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Namenlos. Уилки Коллинз
Читать онлайн.Название Namenlos
Год выпуска 0
isbn
Автор произведения Уилки Коллинз
Жанр Зарубежная классика
Издательство Public Domain
– Die Fassung eines Mannes, wenn er ein Mann ist, wie Sie, kommt mit dem Augenblicke, der sie von Ihnen fordert, sagte Mr. Clare. Sie haben doch gewiß Pflichten zu erfüllen gehabt, welche in ihrer Art so schwere Prüfungen waren, als die Pflicht, welche Ihnen heute früh obliegt.
Mr. Pendril schüttelte mit dem Kopfe.
– Manche Pflichten, die eben so ernster Natur waren, manche Geschichten, die der Romantik mehr Stoff boten. Aber keine Pflicht, die eine solche Prüfung enthielte, keine Geschichte, die so hoffnungslos wäre, als diese.
Nach diesen Worten trennten sie sich. Mr. Pendril Verließ den Garten und ging auf dem Anlagenwege, der gen Combe-Raven führte, weiter. Mr. Clare trat in seine Behausung zurück.
Als er den Durchgang erreichte, blickte er durch die offene Thür seines kleinen Besuchszimmers und sah Frank darin sitzen in regungslosem Schmerz, das Haupt müde auf die Hand gelehnt.
– Ich habe von Deinen Principalen in London Antwort erhalten, sagte Mr. Clare. In Erwägung des Vorgefallenen wollen sie das Anerbieten, das sie Dir gemacht haben, noch einen Monat offen erhalten.
– Frank wechselte die Farbe und erhob sich in nervöser Aufregung vom Stuhle.
– Sind meine Aussichten anders geworden? fragte er. Sollen Mr. Vanstones Pläne für meine Zukunft nicht mehr ausgeführt werden? Er sagte Magdalenen, daß sein letzter Wille für sie gesorgt habe. Sie wiederholte mir seine Worte, sie sagte, ich sollte wissen, was seine Güte und Großmuth für uns Beide gethan hätten. Wie kann sein Tod dabei Etwas ändern? Ist Etwas vorgefallen?
– Warte, bis Mr. Pendril von Combe-Raven zurückkommt, sagte sein Vater. Frage ihn, mich frage nicht.
Die schnell bereiten Thränen traten Frank ins Auge.
– Du wirst doch nicht hart gegen mich sein? bat er mit zagender Stimme. Du wirst doch nicht verlangen, daß ich nach London gehe, ohne Magdalenen zuvor gesehen zu haben?
Mr. Clare sah den Sohn gedankenvoll an und dachte eine kleine Weile nach, ehe er antwortete.
– Du kannst Deine Thränen trocknen, sagte er. Du sollst Magdalenen sehen, ehe Du zurückgehst.
Er verließ das Zimmer, als er diesen Bescheid gegeben hatte, und zog sich in sein Arbeitszimmer zurück. Die Bücher lagen bereit da zur Hand, wie gewöhnlich. Er öffnete eines derselben und setzte sich, um in der gewöhnlichen Weise zu lesen. Aber seine Aufmerksamkeit schweifte ab, und seine Augen sahen von Zeit zu Zeit nach dem leeren Stuhle gegenüber hin; dem Stuhle, auf welchem sein alter Freund und Nachbar so manches, manches Jahr vorher gesessen und sich mit ihm voll heiterer Laune herumdisputirt hatte. Nach einem Kampfe mit sich selbst schloß er das Buch.
– Der verwünschte Stuhl! sagte er, er wird von ihm erzählen, und ich muß zuhören.
Er nahm seine Pfeife von der Wand und füllte sie, ohne es zu wissen, mit Tabak. Seine Hand zitterte, seine Augen wanderten zurück zu der alten Stelle, und ein schwerer Seufzer rang sich unwillkürlich aus seiner Brust. Der leere Stuhl war das einzige irdische Argument, für welches er keine Antwort fand: sein Herz gestand seine Niederlage ein und machte seine Augen thränenfeucht wider seinen Willen.
– Er hat doch zuletzt die Oberhand über mich gewonnen, sagte der rauhe alte Mann. Es ist eine weiche Stelle in mir übrig, und er hat sie gefunden.
Mittlerweile trat Mr. Pendril in die Anlagen und verfolgte den Weg, welcher zu dem einsamen Garten und dem Verödeten Hause führte. Er begegnete an der Thür dem Bedienten, welcher anscheinend seine Ankunft erwartete.
– Ich habe eine Bestellung zu Miss Garth. Ist sie bereit mich zu sprechen?
– Ganz bereit, mein Herr.
– Ist sie allein?
– Ja, mein Herr.
– In dem Zimmer, das Mr. Vanstones Arbeitszimmer war?
– In demselben Zimmer, mein Herr.
Der Diener öffnete die Thür, und Mr. Pendril trat ein!
Die Erzieherin stand allein an dem Bibliotheksfenster. Der Morgen war drückend heiß, und sie schob den unteren Fensterflügel in die Höhe5, um mehr Luft in das Zimmer zu lassen, als Mr. Pendril hereinkam.
Sie machten vor einander Verbeugungen mit einer so förmlichen Höflichkeit, daß sich dadurch auf beiden Seiten ein gewisses unliebsames Gefühl von Zurückhaltung aussprach. Mr. Pendril war einer Von den vielen Männern, welche auf den oberflächlichen Beobachter einen höchst unvortheilhaften Eindruck machen, sobald sie unter dem Einflusse starker geistiger Aufregung stehen, welche sie eben, weil sie müssen, zu beherrschen versuchen. Miss Garth auf der andern Seite hatte die unangenehm auf die Goldwage der Fürsichtigkeit gelegten Worte keineswegs vergessen, in welchen der Sachwalter auf ihren Brief zu antworten für gut befunden hatte. Die natürliche Bangigkeit, welche sie betreffs dieser ihrer Unterredung zum Voraus fühlte, wurde also durch ein günstiges Vorurtheil von dem Manne, welcher jene Unterredung nachsuchte, durchaus nicht gemildert. Als sie einander in der Stille des Sommermorgens gegenüber standen, Beide schwarz gekleidet, – hier Miss Garths harte Züge, infolge des frischen Kummers eingefallen und hager, dort das kalte, farblose Angesicht des Anwaltes, aus dem jeder hervorstechende Ausdruck verbannt war, indem sich nur Geschäftsdrang, aber weiter gar Nichts aussprach: so würde es schwer gewesen sein, zwei Personen ausfindig zu machen, welche jedweder gewöhnlichen Sympathie äußerlich ferner gestanden hätten, als diese zwei, welche jetzt zusammen gekommen waren, die eine zu erzählen, die andere zu hören, was für Geheimnisse der Todte hinterlassen habe.
– Ich muß es äußerst bedauern, Miß Garth, Ihnen in solcher Zeit wie diese ist, beschwerlich werden zu müssen. Allein Umstände ließen mir, wie ich Ihnen bereits entwickelt habe, keine andere Wahl.
– Wollen Sie sich nicht eines Stuhles bedienen, Mr. Pendril? Sie wünschten mich in diesem Zimmer zu sprechen, glaube ich?
– Nur in diesem Zimmer, da Mr. Vanstones Papiere hier aufbewahrt werden und ich es für nöthig finden möchte, mich mit einigen derselben zu beschäftigen.
Nach diesem formellen Austausch von Frage und Antwort setzten sie sich gegenüber an einen nahe beim Fenster stehenden Tisch. – Der eine Theil wartete darauf, das Wort zu ergreifen, der andere wartete darauf, die Eröffnungen zu hören. Es war einen Augenblick lang still im Zimmer. Mr. Pendril brach dieses Stillschweigen, indem er die jungen Damen mit den gewöhnlichen Fragen und den gewöhnlichen Beileidsbezeugungen erwähnte. Miss Garth antwortete ihm mit derselben Förmlichkeit, in demselben höflichen Tone. Es trat eine zweite Pause in der Unterhaltung ein. Das Summen der Fliegen in den Immergrüngebüsch unter dem Fenster drang schläfrig in das Zimmer herein, und der schwere Schritt eines schwerfüßigen Wagenpferdes, welches auf der Landstraße an der Gartenmauer hintrabte, war in der Stille so hörbar, als wenn es Nacht gewesen wäre.
Der Advocat raffte seine schlaffen Lebensgeister entschlossen zusammen und sprach in diesem Sinne, als er die nächsten Worte vorbrachte.
– Sie haben einigen Grund, Miss Garth, begann er nicht ganz zufrieden zu sein mit meinem früheren Benehmen gegen Sie, und zwar in einem Punkte. Während der tödtlichen Krankheit von Mrs. Vanstone richteten Sie einen Brief an mich, der gewisse Fragen enthielt, welche zu beantworten mir, so lange sie lebte, unmöglich war. Ihr beklagenswerther Tod entbindet mich der Zurückhaltung welche ich mir selbst auferlegt hatte, und gestattet mir oder vielmehr verpflichtet mich zu reden. Sie sollen erfahren, welche ernsten Gründe ich hatte, um Tag und Nacht hindurch zu wachen, in der Hoffnung, die
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In England sind die Fenster meist Schiebefenster, aus einem oberen und einem unteren Theile bestehend, eine Einrichtung, wie wir sie bei uns annähernd in den Ladenfenstern haben. W.