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in den Weg und bat sie noch einen Augenblick zu verweilen. Dann stellte er ihnen vor, wie sie durch Gewalt wenig oder gar nichts ausrichten könnten, bis nicht eine hinlängliche Anzahl von Pflanzern versammelt sei, die ihnen dann gemeinschaftlich folgen müßten; das würde aber natürlich wenigstens bis morgen Mittag dauern, und er wolle sie deshalb zugleich bitten, ihre Kräfte mit denen seiner Constabels zu vereinen, um alle Pflanzungen so schnell wie möglich von dem Vorfall in Kenntniß zu setzen. Werde die Rettung auch dadurch um wenige Stunden verzögert, so sei sie aber auch mit so viel mehr Gewißheit vorauszusehen. – Davon wollte aber weder der Creole noch der Indianer hören.

      »Nein,« rief der Letztere, »Nedaunis-Ais in Ketten, und Wetako mit Messer und Büchse auf der Spur – wir wollen fort!«

      »Um Gottes willen – begeht keinen Mord!« rief der Richter ihnen erschrocken nach – »Ihr kennt unsere Gesetze nicht – lebenslange Kerkerstrafe wäre die Folge.«

      Der Indianer lächelte grimmig vor sich hin, als er die Worte hörte.

      »Warum sperrt Ihr denn den Panther nicht ein, der Nachts Eure jungen Pferde raubt?« höhnte er – »Wetako ist ein Mann und seine Fährten sind tief. Folgt ihm, wenn Ihr könnt!«

      Er sprang rasch in den Sattel, der Creole ebenfalls, noch einen Gruß warf der Letztere zu dem dabei auch ihn ängstlich warnenden Richter hinauf, und fort flogen sie in gestrecktem Galopp die Straße entlang und dem Orte zu, von wo aus der Overseer aufgebrochen, um dort zuerst die Spur aufnehmen zu können.

      Schon rötheten die ersten Sonnenstrahlen das dunkelgrüne Laub der rauschenden Cypressen, als die Reiter Beaufort's Plantage erreichten; hier war aber Alles in Aufruhr. Aus fast sämmtlichen benachbarten Ansiedlungen hatten sich die Pflanzer, mit Doppelflinten, Messern und Harpunen bewaffnet, eingefunden und eine Abtheilung sollte schon, wie St. Clyde hörte, vorausgesprengt sein, die Flüchtigen wenigstens aufzuhalten. Die beiden Männer verweilten aber kaum lang genug hier, nur das Nothwendigste zu erfahren, frugen schnell, welchen Weg die Gig des Overseers genommen, und stürmten dann wie dunkele Rachegötter hinterdrein.

      Eben diese Gig war aber die Ursache gewesen, daß man auf der Plantage, früher als es Duxon gehofft, Verdacht schöpfte, da er seine Sachen noch an demselben Tage, unter der Adresse eines texanischen Handelshauses und mit einem gerade dort anlegenden Dampfboot, nach Houston gesandt hatte. Einzelne der Neger, die er sonst stets grausam und unmenschlich behandelt, meldeten dem Herrn ihre Vermuthungen, wie auch, daß eine gewisse Anzahl ihrer Mitsklaven, von denen die meisten des Overseers Spione gewesen, ebenfalls vermißt würden und allem Anschein nach entflohen wären.

      Duxon war überdies noch am vorigen Tage genöthigt gewesen, seine neuangekaufte Sklavin in der Obhut der alten Negerin zu lassen, da Gabriele fest darauf bestanden, und er durch zu starres Weigern Verdacht zu erregen fürchtete. Dies hielt in der Nacht seine Flucht auf, die er, durch einen Boten Pitwell's gewarnt, beschleunigen mußte, und so kam es denn, daß er, noch mehre Meilen von dem Versammlungsort entfernt, die gut berittenen Verfolger in voller Hetze hinter sich hörte. Kaum vernahm er aber die nachdonnernden Hufe auf der hartgetretenen Straße, als er, schnell das Bett eines kleinen, ebenfalls trockenen Baches benutzend, von dem Wege abbog. Die Neger waren nämlich schon auf Pferden, die sie ihrem Herrn oder den Nachbarn geraubt, der ihnen bezeichneten Gegend zugesprengt, und Duxon hatte gehofft sie schnell genug einholen zu können. Für den Augenblick gelang ihm auch diese Kriegslist vollkommen, denn die Pflanzer, wenig damit vertraut einer Fährte zu folgen, bemerkten die Abweichung der Wagenspuren nicht eher, bis es zu spät war, und folgten dann der ihnen durch die Neger selbst verrathenen Richtung, weil sie nicht umkehren wollten, die Zeit zu versäumen. Am Versammlungsort mußten sie ja später doch Aller habhaft werden.

      Duxon nun, mit jedem Fußbreit Landes in diesen Waldungen und Sümpfen vertraut, wußte, daß er, wenn er dem Rande eines kleinen Dickichts folge, eine ziemlich offene Holzung finden und nur mit den hindernden Wurzeln der Cypressen zu kämpfen haben würde. In kaum einer Viertelmeile von da durchschnitt aber eine andere, ebenfalls nach dem Cutoff8 hinaufführende Straße den Sumpf, und sobald er diese erreichte, mußte ihn das aus der Spur aller Verfolger bringen.

      Auf einen Widerstand aber hatte er nicht gerechnet, auf den Saisens. So lange er sich nämlich in der Straße hielt, gab die Unglückliche noch immer nicht die Hoffnung auf, von dem Geliebten, denn auch sie hing mit ganzer Seele an dem jungen Creolen, eingeholt zu werden; jetzt aber, als sie sich, nur von den rauschenden Bäumen des Waldes umgeben, ganz in der Gewalt des Menschen fand, den sie, seit sie ihn zum ersten Mal gesehen, auch gefürchtet und verabscheut hatte, da glaubte sie ihr Schicksal besiegelt, und versuchte nun mit verzweifelter Anstrengung ihre Ketten zu zerreißen und sich zu befreien.

      »Sitz' still, zum Teufel!« brummte der Overseer, ohnedies nicht in der besten Laune, »oder ich klopfe Dir den Peitschenstiel auf den Schädel, daß Du Dich ruhig verhältst – hörst Du?«

      Saise hielt einen Augenblick erschöpft inne, dann aber, auf's Neue ihre letzte Kraft versuchend, gelang es ihr, wenn auch nicht ihre Ketten, doch die Bande zu zerreißen, die ihre Hände niederhielt. In demselben Augenblick befreite sie sich auch von dem Knebel, den ihr der Bube der Vorsicht wegen angelegt hatte, und stieß nun, von Angst und Verzweiflung getrieben, einen Hülfeschrei aus, der so laut und plötzlich in die Ohren des vor die Gig gespannten Poneys dröhnte, daß dieses entsetzt zur Seite prallte und waldeinwärts rannte. Duxon aber, durch den Hülferuf Saisens ebenfalls erschreckt, konnte ihm nicht schnell genug in die Zügel fallen, ja diese entglitten sogar seiner Hand, und im nächsten Augenblick schnellte auch schon das leichte Fuhrwerk mit einem Rad an einer der Cypressenwurzeln hinauf und schlug, den Herrn wie seine Sklavin in ein benachbartes Dickicht schleudernd, um.

      Zorn und Rache im Blick sprang der Bube empor, das Poney nahm aber zuerst seine ganze Aufmerksamkeit in Anspruch – die Gig enthielt Alles, was er an Vermögen besaß, und wenn ihm das Pferd entlief, war er verloren. Dem wild Stampfenden fiel er daher rasch in die Zügel, riß es auf die Hinterbeine zurück, daß sich der weiße Schaum mit dem Blut des wundgerissenen Maules vermischte, und richtete dann, während das erschreckte Pferd zitternd stille stand, mit riesiger Kraft die Gig wieder empor.

      Nun aber wandte sich auch seine ganze Wuth gegen die Ursache dieses Unfalls, denn Saise, von dem Sturz erst fast betäubt, hatte sich jetzt wieder gesammelt und ließ auf's Neue den gellenden Hülferuf erschallen.

      »Donner und Tod!« schrie er, flog auf die Zurückspringende zu und führte mit der umgekehrten und mit Blei gefüllten Peitsche einen Schlag nach ihrem Kopfe, der ihr denselben zerschmettert haben würde, wenn er sie traf; die gefesselten Arme aber emporhebend, fing sie den Streich auf, der an den Kettengliedern unschädlich niederstreifte.

      Duxon wollte den Schlag wiederholen, da tönte, wohl noch in weiter Ferne, aber klar und deutlich ein scharf ausgestoßener, wilder Laut durch den stillen Wald – er hielt ein, um zu horchen, Saise aber schien in diesem Augenblick wie aus Stein gehauen, so starr und regungslos blickte sie nach jener Gegend hin, von woher der Ruf geklungen.

      »Ha, da kommen ihrer mehr, aber sie sind auf der Straße,« murmelte der Overseer vor sich hin; »Pest und Gift, die Sache wird gefährlich; komm, mein Täubchen, und sei jetzt vernünftig, der erste Schrei, den Du wieder ausstößt, ist Dein Tod!« Und mit den Worten bückte er sich, ergriff das einer Statue ähnliche Mädchen und wollte sie in das wieder geordnete Fuhrwerk tragen; bei seiner Berührung erwachte aber auch in dieses das, durch jenen Ruf fast erstarrte Blut; mit aller Gewalt, deren sie fähig war, schwang sie die leichte Kette, die ihre Handgelenke gefesselt hielt, empor und schlug sie gegen den Kopf ihres Räubers nieder, daß dieser sie halbbetäubt losließ und zurücktaumelte. Wieder aber erschallte da lauter und dringender als zuvor der Hülferuf der Unglücklichen, und Duxon, jetzt, durch Schmerz und Wuth zum Aeußersten getrieben, hörte kaum das antwortende und näher kommende Signal, als er auch sein breites Messer aus der Scheide riß, auf die entsetzt Zurückzuckende lossprang und ihr mit fest auf einander gebissenen Zähnen den scharfen Stahl in die Brust stieß.

      Zum Tode getroffen taumelte Saise nieder in das gelbe Laub, Duxon aber flog mit wilden Sätzen zum Wagen, riß eine große Brieftasche heraus, die er unter seiner Weste barg, schnitt die Stränge des Poneys durch, warf sich die Doppelflinte auf die Schulter, sprang

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<p>8</p>

Eine Biegung des Mississippi ist so genannt, wo sich dessen Strömung eine neue, nähere Bahn gebrochen hat.