abfälle weggeschlemmt, die Aus- und Einzüge besorgt werden, die Nahrungsmittel ankommen und das Holz gefahren wird. Auf diese Weise findet niemals eine Versperrung von Karren statt, die uns zwingen, drei Stunden lang zu Wagen auf einem Wege zuzubringen, den man zu Fuße in zehn Minuten machen würde. Im Gegentheile, überall ist Raum: die Straße für die Drosky, die Kibick, die Briska und die Kutschen, welche sich nach allen Richtungen hin mit einer unsinnigen Schnelligkeit kreuzen, was nicht verhindert, daß man jeden Augenblick das Wort: pascaré, pascaré, schneller, schneller, hört; – die Trottoirs für die Fußgänger, die niemals überfahren werden, als wenn sie es durchaus seyn wollen; auch haben die russischen Kutscher eine solche Gewandheit, um ihr im stärksten Galopp dahin sprengendes Gespann kurz aufzuhalten, daß man dann noch viel geschickter, als der Kutscher seyn muß, damit einem kein Unfall begegnet.
Ich vergaß noch eine andere Vorsichtsmaßregel der Polizei, um den Fußgängern anzudeuten, daß sie auf den Trottoirs gehen müssen: die ist, daß wenn sie sich nicht wie die Pferde mit Eisen beschlagen lassen, es sehr ermüdend wird, auf dem Pflaster zu gehen, das auf eine angenehme Weise an die kleinen Kiesel Lyons erinnert. Demnach sagt man auch von St. Petersburg, daß es eine vornehme und schöne Dame ist, die prachtvoll gekleidet, aber abscheulich chauffiert sey.
Unter den Zierden, welche ihm seine Czare verliehen, ist ganz gewiß eine der ersten die Statue Peter I., welche es der Freigebigkeit Katharina II. verdankt. Der Czar reitet auf einem wilden Pferde, das sich bäumt, das Bild des moscowitischen Adels, den er so viele Mühe gehabt hat zu bändigen. Er sitzt auf einer Bärenhaut, welches den Zustand der Barbarei vorstellt, in welchem er sein Volk gefunden hat. Dann rollte man, als der Künstler seine Statue beendigt hatte, damit die Allegorie vollständig sey, einen rohen Felsen nach St. Petersburg, um ihr als Fußgestell zu dienen, zum Sinnbilde der Schwierigkeiten, welche der Civilisator des Nordens zu übersteigen gehabt hätte. Folgende lateinische Inschrift, welche auf der anderen Seite in russischer Sprache wiedergegeben ist, ist in den Granit gegraben:
Petro primo Catharina secunda. 1782.
Es schlug halb fünf, als ich zum dritten Male die Runde um das Gitter machte, welches dieses Monument einschließt, ich war demnach gezwungen, das Meisterstück unseres Landsmannes Falconnet zu verlassen, indem ich sonst große Gefahr gelaufen hätte, keinen Platz mehr an der Table d’hote zu finden. "
St. Petersburg ist die größte kleine Stadt welche ich kenne. Die Nachricht von meiner Ankunft hatte sich schon durch meinen Reisegefährte verbreitet, und da er nichts anderes von mir hatte sagen können, als daß ich mit Post reisete und kein Tanzmeister wäre; so hatte die Nachricht die Besorgniß, unter den Haufen französischer Industrie Ritter, welche den Titel Kolonie angenommen, geworfen, denn jeder empfand in Beziehung auf mich die Angst, welche mir mein Pirouetten-Macher so treuherzig an den Tag gelegt, und befürchtete in mir einem Conkurrenten oder einem Nebenbuhler zu begegnen.
Mein Eintritt in den Saal veranlaßte demnach auch ein so allgemeines Geflüster unter den ehren werthen Tischgenossen der Table d’hote, welche fast alle zur Kolonie gehörten, und jeder suchte in meinen Zügen zu lesen und aus meinen Manieren zu errathen, welcher Classe ich angehöre. Das war schwer, und erforderte zum mindesten einen großen Scharfsinn, denn ich begnügte mich zu grüßen und mich zu setzen.
Durch den Eifer des ersten Angriffes und der Scheu des ersten Zusammentreffens wurde mein Incognito während der Suppe noch ziemlich respektiert. Aber nach dem Rindfleisch machte sich die so lange unterdrückte Neugierde durch meinen Nachbar zur Rechten Luft.
– Mein Herr ist in St. Petersburg fremd, sagte er zu mir, indem er mir sein Glas hinreichte und sich verbeugte.
– Ich bin gestern Abend angekommen, sagte ich, indem ich ihm zu trinken einschenkte, und mich meinerseits verbeugte.
– Mein Herr ist ein Landsmann, sagte nun mein Nachbar zur Linken mit einem Tone falscher Brüderschaft zu mir.
– Ich weiß nicht, mein Herr, ich bin aus Paris.
– Und ich von Tours, dem Garten Frankreichs, der Provinz, in welcher man, wie Sie wissen, den schönsten Dialekt redet. Ich bin demnach auch nach St. Petersburg gekommen, um daselbst Dutchitel zu werden.
– Ohne Unbescheidenheit, mein Herr, fragte ich meinen Nachbar zu Rechten, darf ich Sie fragen, was das ist, ein Dutchitel?
– Ein Partizipien-Händler, antwortete mir mein Nachbar mit der verächtlichsten Miene.
– Ich will hoffen, fuhr mein Tourainer fort, daß mein Herr nicht aus derselben Absicht als ich kommt, sonst würde ich ihm einen freundschaftlichen Rath geben: nämlich ganz geschwind wieder nach Frankreich umzuwenden.
– Und warum das, mein Herr?
– Weil die letzte Professoren-Messe in Moskau sehr schlecht ausgefallen ist.
– Wie die Professoren-Messe? rief ich verdutzt aus.
– Ei! ja, mein Herr Wissen Sie nicht, daß dieser arme Herr Le Duc dieses Jahr die Hälfte auf seine Waare verloren hat?
– Mein Herr, sagte ich, indem ich mich an meinen Nachbar zur Rechten wandte, wollten Sie mir nicht. Sie zu fragen erlauben, was dieser Herr Le Duc ist?
– Ein ehrenwerther Speisewirth, mein Herr, der Unterricht-Ertheiler feil hält, sie beherbergt und sie nach ihren Verdiensten taxiert, und der, wenn Ostern und Weihnachten, diese hohen Feste der Russen, herbeigekommen, während welcher die Großen sich nach der Hauptstadt zu begeben gewöhnt sind, seine Magazine öffnet, und außer den Kosten, welche er für die Professoren aufgewandt, noch eine Comissions-Gebühr hat. Nun ist ihm denn dieses Jahr der dritte Theil seiner Schulfüchse übrig geblieben, und man hat ihm ein Sechstel von denen, welche er in die Provinz expediert, zurückgesandt, so daß der arme Mann auf dem Punkte steht zu fallen.
– Ha!