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Nedaunis-Ais? Sie ist todt – Whiskey will ich – Whiskey!«

      »Whiskey!« jubelte die Bande, die das letzte laut ausgestoßene Wort vernommen – »Whiskey, hupih!«

      »Nedaunis-Ais? Du kennst sie?« rief der Creole und sprang auf den Taumelnden zu.

      »Laßt mich oder ich stoße Euch Eisen in Leib,« knurrte der Wilde – »dam you

      »Nedaunis-Ais lebt,« donnerte aber Jener, die Drohung nicht achtend, fort – »sie lebt und Du sollst mir helfen, sie zu retten –«

      »Lebt? retten? wo?« rief der Trunkene, jetzt augenscheinlich bemüht, den klaren Sinn der Worte zu fassen, während seine starren Augen fest auf dem Fremden hafteten.

      Mit kurzen Worten erzählte nun St. Clyde dem aufmerksam Lauschenden die Geschichte der Indianerin, während dieser mit fest gegen die Schläfe gepreßten Händen dastand und jede Sylbe von seinen Lippen sog. Endlich aber, als er anfing zu begreifen, um was es sich handele, und als das Schicksal der Unglücklichen in klareren, entschiedneren Farben vor ihm auftauchte, da faßte er, von Grimm und Wuth entbrannt, die Flasche, die, noch immer ein Drittheil gefüllt, neben ihm lag und schmetterte sie mit wildem Wurf gegen den nächsten Stamm.

      »Gift – Gift – Gift!« schrie er dabei – »die Schwester verkauft und ich trunken – Gift – Gift, der Weißen Feuerwasser – Gift – Whiskey!«

      »Whiskey! hupih!« jubelten die von der Schaar, die noch Besinnung genug übrig behalten hatten, die letzten Worte zu verstehen.

      »Aber, halt – halt!« rief der junge Indianer plötzlich, indem er sich die langen, schwarzen Haare aus der Stirn strich, »noch ist nicht zu spät – noch ist Zeit« – und sein Jagdhemd und seine Leggins abwerfend, sprang er mit einem Satz von dem, an dieser Stelle mehre Fuß hohen Ufer in das Wasser hinab, tauchte mehrmals unter und kam dann ans Land geschwommen. Hier lief er, ohne sich die Mühe zu nehmen, seine Sachen erst wieder anzuziehen, in den Wald hinein, aus dem er nach kaum einer Viertelstunde auf dem Rücken eines kleinen schnaubenden Poneys zurückkehrte. Seine Kleider und Waffen waren bald zusammengerafft und fast eher noch, als der Creole sein Pferd besteigen konnte, winkte er ihm schon zu folgen.

      »Aber Deine Kameraden,« sagte St. Clyde jetzt, »was können wir zwei allein ausrichten!«

      »Komm,« sagte der Sohn der Wälder, »komm; willst Du bis morgen bleiben, um sie mit lallender Zunge sprechen zu hören – mehr Whiskey – mehr Whiskey? Es sind Chocktaws – ich muß fort – Du kommst mit – wir zwei genug –«

      Er wartete gar keine weitere Antwort seines Begleiters ab, sondern sprengte mit verhängten Zügeln dem Mississippi zu, warf sich hier noch einmal in die Flut, die Wirkung des Feuertranks zu vernichten, und holte dann, nachdem er seine wenigen Kleidungsstücke wiederangelegt, ein verborgen gehaltenes Canoe aus dem Gebüsch. St. Clyde mußte sich in die Mitte desselben setzen, und an beiden Seiten eines der Pferde mit dem Zügel unterstützen, während er selbst das Boot schnell und geschickt über den breiten reißenden Strom ruderte.

      So lange aber war St. Clyde, zuerst von dem Indianer und dann durch das Ueberfahren aufgehalten worden, daß die Sonne schon unterging, als sie eben das westliche Ufer erreichten, und der Creole mußte nun die Leitung übernehmen, und führte den so zufällig gefundenen Bruder Saisens zu dem Richter. Unterwegs erzählte ihm dabei Wetako, der Name des Riccaree, daß er damals seine entführte Schwester verfolgt und den schändlichen Räuber auch eingeholt und erschlagen habe, vergebens aber war sein Monate langes Umherstreifen gewesen, eine Spur der Geraubten selbst zu finden, die durch die teuflische List jenes Buben seinem rettenden Arm entzogen worden. In Verzweiflung darüber hatte er sich endlich einer Schaar von Chocktaws angeschlossen, die in den Wäldern Louisianas jagten und das erlegte Wild in die benachbarten kleinen Städte schafften. Durch Lebensüberdruß und Schmerz aber gleichgültig gegen Alles gemacht, was er sonst hoch und theuer hielt, ergab er sich dem Trunk und folgte dabei nur dem Beispiel seines ganzen unglücklichen Stammes.

      Das doppelte Bad und der jähe Schreck der theils freudigen, theils schlimmen Nachricht von dem Leben und der Noth seiner Schwester hatte aber jede Spur von Rausch verdrängt; der Indianer, der kalte, besonnene Wilde war wieder in ihm erwacht, und mit schnellem Blick übersah er die Gefahren, die das Wesen, das er auf Erden am meisten liebte, bedrohten. Zwar kannte er nicht die Gesetze der Weißen, aber er wußte, wie schwer, ja wie für einen Indianer fast unmöglich es sei, etwas zurückzuerhalten, auf das sie erst einmal ihre Hand gelegt, und schien auch von vorn herein gar keinen andern Gedanken gehabt zu haben, als Saise durch List oder Gewalt zu retten; beides galt ihm gleich, so es nur zum Ziele führte.

      Dunkele Nacht war's, als sie das Haus des Richters endlich erreichten; wichtige Veränderungen schienen aber in den wenigen Stunden vorgegangen. Von den Grenzen des nördlich liegenden Mississippistaates herüber hatten sich einzelne Constabel eingefunden, die einen Pflanzer wie seinen Helfershelfer verfolgten. Bis nach Waterloo mußten die Flüchtigen auch zusammengeblieben sein, von da an schienen sie sich aber getrennt zu haben, und zwei der Nachgesandten jagten am Ufer des Flusses hinab, dort alle Anstalten zu treffen, ihre weitere Flucht aufzuhalten, während die Uebrigen der allerdings stärkeren Spur stromauf folgten, um die Entflohenen wo möglich daran zu verhindern, sich in das Innere des Landes zu wenden und die texanische Grenze zu erreichen.

      Des Richters Verdacht aber, dem ebenfalls Meldung geworden, war augenblicklich auf den Fremden gefallen und er hatte noch spät am Nachmittag Boten an den Fausse Riviere gesandt, um diesen jetzt, nicht wegen der Indianerin, sondern als Ausrede auf den Verdacht hin mit jenen Negerdieben im Bunde zu stehen, verhaften zu lassen. Dadurch hoffte er zu gleicher Zeit der Wahrheit auf die Spur zu kommen, ob Saise Sklavin oder nur schändlich ihrem Stamme geraubt sei.

      St. Clyde drang nun darauf, einen Aufschub der Auslieferung Saisens zu erhalten, wozu sich der Richter jetzt ebenfalls gern bereit zeigte, nur mußte dazu die Rückkunft des Deputysheriffs erwartet werden, da der Obersheriff stromauf, die beiden Constabel aber stromab beschäftigt waren, und der Creole sah sich zu seinem größten Verdruß gezwungen, dessen Ankunft zu erharren. Zwar erbot er sich, das Schreiben selber mit hinüber zu nehmen; das wäre aber nicht rechtskräftig gewesen und der Richter vertröstete ihn damit, wie die wenigen Stunden sicherlich keinen Unterschied machen würden, da er ja trotzdem noch mit Tagesanbruch an dem Fausse Riviere sein und das arme Mädchen vor dem Fortschleppen in die Gefangenschaft bewahren könne. Aber der Deputysheriff kam nicht – Stunde auf Stunde warteten sie und ängstigten sich, und der Richter rief endlich verdrießlich:

      »Die Pest über den Burschen – ich werde mich noch gezwungen sehen darauf anzutragen, daß der Sheriff diesen liederlichen Fritz Haydt entläßt; es ist gar nichts mehr mit ihm anzufangen; er trinkt sich voll, läßt sich von den Mulattinnen an dem Fausse Riviere zum Narren haben und versäumt dann seine Pflicht.«

      »Ich will ihm entgegengehen,« bat St. Clyde, »vielleicht zögert er unterwegs –«

      »Das würde Ihnen wenig helfen,« meinte der Richter, »denn wenn er zögert, so finden Sie ihn nicht, seine Vergnügungsörter hält er ziemlich geheim. Kommt er aber nicht bis morgen früh, so reite ich selbst mit Ihnen hinüber und dann machen wir die Sache gleich zusammen ab.«

      In Angst und peinlicher Erwartung verbrachten sie die Nacht, und nur der Riccaree konnte nicht begreifen, weshalb sie eigentlich zögerten, und wollte fortwährend aufbrechen, die Schwester zu befreien und zu rächen.

      Da – es mochte zwei Uhr vorüber sein und das Schweigen der Frösche verkündete den nahenden Morgen – klopfte etwas mit heftigen Schlägen an die Thür der Wohnung; der wachthaltende Sklave öffnete, und die Treppe herauf stürmte nicht der Deputysheriff, sondern der Constabel, mit wenigen Worten jetzt meldend, daß, sicherer Kundschaft zufolge, jener Pitwell der besoldete Entführer der sämmtlichen Plantagenneger sei, und auch an dem Fausse Riviere nicht mehr gefunden werden könne. Aber Beaufort's Overseer müsse ebenfalls mit ihm unter einer Decke stecken, denn auch er sei, wahrscheinlich gewarnt, mitten in der Nacht nebst der erst angekauften Indianerin aufgebrochen, die ihm aber keineswegs gutwillig gefolgt, sondern in einer gewöhnlichen Negerkette forttransportirt wäre.

      »Wah! –« rief Wetako, von der Erde emporspringend, auf der er niedergekauert bis jetzt gesessen

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