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versuchte ihn zurückzuhalten, er stieß sie aber jetzt unwillig bei Seite und rief:

      »Nun wird's mir bald zu bunt – ich thue dem Ding ja Nichts; ist sie eine Indianerin, so ist sie so frei wie wir selbst, findet sich aber – ha – beim Teufel – das ist es – Mr. Pitwell –«

      »Halt!« schrie Gabriele – deren Blick oft und ängstlich nach der nicht so fernen Straße hinübergeschweift war – »halt! dort kommt Mr. St. Clyde – warten Sie seine Ankunft ab, er kann, er darf das nicht zugeben.«

      »Mr. St. Clyde soll zum Teufel gehen,« zürnte der alte Pflanzer – »hat sich der in die Rechte eines fremden Mannes zu mischen? Mr. Pitwell, das Mädchen ist die Ihrige, und meiner Tochter mag sie's danken, daß sie nicht noch vorher eine gehörige Anzahl Peitschenhiebe mitnimmt. Verdammt! ein Nigger, der so frech ist sein Fell zu verleugnen!«

      »Wir können sie ja bis morgen früh in irgend eine der Negerhütten schaffen,« sagte Pitwell, auf sie zugehend und seine Hand nach der immer noch Bewußtlosen ausstreckend, »morgen früh« –

      Die flüchtigen Schritte eines Mannes wurden auf der Treppe gehört.

      »Mr. St. Clyde – zu Hülfe!« rief Gabriele in letzter Noth. In demselben Moment aber daß die Creolin diesen Namen ausstieß und der junge Mann in der Thüre erschien, schlug auch Saise die Augen wieder auf. Ein einziger Blick sagte ihr Alles – wenige Secunden lang barg sie ihr Antlitz an der Brust der Freundin, dann aber hob sie sich, von Gabriele gehalten, empor und schaute, die großen dunkeln Augen weit geöffnet, wild und leise zusammenschaudernd im Kreise umher.

      »Um Gottes willen – was ist hier vorgefallen?« rief St. Clyde, indem er auf das zitternde Mädchen zusprang und es unterstützte – »was ist geschehen, Miß Beaufort?«

      »Retten Sie Saise,« rief die Jungfrau – »retten Sie Saise vor jenem Buben.«

      Der Fremde wurde leichenblaß und starrte wild umher.

      »Gabriele!« rief aber der Vater, »jetzt hab' ich's satt – Mr. St. Clyde, überlassen Sie den Nigger sich selbst – es ziemt einem weißen Manne nicht –«

      »Mr. Beaufort!«

      »Allerdings – das Mädchen ist eine, diesem Gentleman entflohene Sklavin.«

      »Das ist eine Lüge,« sagte Saise plötzlich, sich hoch und stolz emporrichtend; das Wort Nigger hatte ihr ihre ganze Kraft und Stärke wiedergegeben; sie fühlte, wie jetzt der Augenblick gekommen, vor dem sie so lange schon gebebt; aber gerade da er gekommen, hatte er auch all' sein Fürchterliches verloren. Ihre ganze Seelenstärke war zurückgekehrt und die Indianerin, die freie Tochter der Wälder in ihr erwacht. –

      Aber vergebens erzählte sie jetzt mit klaren, überzeugenden Worten das ganze Bubenstück jenes Schurken, der lächelnd und achselzuckend daneben stand, vergebens rief sie Gott zu ihrem Zeugen an – sie war in Louisiana – ein weißer Mann hatte sie als seine ihm entflohene Sklavin reclamirt – das krause Haar sprach für seine Aussage, mehr aber noch und unantastbar fast der Kaufbrief und ihre darin genau verzeichnete Gestalt. War doch selbst vor nicht gar langer Zeit ein weißes Mädchen, mit blonden Haaren und blauen Augen, aber als die Tochter einer Mestize, hier öffentlich versteigert worden, und wenn diese selbst fast weiß sein mochte, blieb sie Sklavin; wie viel mehr nun eine Indianerin, deren braune Hautfarbe der Amerikaner überdies als der seinen untergeordnet hielt und nur wenig höher schätzte, als die äthiopische Race selbst.

      Gabriele wollte, als alle Bitten nutzlos blieben, dem Fremden die Freundin abkaufen, dagegen aber protestirte St. Clyde und zwar mit einer Wärme, die, wenn sie nur aus reiner Menschlichkeit entsprang, ihm alle Ehre machte.

      »Nein!« rief er, »nein – das hieße bekennen, sie gehöre zu jenem verachteten Stamm! rein und frei soll sie dastehen und wenn ich den Beweis dazu mit meinem Blute führen sollte. Mr. Pitwell, Sie werden diesen Parish nicht wieder verlassen, ehe Sie sich von der gegen Sie erhobenen Anklage gereinigt haben –«

      »Wer klagt ihn an?« rief Beaufort auffahrend, »wer klagt ihn an, Sir? Ein Nigger – seine eigene Sklavin; sind Sie thöricht genug zu glauben, daß das Gericht auf solche Klage eingehen würde? Sie sollten die Gesetze des Staates besser kennen.«

      »Ich selber klage diesen Mann an,« rief St. Clyde, »ich selber – nicht diese Unglückliche, die seinen Händen bis dahin nicht überliefert werden darf.«

      »Das möchte Ihnen schwer werden durchzusetzen,« hohnlachte Pitwell, »glücklicherweise bin ich vertraut genug mit den hiesigen Gebräuchen. Sie können mich anklagen, aber mein Eigenthum dürfen Sie mir indessen nicht vorenthalten.«

      »Herr, Sie müssen erst beweisen, daß Saise Ihr Eigenthum ist!« rief St. Clyde.

      »Das ist bewiesen, Mr. St. Clyde!« entgegnete Beaufort kalt – »und jetzt würden Sie mich sehr verbinden, keine weitere Störung hier zu verursachen.«

      »Mr. Duxon,« wandte er sich dann an den Overseer, der in diesem Augenblick in der Thür erschien, »haben Sie die Güte, diese entflohene Sklavin – und er deutete auf Saise – in einer der Negerhütten unterzubringen; Sie haften mir aber für ihre Sicherheit.«

      »Saise?« rief Duxon erstaunt und wollte kaum seinen Ohren und Augen trauen – »Saise – ein Nigger? – Ei, da muß ja der Teu… –«

      »Herr!« rief St. Clyde entrüstet.

      »Um Gottes willen!« flehte Saise, seinen Arm ergreifend, »kämpfen Sie jetzt nicht gegen die Uebermacht an – wenden Sie sich an die Gerichte – die müssen mir helfen, ich stehe ja unter dem Schutz der Vereinigten Staaten. Mein Vater hat sein Land an diese abgetreten und sie haben versprochen, ihm beizustehen. Man soll mich nur so lange gefangen halten, bis ich einen Boten zu meinem Stamme schicken kann; Alle werden hierher kommen und Zeugniß für mich ablegen, daß ich die Tochter ihres Häuptlings bin. O, wenn mein Bruder nur wüßte –«

      »Dazu braucht es keine Indianer,« lächelte Pitwell, »das kann ich selbst bezeugen; wer aber war Deine Mutter? Eine Mestize – steht es hier etwa anders geschrieben? Diese Mestize gehörte meinem Freund, von dem ich Dich gekauft, und wenn der Dich Deinem Vater so lange Jahre ließ, so geschah es bloß deshalb, daß er Dich erziehen sollte; seine Sklavin bist Du deshalb doch.«

      »Meine Mutter war die Tochter eines Siouxhäuptlings,« rief Saise, sich stolz emporrichtend, »und wer das Gegentheil behauptet, lügt!«

      Die Faust des alten Beaufort fällte die Unglückliche mit einem Schlage zu Boden.

      »Was?« schrie er, »will das Niggerthier noch in meiner Gegenwart einen weißen Mann einen Lügner nennen? Ist's nicht genug, daß sie mich erst selber anlügen und zum Narren haben mußte?«

      Er würde seine Worte kaum so unangefochten beendet haben, denn mit einem Racheschrei auf den Lippen sprang St. Clyde auf ihn zu, aber ihm entgegen warf sich Gabriele und beschwor ihn bei Allem, was ihm heilig sei, bei Allem, was er liebe, ihres Vaters zu schonen. Jetzt trat aber auch der Overseer dazwischen und rief dem jungen Manne trotzig zu:

      »Herr St. Clyde, ich will Sie hiermit wohlmeinend gewarnt haben, keine überflüssigen Worte mehr zu reden. Die Mamsel steht von diesem Augenblick an unter meiner Wache und wer meine Nigger gegen mich in Schutz nehmen will, dem renne ich einen Fuß kalten Stahl in den Leib!« Und er zog, während er diese Worte sprach, sein schweres Bowiemesser unter der Weste vor.

      Clyde war unbewaffnet, und wußte auch, wie die Gesetze einen Overseer oder Sklavenbesitzer schützen, wenn sich ein Fremder in ihre Angelegenheiten ungerufen mischt. Noch kürzlich war auf solche Art ein Abolitionist aus Ohio erschossen, ohne daß der Mörder mehr Ungelegenheiten als ein etwa viertelstündiges Verhör deshalb gehabt hätte; für jetzt mußte er also der rohen Gewalt weichen, aber retten wollte er Saisen, das schwur er sich, und wenn es sein eigenes Leben kosten solle.

      »Mr. Beaufort,« rief er, sich noch einmal an den Pflanzer wendend, »Sie werden mir für die Mißhandlung dieser Unglücklichen Rede stehen; jetzt habe ich keine Macht, Ihrer Gewaltthat zu begegnen; thun Sie mit dem armen Mädchen, was Sie verantworten können, aber der ewige Gott da oben ist mein Zeuge, daß ich mich von jetzt an für Saisens Schützer erkläre, und

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