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ließ und auf's Feld hinausritt, dort eine gewisse Anzahl Neger aussuchte und diesen befahl, ihre Aexte zu nehmen, um an einem etwas entfernteren Theil des Waldes, den er ihnen bezeichnen würde, Holz zu fällen. Bald darauf verschwand er mit ihnen in dem die Plantage begrenzenden Sumpfland.

      St. Clyde und Gabriele schritten neben einander dem Flusse zu.

      »Um Gottes willen, Sir!« sagte die Jungfrau, als sie sich der äußeren Einfriedigung näherten, »was ist Ihnen? Sie scheinen in fürchterlicher Aufregung, so habe ich Sie nie gesehen.«

      »Ich muß fort,« flüsterte der junge Mann, die bleiche Hand fest gegen die heiße, fieberglühende Stirn gepreßt – »ich muß fort – muß Hülfe haben. Erst seit dieser unglückseligen Katastrophe fühle ich, wie ich –« er schwieg und wandte sich ab –

      »Wie Sie Saisen lieben,« flüsterte Gabriele mit leiser, tonloser Stimme und blickte starr zu dem Creolen auf, »nicht wahr, St. Clyde – Sie – Sie lieben die Indianerin.«

      »Ja, Miß Beaufort – ja – warum sollt ich es Ihnen auch verschweigen,« sagte da plötzlich St. Clyde, der stehen blieb und fest in die Augen der erbleichenden Jungfrau schaute, »warum sollt ich mich, Ihnen gegenüber, scheuen es zu gestehen. Sie waren der Unglücklichen Freundin, so lange sie unter Ihrem Schutze stand – Sie sind selbst gegen mich, den fremden, heimatlosen, armen Wanderer immer nur gütig und liebevoll gewesen – Ihnen will ich vertrauen und Sie werden mich auch, so weit es in Ihren Kräften steht, unterstützen.«

      »Gewiß – gewiß,« sagte mit kaum hörbarer Stimme Gabriele – »aber – aber, wenn nun Saise – doch eine – eine Negerin wäre? Wenn nun – ach Gott – zürnen Sie mir nicht, ich weiß nicht, was ich rede; nein, nein – Saise ist frei – muß frei werden und – glücklich.«

      Sie barg ihr Angesicht in den Händen und die hellen, klaren Thränentropfen quollen zwischen den zarten Fingern hindurch.

      »O, Miß Beaufort!« rief St. Clyde gerührt, »Sie sind so gütig gegen die Unglückliche, wie werde ich Ihnen das je danken können?«

      Gabriele sammelte sich gewaltsam. »Was wollen Sie thun – was ist Ihr Plan?« frug sie schnell; »wie glauben Sie Saise retten zu können, da Sie mir selber sagten, jener Bube habe sie an Duxon verkauft und dieser sich mit meinem Vater überworfen. Was können Sie gegen jene Elenden ausrichten, die die Gesetze auf ihrer Seite haben?«

      »Nichts mehr durch die Gesetze,« sagte St. Clyde mit unterdrückter Stimme – »Alles ohne sie. Der Richter hat mir gestern gesagt, daß am Mississippi ein Trupp von Chocktawjägern lagere, die müssen mir beistehen; kann ich sie nicht dadurch gewinnen, daß sie eine Tochter ihrer eigenen Race von Sklaverei retten sollen, sind sie so verderbt, daß selbst das keinen Eindruck mehr auf sie macht, dann steht mir ein anderes, für sie kräftigeres Mittel zu Gebote – der Whiskey. Ein Grenzindianer ist ja durch Whiskey zu jeder Schlechtigkeit zu bewegen, warum nicht auch einmal zu einer guten That – es ist das letzte Mittel.«

      »Aber die Gefahr, der Sie sich aussetzen?«

      »Gefahr? Giebt es denn eine Gefahr, wo ich nur sterben kann? Nein, Miß Beaufort – ohne Saise, wenn ich sie glücklich wüßte, hätte ich vielleicht leben können; mit dem Gefühl aber, daß sie, dem entsetzlichsten Verderben preisgegeben, in schmachvollen Fesseln schmachten, die freie Tochter der Wälder eine Sklavin – nein – nein – Leben wäre da Wahnsinn. – Aber ich muß fort – die kostbare Zeit verfliegt – Duxon hat sich mit Ihrem Vater gezankt und will fort; die ganze Ansiedlung spricht davon, wie er ihn betrogen und sich in den wenigen Jahren, die er hier sei, ein Vermögen gewonnen, er wird deshalb nicht säumen, das in Sicherheit zu bringen, und geht er zu Schiffe, vielleicht nach New-Orleans, dann wäre es unmöglich, den Einzelnen in der ungeheueren Stadt wiederzufinden. Doch jetzt meine Bitte, wollen Sie sich Saisens annehmen?«

      »Wie kann ich es?« erwiederte mit ängstlich gefalteten Händen Gabriele – »Sie ist Duxon's Eigenthum.«

      »Ich weiß es, aber Sie haben vielen Einfluß auf Ihren Vater, selbst auf jenen Buben; es ist die Gewalt, die stets die Tugend über das Laster übt, die Scheu, die der Böse dem Guten gegenüber nicht überwinden kann. Dringen Sie darauf, daß Saise ihm heute noch nicht ausgeliefert werde, oder daß sie, wenn Sie das nicht verhindern können, diese Nacht noch bei Ihnen, oder wenigstens unter dem Schutze jener alten Negerin zubringe.«

      »Sie wollen sie entführen?« frug Gabriele bestürzt.

      »Nein,« sagte St. Clyde düster, »ihr Kaufbrief würde in den Händen jenes Buben, Saise aber in dem Gedanken daran stets elend bleiben; nein – ich muß den Brief in meine Gewalt bekommen; die Gesetze wollen mir nicht beistehen, so mag Gott es thun. Versprechen Sie Saisen so lange zu beschützen?«

      »Ja,« flüsterte Gabriele und reichte ihm mit abgewandtem Antlitz ihre Hand – »und Sie wollen?«

      »Saise retten oder – sterben,« erwiederte fest der junge Creole.

      »Und dann – wenn Sie – wenn Saise die Ihrige ist? –«

      »Such ich ein fernes Land, wo nicht Menschen wie Thiere verkauft und mißhandelt werden; ich stamme aus Frankreich – meine Familie soll zu den edelsten des Landes gehören; dorthin kehre ich zurück.«

      »Mit Saise?«

      »Mit meinem Weibe.«

      »So leben Sie wohl, St. Clyde, leben Sie wohl; möge Gott Sie schützen und schirmen!«

      Sie rief's und eilte schnellen Schrittes zum Hause zurück. Auf der Stelle aber, wo sie gestanden, lag die weiße Rose, die noch eben an ihrer Brust geruht. St. Clyde hob sie auf, küßte sie, barg sie an seinem Herzen, eilte dann zu seinem Pferd, schwang sich in den Sattel und sprengte in schnellem Galopp die Straße am Strom hinauf. Dort aber angelangt, hielt er sich nicht länger auf, als nöthig war die gewöhnliche Flatbootfähre in Stand zu setzen, um ihn und sein Roß ans andere Ufer zu bringen, und bald schwamm das kleine Boot, von vier rüstigen Armen getrieben, auf der breiten Fläche des gewaltigen Stromes dem östlichen Ufer zu.

      »Sind gestern Indianer auf dieser Fähre übergesetzt?« frug er nach einer Weile den älteren der Beiden, der der Eigenthümer des Fahrzeugs zu sein schien.

      Dieser sah ihn an und lachte.

      »Nein,« sagte er, »habt Ihr schon einmal davon gehört, daß sich ein Indianer auf einer Fähre übersetzen läßt? ich nicht; das Geld können sie besser gebrauchen; dafür giebt's Whiskey, und wo das rothe Volk für den Zweck einen Cent ersparen kann, da quält es sich lieber tagelang auf seine eigene Art – das heißt nicht etwa mit Arbeit.«

      »Also sie sind nicht hier herüber?« frug St. Clyde erschreckt.

      »Doch, allerdings,« entgegnete ihm der Jüngere, »nur nicht auf der Fähre – sie saßen Alle in zwei kleinen Canoes, die sie mit von drüben herübergebracht, und ließen ihre Pferde am Zügel oder Stricken hinterherschwimmen.«

      »Und glaubt Ihr, daß ich sie finden werde?«

      »Ich sollte nicht denken, daß es schwer halten wird. Sie hatten, wie mir Ben sagte, der von oben herunterkam, eine große Menge Whiskeyflaschen bei sich, und da sind sie heute wahrhaftig nicht mehr auf die Jagd gegangen. Ein kleines Stückchen weiter oben landeten sie, und wenn Ihr Euch nur zu dem Haus dort, was Ihr da durch die Weiden und Baumwollenholzbäume schimmern seht, bemühen wollt, so denk ich, werden sie Euch da wohl auf die rechte Spur bringen.«

      Das Boot legte sich in diesem Augenblick am Ufer an, St. Clyde führte sein, vorsichtig mit den Hufen nach festem Grund suchendes Pferd hinaus, drückte dem Jüngeren, der ebenfalls ans Land gesprungen war, um mit dem Tau die Fähre zu halten, das Ueberfahrtsgeld in die Hand, schwang sich in den Sattel und trabte rasch dem nicht fernen niederen Wohngebäude zu, das, dicht am Fluß errichtet, für den Augenblick noch von hohem üppigen Waldwuchs umgeben war, aus welchem aber der neue Ansiedler gerade die künftigen Mittel seiner Existenz – Klafterholz für Dampfboote heraushauen wollte.

      Der Backwoodsman stand in der Thür.

      »Guten Tag, Sir,« rief ihm St. Clyde entgegen, »habt Ihr Nichts von den Indianern gesehen, die gestern, unfern von hier, übersetzten?«

      Jener

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