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Denkwürdigkeiten eines Fechtmeisters. Александр Дюма
Читать онлайн.Название Denkwürdigkeiten eines Fechtmeisters
Год выпуска 0
isbn
Автор произведения Александр Дюма
Жанр Зарубежная классика
Издательство Public Domain
Napoleon, der die augenblickliche Gefahr, in der er geschwebt, vergessen hat, um sein Theil an diesem kriegerischen Schauspiele zu nehmen, sendet einen General-Adjutanten ab, um diese zwei Hundert Tapfern zu fragen, von welchem Korps sie sind, der General-Adjutant bringt folgende Antwort zurück: Vom 9ten, Sire, und alles Kinder von Paris.
– Kehrt zurück, ihnen zu sagen, daß sie tapfere Leute sind, die alle das Ehren-Kreuz verdienten, und daß sie zehn Decorationen empfangen, die sie selbst unter sich verheilen sollen.
Diese Nachricht wird mit dem Rufe: Es lebe der Kaiser! empfangen.
Aber alles, was bis jetzt geschehen, ist nur noch ein Spiel gewesen, und die wahre Schlacht beginnt: die Division Broussier bildet sich Regimenterweise in ein doppeltes Carrée, und durch seine Artillerie beschützt geht es gerade auf den Feind los, während dem daß die Armee von Italien, die drei Divisionen des Grafen von Lobau und Murat’s Cavalerie die Heerstraße und den Wald angreifen, auf welchen die Russen ihren linken Flügel stützen. In zwei Stunden sind alle vorgeschobenen Stellungen in unserer Gewalt, und der Feind hat sich hinter die Luczissa zurückgezogen; jeder Mann hat das Beispiel der zwei Hundert Voltigeure befolgt, und fein Möglichstes gethan; besonders Murat, der eine Scharte auszuwetzen hatte, hat Wunder gethan.
Es war noch nicht Mittag, es blieb demnach Zeit genug übrig, um die Schlacht wieder anzuknüpfen, aber ohne Zweifel sieht Napoleon voraus, daß die Russen, erschreckt durch diese erste Niederlage, uns mit einer Arrier-Garde unterhalten, und sich von neuem auf den Rückzug begeben; er will den Anschein haben zu zögern, um weniger gefürchtet zu seyn. Dem zu Folge befiehlt er, mit dem Angreifen aufzuhören, durchwandert ruhig die ganze Linie, fordert jeden auf, sich zum Kampfe für den anderen Tag vorzubereiten, und geht zum Frühstücken auf einen Hügel in Mitte der Scharfschützen, wo eine Kugel einen Soldaten drei Schritte weit von ihm verwundet.
Während des Tages vereinigen sich die verschiedenen Armee-Korps, und langen nach und nach an.
Am Abende verläßt Napoleon Murat, indem er ihm sagt: – Auf morgen früh um fünf Uhr, die Sonne von Austerlitz.
Murat schüttelt als Zeichen des Zweifels den Kopf, und läßt sein Zelt an den Ufern der Luczissa, einen halben Flintenschuß weit von den feindlichen Vorposten aufschlagen.
Napoleon hatte sich nicht getäuscht: Barclay de Tolly hatte die Absicht sich zu halten, und den Eintritt von Smolensk zu vertheidigen, das er Bagration zum Sammelplatze bestimmt hatte, und wo von einem Augenblicke zum andern sich derselbe mit ihm vereinigen mußte; aber um elf Uhr in der Nacht erfährt der russische General, daß Bagration bei Mohilow geschlagen, und hinter den Dnieper zurückgeworfen ist; so daß, da alle Verbindungen abgeschnitten sind, er gezwungen ist, Smolensk wieder zu erobern, wo er die Befehle des Generals en Chef erwarten wird.
Um Mitternacht befiehlt Barclay de Tolly den Rückzug, der mit einer solchen Ordnung und in solcher Stille geschieht, daß Murat selbst nicht die mindeste Bewegung hört, in der That, da die für die Nacht angezündeten Feuer brennend geblieben sind; so glaubt die ganze Armee noch an die Gegenwart der Russen. Mit Anbruch des Tages erwacht Napoleon und tritt vor die Schwelle eines Zeltes, alles ist still und öde dort, wo am Abende vorher noch sechzig Tausend Mann standen; die Russen sind ihm nochmals zwischen den Händen entschlüpft.
Napoleon kann noch nicht an ihren Rückzug glauben, so sehr hat er ihre Gegenwart gewünscht, er befiehlt, daß die Armee nicht ohne eine starke Avantgarde und mit Spähern auf den Flügeln vorrückt, so sehr ist er besorgt, überrascht zu werden; aber bald ist er gezwungen, sich der Wirklichkeit zu ergeben: er befindet sich in Mitte des Lagers von Barclay selbst, und ein Soldat, den man unter den Gebüschen entschlafen überrascht, ist alles, was von der russischen Armee übrig geblieben.
Zwei Stunden nachher zieht man in Witebsk ein: Witebsk ist verlassen; mit Ausnahme einiger Juden begegnet man darin keinem Einwohner. Napoleon, der noch nicht an diesen ewigen Rückzug glauben kann, läßt sein Zelt im Hofe des Schlosses aufschlagen, wohl um anzudeuten, daß er nur einen Halt macht. Zwei Recognoseirungen sind angeordnet, die eine geht den Lauf der Dwina hinauf, die andere soll den Weg von Smolensk durchsuchen; die eine wie die andere kehren zurück, ohne etwas anderes gesehen zu haben, als einige herumziehende Kosacken, die sich bei ihrer Annäherung zerstreueten; aber von den sechzig Tausend Mann, die man am Abende zuvor vor den Augen hatte, ist keine Spur mehr da, sie sind gleich Gespenstern verschwunden.
Zu Witebsk überfallen Napoleon die traurigsten Nachrichten; nach den Berichten Berthiers ist der sechste Theil der Armee von der Ruhr befallen; der zu Rath gezogene Belliard antwortet: daß, noch sechs Tage eines solchen Marsches, es keine Cavalerie mehr geben würde. Nun wirft Napoleon von den Fenstern des Schlosses aus die Blicke auf die Stadt, die er durch die Natur so bewunderungswürdig vertheidigt sieht, daß die Kunst fast nichts mehr für sie zu thun hat. Sogleich folgen sich in feinem Kopfe die Ideen einander: man ist sechs Hundert Stunden von Frankreich, Litthauen ist erobert, es muß organisiert werden; man ist Besieger, freilich nicht von Menschen, aber man ist Besieger von Orten; es ist demnach erlaubt still zu halten, und den frühzeitigen und schrecklichen Winter Rußlands abzuwarten. Witebsk wird ein herrlicher Kantonnirungs-Hauptort seyn; der Lauf der Dwina und des Dnieper werden die französische Linie bezeichnen; das Belagerungsgeschütz wird nach Riga gehen, der linke Flügel der Armee sich auf diese letztere Stellung stützen. Witebsk, dem die Natur Wälder gegeben hat, und dem Napoleon Mauern geben will, wird als verschanztes Lager im Centrum dienen; der rechte Flügel wird sich bis nach Bobruisk erstrecken, dessen man sich bemächtigt! Blockhäuser werden auf der ganzen Linie erbaut.
Auf diese Weise gelagert, wird der großen Armee nichts fehlen; außer den Magazinen von Danzig, von Wilna und von Minsk, wird man Kurland und Samogitien in Contribution setzen; sechs und dreißig ungeheure Backöfen werden erbaut werden, welche auf einmal dreißig Tausend Pfund Brod liefern können. – Das für die materielle Nothdurft.
Elende Hütten verderben den Schloßplatz, sie sollen abgebrochen und die Trümmern fortgeschafft werden; die Stadt ist verlassen, man wird die reichsten Herren und die elegantesten Frauen von Wilna und Warschau einladen, um den Winter daselbst zuzubringen; man wird ein Schauspielhaus bauen, und zu seiner Einweihung werden Talma und Demoiselle Mars nach Witebsk kommen, wie sie nach Dresden gekommen sind. – Das für den Luxus.
Nachdem dieser Plan, zu dessen Reifwerden eine halbe Stunde ausgereicht, einmal in seinem Geiste gefaßt war, schnallt Napoleon seinen Degen ab, wirft ihn auf einen Tisch, und sich dann an den eben eintretenden König von Neapel wendend, sagte er zu ihm:
– Murat, der erste Feldzug von Rußland, ist beendigt: pflanzen wir hier unsere Adler auf, ich will hier zu mir selbst kommen und mich sammeln; zwei große Flüsse bezeichnen unsere Stellung; bilden wir das geschlossene Carrée; Kanonen an die Ecken und ins Innere, damit ihr Feuer sich überall kreuzt; 1813 wird uns zu Moskau sehen, 1814 zu St. Petersburg. Der Krieg von Rußland ist ein Krieg von drei Jahren.
Das war der gute Genius Napoleons, der auf diese Weise in diesem Augenblicke sprach, aber der Dämon des Krieges sollte nicht zögern, seine Herrschaft wieder zu ergreifen; nach Verlauf von vierzehn Tagen waren alle diese großen Pläne wieder verschwunden; und gleich einem ermüdeten Riesen, der wieder Athem geschöpft, setzte er nach vierzehn Tagen seinen Lauf fort. Am 18. August fiel Smolensk in unsere Gewalt; am 16. September stand Moskau in Flammen, und am 13. December ging Napoleon nächtlicher Weise flüchtig wieder über den Niemen, allein und verfolgt durch das Gespenst der großen Armee.
Ein andächtiger Pilger unseres Ruhmes wie unsrer Unglücksfälle, war ich seit Wilna demselben Wege gefolgt, den Napoleon zwölf Jahre zuvor gemacht hatte, indem ich alle die Sagen sammelte, welche die guten Litthauer über seinen Durchzug bewahrt hatten. Gern hätte ich auch noch Smolensk und Moskau, dieses neue Pultawa, sehen mögen; aber dieser Weg hätte mich gezwungen, zwei Hundert Stunden mehr zu machen, und das war mir ohnmöglich. Nachdem ich einen Tag in Witebsk geblieben und das Schloß besucht, auf welchem sich Napoleon vierzehn Tage aufgehalten hatte, ließ ich Pferde und einen jener kleinen Wägen kommen, deren sich die russischen Couriere bedienen, und die man Perekladnoi’s nennt, weil man sie auf jeder Post wechselt.